14.05.2024 · IWW-Abrufnummer 241500
Oberlandesgericht Karlsruhe: Urteil vom 16.02.2024 – 4 U 140/23
1. Haben die Parteien die Fälligkeit einer Forderung per Vereinbarung an die Erteilung einer Rechnung geknüpft, so beginnt die Verjährungsfrist erst mit Schluss des Jahres zu laufen, in dem die Rechnung zugeht.
2. Dies gilt auch, wenn der Gläubiger erst nach Ablauf einer vereinbarten Abrechnungsfrist abrechnet. Der Schuldner kann sich dann weder nach § 162 BGB noch unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes auf Verjährung berufen, denn auch bei fristgemäßer Abrechnung wäre es in aller Regel nicht zur Verjährung gekommen.
3. Maßgeblich für den Eintritt der Fälligkeit ist in derartigen Fällen grundsätzlich die Erteilung einer Rechnung über die konkret betroffene Forderung. Die Erteilung einer Endabrechnung, in der die betroffene Forderung nicht enthalten ist, sondern lediglich enthalten sein könnte, genügt - außerhalb der VOB/B bzw. der HOAI - grundsätzlich nicht.
4. Haben die Parteien eines Energielieferungsvertrages eine marktpreisabhängige Vergütung und die Erteilung einer Jahresendabrechnung vereinbart, mit der Differenzen zwischen den monatlichen Abschlagsrechnungen und der tatsächlichen Preisentwicklung ausgeglichen werden sollen, so handelt es sich dabei nicht um eine umfassende, mit der baurechtlichen Schlussrechnung nach VOB/B vergleichbare Endabrechnung.
In dem Rechtsstreit
S. GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer
- Klägerin und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte
gegen
Universität K. vertreten durch den Kanzler
- Beklagte und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte
Tenor:
- Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 06.05.2022, Az. B 3 O 205/21, wird zurückgewiesen.
- Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
- Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Konstanz ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
- Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 755.840,69 € festgesetzt.
I.
Die Parteien streiten um die Verjährung und Verwirkung eines Anspruchs der Klägerin auf Erstattung der EEG-Stromumlage für aus der Schweiz bezogenen Strom.
Das Landgericht, auf dessen Feststellungen zum erstinstanzlichen Sach- und Streitstand verwiesen wird, hat der Klage stattgegeben und zur Verjährung ausgeführt, die verjährungslaufbegründende Fälligkeit der Klageforderungen sei erst im Jahr 2018 eingetreten, da die Klägerin zunächst nur unter Vorbehalt an die Übertragungsnetzbetreiberin gezahlt und erst im Jahr 2018 ein endgültiges, auf die Beklagte umlegbares Vermögensopfer erbracht habe. Erst dadurch habe sie auch ihrer Pflicht genügen können, gegenüber der Klägerin transparent und nur in Höhe der bei ihr selbst entstandenen Belastung abzurechnen. Die dreijährige Verjährungsfrist (§ 195 BGB) habe daher erst mit dem Ablauf des Jahres 2018 zu laufen begonnen (§ 199 Abs. 1 BGB). Eine Belastung im Sinne von § 5 Abs. 1 des Vertrages habe nicht schon zu dem Zeitpunkt vorgelegen, als die Übertragungsnetzbetreiberin der Klägerin gegenüber die EEG-Umlage für die Jahre 2010 und 2011 in Rechnung gestellt hatte. Da zwischen der Klägerin und der Übertragungsnetzbetreiberin zu diesem Zeitpunkt noch Meinungsverschiedenheiten darüber bestanden hätten, in welcher Höhe eine Nachbelastung möglich sei, habe die Klägerin die entsprechenden Zahlungen an die Übertragungsnetzbetreiberin nur unter Vorbehalt geleistet. Auch habe die Musterprozessvereinbarung der Klägerin und der Übertragungsnetzbetreiberin vorgesehen, dass die Klägerin die Möglichkeit behalte, die unter Vorbehalt gezahlten Beträge zum Gegenstand eines Rückforderungsbegehrens im Zuge der Widerklage zu machen. Angesichts dessen habe eine endgültige Belastung, die die Klägerin zur Geltendmachung der Umlage gegenüber der Beklagten gemäß § 5 Abs. 1 des Vertrages berechtigt hätte (§§ 133, 157 BGB), nicht schon im Jahr 2011 vorgelegen, sondern erstmals im Jahr 2018, als der Rechtsstreit zwischen der Klägerin und der Übertragungsnetzbetreiberin durch Vergleich vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe seinen Abschluss gefunden habe.
Etwas anderes folge entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht aus dem Rechtsgedanken des § 162 BGB. Angesichts dessen, dass die Klägerin mit der Übertragungsnetzbetreiberin einen Rechtsstreit über die Berechtigung der Nachforderung der EEG-Umlage für die Zeit vor der Entscheidung des Bundesgerichtshofs geführt und in diesem Zusammenhang eine auch den Zeitraum 2010 und 2011 umfassende Musterprozessvereinbarung getroffen habe, könne von einer treuwidrigen Verzögerung des Eintritts der Fälligkeit gegenüber der Beklagten nicht die Rede sein. Auch sei ohnehin nicht ersichtlich, warum die Bemühungen der Klägerin, die EEG-Umlage zumindest der Höhe nach gering zu halten, gegenüber der Beklagten, die diese Umlage letztlich tragen müsse, treuwidrig gewesen sein sollten.
