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  • 29.11.2011

    Landesarbeitsgericht Düsseldorf: Urteil vom 13.09.2001 – 11 (15) Sa 741/01


    Tenor:

    I.

    Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 18.04.2001 - 5 Ca 4418/00 - abgeändert:

    Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für das Rechnungsjahr 1999 eine Prämie in Höhe von DM 1.415,00 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes vom 09.06.1998 seit dem 30.04.2000 zu zahlen.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

    II.

    Die Revision wird für den Beklagten zugelassen.

    Tatbestand

    Der Kläger ist seit dem 11.04.1991 als Sachbearbeiter in der "Pannenhilfe X." beim Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgänger, dem ADAC Nordrheine. V., beschäftigt. Die "Pannenhilfe X.", die sich ursprünglich in L. befand, wurde zum 01.01.1993 von dem ADAC Nordrhein e.V. auf den Beklagten übertragen und nach E. verlegt.

    In den seit 1991 für die Sachbearbeiter in der Pannenhilfe X. geltenden, damals mit dem Rechtsvorgänger des Beklagten abgeschlossenen Arbeitsverträgen ist u. a. bestimmt:

    "§ 2 Beschäftigungsbedingungen

    Der ADAC Nordrhein e. V. ist nicht an einen bestimmten Tarifvertrag gebunden ...

    Für die vom ADAC Nordrhein e. V. unterhaltene Pannenhilfe-Zentrale werden die Bestimmungen des Tarifvertrages für das Kraftfahrzeuggewerbe im Lande Nordrhein-Westfalen angewendet."

    Nach § 2 des Tarifvertrages über die Zahlung einer Sondervergütung für das Kraftfahrzeuggewerbe im Lande Nordrhein-Westfalen (künftig: TV-S NW), zuletzt i. d. F. vom 08.02.1996, gültig ab 01.01.1997, erhalten die nach § 1 Nr. 3 TV-S NW unter den persönlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages fallenden Arbeitnehmer eine Sondervergütung, sofern sie am 01.12. des jeweiligen Kalenderjahres mehr als sechs Monate dem Betrieb ihres Arbeitgebers ununterbrochen angehört haben und ihr Arbeitsverhältnis bis zum 31.12. des jeweiligen Jahres fortbestanden hat. Die Höhe dieser Sondervergütung richtet sich nach § 3 TV-S NW. Unter § 3 Ziffer 5 TV-S NW heißt es:

    "Betriebliche Leistungen des Arbeitgebers, wie Jahresabschlussvergütungen, Gratifikation, Jahresprämien, Ergebnisbeteiligungen, Weihnachtsgeld und ähnliches, gelten als Sondervergütung im Sinne dieses Tarifvertrages und können auf die nach Ziffer 1 zu erbringende Sondervergütung angerechnet werden."

    Für etwa 2.000 andere Arbeitnehmer im gesamten Bereich des Beklagten finden die Tarifverträge für das Kraftfahrzeuggewerbe in Bayern Anwendung. In Nr. 9 des Tarifvertrages über die betrieblichen Sonderzahlungen für die gewerblichen Arbeitnehmer und Angestellten des Kraftfahrzeuggewerbes in Bayern (künftig: TV-S Bayern) i. d. F. vom 21.02.1997, gültig ab 01.01.1997, heißt es:

    "Leistungen des Arbeitgebers, wie die Jahresabschlussvergütungen, Gratifikationen, Jahresprämien, Ergebnisbeteiligungen, Weihnachtsgeld u. ä., gelten als betriebliche Sonderzahlungen in vorstehendem Sinne und erfüllen den tariflichen Anspruch. Hierfür vorhandene betriebliche Systeme bleiben unberührt."

    Seit 1995 erhielten die Arbeitnehmer des Beklagten in dem Bereich, in dem der Kläger tätig ist, aufgrund entsprechender Betriebsvereinbarungen Leistungsprämien. Diese Prämien wurden zunächst quartalsweise, später halbjährlich und erstmals für 1997 in Form einer Jahresprämie gezahlt. Die Feststellung der Höhe und die Auszahlung der Prämie erfolgten jeweils im März/April des Folgejahres. Seit dem 01.01.1998 richtet sich die Zahlung der Leistungsprämien nach der Betriebsvereinbarung "Leistungsprämien im Geschäftsbereich Hilfe und Technik Hilfezentralen" vom 16.12.1997 (künftig: BV "Leistungsprämien" 1997), die bis zum 31.12.1999 ohne Nachwirkung befristet ist. In Ziff. 1.4 BV "Leistungsprämien" 1997 ist bestimmt:

    "Die Abrechnung der Prämie erfolgt jährlich jeweils zum 31.12. des Jahres. Die Auszahlung erfolgt mit der Aprilabrechnung des Folgejahres."

