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  • Checkliste

    Keine Angst vor dem finanzgerichtlichen Verfahren:
    So erheben Sie Klage vor dem Finanzgericht

    von Diplom-Finanzwirt Walter Jost, Saarbrücken

    Eigentlich sollte Sie eine Klageerhebung vor dem Finanzgericht vor keine größeren Probleme stellen. Dennoch meiden viele Steuerberater den Gang in das Klageverfahren, da sie mit den Anforderungen, die an eine ordnungsgemäße Klageerhebung gestellt werden, nicht vertraut sind. In der Praxis gibt es immer wieder Fälle, in denen die Klage schon deshalb verloren geht, weil einfache Formalitäten bei der Klageerhebung nicht beachtet werden. Nachfolgend will ich Ihnen aufzeigen, was Sie in einem finanzgerichtlichen Verfahren unbedingt beachten müssen und wie Sie unnötige und eventuell folgenschwere Fehler vermeiden können. Die beigefügte „Checkliste” wird Ihnen dabei hilfreich zur Seite stehen.

    Diese Formalien müssen Sie bei der Klageerhebung beachten

    Eine Klageerhebung vor dem Finanzgericht bedarf der Schriftform (vgl. § 64 FGO). Sie kann schriftlich bei Gericht eingereicht werden oder ist zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben. Die Klageschrift muss nach herrschender Meinung grundsätzlich eigenhändig unterschrieben sein. Sie sollte folgende Komponenten enthalten (§ 65 FGO):

    Sie müssen

    • den Kläger und den Beklagten benennen (Name, Vorname, Adresse, bei Gesellschaften entsprechend genaues Darlegen der gesetzlichen Vertretungsverhältnisse usw.; sowohl der Kläger, als auch der Beklagte müssen deutlich benannt und somit bestimmt sein, das heißt, ihre Identität muss klar sein),
    • den Gegenstand des Klagebegehrens angeben (dies entspricht dem „Ziel der Klage” oder dem „Streitgegenstand”),
    • bei Anfechtungsklagen auch den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf bezeichnen (zum Beispiel Einkommensteuerbescheid für 1997 vom 3.8.98 in Form der Einspruchsentscheidung vom 05.05.99, Rb-Nr. ....).

    Zu Punkt zwei – Angabe des Gegenstandes des Klagebegehrens – reichen die bloße Benennung des angefochtenen Bescheides und der Hinweis auf eine noch abzugebende Steuererklärung nicht aus. Im Hinblick darauf, dass das Gericht über das Klagebegehren nicht hinausgehen darf, müssen Sie – bezüglich jedes angefochtenen Bescheides und jedes Streitjahres – in Form einer schlagwortartigen Grobbegründung substantiiert darlegen, inwieweit der angefochtene Bescheid nach Ihrer Auffassung rechtswidrig ist und Sie die Rechte Ihres Mandanten als verletzt ansehen. Als Begründung würde zum Beispiel Folgendes ausreichen:

    • Nichtanerkennung von Werbungskosten aus nichtselbstständiger Arbeit für Arbeitsmittel in Höhe von 1.000 DM,
    • Nichtberücksichtigung von Betriebsausgaben in Höhe von 3.000 DM wegen Abschreibungen,
    • Kürzung des Vorsteuerabzugs in Höhe von 350 DM bei der Umsatzsteuer,
    • überhöhte Zuschätzung beim Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 20.000 DM.

    Hinweis: Es reicht zunächst aus, wenn der Gegenstand des Klagebegehrens in der Klageschrift angegeben wird, eine Begründung ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht zwingend erforderlich.

    Beachten Sie auch die „Soll“-Bestimmungen

    Diese zuvor genannten Punkte müssen von Ihnen bereits bei Klageerhebung angegeben werden. Daneben sollen auch

    • ein bestimmter Antrag gestellt und
    • die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel benannt werden.

    Dies sind nach dem Gesetz aber lediglich „Soll”-Bestimmungen; es reicht also zur Erhebung einer zulässigen Klage aus, wenn die „Muss”-Bestimmungen erfüllt sind, ein Antrag erst später gestellt und/oder eine Begründung erst nachträglich eingereicht wird.

    Fehlt hingegen eine „Muss”-Vorraussetzung, führt dies dazu, dass Sie vom Vorsitzenden oder einem von ihm bestimmten Richter (Berichterstatter) aufgefordert werden, binnen einer angemessenen Frist Ihre Klage bezüglich der fehlenden Punkte zu ergänzen. Für diese Ergänzung wird Ihnen eine Ausschlussfrist (§ 65 Abs. 2 Sätze 1 und 2 FGO) gesetzt.

