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  • · Fachbeitrag · Schönheitsreparaturen

    Quotenabgeltungsklauseln sind unwirksam

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf

    Quotenabgeltungsklauseln benachteiligen den Mieter nach § 307 Abs. 1 BGB unangemessen und sind daher unwirksam, weil sie von dem Mieter bei Vertragsschluss verlangen, zur Ermittlung der auf ihn im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung zukommenden Kostenbelastung mehrfach hypothetische Betrachtungen anzustellen, die eine sichere Einschätzung der tatsächlichen Kostenbelastung nicht zulassen (BGH 18.3.15, VIII ZR 242/13, Abruf-Nr. 176932).

     

    Sachverhalt

    Der Mietvertrag enthält zur „Abgeltung der Schönheitsreparaturen bei Auszug“ die folgende Quotenklausel:

     

    • Die Quotenabgeltungsklausel im Mietvertrag

    Sind bei Beendigung des Mietverhältnisses einzelne oder sämtliche Schönheitsreparaturen noch nicht fällig, so hat der Mieter die zu erwartenden Kosten zeitanteilig an den Vermieter im Allgemeinen nach folgender Maßgabe (Quote) zu bezahlen: Liegen die letzten Schönheitsreparaturen gerechnet ab Übergabe der Mietsache während der Mietzeit bei den Nassräumen (Küchen, Bäder und Duschen) länger als ein Jahr zurück, so zahlt der Mieter 33,33 Prozent der Kosten; liegen sie länger als 2 Jahre zurück, 66,66 Prozent. Liegen die letzten Schönheitsreparaturen während der Mietzeit bei den Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten länger als ein Jahr zurück, so zahlt der Mieter 20 Prozent der Kosten, liegen sie länger als 2 Jahre, zurück 40 Prozent, länger als 3 Jahre, 60 Prozent, länger als 4 Jahre, 80 Prozent. Liegen die letzten Schönheitsreparaturen während der Mietzeit bei allen anderen Nebenräumen länger als ein Jahr zurück, so zahlt der Mieter 14,28 Prozent der Kosten, liegen sie länger als 2 Jahre zurück, 28,56 Prozent, bei mehr als 3 Jahren, 42,84 Prozent, bei mehr als 4 Jahren 57,12 Prozent, bei mehr als 5 Jahren, 71,40 Prozent, und bei mehr als 6 Jahren 85,68 Prozent. Liegen die letzten Schönheitsreparaturen während der Mietzeit für Fenster, Türen, Heizkörper, Versorgungsleitungen und an Einbaumöbeln länger als ein Jahr zurück, so zahlt der Mieter 16,66 Prozent der Kosten, nach 2 Jahren 33,33 Prozent, nach 3 Jahren 50 Prozent, nach 4 Jahren 66,66 Prozent, nach 5 Jahren 83,33 Prozent.

     

    Dem Mieter bleibt es unbenommen nachzuweisen, wann und in welchem Umfang die Wohnung zuletzt renoviert wurde und dass der Zustand der Wohnung eine Verlängerung der oben genannten Fristen zulässt. Führt der Mieter diesen Nachweis, so hat der Vermieter die Quote nach billigem Ermessen angemessen zu senken. Die Berechnung erfolgt aufgrund eines Kostenvoranschlags eines vom Vermieter auszuwählenden Malerfachbetriebs. Dem Mieter bleibt es unbenommen, den Kostenvoranschlag des Vermieters anzuzweifeln, indem er den Kostenvoranschlag eines anderen Malerfachbetriebs beibringt. Der Mieter hat die Möglichkeit, selbst zu renovieren und seine Zahlungspflicht abzuwenden. Die Schönheitsreparaturen müssen fachgerecht in mittlerer Art und Güte ausgeführt werden.

    Ist der Mieter einer entsprechenden Aufforderung mit Fristsetzung nicht oder nur unzureichend nachgekommen, so hat er die entsprechende Quote gemäß Kostenvoranschlag zu zahlen.

     

    Die Schadenersatzklage wegen exzessiven Rauchens hat vor dem BGH keinen Erfolg, soweit sie auch auf die Quotenabgeltungsklausel gestützt ist.

