18.05.2022 · IWW-Abrufnummer 229255
Oberlandesgericht Frankfurt a. M.: Urteil vom 14.10.2021 – 22 U 50/20
Hat nach einem Unfall mit einem geleasten Fahrzeug der Unfallgegner den Schaden gegenüber der Leasinggeberin vollständig beglichen, steht ihm, wenn den Leasingnehmer kein Verschulden trifft, ein Anspruch auf Gesamtschuldnerausgleich gegen diesen nicht zu. Dies gilt auch dann, wenn sich aus dem Leasingvertrag eine verschuldensunabhängige Haftung des Leasingnehmers gegenüber der Leasinggeberin ergibt.
OLG Frankfurt 22. Zivilsenat
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 21.2.2020 - 4 O 163/18 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil wird für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung erklärt. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 10.898,74 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin verlangt von den Beklagten im Wege des Gesamtschuldregresses die Zahlung von 50% des Betrags, den sie aufgrund des Verkehrsunfalls vom XX.3.2017 in Stadt1 an die Leasinggeberin des Fahrzeugs der Beklagten gezahlt hat.
Die Klägerin macht mit der Klage geltend, dass sie an die Leasinggeberin lediglich 100 % deshalb gezahlt habe, weil im Verhältnis zur Eigentümerin, die nicht gleichzeitig Halterin sei, eine Haftungsverteilung nach § 17 StVG bei fehlendem Verschulden nicht in Betracht komme. Sie ist vorliegend der Auffassung, dass sie hinsichtlich der geleisteten Beträge einen Regressanspruch gemäß den §§ 426 BGB, 17 StVG gegen die Beklagten habe, weil diese als Halter und Fahrer des Fahrzeugs für den Unfall ebenfalls einstandspflichtig seien.
In der Klage hat sich die Klägerin auch darauf berufen, dass sie Kaskoversicherer des am Unfall ebenfalls beteiligten Klein-Lkw der Marke X, amtliches Kennzeichen ..., sei.
Im Leasingvertrag der Beklagten ist in Ziff. 8.2 der einbezogenen AGB geregelt (Bl. 115 d.A.):
Für Untergang, Verlust, Beschädigung und schadensbedingte Wertminderung des Fahrzeugs und seiner Ausstattung haftet der Leasingnehmer A ab Besitzübergang auch ohne Verschulden, jedoch nicht bei Verschulden von A. Die Leasingraten sind daher auch zu zahlen für die Dauer von Reparaturarbeiten oder bei einem Ausfall, Verlust oder Untergang des Fahrzeugs.
Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil, auf das hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz Bezug genommen wird, die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass bei feststehendem oder bewiesenem Verschulden des Fahrers oder Halters eine Haftungsquote über § 9 StVG i.V.m. § 254 BGB in Betracht komme, ansonsten fehle es an der Gesamtschuldnerschaft, weil es keinen Anspruch des Leasinggebers gegen die Beklagten gebe. Das Landgericht hat nach Durchführung der Beweisaufnahme ein Verschulden einer Seite nicht feststellen können.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin, mit der sie darauf hinweist, dass das Landgericht übersehen habe, dass die Nichtanwendung des § 17 StVG im Vorverfahren darauf beruhe, dass Ansprüche der Leasinggeberin geltend gemacht worden seien. Vorliegend komme es aber auf die Rechtsstellung der Leasinggeberin beim Regress nicht an. Die Privilegierung der Leasinggeberin durch den Leasingvertrag führe zu einer Schlechterstellung des Drittschädigers und stelle damit einen Vertrag zulasten Dritter dar. Im Übrigen hafteten die Beklagten nach dem Leasingvertrag auch bereits ohne Verschulden, so dass ein Gesamtschuldnerausgleich durchgeführt werden könne. Schließlich habe das Landgericht übersehen, dass die Klägerin auch Ansprüche aus ihrer Eigenschaft als Kaskoversicherung geltend mache.
Durch Verfügung vom 1.10.2020 hat der Senat die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Berufung offensichtlich unbegründet sei. Dagegen hat sich diese gewendet und ausgeführt, dass die Auffassung rechtsirrig und angesichts abweichender OLG-Entscheidungen (Nürnberg 19.7.2017 und 15.8.2017 - 13 U 45/16 - die Revision zuzulassen sei.
Die verschuldensunabhängige Haftung der Beklagten nach dem Leasingvertrag könne im Übrigen als gleichstufiger Ersatzanspruch zu einem Gesamtschuldverhältnis führen.
In der Entscheidung des BGH vom 27.10.2020 (XI ZR 429/19) hat dieser einen Gesamtschuldnerausgleich zwischen der Kfz-Haftpflichtversicherung des Verkehrsunfallgegners und dem Halter bei hundertprozentiger Haftung des Haftpflichtversicherers gegenüber der Sicherungseigentümerin abgelehnt.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Urteil des Landgerichts ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf anteiligen Ersatz der von ihr an die Leasinggeberin der Beklagten gezahlten Beträge.
1. Mietwagenkosten
Hinsichtlich der von der Leasinggeberin geltend gemachten und von der Klägerin gezahlten Ansprüche aus Besitz, nämlich Mietwagenkosten, könnte zunächst angenommen werden, dass der Geltendmachung von Regressansprüchen durch die Klägerin bereits die vorbehaltslose Zahlung entgegenstehen könnte, obwohl es sich dabei um abgetretene Forderungen des Leasingnehmers handeln konnte, hinsichtlich derer eine Haftungsverteilung nach § 17 StVG in Betracht kommen würde.
