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  • 25.06.2008 | Verwertungskündigung

    Anfechtbarer Mietvertrag: kein Kündigungsschutz

    Eine Bank, die eine zu Wohnzwecken vermietete Immobilie in der Zwangsversteigerung erworben hat, hat ein berechtigtes Interesse an der Kündigung des Mietverhältnisses, wenn der Mieter seine Rechtsposition durch ein von ihr wegen Gläubigerbenachteiligung anfechtbares Rechtsgeschäft erlangt hat, bei Fortsetzung des Mietverhältnisses eine Verwertung des Grundstücks zu zumutbaren wirtschaftlichen Bedingungen nicht möglich ist und die Bank dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde (BGH 16.1.08, VIII ZR 254/06, Abruf-Nr. 080657).

     

    Sachverhalt

    Der Beklagte zu 2 (B2) hatte sich gegenüber der Klägerin für die Forderungen der E.-GmbH verbürgt und insoweit eine nachrangige Sicherungsgrundschuld an seinem Hausgrundstück bestellt. Nach Insolvenz der E. in 9/00 leitete die Klägerin in 2/01 die Zwangsvollstreckung in das Hausgrundstück ein. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen des B2 wurde in 7/02 eröffnet. Vor dem ersten Versteigerungstermin heiratete B2 die Beklagte zu 1 (B1). Beide legten dann dem Vollstreckungsgericht einen auf den 15.2.00 datierten Mietvertrag vor. Dieser lautet u.a.: „B1 hat B2 ein Darlehen gewährt, i.H.v. 400.000 DM. Dafür hat sie durch Notarvertrag als dingliche Absicherung ein grundbuchrechtlich eingetragenes Wohnrecht bekommen. Die monatliche Miete mit allen Nebenkosten verrechnet sie mit dem Darlehen und wohnt somit 10 Jahre mietfrei.“ Später ersteigerte die Klägerin das Grundstück. Sodann kündigte sie das Mietverhältnis unter Berufung auf § 57a ZVG und § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB fristgerecht. Der BGH hat das stattgebende Räumungsurteil des AG gegen beide Beklagte wieder hergestellt.  

     

    Entscheidungsgründe/Praxishinweis

    Der BGH stärkt die Rechte der ersteigernden Bank, wenn der auf Räumung in Anspruch genommene Mieter seine Rechte anfechtbar erworben hat. Der anfechtbare Erwerb muss nicht separat geltend gemacht werden, sondern wird inzident im Räumungsprozess geprüft. Der Räumungsanspruch gegen die Mieterin und ihren mitbesitzenden Ehegatten folgt aus §§ 546 Abs. 1, § 985 BGB i.V.m. § 57a ZVG, § 573d Abs. 2 BGB. Nach Erwerb des Grundstücks in der Zwangsversteigerung konnte die Klägerin das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist und unter Beachtung der Kündigungsschutzvorschrift des § 573 BGB kündigen.  

     

    Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt vor, wenn der Vermieter durch dessen Fortsetzung an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert wird und so erhebliche Nachteile erleiden würde (§ 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der von der Klägerin beabsichtigte Verkauf des von den Beklagten bewohnten Hausgrundstücks stellt eine angemessene wirtschaftliche Verwertung dar. Der BGH lässt offen, ob notleidende Kredite entsprechend einer in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung (Nachweise, Urteilsgründe Rn. 14) zu den typischen Risiken des Darlehensgebers gehören, die nicht über die Kündigungsbefugnis auf den Mieter abgewälzt werden können. Er verneint diese Auffassung jedenfalls, wenn der Mietvertrag wegen Gläubigerbenachteiligung zum Zeitpunkt des Eigentumserwerbs des Grundpfandgläubigers von diesem nach § 3 Abs. 1 AnfG angefochten werden konnte. Grund: Der Mieter ist nicht schutzbedürftig, weil er seine Rechtsposition nicht in einer Weise erlangt hat, die ein Bestandsinteresse an dem Mietverhältnis begründen kann. Nach dem Schutzzweck der Kündigungsvorschriften soll der vertragstreue Mieter vor dem Verlust seiner Wohnung geschützt werden, nicht aber der, der einen Mietvertrag in anfechtbarer Weise erhalten hat (BT-Drucksache 7/2011, S. 7 zu § 564b BGB a.F.).