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  • · Fachbeitrag · Schönheitsreparaturen

    Übernahmevereinbarungen zwischen Vor- und Nachmieter sind für den Vermieter wirkungslos

    von RiOLG a.D. Günther Geldmacher, Düsseldorf

    | Nach dem „Paukenschlag“ des BGH zur Unwirksamkeit von Schönheitsreparaturklauseln bei Überlassung einer unrenovierten Wohnung, wird mietrechtlich darüber diskutiert, ob und wie sich Übernahmevereinbarungen zwischen Vor- und Nachmieter zugunsten des Vermieters positiv auf die Kontrolle vorformulierter Schönheitsreparaturklauseln auswirken können (vgl. Börstinghaus PiG 103, 109; v. Westphalen WuM 17, 667). Der erstmals damit befasste BGH löst die Frage zum Nachteil des Vermieters. |

     

    Sachverhalt

    Der Beklagte hatte von 1/09 bis Ende 2/14 von der Klägerin eine Wohnung gemietet. Formularvertraglich waren ihm die Schönheitsreparaturen übertragen. Der Beklagte vereinbarte mit der Vormieterin, die die Wohnung von 7/07 bis 12/08 angemietet hatte, u. a. an ihrer Stelle die erforderlichen Schönheitsreparaturen durchzuführen. Dem Beklagten wurde die Wohnung von der Klägerin ohne Kompensation unrenoviert mit Gebrauchsspuren der Vormieterin übergeben. Bei Mietende war die Wohnung renovierungsbedürftig. Anstrich-und Nachbesserungsarbeiten führte der Beklagte nicht fachgerecht aus. Die Klägerin übergab die Wohnung noch am Tag der Rückgabe an eine Nachmieterin und ließ die Renovierung von einem Malerbetrieb durchführen. AG und LG haben angenommen, dass der Beklagte sich wirksam zur Vornahme der Schönheitsreparaturen verpflichtet hatte und seine Widerklage auf Auszahlung des Genossenschaftsguthabens abgewiesen. Seine Revision hat Erfolg.

     

    • 1. Im Falle einer dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Wohnung hält die formularvertragliche Überwälzung der nach der gesetzlichen Regelung (§ 535 Abs. 1 S. 2 BGB) den Vermieter treffenden Verpflichtung zur Vornahme laufender Schönheitsreparaturen der Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand, sofern der Vermieter dem Mieter keinen angemessenen Ausgleich gewährt, der ihn so stellt, als habe der Vermieter ihm eine renovierte Wohnung überlassen.
    • 2. Eine allein zwischen dem bisherigen und dem neuen Mieter getroffene Renovierungsvereinbarung vermag ‒ mit Rücksicht darauf, dass die Wirkungen eines Schuldverhältnisses grundsätzlich auf die daran beteiligten Parteien beschränkt sind ‒ daran nichts zu ändern.

    (Abruf-Nr. 204839)

     

    Entscheidungsgründe

    Die formularvertragliche Überwälzung der nach der gesetzlichen Regelung (§ 535 Abs. 1 S. 2 BGB) den Vermieter treffenden Verpflichtung zur Vornahme laufender Schönheitsreparaturen hält im Fall einer dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Wohnung der Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand, sofern der Vermieter dem Mieter keinen angemessenen Ausgleich gewährt, der ihn so stellt, als habe der Vermieter ihm eine renovierte Wohnung überlassen (BGH MK 15, 95, Abruf-Nr. 176742). Grund: Eine solche Klausel verpflichtet den Mieter zur Beseitigung sämtlicher Gebrauchsspuren des Vormieters und führt ‒ jedenfalls bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung ‒ dazu, dass der Mieter die Wohnung vorzeitig renovieren oder gegebenenfalls in einem besseren Zustand zurückgeben müsste, als er sie selbst vom Vermieter erhalten hat.

     

    Die in einem Schuldverhältnis gewährten Rechte sind ebenso wie die dort übernommenen Pflichten ‒ von Ausnahmen wie z. B. §§ 328, 566 BGB abgesehen ‒ grundsätzlich relativ. Das heißt, sie sind in ihren Wirkungen auf die an dem jeweiligen Schuldverhältnis beteiligten Parteien beschränkt. Deshalb kann das Bestehen einer Renovierungsvereinbarung des Vormieters mit dem neuen Mieter grundsätzlich keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der in dem Mietvertrag zwischen Vermieter und neuem Mieter enthaltenen Verpflichtungen ‒ hier der Vornahmeklausel ‒ haben, insbesondere dergestalt, dass der Vermieter so gestellt werden könnte, als hätte er dem neuen Mieter eine renovierte Wohnung übergeben.