Die Klägerin hat allerdings ausgeführt, dass es sich um eine Rechnung der Leasinggeberin gehandelt habe, die auf den Namen ihrer Versicherungsnehmerin ausgestellt sei (Bl. 204 d.A.). Auch die Leasinggeberin kann entsprechende Ersatzansprüche geltend machen.
2. Möglichkeit eines Gesamtschuldregresses
Im Übrigen hat die Klägerin entsprechend der Rechtslage zutreffend die geltend gemachte Forderung zu 100% gezahlt, weil § 17 StVG zwischen der Leasinggeberin und dem Unfallgegner nicht einschlägig ist, da diese keine Halterin ist. Dies gilt auch für den Fall, dass solche Ansprüche aus abgetretenem Recht oder in Prozessstandschaft geltend gemacht werden (BGH 7.3.2017 - VI ZR 125/16 -).
a) Insofern besteht durchaus die Möglichkeit, dass die Klägerin die Beklagten im Rahmen eines Gesamtschuldregresses in Anspruch nehmen könnte. Dies wäre z.B. unproblematisch der Fall, wenn es sich um Ansprüche aus § 823 BGB handeln würde, für die § 9 StVG grundsätzlich nicht einschlägig ist, und alleine deshalb bereits eine Mitverschuldensanrechnung gemäß § 254 BGB im Vorprozess hätte unterbleiben müssen (BGH 10.7.07 - VI ZR 199/06 - NJW 07, 3120; OLG Brandenburg 1.4.09 - 12 W 51/08-; BGH 11.6.13 - VI ZR 150/12 -; zu den Einzelheiten der Abwicklungsvarianten Nugel NZV 09, 313).
Dies setzt allerdings zum einen voraus, dass ein Verschulden des Beklagten zu 2) am Unfallhergang nachgewiesen wird, was vorliegend allerdings nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht möglich ist.
b) Zum anderen kommt entgegen der Auffassung der Klägerin ein Regress über §§ 426 BGB, 17 StVG gegen den Beklagten zu 2) nur dann in Betracht, wenn dieser selbst gegenüber der Leasinggeberin haften würde. Dies wäre allerdings nur der Fall, wenn er tatsächlich schuldhaft gehandelt hätte, weil sich dann auch ein Anspruch aus § 823 BGB der Leasinggeberin gegenüber dem Beklagten zu 2) ergeben würde. Mangels Feststellung eines Verschuldens kommen solche Ansprüche allerdings nicht in Betracht.
c) Nach der Rechtsprechung des BGH besteht regelmäßig kein Gesamtschuldverhältnis zwischen dem Leasingnehmer und dem Unfallgegner gegenüber dem Leasinggeber. Gemäß dem Schutzzweck des § 7 StVG erstreckt sich die Haftung des Halters nicht auf das von ihm gehaltene Fahrzeug selbst, so dass eine Haftung des Leasingnehmers gegenüber dem Leasinggeber hinsichtlich der Leasingsache aus § 7 StVG nicht besteht (BGH, Urt. v. 07.12.2010 - VI ZR 288/09 Rn. 11).
d) Ein Gesamtschuldverhältnis wird nach der Rechtsprechung des BGH bei ungeklärtem Unfallhergang auch nicht dadurch begründet, dass der Leasingnehmer unter Umständen aus § 280 BGB gegenüber dem Leasinggeber eintrittspflichtig sein könnte mangels Nachweises einer Pflichtverletzung bei ungeklärtem Unfallhergang (BGH, Urt. v. 07.12.2010 - VI ZR 288/09 Rn. 13).
Dieses Ergebnis ist zwar wertungsmäßig unbillig. Nugel (jurisPR-VerkR 13/2011 Anm. 1; ihm folgend AG Aurich SVR 2019, 225; LG Nürnberg-Fürth RuS 2017, 438, sowie weitere von der Klägerin zitierte Literaturstimmen) vertritt daher die Ansicht, dass entgegen dem BGH von einer vertraglichen Haftung des Leasingnehmers gegenüber dem Leasinggeber gemäß § 280 BGB auszugehen sei, da der Leasingnehmer eine Nebenpflicht in Form einer Schutzpflicht verletze, wenn er zu einer Beschädigung des Fahrzeuges beitrage. Die unbillige Konsequenz der vollständigen (endgültigen) Belastung des Unfallgegners mit dem Schaden des Leasinggebers würde dann durch den Gesamtschuldnerausgleich zwischen dem Unfallgegner und dem Halter des Leasingfahrzeuges vermieden.
Dagegen spricht aber, dass der bloße Gebrauch im Straßenverkehr noch keine Schutzpflichtverletzung darstellt. In Betracht käme allenfalls eine nicht leistungsbezogene Nebenpflicht des Mieters, nicht zur Beschädigung des Fahrzeuges durch seine Nutzung beizutragen. Dies erscheint aber konstruiert, denn es steht im Widerspruch dazu, dass der Leasingnehmer grundsätzlich zum vertragsgemäßen Gebrauch berechtigt ist. Eine zufällige Beschädigung der Leasingsache, die beim vertragsgemäßen Gebrauch eintritt, kann daher nicht gleichzeitig als Nebenpflichtverletzung bewertet werden (vgl. zu allem auch Schiemann NZV 19, 5). Hinzu kommt, dass für einen Regressanspruch auf vertraglicher Grundlage weder die Haftpflichtversicherung noch die Kaskoversicherung des Fahrzeugs eintreten dürfte.