     

    Entscheidungsgründe/Praxishinweis

    Anknüpfend an seine Starre-Fristen-Rechtsprechung und in Fortentwicklung von BGHZ 105, 71 hat der VIII. Senat in MK 08, 37 (Abruf-Nr. 073468) entschieden, dass eine an eine Vornahmeklausel mit flexiblem Fristenplan anknüpfende Quotenabgeltungsklausel AGB-fest ist. Dies gilt jedenfalls bei einer zu Vertragsbeginn renoviert überlassenen Wohnung, wenn die Klausel dahin ausgelegt werden kann, dass die bisherige Wohndauer ins Verhältnis zu setzen ist zu der Zeit, nach der bei einer weiteren Nutzung der Wohnung durch den bisherigen Mieter voraussichtlich eine Renovierung erforderlich sein würde.

     

    Bereits in MK 14, 58 (Abruf-Nr. 140816) hat der VIII. Senat Bedenken gegen diese Rechtsprechung geäußert. Die allgemein erwartete Rechtsprechungsänderung (MK 14, 208, Abruf-Nr. 151723) hat der Senat nun vollzogen. Damit hat er das „Aus“ für formularmäßige Quotenabgeltungsklauseln besiegelt. So begründet der BGH seinen Paradigmenwechsel:

     

    • Quotenabgeltungsklauseln halten einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB nicht stand. Sie benachteiligen den Mieter unangemessen, weil sie ihm bei Vertragsschluss keine realistische Einschätzung der auf ihn zukommenden Kostenbelastung ermöglichen. Grund: Der durchschnittliche und verständige Mieter kann zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht erkennen, welcher tatsächliche Abnutzungsgrad der Wohnung bei Beendigung des Mietverhältnisses erreicht sein wird. Denn: Der Zeitpunkt bei Vertragsschluss steht noch nicht fest, ebenso wie das (möglicherweise Veränderungen unterworfene) individuelle Nutzungsverhalten des Mieters.

     

    • Aber nicht nur der tatsächliche Zustand der Wohnung bei Vertragsende ist für den Mieter bei Vertragsschluss nicht einschätzbar. Um eine Kostenquote ermitteln zu können, ist darüber hinaus die empirische Prognose notwendig, zu welchem Zeitpunkt bei unterstellter gleicher Nutzungsart und gleicher Nutzungsintensität voraussichtlich Renovierungsbedarf eintreten wird. Quotenabgeltungsklauseln verlangen vom Mieter daher bei Vertragsschluss, seine bei Beendigung des Mietverhältnisses bestehende Zahlungspflicht aufgrund eines in der Zukunft liegenden, auf mehreren Variablen beruhenden hypothetischen und damit fiktiven Sachverhalts einzuschätzen. Derartige Bestimmungen benachteiligen den Mieter nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unangemessen und sind unwirksam.

     

    Hieran gemessen ist die streitige Quotenabgeltungsklausel unwirksam. Dass sie die Kostenquote für den Fall angemessen senkt, wenn der Mieter nachweist, dass der tatsächliche Erhaltungszustand der Wohnung eine Verlängerung der im Allgemeinen geltenden Renovierungsfristen zulässt und dies in das billige Ermessen des Vermieters stellt, stellt den Verstoß gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB - so der BGH - nicht infrage.

     

    Merke | Die Quotenabgeltungsklausel ist unabhängig davon unwirksam, ob die Wohnung bei Mietbeginn renoviert oder unrenoviert übergeben wird.

     

    Quotenabgeltungsklauseln müssen darüber hinaus dem Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) genügen. Das heißt: Sie dürfen nicht so gefasst sein (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB), dass der Vermieter als Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen. Dem von § 307 Abs. 1 S. 2 BGB umfassten Bestimmtheitsgebot genügt eine Klausel nur, wenn sie im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich umschreibt (BGH MK 08, 37). Da die Klausel schon gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB verstößt, konnte der BGH offen- lassen, ob das Bestimmtheitsgebot nach diesen Grundsätzen hier gewahrt ist.

     

    Nach dem Leitsatz ist von einer uneingeschränkten Unwirksamkeit von Kostenabgeltungsklauseln auszugehen. Dennoch gibt es bereits eine erste Stimme (GE 15, 694), die es für möglich hält, den Mieter zu verpflichten, für den Fall der Nichtfälligkeit der Schönheitsreparaturen bei Auszug die in der II. BV für Schönheitsreparaturen vorgesehene Pauschale als Abgeltung pro Quadratmeter und Monat zu zahlen.

     

     

     

    Quelle: Ausgabe 09 / 2015 | Seite 151 | ID 43486071