    Mit Schreiben vom 19.11.1999 teilte der Beklagte dem Kläger, der letztmals im April 1999 die Leistungsprämie für 1998 erhielt, mit, dass er sich vorbehalte, die zu zahlende Leistungsprämie künftig auf die tarifliche Sondervergütung (Weihnachtsgeld) anzurechnen.

    Mit Schreiben vom 07.04.2000 teilte der Beklagte dem Kläger folgendes mit:

    "In obiger Angelegenheit nehmen wir Bezug auf unser Schreiben vom 19.11.1999, mit dem wir uns vorbehalten haben, die zu zahlende Leistungsprämie gemäß der gültigen Prämienbetriebsvereinbarung für die Hilfezentrale auf die tarifliche Sondervergütung (Weihnachtsgeld) anzurechnen.

    Die ersten Reaktionen auf das Angebot der Regionalleitung, mit den betroffenen Mitarbeitern eine einvernehmliche Lösung zu suchen, waren so wenig erfolgversprechend, dass wir uns nunmehr definitiv entschlossen haben, die für 1999 zu zahlende Leistungsprämie auf die tarifliche Sondervergütung anzurechnen.

    Selbstverständlich steht es ihnen weiterhin offen, unser fortbestehendes Angebot, in den Tarifvertrag für das Kfz-Gewerbe Bayern zu wechseln, anzunehmen, was für Sie zur Folge hätte, dass zumindest für die Leistungsprämie 2000 keine Anrechnung erfolgen würde."

    Der Kläger erzielte für 1999 gemäß Schreiben des Beklagten vom 20.04.2000 eine Leistungsprämie in Höhe von DM 1.415,00 brutto. Zugleich teilte der Beklagte dem Kläger in diesem Schreiben mit, dass er gemäß dem für ihn gültigen Tarifvertrag die Prämie auf die tarifliche Sondervergütung (Weihnachtsgeld) anrechne. Den Arbeitnehmern, die den bayerischen Tarifverträgen unterfallen, wurde die Leistungsprämie für 1999 gemäß der BV "Leistungsprämien" 1997 ausgezahlt.

    Nachdem der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 24.11.2000 unter Fristsetzung bis zum 30.11.2000 vergeblich die Zahlung der Leistungsprämie für 1999 verlangt hatte, verfolgt er sein Begehren mit seiner am 31.12.2000 beim Arbeitsgericht Mönchengladbach eingereichten Klage weiter.

    Der Kläger hat im Wesentlichen die Auffassung vertreten:

    Entgegen der Auffassung des Beklagten finde die von ihm praktizierte Verrechnung der Leistungsprämie für 1999 mit der tariflichen Sondervergütung für dieses Jahr keine rechtliche Grundlage in § 3 Ziff. 5 TV-S NW. Bereits der Zahlung des Weihnachtsgeldes in Form einer Sondervergütung in der Vergangenheit

    - fällig jeweils am 30.11. des betreffenden Jahres - habe keine tarifliche Regelung zugrunde gelegen. Vielmehr sei sie aufgrund ständiger betrieblicher Übung sowohl beim Rechtsvorgänger des Beklagten wie auch bei diesem selbst erfolgt. Die im Arbeitsvertrag enthaltene Bezugnahme auf die Bestimmungen des Tarifvertrages für Kraftfahrzeuggewerbe im Lande Nordrhein-Westfalen umfasse nicht den TV-S NW. Hinzu komme, dass die von dem Beklagten praktizierte Anrechnung der Leistungsprämie auf die tarifliche Sondervergütung gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße, weil den Arbeitnehmern, deren Arbeitsbedingungen sich nach bayerischen Tarifverträgen richten würden, sowohl die Leistungsprämie als auch die tarifliche Sondervergütung in voller Höhe ausgezahlt worden sei.

    Der Kläger hat beantragt,

    den Beklagten zu verurteilen, an ihn für das Rechnungsjahr 1999 eine Jahresprämie in Höhe von DM 1.415,00 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über den Basiszinsatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes vom 09.06.1998 seit dem 30.04.2000 zu zahlen.

    Der Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte hat im Wesentlichen geltend gemacht:

    Die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag umfasse das gesamte Tarifvertragswerk für das Kraftfahrzeuggewerbe im Lande Nordrhein-Westfalen. Deshalb komme auch § 3 Nr. 5 TV-S NW zur Anwendung. Eine betriebliche Übung könne frühestens nach dreimaliger vorbehaltloser Zahlung entstehen. Die erst im Jahre 1997 eingeführte Jahresleistungsprämie sei dagegen erst in zwei Jahren nicht auf die tarifliche Sondervergütung angerechnet worden. Die unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer, je nach dem ob sie den nordrhein-westfälischen oder den bayerischen Tarifverträgen für das Kraftfahrzeuggewerbe unterfallen würden, verstoße deshalb nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, weil beide Tarifverträge nicht vergleichbar seien. Eine Anrechnung komme nur nach dem bayerischen TV-S in Betracht.

