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  • · Nachricht · Sozialversicherungsrecht

    Keine Haftung des Steuerberaters wegen Nachforderung von Sozialversicherungsbeträgen

    | Im Streit um nachgeforderte Sozialversicherungsbeiträge für GmbH-Geschäftsführer hat das LG Frankfurt am Main ( 29.5.24, 10 U 258/21 ) die Klage einer GmbH gegen ihren ehemaligen Steuerberater abgewiesen. Das Gericht sah keine Pflichtverletzung seitens des Steuerberaters und somit keinen Anspruch auf Schadensersatz. |

     

    Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), forderte Schadensersatz von 60.000 EUR von ihrem ehemaligen Steuerberater, da dieser es versäumt habe, sie über die Sozialversicherungspflicht ihrer geschäftsführenden Gesellschafter zu informieren. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) hatte rückwirkend Beiträge in Höhe von 68.247,14 EUR für die Jahre 2015 bis 2018 nachgefordert. Der Steuerberater, der bis 2019 für die GmbH tätig war, hatte die Geschäftsführer als selbstständig behandelt und somit keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Die Klägerin argumentierte, dass eine rechtzeitige Information über mögliche Änderungen im Gesellschaftsvertrag die Sozialversicherungspflicht hätte vermeiden können. Das LG wies die Klage ab, da es keine Pflichtverletzung des Steuerberaters feststellte. Eine Betriebsprüfung der DRV für den Zeitraum 2011 bis 2014 hatte keine Beanstandungen ergeben, was dem Steuerberater das Vertrauen gab, dass die bisherige Praxis korrekt war. Zudem sei es nicht die Aufgabe des Steuerberaters, die Rechtsprechung zur Sozialversicherungspflicht von Geschäftsführern kontinuierlich zu überwachen. Eine Revision wurde nicht zugelassen, da der Fall keine grundsätzliche Bedeutung hat.

     

    Zu den Pflichten des Lohnbuchhalters hält das LG fest:

     

    „Bei der Lohnbuchhaltung handelt es sich primär um einen rechnerischen Vorgang, der keine vertieften Kenntnisse des Sozialrechts oder die Beantwortung von Rechtsfragen beinhaltet. Vom Lohnbuchhalter kann daher nicht erwartet werden, dass er inzident komplexe Fragen aus dem Sozialversicherungsrecht selbst beantwortet. Allerdings ist der sozialversicherungsrechtliche Status eines Mitarbeiters notwendige Vorfrage, damit der Lohnbuchhalter seine Aufgabe erfüllen kann. Hat der Auftraggeber diesbezüglich verbindlichen Vorgaben gemacht oder ist die Frage anderweitig hinreichend geklärt oder zweifelsfrei, so kann der Lohnbuchhalter die Vorgabe übernehmen und muss die Statusfrage nicht überprüfen. Die sozialversicherungsrechtliche Statusfrage ist als hinreichend geklärt anzusehen, wenn sie anwaltlich geprüft ist, einschlägige Bescheide der Sozialversicherungsträger vorliegen oder die bisherige Einordnung im Rahmen einer Betriebsprüfung der Rentenversicherung nach § 28p SGB IV unbeanstandet geblieben ist. Die Beratung durch eine Kammer, einen Berufsverband oder einen Versicherungsmakler ist hingegen nicht ausreichend. Sofern die Statusfrage weder vorgegeben, hinreichend geklärt oder zweifelsfrei ist, hat der Lohnbuchhalter auf eine Klärung der Statusfrage durch den Auftraggeber hinzuwirken und ihm rechtssichere Möglichkeiten hierzu aufzuzeigen. Nimmt der Lohnbuchhalter die sozialversicherungsrechtliche Einordnung selbst vor, haftet er bei schuldhafter Fehleinschätzung aus § 280 Abs. 1 BGB (BGH 8.2.24, IX ZR 137/22, Rz. 13ff.).“

    Quelle: ID 50397914