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  • · Fachbeitrag · Kanzleientwicklung

    Machen Sie Ihre Kanzlei zukunftsfähig: Mit klaren Zielen zum Erfolg

    von Ulf Hausmann, MBA, Kanzleiberater, Berlin

    | Wer auch in Zukunft wettbewerbsfähig sein möchte, muss sich unbedingt mit dem Thema Kanzleientwicklung beschäftigen und sich die Frage stellen, wo die eigene Kanzlei in den kommenden Jahren stehen soll. Ziele definieren und darauf abgestimmte Marketing-Maßnahmen einleiten, die die fünf strategischen Kräfte berücksichtigen, helfen Kanzleien dabei, erfolgreicher und rentabler zu agieren und gleichzeitig den Faktor Zeit effizienter zu nutzen. Davon profitieren die Inhaber, Mitarbeiter und Mandanten. |

    Ziele festlegen auf Basis der fünf strategischen Kräfte

    Ziele geben die nötige Orientierung für die tägliche Arbeit und sind klare Aussagen darüber, was man in welchen Zeiträumen erreichen will:

     

    • 1 bis 2 Jahre (operativ)
    • 3 bis 10 Jahre (strategisch)
    • 10 bis 30 Jahre (Vision)

     

    Nur mit Zielen ist eine Erfolgsmessung möglich (Umsetzungskontrolle). Wenn Ziele gesetzt werden, muss die Ziel-Erreichung dokumentiert werden - das allein hilft schon bei der Umsetzung. Operativ bedeutet dies, dass Arbeit mit verständlich formulierten Zielen effektiv delegiert werden kann. Hierbei handelt es sich nicht um Einzelaufgaben, sondern um Gesamtpakete. Den Mitarbeitern wird somit die Ergebnisverantwortung übertragen.

     

    MERKE | Bereits für den Versuch, Ziele zu erreichen, sollte es eine Belohnung bzw. Wertschätzung (zielbezogene Anreizsysteme in der Kanzlei) geben.

     

    Ist ein Ziel erst einmal gesetzt, stellt sich die Frage nach den Möglichkeiten der Umsetzung. In jedem Geschäftsbereich, für jeden Kanzleityp und in jeder Entwicklungsphase sollten die fünf strategischen Kräfte Wissen, Beziehungskompetenz, Reputation, Mandanten/Empfehler (bestehende Mandanten) und Wettbewerb genutzt werden (s. „Standortbestimmung und strategische Ausrichtung der Kanzlei mit den fünf strategischen Kräften, KP 15, 64), denn sie sind ausschlaggebend für Wachstum und Rentabilität. Dieses Gedankenmodell ermöglicht es, konkrete Einzelziele festzulegen und sich so dem großen Ziel t- z.B. dem Erreichen einer neuen Marktposition - schrittweise zu nähern.

    Berücksichtigung des Wettbewerbs

    Die Reputation einer Kanzlei bildet sich immer relativ zum wahrnehmbaren Wettbewerb aus.Aus diesem Blickwinkel sollten Sie Ihre geplanten Marketing-Aktionen beurteilen. Gibt es in Ihrem Markt keine relevanten Wettbewerber, nutzen Sie den Vorteil, als Erster aktiv und innovativ zu sein. Ihre Kanzlei hat bessere Voraussetzungen für Wachstum und Rentabilität, wenn Sie sie im Wettbewerb clever positionieren. Positionierung ist eine permanente unternehmerische Aufgabe.

     

    PRAXISHINWEIS | Im Internet findet möglicherweise der direkteste Wettbewerb um die besten Plätze im Suchmaschinen-Ergebnis zwischen Kanzleien statt. In Großstädten ist es für kleine und mittlere Kanzleien mit überschaubarem Mitteleinsatz kaum möglich, bei „Steuerberatung <Ort>“ eine Top-Platzierung zu erzielen. Differenzierung zum Wettbewerb durch Spezialisierung bietet die Chance, bei speziellen Suchanfragen („Steuerberater Unternehmensnachfolge <Ort>“, „Steuerberater Handwerker“) gut abzuschneiden.