Auch der Verwirkungseinwand greife nicht. Bereits im Jahr 2011 habe die Klägerin der Beklagten mitgeteilt, dass sie mit einer Nachforderung des Übertragungsnetzbetreibers konfrontiert sei und die EEG-Umlage gegenüber der Beklagten abrechnen werde. Die Formulierung, dass die Abrechnung "in Kürze" erfolgen werde (so der interne Vermerk der Beklagten vom 16.09.2011), bedeutet nicht, dass die Beklagte bereits nach Ablauf eines "kurzen" Zeitraums auf das Ausbleiben einer Nachforderung habe vertrauen dürfen. lnsbesondere sei der Beklagten aufgrund des Schreibens der Klägerin vom 03.02.2012 auch bekannt gewesen, dass eine Abrechnung zwar immer noch nicht erfolgt, mit ihr aber weiterhin zu rechnen sei. Zudem habe die Beklagte jederzeit die Möglichkeit gehabt, sich auf die Nachforderung einzurichten. Die Situation des Strombezugs und die bisherige Berechnung der EEG-Umlage durch die Klägerin sei der Beklagten bekannt gewesen, ebenso wie ihr eigener Strombezug. Sie wäre daher unschwer in der Lage gewesen, mögliche Nachforderungen der Klägerin bereits auf Grundlage der ihr selbst vorliegenden Abrechnungen zu ermitteln und Rückstellungen zu bilden, wenn sie dies hätte tun wollen. Dass sie die Höhe zu erwartender Nachzahlungen - jedenfalls für das Jahr 2010 - auch tatsächlich berechnet habe, belege der interne Vermerk der Beklagten vom 16.09.2011. Soweit die Beklagte der Klägerin vorwerfe, diese habe ihr gegenüber im Zusammenhang mit der EEG-Umlage Beratungspflichten verletzt, folge hieraus jedenfalls kein Gegenanspruch in Höhe der Klageforderung. Da die Beklagte die Zahlung der EEG-Umlage an die Klägerin schulde, fehlte es an jeglichem Vortrag, wie die Beklagte diese im Falle einer frühzeitigeren Abrechnung hätte vermeiden können. Dass der Beklagten konkrete andere Schäden entstanden seien, sei nicht dargetan.
Hiergegen wendet die Beklagte sich mit ihrer Berufung und führt unter Wiederholung und Vertiefung ihrer erstinstanzlichen Argumentation aus, das Landgericht vermenge das Rechtsverhältnis der Klägerin zur Übertragungsnetzbetreiberin mit demjenigen zur Beklagten, wenn es davon ausgehe, dass die Klageforderungen erst mit Ablauf des Jahres 2018 - nach der Einigung der Klägerin mit dem Übertragungsnetzbetreiber - fällig geworden seien. Der vertragliche Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte setze nicht voraus, dass die Klägerin die EEG-Umlage an den Übertragungsnetzbetreiber bezahlt habe. Dies sei im Übrigen bereits 2012 geschehen und der dabei erklärte Vorbehalt gegenüber der Beklagten unerheblich. Ebenso wenig könne man Verjährung mit der Begründung verneinen, die verjährungsfristauslösende Fälligkeit sei vorliegend an die Erteilung einer Rechnung geknüpft. Vertraglichen Fälligkeitsregelungen wie die hier vereinbarte "Fälligkeit 10 Tage nach Rechnungseingang" bezögen sich bei interessengerechter Auslegung nur auf den Verzugseintritt, insbesondere den Anfall von Verzugszinsen, nicht aber auf die Anspruchsentstehung im Sinne der Verjährung. Soweit der Bundesgerichtshof bei Energieversorgungslieferungen die Rechnungsstellung zur Voraussetzung der Anspruchsentstehung erklärt habe, seien das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 08.07.1981 und die darauf bezogenen obergerichtlichen Entscheidungen nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar. Es handle sich vorliegend weder um einen Fall, in dem versehentlich falsch abgelesen/abgerechnet wurde, noch um einen Fall, der den gesetzlichen Regelungen zu den Grundversorgungsverträgen unterliege bzw. in dem der Versorger eine Ausschlussfrist für Nachforderungen zu wahren habe, die den Schuldner vor viele Jahre später erfolgenden weiteren Forderungen schütze. Selbst der Bundesgerichtshof würde der vorliegenden vertraglichen Regelung daher - so die Berufungsbegründung - keine Verschiebung der verjährungsrechtlichen Anspruchsentstehung entnehmen. In einer späteren Entscheidung habe der Bundesgerichtshof die durch Rechnungsstellung "steuerbare" Fälligkeit im Übrigen auf Fälle beschränkt, in denen der Gläubiger frei darin sei, wann er die Rechnung erstelle; nur wenn er nicht innerhalb einer bestimmten Frist abrechnen müsse, trete daher Fälligkeit erst mit der Rechnung und nicht schon mit dem Ablauf der Abrechnungsfrist ein. Dies entnimmt die Beklagte einer Passage im Rechtsentscheid des Bundesgerichtshofs vom 19.12.1990 - VIII ARZ 5/90 -. Vorliegend müsse die Klägerin aber bis zum zehnten Werktag des Folgemonats abrechnen, so dass mit Ablauf dieser Frist Fälligkeit eintrete.