Dies hat der BGH in seiner neuesten Entscheidung bestätigt (27.10.20 - XI ZR 429/19 -):
Eine Haftung des Beklagten wegen einer ihm zurechenbaren Pflichtverletzung bei dem Betrieb des Kraftfahrzeugs ist nicht nachgewiesen. Sie ist auch nicht zu vermuten.
…
4. Einer revisionsrechtlichen Überprüfung weiter stand hält entgegen den Einwänden der Revision die Annahme des Berufungsgerichts, die Übernahme der Unterhaltungspflicht in Nr. 5 Abs. 1 der Sicherungsvereinbarung im Verein mit einer Versicherungspflicht nach Nr. 7 Abs. 1 der Sicherungsvereinbarung und die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG, § 115 VVG begründeten kein gleichstufiges Gesamtschuldverhältnis.
Zwar können zwischen dem Sicherungsnehmer und dem Sicherungsgeber eine Reparaturklausel (Harry Schmidt in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., Teil 2 (43) Sicherungsklauseln Rn. 6; Hubert Schmidt in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 7. Aufl., Klauseln [S] Rn. 184; Reparaturklausel als wirksam vorausgesetzt in BGH, Urteil vom 30. Oktober 1990 - IX ZR 9/90, WM 1991, 88, 91) und bei hochwertigen Gegenständen eine Versicherungsklausel (Harry Schmidt, aaO; Hubert Schmidt, aaO) vereinbart werden. Die Vereinbarung einer Reparaturklausel führt aber unbeschadet der Frage, inwieweit eine Identität des Leistungsinteresses besteht, nicht zu einem Gesamtschuldverhältnis im Sinne des § 421 BGB. Voraussetzung einer gesamtschuldnerischen Haftung ist, dass zwischen den Haftenden aufgrund der Gleichstufigkeit der Verpflichtungen eine Tilgungsgemeinschaft besteht. Sie fehlt, wenn der Leistungszweck der einen gegenüber der anderen Verpflichtung subsidiär oder nachrangig ist (BGH, Urteil vom 28. November 2006 - VI ZR 136/05, NJW 2007, 1208 Rn. 18; Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Aufl., § 421 Rn. 7). Das ist hier im Verhältnis der vertraglichen, verschuldensunabhängigen und von dem Betrieb des Kraftfahrzeugs unabhängigen Unterhaltungspflicht des Beklagten zur Gefährdungshaftung der Klägerin der Fall.
Damit hat der BGH - jedenfalls im Rahmen der Sicherungsübereignung - die Annahme eines Gleichstufigkeitsverhältnisses auch in Bezug auf die vorliegende Klausel verneint, die einer Reparaturklausel gleichstehen dürfte.
e) Das unbillige Ergebnis der vollständigen Haftung gegenüber dem nicht haltenden Eigentümer kann überzeugend nur durch eine Änderung der gesetzlichen Regelung in § 17 StVG erreicht werden. Die Rechtsanwendung durch die Gerichte und insbesondere den BGH ist auf Grundlage der geltenden Rechtslage zutreffend und gleichzeitig zwingend (vgl. nur Schwartz, jurisPR-VerkR 9/2018 Anm. 1). Auch der Arbeitskreis III des Verkehrsgerichtstags 2019 hat sich mit dem Thema explizit befasst und nahezu einhellig eine Gesetzesänderung gefordert.
Die Praxis hat sich bisher damit beholfen, dass in den Fällen der Prozessstandschaft (oder Abtretung) einfach § 17 StVG angewandt wurde. Wenn der Eigentümer selbst klagte und auf der 100%-Lösung bestand, nahm die Haftpflichtversicherung den Leasingnehmer in Gesamtschuldregress (vertraglicher Schadensersatz-Anspruch), wofür dann regelmäßig weder die eigene Haftpflichtversicherung noch die Vollkaskoversicherung eintrat. In solchen Fällen übernahm dann in der Regel der Eigentümer den entsprechenden Anteil. Eine solche praktische Handhabung kommt jedoch für eine gerichtliche Rechtsanwendung nicht in Betracht.
3. Sonstige Ausgleichsansprüche
a) Der BGH hat weiter auch die Anwendung einer gestörten Gesamtschuld verneint, weil eine solche bei Verneinung eines gleichstufigen Ersatzanspruchs der Leasinggeberin gegen den Leasingnehmer von vornherein bereits nicht vorliegt und nicht - wie die Rechtsprechung zur gestörten Gesamtschuld voraussetzen würde (vgl. nur die Rechtsprechung zu §§ 1359, 1664 BGB: BGH MDR 88, 766; OLG Hamm NJW 93, 542; OLG Celle 11.6.08 - 14 U 179/07 - NJW 08, 2353; OLG Karlsruhe 11.8.08 - 1 U 65/08 - OLG R 08, 864) -) - durch Vereinbarung oder in sonstiger Weise (z.B. §§ 104ff. SGB X) ausgeschlossen wäre (BGH 23.9.14 - VI ZR 483/12 -; BGH NJW 87, 2669; OLG Köln ZfS 96, 372).
b) Das Gleiche gilt auch für die Anwendung des § 242 BGB (dolo agit-Einrede) oder des Instituts der Drittschadensliquidation (vgl. nur Scholten in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl., § 17 StVG (Stand: 28.03.2018), Rn. 18_4).
