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  • 01.10.2008 | Beratungspraxis

    Der Vermieter steht vor der Tür: Was nun?

    von RA Dr. Hans Reinold Horst, Hannover/Solingen

    Wann darf der Vermieter wie oft und unter welchen Voraussetzungen die Wohnung des Mieters besichtigen? Die folgende Checkliste gibt rechtssichere Antworten auf diese Fragen anhand der klassischen Beratungssituation „anlassbezogene Besichtigung“.  

     

    Checkliste: Die 5 wichtigsten Fragen zum anlassbezogenen Besichtigungsrecht des Vermieters

    1. Wann hat der Vermieter das Recht auf Besichtigung der Mietwohnung?  

    Macht der Mieter Gewährleistungsrechte oder weitere Ansprüche aus einer sachmangelbedingten Verschlechterung der Mietwohnung geltend, hängen diese maßgeblich vom Zustand der Wohnung ab. Deshalb muss sich der Vermieter zunächst in einem Besichtigungstermin Klarheit über das Schadensbild, die Schadensursache oder über sonstige störende Einwirkungen auf die Mietsache verschaffen. Er hat in diesen Fällen ein Recht zur Besichtigung der Wohnung.  

     

    Im Fall der Mängelanzeige durch den Mieter folgt dieses Zutrittsrecht aus § 554 Abs. 1 BGB in Verbindung mit §§ 536c, 242 BGB (AG Lübeck ZMR 93, S. IX; LG Berlin MM 02, 283). Auch § 535 Abs. 1 S. 2 BGB kann als Anspruchsgrundlage herangezogen werden. Denn danach ist der Vermieter einerseits zur Erhaltung der Mietsache verpflichtet und muss daher andererseits das eigenständige Recht haben, zu ermitteln, ob überhaupt und gegebenenfalls in welchem Umfang Maßnahmen zur Erhaltung der Mietsache zu treffen sind (Lützenkirchen, NJW 07, 2152).  

     

    Ob der Vermieter sofort mit einem Sachverständigen oder Handwerker den Termin wahrnimmt, ist eine Frage des Einzelfalls und unter Berücksichtigung der Kosten zu entscheiden. Bei Feuchtigkeitsschäden empfiehlt sich dies aber, um Schadensursachen möglichst schnell eingrenzen zu können. Der Vermieter muss dem Mieter vor Besichtigung der Mietwohnung durch seine Handwerker kein „annahmefähiges Angebot zur Mängelbeseitigung“ unterbreiten (AG Pinneberg ZMR 07, 459).  

     

    Auf entsprechende Mitteilung des Vermieters ist der Mieter verpflichtet, Terminabsprachen zu treffen. Ob und welche Maßnahmen erforderlich sind, kann der Fachmann erst vor Ort feststellen. Solange der Mieter die Besichtigung verweigert, ist sein Mängelbeseitigungsanspruch nicht durchsetzbar (AG Pinneberg, a.a.O.).  

     

    Lehnt der Mieter eine Besichtigung ab, hat der Vermieter zwei Möglichkeiten: Er kann ein selbstständiges Beweisverfahren in Gang setzen oder sein Besichtigungsrecht gerichtlich durchsetzen.  

     

    Im Vordergrund sollte die Beweissicherung stehen. Denn der Vermieter hat auf die Mietsache keinen unmittelbaren Zugriff. Sie befindet sich im Obhutsbereich des Mieters. Deshalb kann der Vermieter etwa vermutete Ursachen aus dem Bereich des Mieters nicht vollständig darstellen oder beweisen. Der Mieter selbst könnte aufgrund seines alleinigen Zugriffs unter Ausschluss Dritter auf die Mietsache Beweisergebnisse eines späteren Prozesses beeinflussen (Lützenkirchen, Anwaltshandbuch Mietrecht, 3. Aufl., Teil F, S. 896, Rn. 214).  

     

    Hat der Vermieter die Mängelbeseitigung bereits veranlasst, sollte er selbst zumindest bei Beginn der Arbeiten anwesend sein, um den Mangel zu besichtigen und seine Erkenntnisse zu dokumentieren. Das kann durch Vermerke, die von Zeugen durch Unterschrift bewertet werden, geschehen. Dazu kommen Verwalter, Architekten und Handwerker in Betracht. Der Handwerker sollte dazu veranlasst werden, einen ausführlichen schriftlichen Bericht zum Schadensbild sowie zu Mangelbeseitigungsmaßnahmen zu fertigen. Gelingt dies nicht, sollte er den vom Vermieter angefertigten Bericht zumindest unterzeichnen (Lützenkirchen, a.a.O.). Streitig ist, ob der Vermieter in der Wohnung des Mieters zur Beweissicherung Fotos anfertigen darf (empfehlend: Lützenkirchen, a.a.O.; dagegen: AG Frankfurt NZM 99, 121, wonach ein Mieter, der den Begleiter des Vermieters bei einer Wohnungsbesichtigung an Fotoaufnahmen durch Wegschlagen der Kamera hindert, in berechtigter Notwehr handelt). Fotos der Räume, die von Außen durch Fenster aufgenommen werden, können wegen der Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Mieters ebenfalls als Beweis nicht verwertet werden. Dasselbe gilt für Zeugen, die sich die Wohnung von Außen durch ein Fenster ansehen (AG Düsseldorf NZM 98, 912).  