    Mit seinem am 18.04.2001 verkündeten Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

    Der Beklagte sei gemäß § 3 Nr. 5 TV-S NW berechtigt gewesen, die Leistungsprämie für 1999 mit der tariflichen Sondervergütung für dieses Jahr zu verrechnen. Die Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages beziehe auch den TV-S NW ein. Eine betriebliche Übung des Inhalts, dass der Beklagte von der Anrechnungsbefugnis des § 3 Nr. 5 TV-S NW keinen Gebrauch machen könne, sei nicht entstanden. Im vergleichbaren Fall der Verrechnung von übertariflichen Zulagen mit Tariflohnerhöhungen entspreche es der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass eine Verrechnung auch dann stattfinden könne, wenn übertarifliche Lohnbestandteile bisher jahrelang vorbehaltlos zusätzlich zu tariflichen Leistungen gewährt worden seien. Des Weiteren könnte der Kläger eine Auszahlung der Leistungsprämie ohne Anrechnung auf die tarifliche Sonderzahlung auch nicht unter dem Gesichtspunkt des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verlangen. Eine Befugnis zur Anrechnung von Leistungsprämien, die auf der Grundlage von Betriebsvereinbarungen gewährt würden, auf die tarifvertragliche Sondervergütung ergebe sich nur aus dem TV-S NW. Der TV-S Bayern lasse eine solche Anrechnung, wie sich aus der Auslegung seiner Nr. 9 Satz 2 ergebe, gerade nicht zu. Schließlich sei der Anspruch des Klägers gemäß § 10 Nr. 2 MTV NW verfallen. Dem Beklagten sei es nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht versagt, sich auf den Ablauf der tariflichen Ausschlussfrist zu berufen. Es lägen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass er den Kläger zur Unterlassung einer fristgerechten Geltendmachung seines Anspruchs der Zahlung der Leistungsprämie für 1999 veranlasst habe.

    Gegen das ihm am 09.05.2001 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger mit einem am 11.06.2001 (Montag) eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 23.07.2001 - mit einem an diesem Tag eingereichten Schriftsatz begründet.

    Der Kläger hat unter teilweiser Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend gemacht:

    Wenn in § 2 Abs. 2 des Arbeitsvertrages nur auf die Bestimmungen des Tarifvertrages für das Kfz-Gewerbe in Nordrhein-Westfallen verwiesen werde, so sei entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts offenkundig - wenn auch unzulänglich - ein Tarifwerk, nämlich der MTV für das Kfz-Gewerbe im Lande Nordrhein-Westfalen, gemeint. Hinzu komme, dass der TV-S NW vom 01.01.1997 zeitlich deutlich hinter dem Abschluss des Arbeitsvertrages liege. Die vom Beklagten praktizierte Anrechnung der Leistungsprämie für 1999 sei durch eine entgegenstehende betriebliche Übung ausgeschlossen. Die Sonderzahlung (Weihnachtsgeld) habe er in der Vergangenheit regelmäßig nicht aufgrund einer tariflichen Regelung, sondern aufgrund ständiger betrieblicher Übung erhalten. Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht einen Verstoß des Beklagten gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verneint, indem es eine Vergleichbarkeit seiner Person mit den Mitarbeitern des Beklagten, für deren Arbeitsverhältnis die bayerischen Tarifbestimmungen gelten würden, für nicht erheblich erachtet habe.

    Der Kläger beantragt,

    das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach (Gerichtstag Neuss) vom 18.04.2001 - 5 Ca 4420/00 - abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn für das Rechnungsjahr 1999 eine Jahresprämie in Höhe von 1.415,00 DM brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes vom 09.06.1998 seit dem 30.04.2000 zu zahlen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und führt unter teilweiser Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend aus:

    Zutreffend habe das Arbeitsgericht die Auffassung vertreten, dass mit der Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages das gesamte Tarifvertragswerk für das Kfz-Gewerbe in Nordrhein-Westfalen, damit auch der TV-S NW, in das Arbeitsverhältnis einbezogen worden sei. Entgegen der Auffassung des Klägers sei in der Verrechnung der Leistungsprämie mit der tariflichen Sondervergütung bei den dem MTV NW unterliegenden Mitarbeitern kein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gegenüber den dem MTV-Bayern unterliegenden Mitarbeitern zu sehen. In der Geltung verschiedener Tarifvertragssysteme würde für beide Arbeitnehmergruppen ein sachlicher Grund zur Differenzierung bestehen. Im Hinblick darauf, dass mit der die Leistungsprämie gewährenden Betriebsvereinbarung ein "betriebliches System" i. S. von Nr. 9 Satz 2 TV-S Bayern geschaffen sei, sei nach dieser Tarifbestimmung die Anrechnung der Leistungsprämie auf die tarifliche Sondervergütung untersagt, während nach § 3 Nr. 5 TV-S NW eine Anrechnungsmöglichkeit bestehe. Da der Kläger ausdrücklich und unbedingt nach den Tarifvertragswerken des Landes Nordrhein-Westfalen habe behandelt werden wollen, sei es nicht willkürlich, wenn er - der Beklagte - eine Anrechnungsmöglichkeit wahrnehme, die der TV-S NW im Gegensatz zum TV-S Bayern biete.

    Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in beiden Rechtszügen wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze verwiesen.

    Entscheidungsgründe

    A.
    Die Berufung ist zulässig. Sie ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 ArbGG) sowie in gesetzlicher Form (§ 518 Abs. 2 und Abs. 3 ZPO, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG) und Frist (§ 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) eingelegt und innerhalb der First (§ 519 Abs. 2 Satz 2 2. Halbs. ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) begründet worden.

    B.
    Die Berufung ist auch begründet.

    I.
    Entgegen der Auffassung der Vorinstanz steht dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung einer Leistungsprämie für 1999 in Höhe von DM 1.415,00 brutto nebst Zinsen zu.

    1.
    Der Kläger kann seinen Anspruch auf Zahlung von DM 1.415,00 brutto auf § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG i. V. m. der BV "Leistungsprämien" 1997 stützen. Zwischen den Parteien besteht kein Streit, dass die in dieser Betriebsvereinbarung geregelten Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach vorliegen. Dieser Anspruch ist jedoch nicht durch die von dem Beklagten gem. §§ 2, 3 Nr. 1 TV-S NW an die Kläger gezahlte Sondervergütung für 1999 i. V. m. der in seinem Schreiben vom 20.04.2000 enthaltenen Anrechnungserklärung erfüllt worden und damit nicht gemäß § 362 Abs. 1 BGB erloschen.

    2.
    Zunächst ist festzustellen, dass der Beklagte die Anrechnung der Leistungsprämie für 1999 auf die tarifliche Sondervergütung für dieses Jahr auf § 3 Nr. 5 TV-S NW stützen konnte.

    a)
    Dem Arbeitsgericht ist darin zu folgen, dass die in § 3 Nr. 5 TV-S NW enthaltene Anrechnungsklausel Bestandteil des Arbeitsvertrages der Parteien ist. Entgegen der vom Kläger auch in zweiter Instanz vertretenen Auffassung erfasst die in § 2 des Arbeitsvertrages des Klägers vereinbarte Bezugnahme auf "die Bestimmungen des Tarifvertrages für das Kraftfahrzeuggewerbe im Lande Nordrhein-Westfalen" auch den TV-S NW. Insoweit handelt es sich um eine das gesamte Tarifvertragswerk des Kraftfahrzeuggewerbes im Lande Nordrhein-Westfalen umfassende Bezugnahmeabrede. Denn ein konkreter Tarifvertrag ist gerade in § 2 des Arbeitsvertrages nicht genannt worden. Im Übrigen würde die von dem Kläger vertretene Auffassung, wonach lediglich der Manteltarifvertrag für das Kraftfahrzeuggewerbe im Lande Nordrhein-Westfalen von der Bezugnahmevereinbarung erfasst wäre, Sinn und Zweck einer derartigen Vereinbarung widersprechen. Mit ihr soll die Gleichstellung der nicht oder anders organisierten Arbeitnehmer mit denjenigen Arbeitnehmern erreicht werden, für die die in Bezug genommenen Tarifbestimmungen kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit (vgl. § 3 Abs. 1 TVG) gelten (st. Rspr., z. B. BAG 04.08.1999

    - 5 AZR 642/98 - EzA § 613 a BGB Nr. 184; BAG 30.08.2000 - 4 AZR 581/99 - § 3 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 13). Für die beiderseitig tarifgebundenen Arbeitnehmer des Kraftfahrzeuggewerbes im Lande Nordrhein-Westfalen

    gelten aber sämtliche Tarifverträge dieser Branche, also auch der TV-S NW.