Auch die Annahme eines Vertrags zu Lasten Dritter ist abwegig. Der Leasingvertrag hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Haftung der Klägerin aus §§ 7 StVG, 115 VVG. Dass ein Regressanspruch ausgeschlossen ist, folgt aus der gesetzlichen Regelung, nicht aus dem Leasingvertrag.
c) Soweit der BGH (a.a.O.) Ausführungen dazu macht, dass im Bereich der Sicherungsübereignung auch das Anwartschaftsrecht als dingliches Recht Rechtsgut sein könnte, so dass je nach Erstarkung dieses Rechts eine Teilgläubigerschaft vorliegen könnte, ist das auf den vorliegenden Fall des Leasing nicht übertragbar. In diesem Verhältnis kann von einem Anwartschaftsrecht nicht gesprochen werden.
d) Auch Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung der Beklagten zu 1), also nur der Leasingnehmerin, nicht des Fahrers selbst, kommen vorliegend nicht in Betracht.
In dem vom BGH entschiedenen Fall kam es darauf nicht an, da die Klägerin dort rechtskräftig verurteilt worden war, was vorliegend nicht der Fall ist. Das Landgericht hat vielmehr die Haftungsgrundlage überprüft und ist zu einem non liquet gekommen, das gemäß § 529 ZPO auch nicht angreifbar ist.
Deshalb könnte eine Überprüfung der Forderungshöhe vorliegend unter dem Rechtsgedanken des § 812 BGB grundsätzlich möglich sein.
Eine ungerechtfertigte Bereicherung könnte darin liegen, dass die Leasinggeberin vollständige Entschädigung erhalten hat, die sie nach dem Urteil des BGH vom 30.9.2020 - VIII ZR 48/18 - in vollem Umfang auf die Reparatur des Fahrzeugs zu verwenden hat. Damit ist die Leasingnehmerin von ihrer Verpflichtung aus dem Leasingvertrag zur Schadensbeseitigung in dem Umfang freigeworden, indem sie selbst eine Haftung für den Verkehrsunfall traf. Ohne die Zahlung der Klägerin hätte die Beklagte zu 1) mithin den Schaden selbst regulieren und lediglich 50 % von der Gegenseite ersetzt verlangen können.
Eine solche Rechtsauffassung erscheint allerdings fraglich, weil dies dazu führen würde, dass ein Anspruch darauf gestützt würde, dass in einer anderen rechtlichen Situation, nämlich ohne Abschluss des Leasingvertrags, eine andere rechtliche Folge eingetreten wäre. Vorliegend ist auf Basis der vertraglichen und haftungsrechtlichen Situation gerade keine Bereicherung der Beklagten ohne Rechtsgrund eingetreten, die Folge mag ungerecht sein, sie ist aber nicht rechtsgrundlos. Für solche rechtspolitischen Überlegungen ist § 812 BGB dogmatisch nicht der richtige Ort.
e) Schließlich wird vertreten, dass sich aus der besonderen Verschränkung zwischen Leasinggeberin und Leasingnehmer eine - auch vom BGH (a.a.O.) im Zusammenhang mit dem Anwartschaftsrecht des Sicherungsgebers angenommene - Teilgläubigerschaft ergeben könnte, die zu einer Ausgleichspflicht führen würde (in diesem Sinne Tomson VersR 2021, 183).
Dafür könnte sprechen, dass die Leasinggeberin verpflichtet ist, erhaltene Ersatzzahlungen für die Reparatur des Fahrzeugs zu verwenden (BGH 30.9.2020 - VIII ZR 48/18 -), und der Leasingnehmer fiktive Ersatzansprüche nur mit Zustimmung der Leasinggeberin geltend machen kann (BGH 29.1.2019 - VI ZR 481/17 -), mithin auch insoweit eine Verwendung der Ersatzbeträge auf das Fahrzeug gesichert ist.
Der Senat hält eine solche Auslegung allerdings für zu weitgehend, weil dadurch aus einer bloßen Zweckbindung zum Schutz des Vertragspartners im Leasingvertrag, die sich aus der vertraglichen Vereinbarung ergibt, eine eigenständige dingliche Rechtsfigur entsprechend dem Anwartschaftsrecht erwachsen würde. Dafür spricht im Leasingverhältnis nichts. Hinzu kommt, dass fraglich ist, ob dafür die Vollkaskoversicherung des Leasingnehmers eintreten würde.
4. Ersatzansprüche hinsichtlich der Kaskozahlungen
Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie auch Ansprüche als Kaskoversicherung gemäß §§ 7 StVG, 86 Abs. 3 VVG geltend gemacht habe. Der Vorwurf an das Landgericht, es habe sich nicht mit solchen Ansprüchen auseinandergesetzt, trifft nicht zu. Natürlich kann, wie die Klägerin vorträgt, der Eigentümer des am Unfall beteiligten Fahrzeugs X seinen Schaden gegenüber den Beklagten gemäß den §§ 7, 17, 18 StVG geltend machen. Dies würde auch dann gelten, wenn ein Mitverschulden der Beklagten nicht festgestellt werden kann.