Hilfsweise macht die Beklagte geltend, die verjährungsfristauslösende Rechnung sei vorliegend nicht erst 2019 gestellt worden, sondern bereits in den jeweiligen Dezemberabrechnungen der Jahre 2010 und 2011 zu erblicken. Diese seien im Vertragstext als Jahresschlussrechnung definiert und führten als solche zur einheitlichen Fälligkeit bzw. zum Verjährungsbeginn auch bezüglich der darin nicht aufgeführten EEG-Umlagenachforderung. Jedenfalls sei die Klageforderung aus den von der Beklagten erstinstanzlich ausgeführten Gründen verwirkt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 06.05.2022, Az.: B 3 O 205/21, zugestellt am 12.05.2022, aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die Lösung des Landgerichts, die Klägerin sei erst 2018 berechtigt gewesen, ihre (erst dann endgültigen) Kosten auf die Beklagte umzulegen, entspreche durchaus dem Vertrag, welcher die Klägerin berechtige, die "Belastungen aus dem EEG" auf die Beklagte umzulegen. Der Begriff der "Belastung" sei auslegungsbedürftig, interessengerechterweise aber so zu verstehen, dass es auf einen endgültigen Vermögensabfluss bei der Klägerin ankomme. Außerdem trete Fälligkeit vorliegend sowieso erst mit Rechnungsstellung ein. Die einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei auch noch aktuell. Aus dem von der Berufungsbegründung ins Feld geführten BGH-Rechtsentscheid vom 19.12.1990 - VIII AZR 5/90 - ergebe sich nichts anderes, insbesondere nicht, dass - wie die Beklagte offenbar meine - die Fälligkeit nur dann von der Rechnungsstellung abhänge, wenn für die zu erteilende Abrechnung keine Pflicht und keine Frist bestehe. Vielmehr ergebe sich aus der Entscheidung sogar das Gegenteil; denn der Bundesgerichtshof habe dort die Fälligkeit an die Rechnungstellung geknüpft, obwohl im dortigen Fall eine Pflicht des Gläubigers zur Abrechnung in angemessener Frist bestanden habe (BGH a.aO. Rn. 18-20). Auch Verwirkung liege nicht vor. Die Klägerin habe kein Verhalten gezeigt, auf das die Beklagte ein Vertrauen hätte stützen dürfen, sondern sich die Abrechnung der EEG-Umlage im Gegenteil mehrfach vorbehalten.
II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.
Der Klägerin steht aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Stromlieferungsvertrages ein fälliger und durchsetzbarer Anspruch gegen die Beklagte auf Nachzahlung der (restlichen) EEG-Umlage für die Jahre 2010 und 2011 in Höhe von insgesamt 755.840,69 € nebst Zinsen für den aus der Schweiz stammenden Strom zu. Dass die streitgegenständliche Nachforderung von einer zutreffenden von der Beklagten bezogenen Strommenge ausgeht und die korrekten, dem zwischen den Parteien bestehenden Stromlieferungsvertrag entsprechenden Preise ansetzt, ist zwischen den Parteien unstreitig. Anspruchsgrund und -höhe stehen somit außer Streit; ergänzend wird auf die diesbezüglichen zutreffenden Ausführungen des Landgerichts - auch zu den Nebenforderungen - verwiesen, die von der Berufung nicht angegriffen werden.
Was die im Zentrum des Berufungsverfahrens stehende Frage der Verjährung bzw. Verwirkung betrifft, so hat das Landgericht ebenfalls - zumindest im Ergebnis - richtig entschieden.
1. Ob die vom Landgericht gegebene Begründung, der Klageanspruch sei erst 2018 fällig geworden, weil die Klägerin ihrerseits erst in diesem Jahr endgültig gezahlt habe, zu überzeugen vermag, kann der Senat offenlassen. Für diese Lösung spricht allerdings eine Parallele zum Nebenkostenumlageanspruch des Vermieters, denn auch dieser wird nach verbreiteter Ansicht erst fällig, sobald die umzulegende Kostenposition endgültig und mit Rechtsgrund aus dem Vermögen des Vermieters abgeflossen ist (vgl. Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, 16. Aufl. 2024, BGB § 556 Rn. 179). Es spricht vieles dafür, diesen Gedanken auch auf den EEG-Kostenüberwälzungsmechanismus zu übertragen. Wertet man die von der Klägerin an den Übertragungsnetzbetreiber zunächst - im Jahr 2012 - geleistete Zahlung aufgrund ihres Vorbehalts als bloße a-conto-Zahlung, so trat ein endgültiger Vermögensabfluss bei der Klägerin erst im Jahr 2018 ein, nämlich in dem Moment, als sie sich mit dem Übertragungsnetzbetreiber darauf einigte, dass die Zahlung endgültig bei diesem verbleibt.
2. Dies kann aber letztlich dahinstehen, denn die Verjährungseinrede der Beklagten scheitert jedenfalls daran, dass die Zahlungspflicht der Beklagten nach der von den Parteien im Vertrag getroffenen Regelung von der Erteilung einer Rechnung abhing und der jeweilige Anspruch somit erst durch Erteilung der streitgegenständlichen Rechnungen im Jahr 2019 "entstanden ist" im Sinne von § 199 BGB.
a) Entstanden ist ein Anspruch grundsätzlich dann, wenn er vom Gläubiger im Wege der Klage geltend gemacht werden kann, was grundsätzlich die Fälligkeit voraussetzt (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2019 - VIII ZR 224/18 -, juris Rn. 16 m.w.N.). Die Fälligkeit kann im Einzelfall gesetzlich, vertraglich oder durch Verordnung an die Erteilung einer Rechnung gebunden sein. Dann beginnt die Verjährung erst mit Erteilung der Rechnung (vgl. BGH, a.a.O., juris Rn. 19 m.w.N.). So verhält es sich hier. Anders als die Berufung geltend macht, ist die von den Parteien gewählte Formulierung in § 5 Abs. 2 des Vertrages
"Für die Abnahmestellen erstellt die [...] eine monatliche Abschlagsrechnung am 10ten Werktag des Folgemonats. Der Rechnungsbetrag wird 10 Tage nach Rechnungseingang fällig. Mit der letzten Abrechnung des Jahres (Schlussrechnung) werden Differenzen zwischen der Preisprognose und den sich tatsächlich einstellenden Kosten ausgeglichen"
eindeutig so zu verstehen, dass die Fälligkeit den Zugang einer entsprechenden Rechnung voraussetzt. Einer Auslegung dahingehend, dass nur der Beginn von Verzugszinsen und nicht die Fälligkeit als solche an die Rechnung geknüpft werden sollte, ist die Klausel sowohl ihrem Wortlaut nach als auch im Hinblick auf die Interessenlage nicht zugänglich. Dies gilt schon deshalb, weil ohne eine von der Klägerin zu erstellende Rechnung der geschuldete Betrag nicht hinreichend bestimmt ist. Insofern ist die Auslegung der Beklagten nicht nur wortlautwidrig - der Vertrag knüpft explizit die "Fälligkeit", nicht den Verzug an die Rechnung - sondern auch sinnwidrig, denn sie hätte zur Folge, dass bereits vor Rechnungszugang zwar keine Verzugszinsen, wohl aber Fälligkeitszinsen gem. § 353 HGB anfallen würden, was von den Parteien offenkundig nicht gemeint gewesen sein kann. Die Verjährung konnte somit noch nicht mit den Dezemberabrechnungen der Jahre 2010 bzw. 2011 beginnen, sondern erst mit den streitgegenständlichen Rechnungen im Jahr 2019. Denn erst damit waren die Nachforderungen abgerechnet und damit nach der vertraglich getroffenen Vereinbarung fällig.