     

    Mit Gewalt darf sich der Vermieter niemals Zugang zu den Mieträumen verschaffen (§ 123 StGB, § 858 BGB; Horst, NZM 98, 139; Horst, MDR 98, 189).  

     

    2. Wann und wie muss der Vermieter die Besichtigung ankündigen?  

    Ist z.B. bei angezeigten schweren Feuchtigkeitsschäden Gefahr im Verzug, weil etwa ein Wasserrohr gebrochen ist und muss sich deshalb der Vermieter vor Ort über den Umfang der notwendigen Maßnahmen schnell ein Bild verschaffen, um weitere Schäden abzuwenden, ist eine Ankündigung des Besichtigungstermins nicht erforderlich. Insbesondere in Notfällen muss der Vermieter die Möglichkeit haben, schnell in die Wohnung zu gelangen (BGH NJW 72, 34 für die urlaubsbedingte Abwesenheit des Mieters).  

     

    Der BGH hat in dieser Entscheidung ausgesprochen, der Mieter habe den Vermieter darüber zu informieren, wer in seiner Urlaubsabwesenheit einen Ersatzschlüssel zur Wohnung besitzt – z.B. der Verwandte oder der vertrauenswürdige Nachbar. Genügt der Mieter dieser Informationspflicht nicht und kann der Vermieter deshalb insbesondere in Notfällen Schäden nicht verhindern, weil er nicht in die Wohnung kommt, ist ihm der Mieter zum Schadenersatz verpflichtet. Der Vermieter selbst kann allerdings keinen eigenen Ersatzschlüssel verlangen (AG Köln 217 C 483/93A). Verweigert der Mieter dann den Zutritt zur Wohnung, macht er sich schadenersatzpflichtig. Anspruchsgrundlage ist eine Pflichtverletzung (§ 280 Abs. 1 BGB).  

     

    Im übrigen kann das Besichtigungsrecht nicht ungefragt ausgeübt werden. Erst Recht stellt sich das eigenmächtige Betreten der Wohnung durch den Vermieter als schwerer Vertragsverstoß dar (OLG Celle WuM 07, 201; hier wurde dem Gewerbemieter ein fristloses Kündigungsrecht zuerkannt, nachdem sich der Vermieter mit einem unberechtigt einbehaltenen Schlüssel Zutritt verschafft hatte). Abgesehen von Notfällen muss ein Besichtigungsrecht also angekündigt werden. Eine Ankündigungsfrist von 24 Stunden soll ausreichen (AG Köln WuM 86, 86; AG Berlin-Schöneberg GE 90, 379).  

     

    Richtigerweise wird man die Angemessenheit der Ankündigungsfrist aber nach dem Schadensumfang, der Gefahr weiterer Schadenseintritte sowie nach der beruflichen und familiären Situation des Mieters bestimmen müssen. Ferner muss die Besichtigung in den ortsüblichen Besuchszeiten liegen.  

     

    Ungerechtfertigte Besichtigungsversuche, die nicht rechtzeitig angekündigt sind, darf der Mieter verweigern. Handwerkern, die vom Vermieter beauftragt worden sind, kann der Mieter den Zutritt verwehren, wenn ihm der Handwerkertermin nicht rechtzeitig mitgeteilt worden ist.  

     

    Eine generelle Verweigerung von Besichtigungen ist nicht zulässig, insbesondere nicht mit der Begründung, der Mieter sei zu allen angebotenen Terminen verhindert. Gegebenenfalls muss der Mieter eine andere Person beauftragen, den Zugang zu ermöglichen.  

     

    Der Vermieter sollte sich schon aus Beweisgründen schriftlich ankündigen. Gerade wenn der Termin auf Seiten des Vermieters auch mit Handwerkern koordiniert werden muss, sollten grundsätzlich zwei Termine im Ankündigungsschreiben vorgegeben werden. Wird gleichzeitig darauf hingewiesen, dass das Schweigen nach Ablauf einer bestimmten Frist als Zustimmung zu einem der beiden Termine aufgefasst wird, wird der Mieter schon aus Gründen der Höflichkeit gezwungen, sich mit dem Vermieter oder seinem Rechtsanwalt in Verbindung zu setzen, um den einen oder anderen Termin zu vereinbaren (Lützenkirchen, NJW 07, 2152). Im Zweifel wird der Vermieter „nachfassen“ müssen.  