Voraussetzung dafür ist allerdings zunächst, dass diese Ansprüche gemäß § 86 Abs. 3 VVG auf die Klägerin übergegangen sind. Dies setzt nicht nur voraus, dass die Klägerin Zahlung geleistet hat, sondern auch, dass im Rahmen des Quotenvorrechts in der Kaskoversicherung der Geschädigte die Ansprüche nicht mehr benötigt, um Restschäden geltend zu machen. Dazu trägt die Klägerin in der Klage und auch überhaupt in der ersten Instanz nichts vor. Ebenfalls wird nichts dazu gesagt, in welcher Höhe überhaupt an dem Fahrzeug ein Schaden entstanden ist und dass dieser zumindest hilfsweise ebenfalls der Klage zugrunde gelegt werden sollte.
Der gesamte Vortrag der Klägerin zum Kaskobereich beläuft sich auf folgende Formulierung:
Zudem sind auch die Ansprüche des Versicherungsnehmers/Halters/Fahrers des X gegen die Beklagten nach dem BGB und StVG (insbesondere §§ 18,7 StVG mit der Vermutungswirkung hinsichtlich des Verschuldens) zu beachten, die nach § 86 VVG auf die Klägerin übergegangen sind.
Angesichts dieser sowohl materiell-rechtlichen als auch prozessrechtlichen Dürftigkeit des Vortrags war das Landgericht gegenüber einem Rechtsanwalt nicht gehalten, weitergehende Hinweise oder Aufklärung zu betreiben. Auch auf den Hinweis des Senats im Verhandlungstermin ist dieser Punkt nicht vertieft worden.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Senat lässt die Revision zu, da der vorliegende Fall grundsätzliche Rechtsfragen enthält und nach der Entscheidung des BGH zum Sicherungseigentum und entsprechender Teilgläubigerschaft eine solche Klärung hinsichtlich bestehender Leasingverhältnisse noch aussteht.
Hinzu kommt, dass es in der obergerichtlichen Rechtsprechung Divergenzen gibt, nachdem das OLG Nürnberg (OLG Nürnberg 19.07.2017 und 15.08.2017 - 13 U 45/16 -) einen Gesamtschuldnerausgleich auf der Basis des § 242 BGB bejaht hat.
14.10.2021
22 U 50/20
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 21.2.2020 - 4 O 163/18 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil wird für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung erklärt. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 10.898,74 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin verlangt von den Beklagten im Wege des Gesamtschuldregresses die Zahlung von 50% des Betrags, den sie aufgrund des Verkehrsunfalls vom XX.3.2017 in Stadt1 an die Leasinggeberin des Fahrzeugs der Beklagten gezahlt hat.
Die Klägerin macht mit der Klage geltend, dass sie an die Leasinggeberin lediglich 100 % deshalb gezahlt habe, weil im Verhältnis zur Eigentümerin, die nicht gleichzeitig Halterin sei, eine Haftungsverteilung nach § 17 StVG bei fehlendem Verschulden nicht in Betracht komme. Sie ist vorliegend der Auffassung, dass sie hinsichtlich der geleisteten Beträge einen Regressanspruch gemäß den §§ 426 BGB, 17 StVG gegen die Beklagten habe, weil diese als Halter und Fahrer des Fahrzeugs für den Unfall ebenfalls einstandspflichtig seien.
In der Klage hat sich die Klägerin auch darauf berufen, dass sie Kaskoversicherer des am Unfall ebenfalls beteiligten Klein-Lkw der Marke X, amtliches Kennzeichen ..., sei.
Im Leasingvertrag der Beklagten ist in Ziff. 8.2 der einbezogenen AGB geregelt (Bl. 115 d.A.):
Für Untergang, Verlust, Beschädigung und schadensbedingte Wertminderung des Fahrzeugs und seiner Ausstattung haftet der Leasingnehmer A ab Besitzübergang auch ohne Verschulden, jedoch nicht bei Verschulden von A. Die Leasingraten sind daher auch zu zahlen für die Dauer von Reparaturarbeiten oder bei einem Ausfall, Verlust oder Untergang des Fahrzeugs.
Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil, auf das hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz Bezug genommen wird, die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass bei feststehendem oder bewiesenem Verschulden des Fahrers oder Halters eine Haftungsquote über § 9 StVG i.V.m. § 254 BGB in Betracht komme, ansonsten fehle es an der Gesamtschuldnerschaft, weil es keinen Anspruch des Leasinggebers gegen die Beklagten gebe. Das Landgericht hat nach Durchführung der Beweisaufnahme ein Verschulden einer Seite nicht feststellen können.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin, mit der sie darauf hinweist, dass das Landgericht übersehen habe, dass die Nichtanwendung des § 17 StVG im Vorverfahren darauf beruhe, dass Ansprüche der Leasinggeberin geltend gemacht worden seien. Vorliegend komme es aber auf die Rechtsstellung der Leasinggeberin beim Regress nicht an. Die Privilegierung der Leasinggeberin durch den Leasingvertrag führe zu einer Schlechterstellung des Drittschädigers und stelle damit einen Vertrag zulasten Dritter dar. Im Übrigen hafteten die Beklagten nach dem Leasingvertrag auch bereits ohne Verschulden, so dass ein Gesamtschuldnerausgleich durchgeführt werden könne. Schließlich habe das Landgericht übersehen, dass die Klägerin auch Ansprüche aus ihrer Eigenschaft als Kaskoversicherung geltend mache.
Durch Verfügung vom 1.10.2020 hat der Senat die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Berufung offensichtlich unbegründet sei. Dagegen hat sich diese gewendet und ausgeführt, dass die Auffassung rechtsirrig und angesichts abweichender OLG-Entscheidungen (Nürnberg 19.7.2017 und 15.8.2017 - 13 U 45/16 - die Revision zuzulassen sei.