b) Soweit die Beklagte meint, das unter a) genannte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. Juli 2019 sei vorliegend - ebenso wie die übrige, den Verjährungsbeginn erst mit Rechnungszugang bejahende Rechtsprechung - nicht einschlägig, sondern betreffe anders gelagerte Fälle, vermag der Senat dem nicht beizupflichten.
aa) Anders als die Beklagte meint, entspricht es ohne weitere Differenzierungen und Einschränkungen der ständigen Rechtsprechung und allgemeinen Ansicht, dass dann, wenn die Parteien die Rechnungsstellung als Fälligkeitsvoraussetzung vereinbart haben, die Verjährungsfrist erst mit Zugang der Rechnung zu laufen beginnt, weil der Gläubiger erst dann Zahlung fordern kann (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 22. Oktober 1986 - VIII ZR 242/85 -, juris Rn. 29 f.; Grüneberg, BGB, 83. Auflage 2024, § 199, Rn. 4; BeckOK BGB/Henrich, 68. Ed. 1.11.2023, BGB § 199 Rn. 8; Lakkis in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 199 BGB (Stand: 15.05.2023); Schmidt-Räntsch in: Erman BGB, Kommentar, 17. Auflage 2023, § 199 BGB, Rn. 6, jeweils m.w.N.). Dies gilt auch, wenn die Rechnung pflichtwidrig spät und unter Überschreitung einer Abrechnungsfrist erstellt wird (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2013 - VIII ZR 243/12 -, juris Rn. 31; BGH, Urteil vom 17. Juli 2019 - VIII ZR 224/18 -, juris Rn. 19 f.; zustimmend Lakkis in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 199 BGB (Stand: 15.05.2023), Rn. 41). Dass der Bundesgerichtshof letzteres in seinem von der Beklagten zitierten Rechtsentscheid vom 19. Dezember 1990 - VIII ARZ 5/90 -, BGHZ 113, 188-197, Rn. 15 anders gesehen hat dahingehend, dass - wie die Beklagte meint - "nur" bei Fehlen einer vertraglich geregelten Abrechnungsverpflichtung und -frist die Fälligkeit an die Erteilung einer nachprüfbaren Abrechnung geknüpft ist, ergibt sich aus der Entscheidung nicht. Im Übrigen steht einem derartigen Verständnis der Entscheidung das überzeugende Urteil vom 17. Juli 2019 entgegen.
bb) Der von der Beklagten eingewandte Umstand, dass der Gläubiger es somit, wenn die Parteien die Fälligkeit an die Rechnungserteilung geknüpft haben, grundsätzlich in der Hand hat, den Verjährungsbeginn "bis ultimo" hinauszuzögern, wird dabei von der herrschenden Meinung durchaus gesehen, jedoch zu Recht nicht zum Anlass genommen, den Verjährungsbeginn auf einen vor dem Rechnungszugang liegenden Zeitpunkt vorzuverlegen (vgl. Grüneberg, BGB, 83. Auflage 2024, § 199, Rn. 4: die Forderung sei dann eben "praktisch unverjährbar"; Staudinger/Peters/Jacoby (2019) BGB § 199, Rn. 18: "Manipulationen des Gläubigers am Verjährungsbeginn nimmt das Gesetz hin"). Vielmehr ist die Frage, ob der Gläubiger eine Rechnung wirklich "bis ultimo" zurückhalten kann, anhand der Grundsätze der Verwirkung zu beantworten (herrschende Meinung, vgl. z.B. Grüneberg und Peters/Jacoby, jeweils a.a.O.). Im Übrigen schadet ein Gläubiger, der eine Forderung "bis ultimo" zurückhält, vor allem sich selbst und wird dies daher im Regelfall schon im Eigeninteresse nicht tun. Sollte sich die Rechnungsstellung im Einzelfall doch über einen erheblichen Zeitraum verzögern, so kann der Schuldner sich nötigenfalls durch Nachfrage und notfalls durch Auskunfts- oder negative Feststellungsklage Gewissheit darüber verschaffen, ob und in welcher Höhe noch mit Forderungen zu rechnen ist (vgl. NK-ArbR/Boemke, 2. Aufl. 2023, BGB § 199 Rn. 8; LG Lübeck, Urteil vom 3. August 2020 - 10 O 6/20 -, juris Rn. 23 mit zust. Anm. Wagner IR 2020, 301). Alternativ dazu hätte die Beklagte der Klägerin, als die im Jahr 2011 angekündigte Abrechnung der EEG-Umlage zunächst ausblieb, auch eine angemessene Frist zur Rechnungsstellung setzen können; kommt der Gläubiger dann seiner Obliegenheit nicht alsbald nach, muss er sich gem. § 242 BGB so behandeln lassen, als sei innerhalb der gesetzten Frist abgerechnet und die Forderung damit fällig geworden (Lakkis in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 199 BGB (Stand: 15.05.2023), Rn. 37). Es besteht daher auch kein praktisches Bedürfnis für eine generelle Vorverlegung des Verjährungsbeginns.
