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  • · Fachbeitrag · Verletzung des Sachlichkeitsgebots

    Bezeichnung des gegnerischen Rechtsbeistandsals „realitätsfremden Rechtsverdreher“

    von Oberstaatsanwalt Raimund Weyand, St. Ingbert

    Sachverhalt

    Die Steuerberaterkammer hatte dem Berufsangehörigen einen Verweis erteilt, weil er im Zuge eines Honorarstreits den gegnerischen Rechtsbeistand schriftlich als „realitätsfremden Rechtsverdreher“ bezeichnet und ihm unterstellt hatte, er schließe sich den Methoden seines Mandanten und dessen „krimineller Neigung“ an. Das LG hob den Rügebescheid auf.

     

    Entscheidung

    Der Berufsangehörige ist verpflichtet, das Sachlichkeitsgebot zu beachten (§ 57 StBerG, § 5 BOStB a.F., jetzt: § 7 Abs. 1 BOStB n.F.). Überschreitet er dessen Grenzen, handelt er berufswidrig. Nach Meinung des LG darf der Steuerberater aber im „Kampf um das Recht“ starke bzw. eindringliche Ausdrücke verwenden und gegebenenfalls auch persönlich werden, wenn er seine Rechtsposition verdeutlicht. Dies gilt umso mehr, wenn er - wie hier - in eigener Sache aktiv wird und die Äußerungen zudem in einem Rahmen fallen, bei dem Außenstehende keine Kenntnis von der Streitigkeit erlangen.

     

    Unerlaubt sind lediglich vorsätzliche Beleidigungen, die bewusste Verbreitung von Unwahrheiten oder herabsetzende Äußerungen, die als bloße Schmähkritik eingestuft werden müssen. Sonstige Äußerungen sind regelmäßig von den Grundrechten der Meinungs- und der Berufsfreiheit gedeckt (Art. 5, 12 GG). Hätte der Berufsangehörige den Rechtsanwalt selbst als „kriminell“ bezeichnet, wäre diese Grenze wohl überschritten worden. Diese Äußerung bezog sich aber erkennbar allein auf dessen Mandanten und war deshalb (noch) zulässig.

    Praxishinweis |

    Das Gericht hält es für irrelevant, dass die inkriminierten Äußerungen auch vorsichtiger hätten formuliert werden können. Auch sei es ohne Bedeutung, ob die Wortwahl möglicherweise als stilwidrig, ungehörig, taktlos oder emotional angesehen werden müsse.

    Derartige Meinungsäußerungen unterliegen gleichfalls dem Grundrecht der Meinungsfreiheit (Art. 5 GG). Die Grenze zur Berufspflichtverletzung ist erst dann überschritten, wenn die Äußerung im Einzelfall zur Rechtswahrung nicht geeignet, nicht erforderlich oder der individuellen Rechtsgüter- und Pflichtenlage nicht angemessen ist.

     
    Quelle: Ausgabe 10 / 2011 | Seite 175 | ID 28416930

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