Die verschuldensunabhängige Haftung der Beklagten nach dem Leasingvertrag könne im Übrigen als gleichstufiger Ersatzanspruch zu einem Gesamtschuldverhältnis führen.
In der Entscheidung des BGH vom 27.10.2020 (XI ZR 429/19) hat dieser einen Gesamtschuldnerausgleich zwischen der Kfz-Haftpflichtversicherung des Verkehrsunfallgegners und dem Halter bei hundertprozentiger Haftung des Haftpflichtversicherers gegenüber der Sicherungseigentümerin abgelehnt.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Urteil des Landgerichts ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf anteiligen Ersatz der von ihr an die Leasinggeberin der Beklagten gezahlten Beträge.
1. Mietwagenkosten
Hinsichtlich der von der Leasinggeberin geltend gemachten und von der Klägerin gezahlten Ansprüche aus Besitz, nämlich Mietwagenkosten, könnte zunächst angenommen werden, dass der Geltendmachung von Regressansprüchen durch die Klägerin bereits die vorbehaltslose Zahlung entgegenstehen könnte, obwohl es sich dabei um abgetretene Forderungen des Leasingnehmers handeln konnte, hinsichtlich derer eine Haftungsverteilung nach § 17 StVG in Betracht kommen würde.
Die Klägerin hat allerdings ausgeführt, dass es sich um eine Rechnung der Leasinggeberin gehandelt habe, die auf den Namen ihrer Versicherungsnehmerin ausgestellt sei (Bl. 204 d.A.). Auch die Leasinggeberin kann entsprechende Ersatzansprüche geltend machen.
2. Möglichkeit eines Gesamtschuldregresses
Im Übrigen hat die Klägerin entsprechend der Rechtslage zutreffend die geltend gemachte Forderung zu 100% gezahlt, weil § 17 StVG zwischen der Leasinggeberin und dem Unfallgegner nicht einschlägig ist, da diese keine Halterin ist. Dies gilt auch für den Fall, dass solche Ansprüche aus abgetretenem Recht oder in Prozessstandschaft geltend gemacht werden (BGH 7.3.2017 - VI ZR 125/16 -).
a) Insofern besteht durchaus die Möglichkeit, dass die Klägerin die Beklagten im Rahmen eines Gesamtschuldregresses in Anspruch nehmen könnte. Dies wäre z.B. unproblematisch der Fall, wenn es sich um Ansprüche aus § 823 BGB handeln würde, für die § 9 StVG grundsätzlich nicht einschlägig ist, und alleine deshalb bereits eine Mitverschuldensanrechnung gemäß § 254 BGB im Vorprozess hätte unterbleiben müssen (BGH 10.7.07 - VI ZR 199/06 - NJW 07, 3120; OLG Brandenburg 1.4.09 - 12 W 51/08-; BGH 11.6.13 - VI ZR 150/12 -; zu den Einzelheiten der Abwicklungsvarianten Nugel NZV 09, 313).
Dies setzt allerdings zum einen voraus, dass ein Verschulden des Beklagten zu 2) am Unfallhergang nachgewiesen wird, was vorliegend allerdings nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht möglich ist.
b) Zum anderen kommt entgegen der Auffassung der Klägerin ein Regress über §§ 426 BGB, 17 StVG gegen den Beklagten zu 2) nur dann in Betracht, wenn dieser selbst gegenüber der Leasinggeberin haften würde. Dies wäre allerdings nur der Fall, wenn er tatsächlich schuldhaft gehandelt hätte, weil sich dann auch ein Anspruch aus § 823 BGB der Leasinggeberin gegenüber dem Beklagten zu 2) ergeben würde. Mangels Feststellung eines Verschuldens kommen solche Ansprüche allerdings nicht in Betracht.
c) Nach der Rechtsprechung des BGH besteht regelmäßig kein Gesamtschuldverhältnis zwischen dem Leasingnehmer und dem Unfallgegner gegenüber dem Leasinggeber. Gemäß dem Schutzzweck des § 7 StVG erstreckt sich die Haftung des Halters nicht auf das von ihm gehaltene Fahrzeug selbst, so dass eine Haftung des Leasingnehmers gegenüber dem Leasinggeber hinsichtlich der Leasingsache aus § 7 StVG nicht besteht (BGH, Urt. v. 07.12.2010 - VI ZR 288/09 Rn. 11).
d) Ein Gesamtschuldverhältnis wird nach der Rechtsprechung des BGH bei ungeklärtem Unfallhergang auch nicht dadurch begründet, dass der Leasingnehmer unter Umständen aus § 280 BGB gegenüber dem Leasinggeber eintrittspflichtig sein könnte mangels Nachweises einer Pflichtverletzung bei ungeklärtem Unfallhergang (BGH, Urt. v. 07.12.2010 - VI ZR 288/09 Rn. 13).
Dieses Ergebnis ist zwar wertungsmäßig unbillig. Nugel (jurisPR-VerkR 13/2011 Anm. 1; ihm folgend AG Aurich SVR 2019, 225; LG Nürnberg-Fürth RuS 2017, 438, sowie weitere von der Klägerin zitierte Literaturstimmen) vertritt daher die Ansicht, dass entgegen dem BGH von einer vertraglichen Haftung des Leasingnehmers gegenüber dem Leasinggeber gemäß § 280 BGB auszugehen sei, da der Leasingnehmer eine Nebenpflicht in Form einer Schutzpflicht verletze, wenn er zu einer Beschädigung des Fahrzeuges beitrage. Die unbillige Konsequenz der vollständigen (endgültigen) Belastung des Unfallgegners mit dem Schaden des Leasinggebers würde dann durch den Gesamtschuldnerausgleich zwischen dem Unfallgegner und dem Halter des Leasingfahrzeuges vermieden.