     
    • Beispiele für Zielformulierungen: übergeordnet und wettbewerbsorientiert
    • Neue Marktposition erreichen bzw. Marktanteil ausbauen (ggf. spezifisch je Zielgruppe)
    • Umsatz, Gewinn, Wachstum steigern
    • Umsatz-/Gewinnzuwachs von X EUR durch Zusatzleistungen für bestehende Mandanten erreichen
    • Work-Life-Balance ermöglichen, beispielsweise durch die Einplanung nicht verhandelbarer Urlaubstage, monatliche, wöchentliche oder tägliche Limits für Mandantensprechzeiten
    • und/oder Einfluss im eigenen Arbeitsbereich erhalten
     

    Konzentration des Marketings auf Mandanten und Empfehler

    Bei den meisten Kanzleien entsteht das Neugeschäft überwiegend durch Empfehlungen bestehender Mandanten bzw. der Mehrumsatz aus dem bestehenden Mandantenstamm. Dieser ist deshalb zentraler Dreh- und Angelpunkt für die Ausweitung des Geschäfts. Der Verkaufszyklus ist vor allem im deklaratorischen Steuerberatungsgeschäft ausgesprochen lang: Auch wenn potenzielle Mandanten, denen Sie empfohlen wurden, Sie kennen, Ihre Kanzlei attraktiv und sympathisch finden und sich erstes Vertrauen im persönlichen Kontakt zeigt, kann es Jahre dauern, bis ein Mandatswechsel erfolgt. Überzeugen Sie den Markt deshalb mit Stetigkeit und Kontinuität.

     

    Um die Effizienz des Empfehlungsmarketings gezielt zu unterstützen, sollten Sie Ihren Marketing-Aufwand zum größten Teil Ihrer vorhandenen Mandantschaft und Empfehlern widmen. Halten Sie eine gute persönliche Beziehung aufrecht und liefern Sie regelmäßig Themen sowie Geschichten, mit denen Sie weiterempfohlen werden können.

     

    • Ansatzpunkte für Zielformulierungen: Mandanten und Empfehler
    • Ich möchte X potenzielle neue Mandanten sowie Empfehler persönlich kennenlernen.
    • Ich möchte spezifische Kundengruppen ansprechen.
    • Ich möchte (mehr) interessante, anspruchsvolle und wertvolle neue Mandanten bekommen.
     

    Mit Beziehungskompetenz den Reputationsaufbau unterstützen

    Reputation bauen Sie primär über einen professionellen Dienstleistungsprozess auf: Mandanten erleben Glaubwürdigkeit, Zuverlässigkeit und Verantwortungsbewusstsein in der direkten Betreuung durch das Kanzleiteam. Die eigentlichen Erstellungsprozesse in der Kanzlei sind für Mandanten im Detail nicht nachvollziehbar. Dass Mandanten sich gut betreut und beraten fühlen, stellen Kanzleien durch eine professionelle und dienstleistungsorientierte persönliche Kommunikation sicher:

     

    • Klare Informationen und Erwartungsklärung, wann welche Unterlagen und Informationen gebraucht werden
    • Klärung, welche Regeln der Zusammenarbeit in der Kommunikation und der gemeinsamen Bearbeitung der Steuerangelegenheiten gelten
    • Klare Terminabsprachen und deren stringente Einhaltung
    • Professionelle Vor- und Nachbereitung von Besprechungen, denn diese mandantenorientierte Ergebniskommunikation (Stichwort: Bilanzpräsentation) nutzt den Mandanten direkt und unterstreicht den Wert der Dienstleistung zusätzlich

     

    Feedback der Mandanten zur Dienstleistung der Kanzlei kann und sollte regelmäßig eingeholt werden - mindestens aber einmal im Jahr im persönlichen Gespräch. Ein i-Tüpfelchen in der Mandantenkommunikation können Sie setzen, wenn Sie den A-Mandanten individuelle steuerliche, rechtliche oder betriebswirtschaftliche Informationen per Newsletter, Internet-Blog oder persönlich zukommen lassen. Auf diese Weise arbeiten Sie nicht nur fachlich akkurat, sondern stellen auch sicher, dass Ihre Mandanten eine der fachlichen Qualität entsprechende Dienstleistungsqualität wahrnehmen. Diese lässt sich auch in schriftlichen Befragungen erfassen. Solche Informationen sind eine wichtige Steuerungsgröße - gerade wenn sich Ihre Kanzlei neu strukturiert.

     

    Hinweis | Erreicht Ihre Kanzlei kontinuierlich ein hohes fachliches Level und Dienstleistungsniveau, so sind Sie in der Lage, höhere Honorare durchzusetzen, stärkere Loyalität der eigenen Mandanten und höhere Empfehlungsquoten zu erreichen. Mittelbar steigt zudem Ihre Attraktivität als Arbeitgeber.