    b)
    Die in § 3 Nr. 5 TV-S NW enthaltene Anrechnungsklausel ist rechtlich zulässig. Sie bedeutet, dass betriebliche Regelungen, die der tariflichen Sondervergütung "ähnliche" Leistungen vorsehen, zu einer Erfüllung des tariflichen Anspruches führen. Dies verstößt nicht gegen das Günstigkeitsprinzip i. S. von § 4 Abs. 3 TVG. Der Tarifvertrag greift insoweit nicht in Ansprüche ein, die durch Betriebsvereinbarung begründet worden sind. Vielmehr wird ein tariflicher Anspruch von vornherein nur bedingt durch die Kürzung um bestimmte, anderweitig betrieblich begründete Ansprüche gewährt (BAG 03.03.1993 - 10 AZR 42/92 - EzA § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 101; BAG 18.05.1994 - 10 AZR 125/93 - EzA § 611 BGB Gratifikation, Prämie Nr. 112). Die Anrechenbarkeit führt somit dazu, dass bei einer geringeren betrieblichen Leistung ein höherer tariflicher Anspruch unberührt bleibt. Ist die betriebliche Leistung höher als die tarifliche Leistung, wird der tarifliche Anspruch durch die betriebliche Leistung erfüllt (vgl. Klischan, NZA 1985, 653, 656).

    c)
    Zugunsten des Beklagten soll davon ausgegangen werden, dass die in der BV "Leistungsprämie" 1997 geregelte Prämie eine "ähnliche" Leistung i. S. von § 3 Nr. 5 TV-S NW ist und dem Beklagten es somit grundsätzlich möglich war, diese Prämie mit der tariflichen Sondervergütung für 1999 zu verrechnen und damit den Anspruch auf diese Sondervergütung zu erfüllen.

    d)
    Der Anrechnung der Leistungsprämie für 1999 auf die dem Kläger für dieses Jahr nach §§ 2,3 Nr. 1 TV-S NW zustehende tarifliche Sondervergütung stand die BV "Leistungsprämien" 1997 nicht entgegen.

    aa)
    Die Anrechenbarkeit betrieblicher Leistungen ist nach § 3 Nr. 5 TV-S NW als Kann-Vorschrift ausgestaltet. Der Arbeitgeber erhält dadurch ein Entscheidungs- und Gestaltungsrecht. Je nach seinen sozialpolitischen Vorstellungen und finanziellen Möglichkeiten bleibt es ihm überlassen, ob er eine in einer Betriebsvereinbarung geregelte Leistungsprämie uneingeschränkt neben der tariflichen Sondervergütung aufrechterhalten oder aber eine Kürzung der unter § 3 Nr. 5 TV-S NW fallenden betrieblichen Leistungen bis zur Höhe der tariflichen Sondervergütung vornehmen will (vgl. BAG 19.07.1983 - 3 AZR 250/81 - AP Nr. 1 zu § 1 BetrAVG Zusatzversorgungskassen). Von dieser Anrechnungs-möglichkeit kann der Arbeitgeber allerdings im Hinblick auf das Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 TVG nur dann Gebrauch machen, wenn dies nach den die betriebliche Leistung begründenden Vereinbarungen zulässig ist, wenn also die betriebliche Leistung nicht "tariffest" ausgestaltet worden ist (BAG 03.03.1993 - 10 AZR 42/92 - a. a. O.; BAG 18.05.1994 - 10 AZR 125/93 -

    a. a. O.).

    bb)
    Dies ist vorliegend nicht der Fall. Aus der BV "Leistungsprämien" 1997 lässt sich nicht entnehmen, dass die Leistungsprämie "neben" der jeweiligen tariflichen Sondervergütung zu zahlen ist. Eine Tariffestigkeit ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagte in der Vergangenheit bei der tariflichen Sondervergütung eine Anrechnung der Leistungsprämie nicht vorgenommen hat. Über- oder außertarifliche Lohnbestandteile können auch dann auf tarifliche Leistungen angerechnet werden, wenn sie jahrelang vorbehaltlos zusätzlich zur tariflichen Leistung gewährt wurden (vgl. BAG 03.03.1993 - 10 AZR 42/92 -

    a. a. O.).