Nach alledem beginnt damit der Lauf der Verjährung vorliegend erst mit Rechnungserteilung.
c) Soweit die Beklagte meint, selbst wenn man davon ausgehe, dass die Verjährungsfrist aufgrund der in § 5 des Vertrages getroffenen Fälligkeitsabrede erst mit Rechnungserteilung beginne, seien die streitgegenständlichen Nachforderungen für die Jahre 2010 und 2011 bereits mit den jeweiligen, der Beklagten im Januar des Folgejahres zugegangenen Dezemberabrechnungen abgerechnet und damit fällig geworden (obwohl die EEG-Umlage für den aus der Schweiz bezogenen Strom dort gerade nicht abgerechnet wurde), trifft diese Rechtsauffassung nicht zu. "Abgerechnet" im Sinne einer die Fälligkeit auslösenden Rechnung ist eine Forderung grundsätzlich erst dann, wenn sie in der jeweiligen Rechnung auch tatsächlich geltend gemacht wird und nicht bereits dann, wenn sie nur in die "Schlussrechnung" hätte aufgenommen werden können.
aa) Zuzugeben ist der Berufung allerdings, dass der Bundesgerichtshof letzteres für § 16 VOB/B und für den Honoraranspruch nach der HOAI anders entschieden hat. Ein solcher Anspruch beginnt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bereits dann "einheitlich" mit der Schlussrechnung zu verjähren, wenn er in diese hätte aufgenommen werden können; nicht erforderlich soll sein, dass er auch tatsächlich in die Schlussrechnung aufgenommen worden sei (für § 16 VOB/B: Urteil vom 9. Oktober 1986 - VII ZR 249/85 -, juris Rn. 9; Urteil vom 12. Februar 1970 - VII ZR 168/67 -, BGHZ 53, 222-226, juris Rn. 30 ff.; BeckOGK/Lasch, 1.1.2024, BGB § 641 Rn. 213; für das Architektenhonorar: Urteil vom 27. November 2003 - VII ZR 288/02 -, BGHZ 157, 118-133, juris Rn. 33 ff.).
Daraus folgt für den hier vorliegenden Fall aber keine andere Beurteilung der Verjährungsfrage. Denn die vorgenannte baurechtliche Rechtsprechung ist auf die hier vorliegende Konstellation nicht übertragbar. Die Rechtsfigur der "einheitlichen" Schlussrechnungsverjährung auch für Positionen, die in der Schlussrechnung nicht enthalten sind, dort aber enthalten sein könnten, beruht vielmehr auf den Besonderheiten der VOB/B bzw. der HOAI. Dass die Schlussrechnung des Bauunternehmers den einheitlichen Verjährungsbeginn auch für nicht in ihr enthaltene Positionen herbeiführe, begründet der Bundesgerichtshof mit einem Erst-Recht-Schluss aus dem Umstand, dass § 16 VOB/B unter bestimmten Umständen - nämlich wenn der Unternehmer die Schlusszahlung vorbehaltlos annimmt - sogar eine echte Bindungswirkung des Auftragnehmers an die Schlussrechnung und deren Lückenhaftigkeit vorsieht, mithin eine Präklusion von Nachforderungen (und nicht nur deren Fälligwerden):
"Mit der Einreichung der Schlußrechnung gibt der Auftragnehmer zu erkennen, was er aus seiner Sicht für die gesamte von ihm erbrachte Werkleistung noch zu fordern hat. Wenn der Auftraggeber den mit der Schlußrechnung verlangten Betrag bezahlt und der Auftragnehmer diese Zahlung vorbehaltlos annimmt, sind nach § 16 Nr. 2 Abs. 2 Satz 1 VOB (B) sogar Nachforderungen für alle Leistungen, für die nach dem Bauvertrag eine Vergütung hätte gefordert werden und die daher Gegenstand der Schlußrechnung hätten sein können, ausgeschlossen. Dem entspricht umgekehrt eine einheitliche Verjährung für die in der Schlußrechnung enthaltenen und die in ihr nicht aufgeführten Beträge für die Ausführung der Bauleistung".
(BGH, Urteil vom 12. Februar 1970 - VII ZR 168/67 -, BGHZ 53, 222-226, Rn. 32)
In diesem Punkt unterscheidet sich der vorliegende Fall von der vorgenannten baurechtlichen Konstellation. Eine präklusionsartige Bindung der Klägerin an ihre Jahresschlussrechnung mit der Folge, dass Nachforderungen erlöschen, sobald die Klägerin die Schlusszahlung der Beklagten vorbehaltlos annimmt, sieht der vorliegende Vertrag nicht vor. Der vorgenannte Erst-Recht-Schluss ist daher nicht möglich. Auch sonst ist die hier vorliegende Interessenlage mit derjenigen im Bereich der VOB/B bzw. HOAI nicht vergleichbar. Dort geht es oft um komplexe und langwierige Bauvorhaben, die sich häufig durch eine Vielzahl von Nachträgen und sonstigen oftmals streitigen Zusatzforderungen auszeichnen und bei denen der Besteller ein hohes Bedürfnis nach einer abschließenden Klärung hat. Der bloße Bezug von Strom verlangt einen derartigen Schlusspunkt hingegen weitaus weniger dringend.
