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  • 01.03.2006 | Kündigung

    Darf Vermieter kündigen, wenn er die Wohnung überwiegend freiberuflich nutzen will?

    von RA Michael Bach, Nordkirchen
    Das durch den Wunsch des Vermieters, seine Wohnung nur z.T. für eigene Wohnzwecke, überwiegend aber für eigene berufliche Zwecke (Einrichtung eines Architekturbüros) zu nutzen, begründete Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses nach § 573 Abs. 1 S. 1 BGB ist im Hinblick auf die grundgesetzlich geschützte Berufsfreiheit nicht geringer zu bewerten als der in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB geregelte Eigenbedarf des Vermieters zu Wohnzwecken (BGH 5.10.05, VIII ZR 127/05, NJW 05, 3782, Abruf-Nr. 060512).

     

    Sachverhalt

    Der klagende Vermieter begehrt von den beklagten Mietern Räumung und Herausgabe eines Ein-Familien-Hauses. Laut Kündigungsschreiben sei es für ihn u.a. „... aus persönlichen und betrieblichen Gründen unbedingt notwendig, vor Ort ein Bauplanungsbüro zu schaffen und zu unterhalten ...“ Er bedürfe „... einer Wohn- und Arbeitsstätte vor Ort.“ Die Beklagten haben sich darauf berufen, der Kläger plane die wirtschaftliche Verwertung des Hausgrundstücks. Eine Baugenehmigung für die Errichtung eines Doppelhauses mit Carport und Nebengebäuden liege – unstreitig – bereits vor. Auf Berufung des Klägers hat das LG (WuM 05, 779) das klageabweisende Urteil des AG aufgehoben und die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Der BGH hat den Beklagten PKH für die zugelassene Revision verweigert.  

     

    Praxishinweis

    PKH ist nach § 114 ZPO zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hiervon ist i.d.R. auszugehen, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt. Anders liegt der Fall, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder durch die in der Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem o.g. Sinn als schwierig erscheint (BVerfGE 81, 347; BGH NJW 98, 1154; NJW-RR 03, 130). Hier hat das LG die Beklagten nach § 546 BGB zur Räumung und Herausgabe des von ihnen gemieteten Hauses an den Kläger verurteilt, da es nach § 573 Abs. 1 S. 1 BGB ein berechtigtes Interesse des Klägers an der Beendigung des Mietverhältnisses bejaht hat. Die sich in diesem Zusammenhang stellende Frage, wie das berechtigte Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses über Wohnraum i.S. des § 573 Abs. 1 S. 1 BGB beschaffen sein muss, wenn der Vermieter die vermieteten Räume nur teilweise für eigene Wohnzwecke, überwiegend jedoch für eigene gewerbliche Zwecke nutzen will, sieht der VIII. Senat – in zweifelhafter Weise – nicht als schwierig an. Er beantwortet sie wie aus dem Ls. ersichtlich.  

     

    Der BGH zieht eine Parallele zur st. Rspr. des BVerfG zur Eigenbedarfskündigung (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB = § 564b Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB a.F.). Danach ist der Entschluss des Vermieters, seine Wohnung selbst zu Wohnzwecken zu nutzen, im Hinblick auf sein durch Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG geschütztes Eigentum zu achten und einer gerichtlichen Nachprüfung entzogen (BVerfGE 79, 292; 81, 29). Gleiches gelte für den Vermieterwunsch, seine Wohnung nur zum Teil für eigene Wohn-, überwiegend aber für eigene berufliche Zwecke zu nutzen. Das hierdurch begründete Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses nach § 573 Abs. 1 S. 1 BGB sei schon im Hinblick auf die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit nicht geringer zu bewerten als der gesetzlich geregelte Eigenbedarf des Vermieters zu Wohnzwecken.