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  • · Fachbeitrag · Vermieter des Monats

    Heizpflicht des Vermieters ist ernst zu nehmen

    von RiAG a. D., Axel Wetekamp, München

    | M. ist Mieter einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus. Im Februar fällt überraschend die Heizung aus. M. meldet dies bei der Hausverwaltung H., doch die Heizung wird auch in den nächsten Tagen nicht repariert. M. misst die Raumtemperatur im Wohnzimmer mittags mit 15 Grad. Dies teilt er H.r und Vermieter V. mit und fordert dringend eine Reparatur. V. sieht keinen Handlungsbedarf, denn der Heizungsreparaturdienst sei völlig überlastet und außerdem sei aufgrund des Klimawandels in nächster Zeit sowieso mit höheren Temperaturen zu rechnen. M. will die Miete mindern. Zu Recht? |

    1. Heizpflicht als Nebenpflicht des Vermieters

    Nach § 535 Abs. 1 S. 2 BGB muss der Vermieter dem Mieter die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand überlassen. Um dies zu ermöglichen, treffen den Vermieter neben der Hauptpflicht (Überlassung der Mietsache) auch verschiedene Nebenpflichten. Das Heizen der Mieträume gehört zu den Vermieterpflichten.

     

    In welcher Form der Vermieter die Beheizung der Mieträume sicherstellt, ist zunächst ihm überlassen. Es besteht kein mieterseitiger Anspruch z. B. auf Modernisierung der Mietsache durch Einbau einer zentralen Heizungsanlage mit zentraler Warmwasserversorgung. Wenn der Vermieter den Weg wählt, dass er die Wärmelieferung von Eigenversorgung auf eine Fremdfirma überträgt in Form der „eigenständig gewerblichen Lieferung von Wärme“ („Wärme Contracting“), § 556c BGB, entbindet ihn das nicht von der grundsätzlichen Pflicht, für die Beheizung der Mieträume zu sorgen. Dies kann insbesondere relevant werden, wenn die Fremdfirma (Wärmelieferant)ausfällt.

     

    Beachten Sie | § 556c BGB regelt i. Ü., unter welchen Voraussetzungen die Kosten des Wärme Contracting auf Mieter umgelegt werden können und die Pflicht des Vermieters, die Umstellung auf Wärme Contracting den Mietern anzukündigen, § 556c Abs. 2 BGB. Die Möglichkeit, die Kosten des Wärme Contracting auf Mieter umzulegen ist in §§ 2 Nr. 4 c, 5 b BetrKV bestimmt.

     

    Der Vermieter ist nicht verpflichtet, während des ganzen Jahres, vor allem im Sommer, für eine Beheizung der Mieträume zu sorgen. Die Verpflichtung besteht regelmäßig während der Heizperiode, die üblicherweise für die Zeit vom 1.10. bis zum 30. 4. des Folgejahrs angenommen wird. In dieser Zeit muss der Vermieter die Heizung ständig in Betrieb halten (LG Hamburg WuM 84,54).

     

    Beachten Sie | Besondere Umstände in der Person einzelner Mieter, die z. B. wegen längerer Abwesenheit auf eine Beheizung verzichten wollen, spielen keine Rolle. Ebenso ist der Vermieter nicht berechtigt, die Heizung bei Mietern abzuschalten, die die Heizkosten nicht bezahlen.

     

    Außerhalb der Heizperiode gilt, dass die Beheizung sichergestellt werden muss, wenn an drei aufeinanderfolgenden Tagen die Außentemperatur um 21:00 Uhr auf unter 12 Grad absinkt (AG Köln GE 08, 1567). Üblicherweise müssen tagsüber wenigstens 20 Grad erreicht werden (LG Berlin MM 92, 101).

     

    Hier kann die bisherige DIN 4701 herangezogen werden, die für zum Aufenthalt von Personen bestimmte Räume 20 und für Bäder und Duschräume 22 Grad bestimmt. Dies soll von 7:00 Uhr bis 23:00 Uhr gelten. Nachts ist eine Absenkung bis auf 17 Grad zulässig (Pfeiffer, GE 03, 1310). Teilweise wird auch eine Absenkung auf 15 bis 17 Grad als zulässig angesehen (AG Hannover WuM 84,196). Die Nachtabsenkung findet bei modernen Heizungen automatisch statt, der Zeitraum kann eingestellt werden. Grundsätzlich gilt eine Zeit von 24:00 Uhr bis 6:00 Uhr für eine mögliche Nachtabsenkung (AG Hamburg WuM 96,469). Macht ein Mieter geltend, dass er wegen seiner Arbeitszeiten während der Nachtabsenkung die normale Raumtemperatur benötige, spielt dies keine Rolle.

     

    Eine mietvertragliche Vereinbarung kann sich nur im Rahmen des Üblichen hinsichtlich der Heizperiode und der Raumtemperaturen halten. Eine vertragliche Vereinbarung, dass eine Beheizung außerhalb der Heizperiode nicht stattfindet ist ebenso unwirksam, wie eine Vereinbarung besonders niedriger Raumtemperaturen. Dies gilt bei AGB bereits wegen unangemessener Benachteiligung nach § 307 BGB, aber auch bei einer Individualvereinbarung wegen Sittenwidrigkeit und Unbilligkeit nach §§ 138, 242 BGB.

    2. Minderung der Miete

    Mängel von Heizung oder Warmwasserversorgung sind sog. Bewirtschaftungsmängel. Nach § 536 BGB liegt ein Mangel vor, wenn die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch eingeschränkt oder aufgehoben ist. Die Rechtsprechung zur Zulässigkeit und Höhe einer Mietminderung ist uneinheitlich. Mängel der Heizung in Form von zu niedrigen Raumtemperaturen führen generell zur Möglichkeit der Mietminderung (LG Kassel WuM 87, 271). Dasselbe gilt für einen Ausfall der Warmwasserversorgung (AG Münster WuM 81, 22), zu geringe Warmwassertemperaturen (LG Berlin ZMR 98, 634: unter 40 Grad) und einen zu langen Warmwasservorlauf (LG Berlin MM 92, 137) oder Temperaturschwankungen des Warmwassers (AG Charlottenburg MM 03, 244).

     

    Beachten Sie | Ein kurzfristiger Ausfall von Heizung oder Warmwasser (z. B. ein oder zwei Tage) überschreitet auch bei niedrigen Temperaturen nicht die Erheblichkeitsgrenze und berechtigt nicht, zu mindern, § 536 Abs. 1 S. 2 BGB.

     

    • Beispiele zur Minderungshöhe (in Prozent)
    • 5: Ausfall der Heizung bei Raumtemperatur v. 18 Grad (LG Berlin GE 02, 1043)
    • 10: Weniger als 20 Grad über mehrere Stunden täglich (AG Potsdam WuM 12, 670)
    • 30: Durchschnittstemperatur im Wohnzimmer v. 15 Grad (LG Düsseldorf WuM 73, 187)
    • 80: Eine Wohnung ist gar nicht beheizbar (AG Dortmund WuM 13, 12)
    • 100: Totaler Heizungsausfall im Herbst und Winter (LG Hamburg WuM 1976, 10).
     

    Fazit: M. ist zur Minderung berechtigt.

    Quelle: Ausgabe 03 / 2021 | Seite 57 | ID 47118833