Zu Recht hat der Bundesgerichtshof daher die Grundsätze der "einheitlichen Fälligkeit durch Schlussrechnung" nicht auf den Bereich der Stromlieferung erstreckt, sondern dort sogar ausdrücklich klargestellt, dass es insoweit für die Fälligkeit und den Verjährungsbeginn allein auf den Rechnungszeitpunkt ankommt und nicht auf den Zeitpunkt, zu dem der Stromversorger die Fälligkeit durch Vorlage einer "richtigen" Rechnung hätte herbeiführen können (BGH, Urteil vom 8. Juli 1981 - VIII ZR 222/80 -, juris Rn. 23/24). Diese Entscheidung ist - anders als die Beklagte meint - durch die spätere Rechtsprechung nicht aufgegeben worden, sondern weiterhin aktuell (vgl. z.B. Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 9. Dezember 2022 - 7 U 52/22 - juris, Rn. 55/56).
bb) Letztlich kann jedoch auch die Übertragbarkeit der vorgenannten Rechtsprechung zur VOB/B auf die hier vorliegende Konstellation dahinstehen. Denn selbst wenn man die zu § 16 VOB/B bzw. zur HOAI geltende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum "einheitlichen Verjährungsbeginn durch Schlussrechnung" auf den vorliegenden Fall übertragen, also alle Positionen der einheitlichen Verjährung ab Rechnungszugang unterwerfen würde, die Gegenstand der Schlussrechnung hätten sein können, so wären die Klageforderungen nicht verjährt. Denn echte "Schlussrechnungen" in diesem Sinne hat die Klägerin, wie sie zu Recht geltend macht, mit den Rechnungen für Dezember 2010 bzw. 2011 überhaupt nicht gestellt.
(1) Die beiden von der Beklagten als verjährungsfristauslösend ins Feld geführten Monatsabrechnungen für Dezember 2010 und Dezember 2011 sind weder mit "Schlussrechnung" überschrieben noch erheben sie ihrem Inhalt und Kontext nach wie eine Schlussrechnung nach VOB/B den Anspruch, alle von der Klägerin für das jeweilige Jahr einforderbaren Positionen abschließend zu benennen. Sie unterscheiden sich mit Ausnahme der Monatsangabe nach Inhalt, Aufbau und Form in keiner Weise von den anderen Monatsrechnungen.
Soweit die Beklagte den genannten Monatsabrechnungen gleichwohl den Charakter einer Schlussrechnung abzugewinnen versucht, stützt sie sich dabei einzig auf § 5 Abs. 2 Satz 2 des streitgegenständlichen Stromlieferungsvertrages ("Mit der letzten Abrechnung des Jahres (Schlussrechnung) werden Differenzen zwischen der Preisprognose und den sich tatsächlich einstellenden Kosten ausgeglichen"). Diese Klausel verleiht den Dezember-Monatsabrechnungen jedoch keinen derartigen Schlussstrich-Charakter, wie er einer Schlussrechnung des Bauunternehmers nach § 16 VOB/B zukommt. Denn zum einen verpflichtet § 5 Abs. 2 Satz 2 die Klägerin lediglich, unterjährig aufgetretene Über- oder Unterzahlungen in der Dezemberabrechnung zum Ausgleich zu bringen, ohne dass ein solcher Ausgleich aber in den beiden genannten Rechnungen - soweit ersichtlich - tatsächlich erfolgt ist (insofern läge allenfalls ein Verstoß der Klägerin gegen eine Pflicht zur Schlussabrechnung vor, nicht aber eine Schlussabrechnung selbst). Und zum anderen ist die in § 5 Abs. 2 Satz 2 vorgesehene "Ausgleichung" von "Differenzen" ohnehin nicht im Sinne eines umfassenden Jahreskontoabschlusses zu verstehen, sondern vielmehr vor dem Hintergrund des von den Parteien vereinbarten variablen Strompreises zu sehen, d.h. die Regelung meint den Fall, dass der Börsenpreis, an den die geschuldete Vergütung gekoppelt ist, sich anders entwickelt hat als in den Abschlagsrechnungen prognostiziert. Derartige, auf einer Schwankung des Marktpreises beruhende Über- bzw. Unterzahlungen sollen durch die Dezemberrechnung ausgeglichen werden; an den hier vorliegenden Fall, dass es aus ganz anderen Gründen - weil nämlich die Klägerin fehlerhafterweise die EEG-Umlage auf Schweizer Strom nicht abgerechnet hat - zu einer Unterzahlung kam, haben die Parteien bei Vereinbarung der Regelung in § 5 Abs. 2 Satz 2 hingegen offenkundig nicht gedacht. Insoweit bleibt es bei den allgemeinen Grundsätzen.
(2) Im Übrigen kommen sowohl bei der Abrechnung für Dezember 2010 als auch bei derjenigen für Dezember 2011 noch weitere Gesichtspunkte hinzu, die diesen Rechnungen zusätzlich noch - selbst wenn man eine Parallele zur Rechtslage bei § 16 VOB/B ziehen wollte - den Charakter einer abschließenden Schlussrechnung nehmen.
(a) Was die EEG-Umlage aus dem Jahr 2010 betrifft, so hätte die Klägerin diese Position schon gar nicht in die Monatsabrechnung für Dezember 2010 aufnehmen können. Denn zu diesem Zeitpunkt war sie noch nicht berechtigt, eine entsprechende Zahlung von der Beklagten zu fordern.