    Hinweis: Zwar suggeriert der Wortlaut des Gesetzes (§ 65 Abs. 2 S. 2 FGO „...kann...”) ein gewisses Ermessen des Vorsitzenden oder Berichterstatters, ob eine „normale” Frist oder sofort eine „Ausschlussfrist” gesetzt wird. Bei fristgebundenen Klagen reduziert sich dieses Ermessen jedoch – wegen der Bedeutung klarer Verhältnisse für die Rechtssicherheit – auf Null. In diesen Fällen muss der Vorsitzende bzw. der Berichterstatter daher nach § 65 Abs. 2 FGO verfahren. Lediglich im Rahmen der Bemessung der Frist verbleibt ihm ein gewisser Ermessensspielraum.

    Achtung

    Eine wichtige Besonderheit bei finanzgerichtlichen Verfahren ist, dass Sie Ihre Bevollmächtigung durch Ihren Mandanten durch eine schriftliche Vollmacht im Original nachweisen müssen. Eine Fotokopie, ein Telefax oder ähnliches reicht nach ständiger BFH-Rechtsprechung zum Nachweis der Bevollmächtigung nicht aus (vgl. BFH vom 28.7.99, X B 166/98 n.v.; BFH vom 14.3.96, IV R 44/95, BStBl II, 319).

    Auch für die Nachreichung der (Original)Vollmacht wird Ihnen gegebenenfalls eine Ausschlussfrist (§ 62 Abs. 3 FGO) gesetzt.

    Folgen der Nichteinhaltung einer Ausschlussfrist

    Wird die Ergänzung einer Klage („Muss”-Erfordernisse) bis zum Ablauf der Frist nicht nachgeholt oder aber die Vollmacht nicht innerhalb der Frist vorgelegt, hat dies die Unzulässigkeit der Klage zur Folge, es sei denn, Sie können entsprechend § 56 FGO rechtzeitig Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorbringen. Eine verspätet eingereichte Vollmacht kann den Verfahrensmangel nicht mehr beheben (BFH vom 17.7.84, VIII R 20/82, BStBl, 802), auch nicht im Rahmen eines zulässigen Rechtsmittels wie zum Beispiel der „mündlichen Verhandlung” (Rechtsmittel gegen einen Gerichtsbescheid).

    Wird eine Klage unzulässig, so führt dies unweigerlich zum Unterliegen in der Sache und somit auch zur entsprechenden Kostenfolge. Wurde eine Vollmacht Ihrerseits vorgelegt, fehlt es aber an  einem „Muss”-Erfordernis des § 65 FGO, so werden die Kosten Ihrem Mandanten auferlegt. Fehlt es aber an einer entsprechenden Originalvollmacht, so hat dies zur Folge, dass Ihnen als vollmachtloser Vertreter die Verfahrenskosten auferlegt werden.

    Bei einem Streitwert von beispielsweise 8.000 DM betragen die Gerichtskosten bei einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid immerhin 410 DM (ohne Schreibauslagen). Umso ärgerlicher ist es, wenn Sie die Kostenfolge nur trifft, weil Sie vergessen haben, die Originalvollmacht vorzulegen. Neben der Auseinandersetzung mit Ihrem Mandanten kommt dann noch gegebenenfalls eine Klage wegen Schadenersatz auf Sie zu.

    Tipp

    Sollten Sie Ihren Mandanten nicht erreichen und können Sie daher innerhalb der gesetzten Frist die Vollmacht nicht beim Finanzgericht im Original vorlegen, beantragen Sie unbedingt die Verlängerung der Ihnen gesetzten Ausschlussfrist und begründen Sie diesen Antrag ausführlich. In aller Regel wird Ihrem Antrag bei einer erstmaligen Antragstellung entsprochen.

    In der nachfolgenden Checkliste erhalten Sie noch einmal zusammenfassend die wichtigsten Punkte im Überblick:

    Ihre Klageschrift muss enthalten:

    • Bezeichnung des Klägers (Name, Vorname, Adresse, bei Gesellschaften
    • entsprechend genaues Darlegen der gesetzlichen Vertretungsverhältnisse
    • usw.
    • Bezeichnung des Beklagten (Finanzamt/Hauptzollamt/oder Ähnliches______________)
    • Gegenstand des Klagebegehrens (Stichwort: „Klageziel”)
    • bei Anfechtungsklagen zusätzlich
    • angefochtener Verwaltungsakt und die Bezeichnung der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf
    • (Original)Vollmacht liegt anbei (wenn nicht, sofort besorgen)
    • Die Klage ist unterzeichnet (eigenhändige Unterschrift)
    • Abschriften für die Beteiligten sind beigefügt

    Achtung

    Die Klage kann fristwahrend und wirksam per Fax erhoben werden, eine Vollmacht jedoch muss im Original dem Finanzgericht zugeleitet werden!

    Der Klage sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden (§ 64 Abs. 2 FGO). Auch die Urkunden, auf die Bezug genommen wird, sind in Urschrift oder in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren (vgl. § 77 Abs. 2 FGO).

    Quelle: Kanzleiführung professionell - Ausgabe 02/2000, Seite 29

    Quelle: Ausgabe 02 / 2000 | Seite 29 | ID 104179

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