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  • · Fachbeitrag · Sicherheiten

    Wie weit reicht eine Vertragserfüllungsbürgschaft?

    | Die Vertragserfüllungsbürgschaft „Wir übernehmen hiermit für die Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen des Auftragnehmers aus dem vorgenannten Vertrag, insbesondere für die vertragsgemäße Ausführung der Leistung einschließlich der Abrechnung und Schadenersatz und für die Erstattung von Überzahlungen einschließlich der Zinsen gegenüber dem Auftraggeber die selbstschuldnerische und unwiderrufliche Bürgschaft bis zum Betrag von EUR ...“ ist auslegungsbedürftig. |

     

    Das LG Frankenthal (4.8.16, 7 O 15/16, Abruf-Nr. 193404) musste sich mit der Frage auseinandersetzen, ob die Klausel auch die Erstattung von Überzahlungen umfasst und hat dies nach seiner Auslegung angenommen. Es war versehentlich zu einer doppelten Zahlung einer Abschlagsrechnung gekommen. Das Bauunternehmen erstattete die Überzahlung nicht, weil es in Insolvenz geriet, sodass der Bürge in Anspruch genommen wurde. Das LG sah den Bürgen in der Pflicht, weil der Rückzahlungsanspruch im Vertrag und nicht im Bereicherungsrecht seine Grundlage hat (BGH NJW-RR 05, 129) und der Bürge „sämtliche Verpflichtungen“ aus dem Vertrag abgesichert hat. Solche Ansprüche seien auch vorhersehbar gewesen.

     

    MERKE | Das LG sah keine vertragliche Regelung. Die Tragweite der Bürgschaft war danach durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) unter besonderer Berücksichtigung des Bürgschaftszwecks und des Anlasses der Übernahme zu ermitteln (Palandt/Sprau, BGB, 76. Aufl., § 765 Rn. 19). Hierfür können auch Umstände außerhalb der Bürgschaftsurkunde herangezogen werden, sofern nur der ermittelte Wille bereits „irgendwie“ in der Erklärung seinen Ausdruck gefunden hat und einen Ansatzpunkt erkennen lässt. Die Bürgschaft für Verbindlichkeiten aus einem Vertrag erfasst nach diesen Grundsätzen in der Regel nur die Ansprüche des Gläubigers, die für den Bürgen aufgrund der vertraglichen Regelungen voraussehbar und erkennbar waren. Dabei ist auch zu beachten, dass die Bürgschaftsverpflichtung nach § 767 Abs. 1, S. 3 BGB grundsätzlich nicht erweitert werden kann. Besser ist es, nicht auf eine Auslegung angewiesen zu sein, sondern auch solche Ansprüche schon im Bürgschaftsvertrag zu regeln.