Dagegen spricht aber, dass der bloße Gebrauch im Straßenverkehr noch keine Schutzpflichtverletzung darstellt. In Betracht käme allenfalls eine nicht leistungsbezogene Nebenpflicht des Mieters, nicht zur Beschädigung des Fahrzeuges durch seine Nutzung beizutragen. Dies erscheint aber konstruiert, denn es steht im Widerspruch dazu, dass der Leasingnehmer grundsätzlich zum vertragsgemäßen Gebrauch berechtigt ist. Eine zufällige Beschädigung der Leasingsache, die beim vertragsgemäßen Gebrauch eintritt, kann daher nicht gleichzeitig als Nebenpflichtverletzung bewertet werden (vgl. zu allem auch Schiemann NZV 19, 5). Hinzu kommt, dass für einen Regressanspruch auf vertraglicher Grundlage weder die Haftpflichtversicherung noch die Kaskoversicherung des Fahrzeugs eintreten dürfte.
Dies hat der BGH in seiner neuesten Entscheidung bestätigt (27.10.20 - XI ZR 429/19 -):
Eine Haftung des Beklagten wegen einer ihm zurechenbaren Pflichtverletzung bei dem Betrieb des Kraftfahrzeugs ist nicht nachgewiesen. Sie ist auch nicht zu vermuten.
…
bb) Wie das Berufungsgericht zutreffend gesehen hat, ist eine zurechenbare Pflichtverletzung auch nicht nach den Grundsätzen zu vermuten, die die höchstrichterliche Rechtsprechung in den Fällen entwickelt hat, in denen als Schadensursache nur eine solche aus dem Obhuts- und Gefahrenbereich des Schuldners in Betracht kommt (BGH, Urteil vom 22. Oktober 2008 - XII ZR 148/06, NJW 2009, 142 Rn. 13 ff.). Zwar muss der Schuldner in solchen Fällen nicht nur nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nachweisen, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat, sondern auch, dass die Schädigung nicht auf seiner objektiven Pflichtverletzung beruht. Keine Anwendung finden diese Grundsätze dagegen, sofern ein maßgeblicher Verursachungsbeitrag eines Dritten in Frage kommt (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2018 - VII ZR 251/17, NJW 2018, 2956 Rn. 15). Das ist hier der Fall. Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, ist mangels Aufklärbarkeit des Unfallhergangs eine Verursachung durch den Unfallgegner nicht auszuschließen. Aus dem Urteil des VIII. Zivilsenats vom 13. Mai 1974 (VIII ZR 32/73, WM 1974, 695, 696) ergibt sich nichts anderes (so aber OLG Nürnberg, Beschluss vom 15. August 2017 - 13 U 45/16, juris Rn. 8). Dieses Urteil hatte die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast für das Verschulden, nicht für die objektive Pflichtverletzung zum Gegenstand.
4. Einer revisionsrechtlichen Überprüfung weiter stand hält entgegen den Einwänden der Revision die Annahme des Berufungsgerichts, die Übernahme der Unterhaltungspflicht in Nr. 5 Abs. 1 der Sicherungsvereinbarung im Verein mit einer Versicherungspflicht nach Nr. 7 Abs. 1 der Sicherungsvereinbarung und die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG, § 115 VVG begründeten kein gleichstufiges Gesamtschuldverhältnis.
Zwar können zwischen dem Sicherungsnehmer und dem Sicherungsgeber eine Reparaturklausel (Harry Schmidt in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., Teil 2 (43) Sicherungsklauseln Rn. 6; Hubert Schmidt in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 7. Aufl., Klauseln [S] Rn. 184; Reparaturklausel als wirksam vorausgesetzt in BGH, Urteil vom 30. Oktober 1990 - IX ZR 9/90, WM 1991, 88, 91) und bei hochwertigen Gegenständen eine Versicherungsklausel (Harry Schmidt, aaO; Hubert Schmidt, aaO) vereinbart werden. Die Vereinbarung einer Reparaturklausel führt aber unbeschadet der Frage, inwieweit eine Identität des Leistungsinteresses besteht, nicht zu einem Gesamtschuldverhältnis im Sinne des § 421 BGB. Voraussetzung einer gesamtschuldnerischen Haftung ist, dass zwischen den Haftenden aufgrund der Gleichstufigkeit der Verpflichtungen eine Tilgungsgemeinschaft besteht. Sie fehlt, wenn der Leistungszweck der einen gegenüber der anderen Verpflichtung subsidiär oder nachrangig ist (BGH, Urteil vom 28. November 2006 - VI ZR 136/05, NJW 2007, 1208 Rn. 18; Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Aufl., § 421 Rn. 7). Das ist hier im Verhältnis der vertraglichen, verschuldensunabhängigen und von dem Betrieb des Kraftfahrzeugs unabhängigen Unterhaltungspflicht des Beklagten zur Gefährdungshaftung der Klägerin der Fall.