     

    3. Was gilt für die Terminsfindung?  

    Auf Vermieterseite ist zu berücksichtigen, ob der Termin noch mit Handwerkern, die ebenfalls Termine vorgeben, abzusprechen ist. Nach Lützenkirchen ist es dem Vermieter nicht ohne Weiteres zumutbar, Überstunden für Mitarbeiter zu finanzieren (a.a.O.).  

     

    Auf Mieterseite ist die Arbeits- und Urlaubssituation zu berücksichtigen. Abzulehnen ist aber die Auffassung, die das Besichtigungsrecht gegenüber einem berufstätigen Mieter generell nur innerhalb der arbeits- und urlaubsfreien Zeit zulässt (so auch: Lützenkirchen, a.a.O.; a.A. AG Hamburg WuM 92, 540; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Miete, § 535 BGB, Rn. 187). Eine Besichtigung während der üblichen Besuchszeiten – werktags von 10 Uhr bis 13 Uhr bzw. von 15 Uhr bis 18 Uhr, ausnahmsweise bis 20 Uhr – kann zugemutet werden. Ist der Mieter berufstätig, deshalb innerhalb der üblichen Besuchszeiten nicht in seiner Wohnung anwesend und kann während dieser Zeit der Termin auch nicht wegen Teilzeit, gleitender Arbeitszeit u.a., durch einen anderen Familienangehörigen oder durch eine Vertrauensperson ermöglicht werden, muss der Vermieter zunächst versuchen, den Termin außerhalb der Arbeitszeiten des Mieters zu legen. Erst wenn dies mit erheblichen Aufwendungen für den Vermieter verbunden ist, also etwa mit Überstundentarifen für Handwerker, kann der Mieter gezwungen sein, sich Urlaub zu nehmen (Lützenkirchen, a.a.O). Dies gilt erst Recht, wenn die beabsichtigten Mangelbeseitigungsmaßnahmen keinen größeren Aufschub dulden.  

     

    4. Wie ist der Termin durchzuführen?  

    Der Mieter hat während des Termins das Hausrecht. Er kann also den räumlichen und zeitlichen Umfang der Besichtigung, den Kreis der teilnahmeberechtigten Personen (dazu AG Hamburg-Blankenese ZMR 07, 866 im Falle vorher wegen erheblicher Auseinandersetzungen mit dem Handwerker erteilter Hausverbote für seine Wohnung ) und eine eventuelle „Hausschuhpflicht“ (dazu Schlüter, NZM 06, 681; a.A. aber: AG München WuM 94, 425) vorschreiben, soweit dadurch der Zweck der Wohnungsbesichtigung – z.B. Feststellung der Feuchtigkeitsschäden sowie deren Ursache – nicht beeinträchtigt oder gar vereitelt wird.  

     

    Mitgebrachte Personen kann der Mieter zurückweisen, wenn sie für ihn unzumutbar sind (AG Hamburg-Blankenese ZMR 07, 866; WuM 87, 379). Ebenso kann er Rauchverbote aussprechen (Lützenkirchen, a.a.O.). Grundsätzlich hat aber der Vermieter das Recht, Personen zur Besichtigung mitzubringen, insbesondere soweit es auf deren fachliche Kompetenz ankommt, wie zum Beispiel Handwerker bei anstehenden Reparaturen. Sind die mitgebrachten Personen für den Mieter fremd, ist eine „Ausweispflicht“ dieser Personen auf Verlangen des Mieters anzunehmen (AG München WuM 94, 425). Dies gilt erst recht, wenn diese Personen alleine auftreten, also ohne den Vermieter oder seine bekannten Gewährspersonen.  

     

    Verweigert der Mieter das Zutrittsrecht, haftet er bei Verschulden aus § 280 Abs. 1 BGB auf Schadenersatz (AG München WuM 94, 425; Lützenkirchen, a.a.O., bezüglich eines entschuldbaren Rechtsirrtums des Mieters). Ebenso kommt eine Verwirkung der Mietminderung in Betracht.  

     

    5. Terminbündelung oder mehrere Einzeltermine?  

    Der Vermieter ist gehalten, verschiedene ihm bekannte Gründe für eine Besichtigung der Wohnung zu bündeln und seinen Informationsbedarf nach Möglichkeit in einem einzigen Besichtigungstermin zu befriedigen. Gleichwohl verstößt es nicht gegen das Gebot schonender Rechtsausübung, wenn eine Mehrzahl von Besichtigungsgründen in kurzer Folge zum Gegenstand immer neuer Besichtigungsbegehren gemacht wird (AG Hamburg NZM 07, 211).  

     

     

     

    Quelle: Ausgabe 10 / 2008 | Seite 167 | ID 121736