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  • 01.03.2005 | Mietwucher

    Diese 11 BGH-Entscheidungen zur Nichtigkeit von Mietverträgen müssen Sie kennen

    Mieter berufen sich häufig darauf, die vom Vermieter verlangte Miete oder Kaution sei wucherisch. Hierzu sind wichtige Entscheidungen des BGH ergangen, deren Kenntnis für den mietrechtlichen Berater unerlässlich ist. Die folgende Checkliste fasst das Meinungsbild des BGH übersichtlich zusammen.  

    Checkliste: Die 11 wichtigsten BGH-Entscheidungen zum Mietwucher

    BGH MK 04, 206, Abruf-Nr. 042759: Besteht bei einem gewerblichen Miet- oder Pachtverhältnis ein auffälliges Missverhältnis zwischen der vereinbarten und der marktüblichen Miete oder Pacht, kann hieraus allein noch nicht auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten geschlossen werden. Vielmehr bedarf es angesichts der häufig auftretenden Bewertungsschwierigkeiten der tatrichterlichen Prüfung, ob dieses Missverhältnis für den Begünstigten subjektiv erkennbar war.  

     

    BGH MK 05, 36, Abruf-Nr. 042309: Bei Pachtverhältnissen muss das Gericht den Marktwert der Nutzungsüberlassung regelmäßig anhand des für vergleichbare Objekte erzielten Pachtzinses ermitteln.  

     

    BGH 9.4.03, XII ZR 216/01, Abruf-Nr. 050475: Die Rechtsprechung nimmt bei gewerblichen Mietverträgen ein auffälliges Missverhältnis an, wenn die vereinbarte Miete um knapp 100 Prozent höher oder niedriger ist als der objektive Marktwert der Gebrauchsüberlassung. Die so genannte Vergleichswertmethode ist zur Ermittlung des angemessenen Pachtzinses ungeeignet. Ist eine Ermittlung des angemessenen Pachtzinses im Weg der Vergleichswertmethode nicht möglich, muss durch einen erfahrenen, mit der konkreten Marktsituation vertrauten Sachverständigen – eventuell einen erfahrenen Makler – geklärt werden, welcher Pachtzins für ein solches Objekt nach seiner Meinung erzielt werden kann. Kann die ortsübliche Pacht bereits durch mehrere Sachverständige nicht oder nur mit großen Schwierigkeiten ermittelt werden, ist nicht ersichtlich, wie der Verpächter ein solches Missverhältnis – falls es überhaupt vorlag – hätte erkennen können.  

     

    BGH NZM 03, 108, Abruf-Nr. 050476: Die Grundsätze des V. Zivilsenat des BGH zur Sittenwidrigkeit von Grundstücksgeschäften sind auf gewerbliche Mietverträge nicht ohne weiteres zu übertragen.  

     

    BGH NZM 02, 822, Abruf-Nr. 050099: Die Rechtsprechung nimmt bei gewerblichen Mietverträgen ein auffälliges Missverhältnis an, wenn die vereinbarte Miete um knapp 100 Prozent höher oder niedriger ist als der objektive Marktwert der Gebrauchsüberlassung. Die indirekte Vergleichswertmethode ist aus Rechtsgründen nicht geeignet, den zum Vergleich heranzuziehenden objektiven Mietwert zu ermitteln. Können im konkreten Fall ausnahmsweise keine geeigneten Vergleichsobjekte gefunden werden, ist es angebracht, einen mit der konkreten Marktsituation vertrauten Sachverständigen – z.B. einen erfahrenen Makler – beurteilen zu lassen, welche Miete für dieses besondere Objekt erzielt werden kann.  

     

    BGH MK 02, 80, Abruf-Nr.020454: Ein Mietvertrag verliert seinen wucherähnlichen Charakter nicht dadurch, dass das Anerbieten zum Vertragsabschluss von dem benachteiligten Mieter ausgeht. Bei gewerblichen Mietverträgen ist regelmäßig eine tatrichterliche Würdigung erforderlich, ob das krasse Missverhältnis für den Vermieter erkennbar war.  

     

    BGH NJW-RR 02, 8, Abruf-Nr. 050477: Unterliegt die für das vergleichbare Objekt erzielbare Miete starken Preisschwankungen und ist es äußerst schwierig, zu erkennen, welcher Preis für ein solches Objekt marktüblich ist, lässt sich nur daraus, dass der Vermieter in einer solchen Situation eine überhöhte Miete vereinbart, nicht ableiten, er habe sich von einer verwerflichen Gesinnung leiten lassen.  