     

    Relevanz für die Praxis

    Der BGH hält in Leitsatz 1 daran fest, dass Schönheitsreparaturen nicht wirksam auf den Mieter abgewälzt werden können, wenn ihm die Wohnung ohne angemessenen Ausgleich unrenoviert oder in renovierungsbedürftigem Zustand überlassen wird.

     

    In Leitsatz 2 entscheidet der BGH, dass es dem Vermieter nicht zugutekommt, wenn Vor- und Nachmieter sich ohne seine Beteiligung darüber einigen, dass der Nachmieter die vertraglich dem Vormieter obliegende Renovierungspflicht übernimmt.

     

    Beachten Sie | Das beruht auf der „Relativität des Schuldverhältnisses“. Danach wirken vertragliche Vereinbarungen ‒ den hier offensichtlich nicht vorliegenden Fall des § 328 BGB ausgenommen ‒ grundsätzlich nur inter partes. Das heißt auf das Mietverhältnis übertragen: Ist die Renovierungsklausel im Mietverhältnis zwischen Vermieter und Vormieter unwirksam, bleibt es hierbei auch dann, wenn der Nachmieter gegenüber dem Vormieter die Ausführung der Schönheitsreparaturen übernimmt.

     

    Der Vermieter kann deshalb weder von dem alten Mieter die Durchführung von Schönheitsreparaturen verlangen noch ist er gegenüber dem Nachmieter so zu stellen, als habe er ihm eine renovierte Wohnung übergeben.

     

    Beachten Sie | Kann der Vormieter die Ausführung von Schönheitsreparaturen vom Vormieter nicht verlangen,

    • muss er entweder im Vertrag mit dem Nachmieter auf eine Schönheitsreparaturklausel verzichten,
    • oder die Wohnung auf eigene Kosten renovieren,
    • bzw. dem Nachmieter einen angemessenen Ausgleich für die Übergabe einer nicht renovierten Wohnung gewähren, damit die Vornahmeklausel AGB-fest ist. Da bis heute nicht geklärt ist, wann ein angemessener Ausgleich anzunehmen ist, erscheint mir die letzte Alternative wenig praxistauglich.

     

    Beachten Sie | Sind dem Mieter die Schönheitsreparaturen dagegen wirksam übertragen, entfällt ein etwaiger Anspruch des Vermieters auf deren Vornahme bei Vertragsende nicht durch eine etwaige zweiseitige Renovierungsvereinbarung zwischen neuem und altem Mieter.

     

    Das muss der Vermieter eigenverantwortlich prüfen und seinen Anspruch gegen den Vormieter in unverjährter Zeit geltend machen. Nur so kann er dem neuen Mieter eine renovierte Wohnung übergeben mit der Folge, dass die Wirksamkeit einer im neuen Mietverhältnis vereinbarten Renovierungsklausel jedenfalls nicht daran scheitert, dass die Wohnung renovierungsbedürftig ist.

     

    Für den Fall, dass Mieter und Nachmieter ‒ anders als hier ‒ ein wie auch immer geartetes Interesse daran haben, eine Regelung zur schuldbefreienden Übernahme einer im alten Mietverhältnis gegenüber dem Vermieter wirksam bestehenden Renovierungsverpflichtung zu treffen, ist der Vermieter ‒ so der BGH ‒ hieran nach § 415 Abs. 1, 2 BGB zu beteiligen.

     

    Soll der neue Formularmietvertrag eine Renovierungsklausel beinhalten, muss der Vermieter nach Auffassung des BGH deshalb in geeigneter Weise sicherstellen,

    • dass ein im Vertragsverhältnis Altmieter/Neumieter eventuell gewährter finanzieller Vorteil zum einen als angemessene Kompensation für die Übernahme der Renovierungsverpflichtung angesehen werden kann,

     

    • und zum anderen in der gebotenen Gesamtschau jedenfalls wirtschaftlich so zu bewerten ist, als hätte ihn der Vermieter selbst als Ausgleich für die von ihm unrenoviert übergebene Wohnung gewährt.
    Quelle: Ausgabe 11 / 2018 | Seite 185 | ID 45524769