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  • 01.01.2006 | Gewerberaummiete

    Beratungsschwerpunkte bei der Anmietung von Arztpraxen

    von RA Birgit Rehborn, Dortmund

    Ärzte unterzeichnen Mietverträge oft völlig unkritisch. Das ist um so unverständlicher, als finanzielle Verpflichtungen in einer Größenordnung von mehreren hunderttausend Euro eingegangen werden können. Hier ist der Berater besonders gefordert, seinem Mandanten alle „Fallstricke“ offenzulegen und auf „Fußangeln“ bei beabsichtigten oder getätigten Vertragsabschlüssen hinzuweisen.  

     

    Checkliste: Die 5 größten Fehler bei der Anmietung von Arztpraxen
    1. Zahlreiche Vereinbarungen, die für einen Arzt existenziell sein können, sind in den entsprechenden Mietverträgen häufig nicht enthalten. So sind viele Ärzte der Ansicht, dass man bei Abgabe der Praxis an einen Nachfolger problemlos den Mietvertrag auf den Nachfolger übertragen kann. Das ist jedoch ohne Genehmigung des Vermieters nicht möglich.

     

    Folge: Der Verkauf einer Praxis wird vielfach unmöglich, bzw. es müssen erhebliche Abschläge beim Preis gemacht werden, da der Wert einer Praxis oft vom Praxisstandort abhängt. Denn oft stimmen Vermieter dem Eintritt des neuen Praxisinhabers nur unter der Bedingung einer Mieterhöhung zu. Folglich versuchen Erwerber des Kassenarztsitzes den Kaufpreis der Praxis zu drücken.

     

    2. Ebenso weit verbreitet ist die Meinung, dass Mietverträge für eine Arztpraxis, ebenso wie Wohnungsmietverträge, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist zeitnah zu kündigen sind. Dass Gewerbemietverträge während der vereinbarten Laufzeit – oft 5 oder 10 Jahre oder sogar noch länger – unkündbar sind, ist bei Ärzten häufig nicht bekannt. Gibt es dann zwingende Gründe, den Kassenarztsitz zu verlegen, ist dies oft nur möglich, wenn die Miete der alten Praxisräume bis zur Beendigung des Mietverhältnisses weiter gezahlt wird.

     

    3. Gelegentlich gelingt es, gegen Zahlung einer erheblichen Abstandssumme aus dem Mietvertrag entlassen zu werden. Hierauf lassen sich Vermieter jedoch immer seltener ein. Grund: Wegen der momentanen wirtschaftlichen Lage ist es äußerst schwierig, einen Nachmieter zu finden. Zudem wird häufig auch keine Einigung über die Abstandzahlung erzielt.

     

    4. Wenn schon der Umstand, die doppelte Miete zahlen zu müssen, eine erhebliche finanzielle Belastung bedeutet, kann die Vereinbarung einer Betriebspflicht dieses Problem noch steigern: Grundsätzlich ist der Mieter auf Grund eines Mietvertrags nämlich nur berechtigt, das Objekt zu nutzen, er ist aber nicht dazu verpflichtet. Der Vermieter hat jedoch in der Regel ein Interesse daran, dass das gewerbliche Mietobjekt nicht leer steht, da es in solchen Fällen oft im Wert sinkt.

     

    Daher wird in Praxismietverträgen oft eine Betriebspflicht vereinbart. Das bedeutet, dass der Mieter – hier der Arzt – nicht nur die Miete zahlen, sondern die Praxis auch betreiben muss.
    In bestimmten Fällen, z.B. bei Einkaufszentren, hängt die Vermietbarkeit der weiteren Ladenlokale in der Regel sogar davon ab, dass möglichst viele der Läden vermietet sind, so dass in derartigen Mietverträgen häufig eine Betriebspflicht vereinbart wird.

     

    Praxishinweis: Will Ihr Mandant als Arzt daher Räume in einem Einkaufszentrum mieten, sollten Sie stets prüfen, ob im Mietvertrag eine Betriebspflicht vereinbart ist. Auch der Vermieter, der in einem Ärztehaus eine Apotheke betreibt, hat ein erhebliches wirtschaftliches Interesse daran, dass die vermieteten Arztpraxen betrieben werden. In solchen Fällen wird im Mietvertrag mit dem Arzt ebenfalls meist eine Betriebspflicht vereinbart sein.

     

    5. Nach h.M. kann eine Betriebspflicht jedoch nur ausdrücklich vereinbart werden (Fritz, Gewerberaummietrecht, 4. Aufl., Rn. 234; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 8. Aufl., § 535 BGB Rn. 193; LG Lübeck NJW-RR 93, 78). Nur nach einer Mindermeinung soll es möglich sein, dass sich eine Betriebspflicht aus dem Gesamtkonzept ergibt. So hat das OLG Köln eine Betriebspflicht aus der Beschreibung des Zwecks, zu dem Mieträume vermietet wurden, „zum Betrieb einer/eines ...“ als konkludent vereinbart angesehen (NZM 00, 345).

     

    Im Fall des OLG Köln waren dem Abschluss des Mietvertrags allerdings Verhandlungen voraus gegangen, in denen der Vermieter zum Ausdruck gebracht hatte, dass er Wert darauf legen würde, die Tradition seines Betriebs fortzuführen.

     

    Praxishinweis: Werden daher Praxisräume in einem von einem Apotheker betriebenen Ärztehaus oder einem Einkaufszentrum angemietet, oder ist die Arztpraxis Teil eines wie auch immer gearteten Gesamtkonzepts, sollten Berater des Mieters zur Sicherheit immer versuchen, die Vereinbarung einer Betriebspflicht im Mietvertrag zu umgehen. Auch Gespräche über bestimmte Öffnungszeiten bzw. die Vereinbarung fester Öffnungszeiten im Mietvertrag sollten für den Arzt und seinen Berater immer Anlass dafür sein, eine Betriebspflicht der angemieteten Praxisräume im Mietvertrag ausdrücklich auszuschließen.
     

     

    Quelle: Ausgabe 01 / 2006 | Seite 13 | ID 88490