    3.Im Streitfall war dem Beklagten die Anrechnung der Leistungsprämie für 1999 auf die tarifliche Sondervergütung für dieses Jahr aber zunächst deshalb versagt, weil die Ausübung seiner ihm nach § 3 Nr. 5 TV-S NW zustehenden Anrechnungsbefugnis nicht billigem Ermessen i. S. des § 315 Abs. 1 BGB entsprach.

    a)
    Da es sich bei der dem Arbeitgeber in § 3 Nr. 5 TV-S NW eingeräumten Anrechnungsbefugnis, wie bereits in anderem Zusammenhang dargestellt, um ein Entscheidungs- und Gestaltungsrecht handelt, muss ihre Ausübung den Grundsätzen billigen Ermessens (§ 315 Abs. 1 BGB) genügen (vgl. BAG 19.01.1995 - 6 AZR 545/94 - EzA § 4 TVG Bestimmungsklausel Nr. 2; D. Gaul, Anm. zu BAG EzA § 87 BetrVG 1972 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 30 unter 6 c). Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (st. Rspr., z. B. BAG 11.10.1995

    - 5 AZR 1009/94 - EzA § 611 BGB Direktionsrecht Nr. 16; BAG 07.12.2000 - 6 AZR 444/99 - EzA § 611 BGB Direktionsrecht Nr. 22). Ob die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind, unterliegt der gerichtlichen Kontrolle (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB).

    b)
    Die von dem Beklagten mit Schreiben vom 20.04.2000 erklärte Anrechnung der Leistungsprämie für 1999 auf die tarifliche Sondervergütung für dieses Jahr hält diesem Prüfungsmaßstab nicht stand.

    aa)
    Mit dem dem Arbeitgeber in § 3 Nr. 5 TV-S NW eingeräumten Entscheidungsrecht, eine betriebliche Sonderzahlung auf die tarifliche Sondervergütung anzurechnen, erhält er lediglich die Möglichkeit, eine seinen sozialpolitischen und finanziellen Möglichkeiten entsprechende Entscheidung zu treffen (vgl. schon oben unter B I 2 c aa) . Die Anrechnungsbefugnis räumt dem Arbeitgeber dagegen nicht das Recht ein, unterschiedliche Arbeitsbedingungen zwischen zwei Arbeitnehmergruppen zu beseitigen. Dies hat aber der Beklagte, wie das seiner Anrechnungserklärung im Schreiben vom 20.04.2000 unmittelbar vorausgegangene Schreiben vom 07.04.2000 beweist, versucht.

    bb)
    Auf die hier vorzunehmende Billigkeitskontrolle hat es keinen Einfluss, dass die Bezugnahmeklausel in § 2 der Arbeitsverträge zwischen dem Kläger und dem Rechtsvorgänger des Beklagten vereinbart worden ist. Zwar mögen die in § 613 a Abs. 1 Satz 2 - 4 BGB enthaltenen Regelungen erkennen lassen, dass die Ungleichbehandlung infolge einer Betriebsübernahme nach Ablauf des Bindungszeitraumes eine Angleichung der Vertragsabreden der übernommen wie der bereits beschäftigten Mitarbeiter erwünscht ist (ErfK/Ascheid, 2. Aufl. 2001, § 2 KSchG Rz. 67; APS/Künzl, 2000, § 2 KSchG Rz. 243). Dies kann jedoch, wenn ein Arbeitnehmer, wie im Streitfall, nicht mit dem Abschluss eines entsprechenden Änderungsvertrages einverstanden ist, allenfalls über eine Änderungskündigung erreicht werden (vgl. APS/Künzl, § 2 KSchG Rz. 243; vgl. aber auch LAG Rheinland-Pfalz 14.12.2000 - 6 Sa 973/00 - bisher unveröffentlicht).

    4.
    Des weiteren war die Anrechnungserklärung des Beklagten in seinem Schreiben vom 20.04.2000 unwirksam, weil sie gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstieß.

    a)
    Der Beklagte hatte bei der an sich nach § 3 Nr. 5 TV-S NW zulässigen Anrechnung der Prämie nach der BV "Leistungsprämien" 1997 auf die tarifliche Sondervergütung, da es sich insoweit um die Ausübung eines ihm zustehenden Gestaltungsrechts handelt, den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten (vgl. BAG 26.11.1998 - 6 AZR 335/97 - AP Nr. 11 zu § 1 BAT-O; vgl. auch BAG 22.08.1979 - 5 AZR 769/77 - EzA § 4 TVG Tariflohnerhöhung Nr. 3). Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verlangt vom Arbeitgeber die Gleichbehandlung der Arbeitnehmer in vergleichbarer Lage. Er verbietet nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer in der Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung (BAG 26.11.1998