     

    • Ansatzpunkte für Zielformulierungen: Beziehungskompetenz
    • X neue Beziehungen aufbauen
    • 100 % der A- und B-Mandanten regelmäßig persönlich sprechen
    • Soft-Skill-Schulungen für Kanzleiführung und Team (Datum) durchführen
     
    • Ansatzpunkte für Zielformulierungen: Reputation am Markt
    • Empfehlungsquote um X Prozent steigern
    • Verbesserung der Sichtbarkeit am Markt, beispielsweise: neue Öffentlichkeitskampagne, Webpräsenz überarbeiten
    • Artikel für eine Branchenzeitung schreiben, auf Konferenzen vortragen oder Workshops/Seminare für vorhandene und potenzielle Mandanten anbieten
    • Charity-Projekte: z.B. Unterstützung einer gemeinnützigen Organisation
    • Suchmaschinen-Ranking um X Plätze erhöhen
     

    Kontinuierliche Wissensentwicklung

    Die Lernkultur spiegelt sich im Kanzleierfolg wider: Lernen junge, aufstrebende Mitarbeiter gut durch Erfahrung und Wissen der „alten Hasen“, so können sie schneller anspruchsvollere und rentablere Mandantenaufgaben übernehmen. Das ist vor allem eine Frage der Wissenskultur und des Kommunikationsklimas. Die Effektivität dieses kontinuierlichen Lernprozesses hängt insbesondere davon ab, ob und inwieweit die Kanzleileitung bereit ist, loszulassen und fachliche Kompetenzen zu delegieren. So wachsen Kanzleien schneller, weil der Chef strukturell entlastet wird und Marketing-Aufgaben auf mehrere Köpfe verteilt werden.

     

    • Beispiele für Zielformulierungen: Wissen & Lösungskompetenz
    • Neue Leistungsbereiche entwickeln, bestehende Leistungsbereiche ausbauen, neue Fertigkeiten entwickeln, dazu nötigenfalls neues Personal engagieren
    • Neue Dienstleistungen für Mandanten entwickeln (Pilotprojekte)
    • Dazulernen und neue Fertigkeiten/Fähigkeiten ausbilden
     

    Über Teilziele zum Erfolg

    Das folgende Beispiel zeigt, wie Sie anhand des Modells der fünf strategischen Kräfte Teilziele definieren können, um das große Ziel zu erreichen.

     

    • Beispiel

    Als Inhaber einer traditionellen Einzelkanzlei möchten Sie Ihre Kanzlei zukunftsfähig, d.h. für Mandanten und Arbeitnehmer attraktiver machen. Neben der weiteren Professionalisierung der Steuerberatung, möglichen Zielgruppenspezialisierung und Digitalisierung möchten Sie auch Rechtsberatung anbieten und dies innerhalb der kommenden drei Jahre mit einer Kooperation realisieren.

     

    Hier greift das Gedankenmodell der fünf strategischen Kräfte: Überlegen Sie, ob Sie mit den anwaltlichen Dienstleistungen beispielsweise eine neue Marktposition realisieren möchten (Zielformulierung unter Berücksichtigung des Wettbewerbs) und ob spezielle Mandantengruppen angesprochen werden sollen (Zielformulierung Mandanten). Davon hängt nämlich auch ab, wie Ihre Kooperation mit einem Rechtsanwalt aussehen muss. Dessen erforderliche Fähigkeiten und/oder Spezialgebiete sollten Sie festlegen, bevor Sie Kontakte knüpfen. Der Aufbau dieser Kontakte kann sich langwierig gestalten. Legen Sie daher beispielsweise fest, wie viele Kontakte Sie pro Woche/Monat knüpfen wollen (Zielformulierung Beziehungskompetenz) und wie Sie an diese Kontakte kommen, z.B. mehr öffentliche Auftritte, verstärkte Pressearbeit etc. (Zielformulierung Reputation und Sichtbarkeit am Markt).

     

    Ihre Sichtbarkeit am Markt trägt dazu bei, dass Sie als attraktiver Partner erscheinen, mit dem eine Zusammenarbeit auch für die Anwaltskanzlei interessant und gewinnbringend ist. Das strahlt wiederum auf die künftige Struktur Ihrer Kanzlei und deren Wissensmanagement ab: Mit der neuen anwaltlichen Expertise an Bord gewinnen Sie für qualifizierte Mitarbeiter als Arbeitgeber an Profil (Zielformulierung Wissen).

    Quelle: Ausgabe 05 / 2015 | Seite 85 | ID 43268526

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