Im Dezember 2010 war die Klägerin ihrerseits noch nicht von der Übertragungsnetzbetreiberin mit der EEG-Umlage belastet worden; dies erfolgte erst nach der Entscheidung des BGH vom 15.06.2011 im Jahr 2011. Davon, dass die Position EEG-Umlage "richtigerweise" in der Jahresschlussrechnung 2010 hätte auftauchen können und daher einheitlich mit dieser fällig wurde, kann schon deshalb keine Rede sein. Selbst bei extensiver Auslegung des von den Parteien vereinbarten Strompreisbestandteils "Belastungen nach EEG" (§ 5 Abs. 1 des Vertrages) kann ein verjährbarer Anspruch der Klägerin erst dann angenommen werden, wenn sie von der Übertragungsnetzbetreiberin mit einer entsprechenden Forderung konfrontiert wird. Zwar hat die Klägerin - worüber zwischen den Parteien Einigkeit besteht - dem Übertragungsnetzbetreiber die Umlage für den aus der Schweiz stammenden Strom objektiv bereits im Jahr 2010 (unerkannt) geschuldet. Ob sie aber allein dadurch auch schon mit der EEG-Umlage "belastet" war im Sinne von § 5 Absatz 1 Satz 1 des streitgegenständlichen Stromlieferungsvertrages und der Beklagten die Umlage somit bereits 2010 hätte in Rechnung stellen dürfen, ist durch Auslegung zu ermitteln und nach Auffassung des Senates zu verneinen. Denn die Klägerin wurde im Jahr 2010 ihrerseits noch nicht vom Übertragungsnetzbetreiber belangt, sondern ging übereinstimmend mit diesem davon aus, dass die EEG-Umlage gerade nicht anfalle. Der Bundesgerichtshof entschied erst im Sommer 2011 anders, und erst danach änderte der Übertragungsnetzbetreiber seine Praxis. Hätte die Klägerin die Umlage vorher von der Beklagten verlangt, so hätte diese jedenfalls § 242 BGB einwenden können (venire contra factum proprium). Denn wer im Rahmen einer Leistungskette in Übereinstimmung mit dem eigenen "Gläubiger" davon ausgeht, diesem keine EEG-Umlage zu schulden, der handelt selbstwidersprüchlich, wenn er seine eigene, nach eigenem Dafürhalten und demjenigen des Übertragungsnetzbetreibers nicht vorhandene "Belastung" an den eigenen Abnehmer "weitergibt". Hätte die Klägerin dies im Jahr 2010 getan, so hätte sie sich nach ihrer eigenen, gegenüber dem eigenen Vertragspartner auch so praktizierten Rechtsauffassung ohne rechtlichen Grund auf Kosten der Beklagten bereichert, was im Übrigen auch dem Gedanken der "Weitergabe" der EEG-Umlage an den Endkunden widerspräche.
Auch deshalb ginge es, selbst wenn man die baurechtlichen Maßstäbe zum einheitlichen Verjährungsbeginn aller schlussrechnungsfähigen Positionen auf den vorliegenden Kontext übertragen wollte, zu weit, in die Abrechnung für Dezember 2010 einen Aussagegehalt zum Preisbestandteil "EEG-Umlage für Schweizer Strom" hineinzuinterpretieren.
(b) Was die Monatsabrechnung für Dezember 2011 angeht, so lag der Klägerin zu diesem Zeitpunkt zwar die Forderung der Übertragungsnetzbetreiberin bereits vor, so dass die Klägerin insofern - entgegen der Auffassung des Landgerichts - durchaus schon berechtigt gewesen sein mag, die EEG-Umlage für den Schweizer Strom in die Abrechnung mit der Beklagten einfließen zu lassen.
Gleichwohl verbietet es sich aber in Anbetracht der Umstände des vorliegenden Einzelfalls, der Monatsabrechnung für Dezember 2011 das Gewicht einer "Jahresschlussrechnung" beizumessen, mit der auch die darin nicht enthaltene EEG-Umlage einheitlich fällig geworden sein soll. Denn auch zu § 16 VOB/B ist - selbst wenn man die dortigen Grundsätze im vorliegenden Fall für anwendbar hielte - anerkannt, dass der Gläubiger die Möglichkeit hat, seiner Rechnung den Charakter und die Rechtwirkungen einer "Schlussrechnung" dadurch zu nehmen, dass er den Schuldner auf ihre Unvollständigkeit hinweist und sich dadurch die spätere Fälligstellung einer Nachforderung mit dann erst beginnender Verjährung offenhält (Kleine-Möller/Merl/Glöckner, Handbuch Baurecht, 6. Auflage 2019, § 12 Rn. 300 mit Rechtsprechungsnachweisen). Selbst bei einer ausdrücklich so bezeichneten "Schlussrechnung" ist nicht schon allein deshalb von einer "Gesamtfälligkeit" auszugehen, sondern nur dann, wenn der Auftragnehmer dabei eindeutig zum Ausdruck bringt oder sich aus den sonstigen Umständen zweifelsfrei ergibt, welche Vergütung der Auftragnehmer aus dem betreffenden Bauvertrag insgesamt und endgültig beanspruchen will; nicht um eine Schlussrechnung handelt es sich hingegen, wenn der Auftragnehmer sich weitere Abrechnungen vorbehält und zusätzlich noch weitere Leistungen abzurechnen ankündigt (OLG Köln, Urteil vom 18. August 2005 - 7 U 129/04 -, juris Rn. 16; ähnlich OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. Januar 2009 - I-3 U 28/08 -, juris Rn. 50/51 für den Bereich der Energielieferung).
So stellte sich die Situation vorliegend im Dezember 2011 bei interessengerechter Betrachtung dar. Denn die Klägerin hatte der Beklagten im Sommer 2011 offenbart, dass die Übertragungsnetzbetreiberin die EEG-Umlage infolge des hierzu ergangenen Urteils des Bundesgerichtshofs auch für den Schweizer Stromanteil einforderte und dass insofern auch im Verhältnis der Parteien eine umfangreiche Nachforderung im Raum stand. Diese konnte der zuständige Mitarbeiter der Beklagten, Herr ..., mit Vermerk vom September 2011 sogar recht exakt beziffern. Sein Vermerk belegt zugleich, dass die Klägerin die Beklagte über das Problem, dass die Übertragungsnetzbetreiberin die Umlageforderung erhoben hatte, in diesem Zeitpunkt bereits informiert hatte. Aus dem Vermerk geht weiter hervor, dass Herr ... ihn an Herrn ..., den Kanzler der Beklagten, weitergeleitet hat. Spätestens damit war der Vermerk gem. §§ 31, 166 BGB bei der Frage zu berücksichtigen, wie die Beklagte die daraufhin ergangene Monatsabrechnung für Dezember 2011 nur verstehen durfte, nämlich dahingehend, dass diese keine Aussage zu der Position "EEG-Umlage auf den aus der Schweiz bezogenen Strom" enthielt und dass diese Position gesondert geklärt werden sollte. Der Gesichtspunkt des Schuldner- bzw. Vertrauensschutzes, mit dem der "einheitliche" Verjährungsbeginn bei § 16 VOB/B gerechtfertigt wird, gebietet es somit auch aus diesen Gründen nicht, die Verjährung der streitgegenständlichen Forderung bereits mit der Dezemberabrechnung 2011 beginnen zu lassen.