     

    BGH GuT 02, 9, Abruf-Nr.050478: Im Rahmen der Prüfung, ob bei einem Gaststättenpachtvertrag ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt und der Vertrag deshalb als wucherähnliches Geschäft nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist, ist auch die von der EOP-Methode abgeleitete sog. „indirekte Vergleichswertmethode“ nicht geeignet, den zum Vergleich heranzuziehenden marktüblichen Pachtzins zu bestimmen (Fortführung von Senat, BGHZ 141, 257 = NZM 99, 664).  

     

    BGH NZM 99, 964, Abruf-Nr. 050479: Haben die Parteien einen bestehenden Gewerberaummietvertrag durch Flächenhinzunahme erweitert und die Miete für den für die Gesamtfläche neu abgeschlossenen Mietvertrag durch Addition der alten Miete und der Miete für die Erweiterungsflächen ermittelt, können bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit des Mietzinses die Grundsätze angewendet werden, die der BGH für so genannte Kettenverträge entwickelt hat (BGH NJW 87, 944; NJW-RR 87, 679).  

     

    BGH BGHZ 141, 257, Abruf-Nr. 050480: Miet- und Pachtverträge sind sittenwidrig und damit nichtig, wenn Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen und weitere sittenwidrige Umstände hinzutreten, wie etwa eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten oder Ausnutzung der Unerfahrenheit des Partners. Bei Mietverhältnissen ist der Verkehrswert und damit die ortsübliche Marktmiete i.d.R. als Vergleichsmiete, d.h. durch Vergleich mit den erzielten Mieten für andere vergleichbare Mietobjekte, festzustellen. Nur wenn ausnahmsweise vergleichbare Objekte nicht zur Verfügung stehen sollten, sind ggf. andere Erfahrungswerte heranzuziehen. Das bedeutet jedoch nicht, dass in einem solchen Fall auf die Ermittlung des objektiven (Verkehrs-) Werts, ggf. unter Berücksichtigung bestimmter sich sonst anbietender Vergleichselemente, zu verzichten wäre und der Maßstab der Orts- bzw. Marktüblichkeit verlassen werden dürfte. Sind dem Pächter sowohl eine Gaststätte als auch Räume zur Nutzung als Beherbergungsbetrieb verpachtet, ist zum Zweck der Berechnung für das Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung als Gesamtpachtzins der angemessene orts- bzw. marktübliche Mietzins für die Gebrauchsüberlassung der Räume und darüber hinaus ein angemessener Preis für alles weitere, dem Pächter zur Fruchtziehung Überlassene zu ermitteln. Hieraus ergibt sich der insgesamt angemessene Pachtzins. Die so genannte EOP Methode (an der Ertragskraft orientierte Pachtwertfindung) ist nicht geeignet zur Bewertung einer Gaststättenpacht, wie sie für die Bestimmung eines auffälligen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung i.S. von § 138 S. 1 BGB erforderlich ist.  

     

    BGH 29.9.04, XII ZR 22/02, Abruf-Nr. 050481: Auch bei einem gewerblichen Miet-/Pachtvertrag ist die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB auf Bürgschafts- und Mithaftungsverträge zwischen dem Vermieter/Verpächter einerseits und einem privaten Sicherungsgeber andererseits regelmäßig entscheidend vom Grad des Missverhältnisses zwischen dem Verpflichtungsumfang und der finanziellen Leistungsfähigkeit des Bürgen oder Mitverpflichteten abhängig. Maßgebend sind allein die Einkommens- und Vermögensverhältnisse im Zeitpunkt der Übernahme der Verpflichtung. Bei der Prüfung der Frage, ob ein eigenes persönliches oder wirtschaftliches Interesse des Mitverpflichteten am Abschluss des Pachtvertrags einen angemessenen Ausgleich zu einer etwaigen krassen finanziellen Überforderung geschaffen hat, sind nur solche Vorteile zu berücksichtigen, die ihm unmittelbar und in ausreichendem Maße zugeflossen sind. Ist der mitverpflichtete Ehegatte im Betrieb des anderen nur angestellt, reicht dies nur als mittelbarer Vorteil nicht aus. Zusätzlich ist eine tatrichterliche Würdigung erforderlich, ob die festgestellte finanzielle Überforderung für den Verpächter erkennbar war und er in anstößiger Weise die emotionale Bindung des Mithaftenden an den Pächter ausgenutzt hat.  

     

     

     

    Quelle: Ausgabe 03 / 2005 | Seite 46 | ID 88541