    - 6 AZR 335/97 - AP Nr. 11 zu § 1 BAT-O; BAG 21.03.2001 - 10 AZR 444/00 - EzA § 242 BGB Gleichbehandlung Nr. 84). Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist daher verletzt, wenn der Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage sachfremd schlechter stellt. Bildet der Arbeitgeber Gruppen von begünstigten und benachteiligten Arbeitnehmern, muss diese Gruppenbildung sachlichen Kriterien entsprechen. Dabei kommt es darauf an, ob sich nach dem Zweck der Leistung Gründe ergeben, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, der einen Arbeitnehmergruppe Leistungen vorzuenthalten, die der anderen Gruppe eingeräumt worden sind. Eine unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer ist dann mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar, wenn die Unterscheidung gerade nach dem Zweck der Leistung gerechtfertigt ist (BAG 23.04.1997- 10 AZR 603/96 - EzA § 242 BGB Gleichbehandlung Nr. 72; BAG 21.03.2001 - 10 AZR 444/00 - a. a. O.). Ist dies nicht der Fall, kann die übergangene Arbeitnehmergruppe verlangen, nach Maßgabe der begünstigten Arbeitnehmergruppe behandelt zu werden (BAG 10.03.1998 - 1 AZR 509/97 - EzA § 242 BGB Betriebliche Übung Nr. 40; BAG 21.03.2001 - 10 AZR 444/00 - a. a. O.).

    b)
    Im Streitfall entsprach die von dem Beklagten bei der Ausübung seiner Anrechnungsbefugnis gemäß § 3 Nr. 5 TV-S NW gebildete Gruppeneinteilung zwischen Arbeitnehmern, auf die der TV-S NW und denjenigen, auf die der TV-S Bayern anzuwenden ist, keinen sachlichen Kriterien. Das gilt insbesondere für den vom Beklagten allein angeführten Gesichtspunkt, dass es ihm nach Nr. 9 Satz 2 TV-S Bayern untersagt sei, die Anrechnung der Leistungsprämie auf die tarifliche Sondervergütung vorzunehmen.

    aa)
    Zunächst bestimmt Nr. 9 Satz 1 TV-S Bayern ausdrücklich, dass die dort beispielhaft genannten Leistungen des Arbeitgebers als betriebliche Sonderzahlungen i. S. der Nr. 2 TV-S Bayern gelten und damit den tariflichen Anspruch erfüllen. Insofern handelt es sich auch bei dieser Regelung, wie in § 3 Nr. 5 TV-S NW, um eine Anrechnungsklausel (vgl. BAG 14.05.1975 - 5 AZR 197/74 - EzA § 611 BGB Gratifikation, Prämie Nr. 44; LAG Berlin 29.09.1995

    - 16 Sa 79/95 - LAGE § 611 BGB Gratifikation, Prämie Nr. 27 zu insoweit wortgleichen anderen Tarifverträgen). Seinem Wortlaut nach handelt es sich in Nr. 9 Satz 1 TV-S Bayern sogar um eine umfassendere Anrechnungsbestimmung als nach § 3 Nr. 5 TV-S NW. Denn auch ohne eine gestaltende Willenserklärung, die nach § 3 Nr. 5 TV-S NW für die Ausübung des Anrechnungsrechts notwendig ist (vgl. BAG 19.07.1983 - 3 AZR 250/81 - AP Nr. 1 zu § 1 BetrAVG Zusatzversorgungskassen, zu I 2 a der Gründe), wird durch die Zahlung der Leistungsprämie die tarifliche Sonderzahlung erfüllt.

    bb)
    Allerdings folgt aus der Auslegung von Nr. 9 Satz 2 TV-S Bayern, wonach von der in Nr. 9 Satz 2 TV-S Bayern geregelten Anrechnungsklausel hierfür vorhandene betriebliche Systeme unberührt bleiben, dass die in Nr. 9 Satz 1 TV-S Bayern vorgesehene "automatische" Anrechnung nicht zwingend ist.

    (1.)
    Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und der Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung, ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (zuletzt wieder BAG 04.04.2001 - 4 AZR 180/00 - BB 2001, 2065, 2066; BAG 04.04.2001 - 4 AZR 242/00 - demnächst EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 141).