d) Ob die Klägerin, indem sie die Klageforderungen erst im Jahr 2019 fällig stellte, schuldhaft gegen ihre vertragliche Pflicht verstoßen hat, binnen zehn Tagen nach Monatsende abzurechnen, kann der Senat offenlassen. Die Überschreitung einer Frist, binnen derer abzurechnen war, kann zwar einen Schadensersatzanspruch des Schuldners begründen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2019 - VIII ZR 224/18 -, juris Rn. 28), wenn ihm durch die Verspätung der Abrechnung als solcher ein Schaden entstanden ist. Ein solcher Schaden ist der Beklagten aber dadurch, dass die Klägerin die vereinbarte Abrechnungsfrist überschritten hat, nicht entstanden und wird auch nicht eingewandt. Vielmehr ist offensichtlich, dass die Beklagte, wenn die Klägerin die EEG-Umlage für den Schweizer Strom jeweils schon im Januar 2011 bzw. 2012 abgerechnet hätte, ihrer daraus folgenden Zahlungspflicht pflichtgemäß nachgekommen wäre, zumindest aber die Klägerin die Verjährungsfrist überwacht und die Forderung notfalls rechtzeitig gerichtlich geltend gemacht hätte. Dass die Beklagte allein aufgrund des Umstandes, dass die Rechnung erst im Jahr 2019 erstellt wurde, einen Schaden erlitten hat, ist - wie das Landgericht zutreffend ausführt und die Berufung nicht in Frage stellt - weder geltend gemacht noch ersichtlich. Vielmehr war die späte Rechnungsstellung für die Beklagte sogar von Vorteil, indem sie wirtschaftlich den Effekt einer zinslosen Stundung bzw. Darlehensgewährung hatte.
e) Aus den vorstehend genannten Gründen führt auch die - vor allem erstinstanzlich vorgebrachte - Argumentation der Beklagten, die Klägerin müsse sich gem. § 162 Abs. 1 BGB so behandeln lassen, als hätte sie fristgemäß abgerechnet, nicht weiter. Denn in diesem Fall wäre es nicht etwa zur Verjährung der Klageforderungen gekommen, sondern diese wären entweder von der Beklagten in Ermangelung irgendwelcher Einwendungen unverzüglich beglichen worden oder die Klägerin hätte zumindest rechtzeitig verjährungshemmende Maßnahmen ergriffen.
3. Soweit die Beklagte hilfsweise Verwirkung (§ 242 BGB) einwendet, greift dies ebenfalls nicht durch.
a) Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde. Zu dem bloßen Zeitablauf (Zeitmoment) müssen also besondere auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen (Umstandsmoment, vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 7. September 2011 - VIII ZR 25/11 -, juris Rn. 11; Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 9. Dezember 2022 - 7 U 52/22 -, juris Rn. 58 zum Problem der späten Rechnungsstellung bei Stromlieferungen).
b) Vorliegend fehlt es jedenfalls am Umstandsmoment.
aa) Die Klägerin ließ sowohl im September 2011 mündlich - wie der Vermerk des Herrn ... belegt - als auch mit Schreiben vom 03.02.2012 schriftlich (Anlage K 5) ankündigen, dass sie im Austausch mit dem Übertragungsnetzbetreiber stehe und die Klageforderung noch abgerechnet werde. Die Beklagte hieran im Rahmen der späteren regelmäßigen Besprechungen zu erinnern, war - auch bei Unterstellung der von der Beklagten betonten vertraglichen Beratungspflicht der Klägerin - nicht geboten. Die Beklagte konnte sich auch so auf die Nachforderung angemessen einstellen und diese sogar - wie der Vermerk des Herrn ... zeigt - recht exakt beziffern. Der Vorwurf der Beklagten an die Klägerin, das EEG-Umlageproblem bei den regelmäßig durchgeführten Gesprächen nicht mehr weiter angesprochen zu haben, trifft vielmehr ebenso die Beklagte selbst, denn sie hatte nach dem Gebot von Treu und Glauben eine Nachfrageobliegenheit. Es fehlt daher schon an einem Vertrauenstatbestand.
bb) Notwendig für das Umstandsmoment ist zudem, dass sich der Verpflichtete mit Rücksicht auf das Verhalten des Berechtigten darauf eingerichtet hat und einrichten durfte, dieser werde das ihm zustehende Recht nicht mehr geltend machen und dass es daher mit Treu und Glauben nicht zu vereinbaren ist, wenn der Berechtigte später doch mit dem ihm zustehenden Recht hervortritt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16. Dezember 2020 - 27 U 18/19 -, juris Rn. 35 und Urteil vom 21. Januar 2009 - I-3 U 28/08 -, juris Rn. 59). Dass die Beklagte auf das Ausbleiben der Forderung nicht nur gehofft, sondern darauf auch vertraut und sich eingerichtet hat, trägt sie nicht vor. Weder ist geltend gemacht noch ersichtlich, dass die Beklagte z.B. im Vertrauen auf das Ausbleiben der Forderung Dispositionen getroffen hat, die sie jetzt nicht mehr ohne Nachteil rückgängig machen kann. Der Nachteil für die Beklagte erschöpft sich vielmehr darin, die Forderung überhaupt begleichen zu müssen.
III.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen der Revisionszulassung (§ 543 Abs. 2 ZPO) sind nicht erfüllt.