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  • 01.04.2006 | WEG

    Stimmrecht: Die 5 häufigsten Fragen

    von RA, Dipl.-Finanzwirt Hermann Kahlen, FA StR, Senden/Westfalen

    Ein häufiger Streitpunkt in Eigentümerversammlungen ist, nach welchen Prinzipien abgestimmt wird und wer an der Abstimmung teilnehmen darf. Die folgende Checkliste beantwortet die häufigsten Fragen hierzu anhand aktueller Rechtsprechung:  

     

    Checkliste: Die 5 häufigsten Fragen zum Stimmrecht und ihre Beantwortung

    1. Wo ist das Stimmrecht geregelt?

    Die Kernaussage enthält § 25 Abs. 2 S. 1 WEG: „Jeder Wohnungseigentümer hat eine Stimme“. Abweichendes kann aber vereinbart werden (§ 10 Abs. 1 S. 2 WEG).  

    2. Was bedeutet „Kopfprinzip“?

    Der vom Gesetzgeber vorgesehene Regelfall ist das Kopfprinzip. Danach hat jeder Wohnungseigentümer eine Stimme. Im Ergebnis gibt es soviel Stimmen wie Wohnungseigentümer und umgekehrt.  

     

    Das gilt auch, wenn mehrere Wohnungseigentumsrechte in einer Hand vereinigt sind. Es soll dadurch eine Majorisierung verhindert werden. Eigentümer, denen mehrere Wohnungseigentumsrechte zustehen, sollen kein größeres Gewicht haben als die anderen Wohnungseigentümer.  

     

    Wenn das Kopfprinzip gilt, führt die – ohne Einbeziehung der übrigen Eigentümer erfolgte – nachträgliche Aufteilung einer Eigentumseinheit in zwei selbstständige Einheiten nicht zu einer Vermehrung der Anzahl der Stimmrechte (OLG Stuttgart ZMR 05, 478). Gleicher Ansicht ist der BGH für den Fall, dass ein Objektstimmrecht vereinbart wurde (BGH DWE 04, 135).  

    3. Wann gilt das Wertprinzip?

    Die gesetzliche Regelung ist nicht zweifelsfrei billig. Immerhin stehen einem Mehrfachstimmrecht erhöhter Kapitaleinsatz, mehr Lasten und mehr Kosten gegenüber. Daher ist es nach h.M. zulässig, das Stimmrecht entsprechend den Miteigentumsanteilen zu regeln (§ 10 Abs. 1 S. 2 WEG; BayObLG WE 89, 183).  

    4. In welchen Fällen sind Eigentümer nicht stimmberechtigt?

    § 25 Abs. 5 WEG enthält Fälle, in denen einzelne Wohnungseigentümer nicht stimmberechtigt sind:  

     

    • Rechtsgeschäfte mit Eigentümern: Eigentümer sind nicht stimmberechtigt, wenn es um den Abschluss eines Rechtsgeschäfts mit ihnen geht. Das Rechtsgeschäft muss die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums betreffen. Sowohl einseitige als auch mehrseitige Rechtsgeschäfte sind erfasst. Betroffen ist im Regelfall der Abschluss, die Kündigung und der Rücktritt von Verträgen. Realakte – tatsächliche Handlungen – werden von § 25 Abs. 5 WEG nicht erfasst.

     

    Wahlen (zum Verwalter oder Verwaltungsbeiratsmitglied) sind keine Rechtsgeschäfte. Einer Mitwirkung steht daher nichts im Wege.

     

    Gleiches gilt für die Abberufung eines Verwalters. Ein Mehrheitseigentümer, der zugleich Verwalter ist, ist bei der Abstimmung über die gegen ihn ohne wichtigen Grund ausgesprochene Abberufung und Kündigung des Vertrags nicht vom Stimmrecht ausgeschlossen (KG DWE 02, 103).

     

    Ein Wohnungseigentümer ist auch nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit jemandem betrifft, mit dem zusammen er eine GbR bildet und wenn das Rechtsgeschäft in Beziehung zu dem Zweck der Gesellschaft steht (BayObLG WE 95, 342). Im entschiedenen Fall ging es um die Beauftragung eines Rechtsanwalts, mit dem der Wohnungseigentümer zu einer Sozietät zusammen geschlossen war.

     

    Bei der Beschlussfassung darüber, zu welchen gewerblichen Zwecken eine Teileigentumseinheit genutzt werden darf, ist der jeweilige Teileigentümer nicht von der Abstimmung ausgeschlossen (BayObLG 19.1.05, 2Z BR 205/04).

     

    Soweit eine Verwalter-GmbH vom Stimmrecht ausgeschlossen ist, gilt dies auch für deren Geschäftsführer, der persönlich von einem Wohnungseigentümer Stimmrechtsvollmacht hat (AG Hannover ZMR 04, 787).

     

    Der Umstand, dass ein einzelner Eigentümer vom Stimmrecht in bestimmten rechtsgeschäftlichen Fragen ausgeschlossen ist, bedeutet nicht, dass dieses Rechtsgeschäft nicht dennoch zu Stande kommen kann (KG ZMR 05, 645).

     

    • Rechtsstreit gegen Wohnungseigentümer: Einleitung und Erledigung eines Rechtsstreits gegen einen Eigentümer sind ebenfalls vom Stimmrecht des betroffenen Eigentümers ausgenommen. Das gilt auch für Rücknahme, Verzicht, Rechtsmittel, Aussetzung, Fortsetzung und Stellungnahme im Prozess. Alle Maßnahmen bezogen auf Fortführung oder Beendigung eines Rechtsstreits sind erfasst. Die Norm ist weit auszulegen.

     

    Beschließen die Eigentümer, einen Rechtsstreit gegen einen Wohnungseigentümer und einen Dritten einzuleiten, die wegen Baumängeln am Gemeinschaftseigentum in Anspruch genommen werden sollen, ist der Wohnungseigentümer vom Stimmrecht auch ausgeschlossen, wenn der Dritte verklagt werden soll (BayObLG WE 98, 353).

     

    • Entziehung des Wohnungseigentums: Wer rechtskräftig nach § 18 WEG verurteilt wurde, hat ebenfalls kein Stimmrecht mehr.

     

    • Rechtsmissbrauch: Unabhängig von § 25 Abs. 5 WEG ist ein Eigentümer auch nicht stimmberechtigt, wenn er sein Stimmrecht missbräuchlich ausübt. Insoweit gelten die zu § 242 BGB entwickelten Grundsätze. Allein die Majorisierung als solche begründet noch keinen Rechtsmissbrauch. Das Abstimmungsverhalten eines Eigentümers, der über eine Stimmenmehrheit verfügt, ist nicht rechtsmissbräuchlich, wenn für die Stimmabgabe nachvollziehbare und verständliche Gründe vorliegen (BayObLG MieWoE, § 25 WEG Nr. 22).
    5. Wann ruht das Stimmrecht?

    Es kann vereinbart werden (§ 10 Abs. 1 S. 2 WEG), dass in bestimmten Fällen das Stimmrecht ruht, etwa wenn gemeinschaftsbezogene Verbindlichkeiten (Zahlung des Hausgeldes/Wohngeldes) nicht erfüllt werden (BayObLG NJW 65, 821). Ruht das Stimmrecht nach der Gemeinschaftsordnung bei einem Rückstand mit Wohngeldzahlungen, setzt das Ruhen kein Verschulden voraus (BayObLG MieWoE, § 25 WEG Nr. 16).  

     

     

     

     

    Quelle: Ausgabe 04 / 2006 | Seite 75 | ID 88581