    (2.)
    Zunächst haben die Parteien des TV-S Bayern durch die in Nr. 9 Satz 1 dieses Tarifvertrages enthaltene Anrechnungsklausel klargestellt, dass sie eine Tariföffnungsklausel i. S. von § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG schaffen wollten. Zwar regelt diese Tarifbestimmung nicht wörtlich, dass sie den Abschluss einer ergänzenden Betriebsvereinbarung zulassen will. Dieses Ziel kommt aber deutlich in ihr zum Ausdruck (vgl. auch BAG 18.05.1994 - 10 AZR 125/93 - a.a.O.; Kasseler Handbuch/Lipke, 2. Aufl. 2000, 2. 3. Rz. 100). Erkennbar wollten die Parteien des TV-S Bayern mit diesem Tarifvertrag eine zusätzliche zur "normalen", regelmäßigen Vergütung hinzutretende Arbeitgeberleistung einführen. Mit Nr. 9 Satz 2 TV-S Bayern wird klargestellt, dass insbesondere zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des TV-S Bayern schon vorhandene betriebliche Systeme - z. B. Betriebsvereinbarungen, -, die betriebliche Leistungen regeln, nicht geändert werden müssen. Die Anspruchsvoraussetzungen der betrieblichen Leistungen können von denen des Tarifvertrages abweichen. Aber auch in den Fällen, in denen ein Arbeitgeber ein neues betriebliches System für die Zahlung von betrieblichen Leistungen einführt, braucht er sich hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen gemäß Nr. 9 Satz 2 TV-S Bayern nicht an diesem Tarifvertrag zu orientieren. Gleichwohl können diese betrieblichen Leistungen, einmal im Jahr gezahlt, nach Nr. 9 Satz 1 TV-S Bayern auf die tarifliche Sonderzahlung angerechnet werden (zu § 4 des Tarifvertrages über die tarifliche Absicherung eines 13. Monatseinkommens vom 30.10.1976 nach dem Stand vom 03.07.1984, der wörtlich mit Nr. 9 TV-S Bayern übereinstimmt, vgl. Klischan, Kommentar zum Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens vom 30.10.1976 nach dem Stand vom 03.07.1984 in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalen, zu § 4 Anm. 5).

    (3.)
    Bleiben nach der in Nr. 9 Satz 2 TV-S Bayern demnach enthaltenen Tariföffnungsklausel "vorhandene betriebliche Systeme", wie eine Betriebsvereinbarung, in Bezug auf ihre inhaltliche Ausgestaltung unberührt, unterliegt eine Arbeitgeberleistung i. S. von Nr. 9 Satz 1 TV-S Bayern nur dann der Anrechnung auf die in Nr. 2 TV-S Bayern geregelte Sonderzahlung, wenn dies nach den die betriebliche Leistung begründenden Vereinbarungen zulässig ist, wenn also die betriebliche Leistung nicht "tariffest" ausgestaltet worden ist (BAG 18.05.1994 - 10 AZR 125/93 - EzA § 611 BGB Gratifikation, Prämie Nr. 112 unter Hinweis auf BAG 03.03.1993 - 10 AZR 42/92 - EzA § 611 BGB Gratifikation Prämie Nr. 101). Mit dieser Regelung bleibt es den Betriebspartnern überlassen, die in einer Betriebsvereinbarung begründete Sondervergütung "tariffest" zu gestalten und sie somit vor der in Nr. 9 Satz. 1 TV-S Bayern vorgesehenen "automatischen" Anrechnung zu bewahren.

    cc)
    Im Streitfall enthält die BV "Leistungsprämien" 1997 keinen Ausschluss der Anrechnung der streitbefangenen Prämie auf die tarifliche Sonderzahlung. Entgegen der Auffassung beider Parteien und der Vorinstanz war die vom Beklagten nicht in Betracht gezogene Anrechnung der Leistungsprämie für 1999 auf die den Arbeitnehmern, für die der TV-S Bayern gilt, gewährte tarifliche Sonderzahlung für das genannte Bezugsjahr nicht durch Nr. 9 Satz 2 TV-S Bayern ausgeschlossen.

    II.
    Das Zinsverlangen des Klägers ist gemäß § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB gerechtfertigt. Der Beklagte ist mit der Zahlung von DM 1.415 brutto an den Kläger seit dem 01.05.2000 in Verzug gemäß § 284 Abs. 1 Satz 1 BGB. Eine Mahnung war nach § 284 Abs. 2 Satz 1 BGB entbehrlich, da die BV "Leistungsprämien" 1997 in Ziffer 1.4 Satz 2 für die Leistung der Prämie eine Zeit nach dem Kalender vorsieht. Die Auszahlung der Prämie für ein Bezugsjahr soll danach mit der Aprilabrechnung des Folgejahres, d. h. am 30.04. des betreffenden Jahres (vgl. § 614 Satz 2 BGB), erfolgen.

    C.
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG.

    D.
    Die Kammer hat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zugemessen und deshalb die Revision an das Bundesarbeitsgericht zugelassen (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).

    Parallelentscheidung zu LAG Düsseldorf vom 09.08.2001 - 11 Sa 620/01 -

    VorschriftenBGB § 611 Gratifikation, TVG § 4 Günstigkeitsprinzip, Tarifvertrag über die Zahlung einer Sondervergütung für das Kraftfahrzeuggewerbe im Lande Nordrhein-Westfalen i. d. F. vom 08.02.1996, Tarifvertrag über die betrieblichen Sonderzahlungen für die gewerblichen Arbeitnehmer und Angestellten des Kraftfahrzeuggewerbes in Bayern i. d. F. vom 21.02.1997