Damit hat der BGH - jedenfalls im Rahmen der Sicherungsübereignung - die Annahme eines Gleichstufigkeitsverhältnisses auch in Bezug auf die vorliegende Klausel verneint, die einer Reparaturklausel gleichstehen dürfte.
e) Das unbillige Ergebnis der vollständigen Haftung gegenüber dem nicht haltenden Eigentümer kann überzeugend nur durch eine Änderung der gesetzlichen Regelung in § 17 StVG erreicht werden. Die Rechtsanwendung durch die Gerichte und insbesondere den BGH ist auf Grundlage der geltenden Rechtslage zutreffend und gleichzeitig zwingend (vgl. nur Schwartz, jurisPR-VerkR 9/2018 Anm. 1). Auch der Arbeitskreis III des Verkehrsgerichtstags 2019 hat sich mit dem Thema explizit befasst und nahezu einhellig eine Gesetzesänderung gefordert.
Die Praxis hat sich bisher damit beholfen, dass in den Fällen der Prozessstandschaft (oder Abtretung) einfach § 17 StVG angewandt wurde. Wenn der Eigentümer selbst klagte und auf der 100%-Lösung bestand, nahm die Haftpflichtversicherung den Leasingnehmer in Gesamtschuldregress (vertraglicher Schadensersatz-Anspruch), wofür dann regelmäßig weder die eigene Haftpflichtversicherung noch die Vollkaskoversicherung eintrat. In solchen Fällen übernahm dann in der Regel der Eigentümer den entsprechenden Anteil. Eine solche praktische Handhabung kommt jedoch für eine gerichtliche Rechtsanwendung nicht in Betracht.
3. Sonstige Ausgleichsansprüche
a) Der BGH hat weiter auch die Anwendung einer gestörten Gesamtschuld verneint, weil eine solche bei Verneinung eines gleichstufigen Ersatzanspruchs der Leasinggeberin gegen den Leasingnehmer von vornherein bereits nicht vorliegt und nicht - wie die Rechtsprechung zur gestörten Gesamtschuld voraussetzen würde (vgl. nur die Rechtsprechung zu §§ 1359, 1664 BGB: BGH MDR 88, 766; OLG Hamm NJW 93, 542; OLG Celle 11.6.08 - 14 U 179/07 - NJW 08, 2353; OLG Karlsruhe 11.8.08 - 1 U 65/08 - OLG R 08, 864) -) - durch Vereinbarung oder in sonstiger Weise (z.B. §§ 104ff. SGB X) ausgeschlossen wäre (BGH 23.9.14 - VI ZR 483/12 -; BGH NJW 87, 2669; OLG Köln ZfS 96, 372).
b) Das Gleiche gilt auch für die Anwendung des § 242 BGB (dolo agit-Einrede) oder des Instituts der Drittschadensliquidation (vgl. nur Scholten in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl., § 17 StVG (Stand: 28.03.2018), Rn. 18_4).
Auch die Annahme eines Vertrags zu Lasten Dritter ist abwegig. Der Leasingvertrag hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Haftung der Klägerin aus §§ 7 StVG, 115 VVG. Dass ein Regressanspruch ausgeschlossen ist, folgt aus der gesetzlichen Regelung, nicht aus dem Leasingvertrag.
c) Soweit der BGH (a.a.O.) Ausführungen dazu macht, dass im Bereich der Sicherungsübereignung auch das Anwartschaftsrecht als dingliches Recht Rechtsgut sein könnte, so dass je nach Erstarkung dieses Rechts eine Teilgläubigerschaft vorliegen könnte, ist das auf den vorliegenden Fall des Leasing nicht übertragbar. In diesem Verhältnis kann von einem Anwartschaftsrecht nicht gesprochen werden.
d) Auch Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung der Beklagten zu 1), also nur der Leasingnehmerin, nicht des Fahrers selbst, kommen vorliegend nicht in Betracht.
In dem vom BGH entschiedenen Fall kam es darauf nicht an, da die Klägerin dort rechtskräftig verurteilt worden war, was vorliegend nicht der Fall ist. Das Landgericht hat vielmehr die Haftungsgrundlage überprüft und ist zu einem non liquet gekommen, das gemäß § 529 ZPO auch nicht angreifbar ist.
Deshalb könnte eine Überprüfung der Forderungshöhe vorliegend unter dem Rechtsgedanken des § 812 BGB grundsätzlich möglich sein.
Eine ungerechtfertigte Bereicherung könnte darin liegen, dass die Leasinggeberin vollständige Entschädigung erhalten hat, die sie nach dem Urteil des BGH vom 30.9.2020 - VIII ZR 48/18 - in vollem Umfang auf die Reparatur des Fahrzeugs zu verwenden hat. Damit ist die Leasingnehmerin von ihrer Verpflichtung aus dem Leasingvertrag zur Schadensbeseitigung in dem Umfang freigeworden, indem sie selbst eine Haftung für den Verkehrsunfall traf. Ohne die Zahlung der Klägerin hätte die Beklagte zu 1) mithin den Schaden selbst regulieren und lediglich 50 % von der Gegenseite ersetzt verlangen können.
Eine solche Rechtsauffassung erscheint allerdings fraglich, weil dies dazu führen würde, dass ein Anspruch darauf gestützt würde, dass in einer anderen rechtlichen Situation, nämlich ohne Abschluss des Leasingvertrags, eine andere rechtliche Folge eingetreten wäre. Vorliegend ist auf Basis der vertraglichen und haftungsrechtlichen Situation gerade keine Bereicherung der Beklagten ohne Rechtsgrund eingetreten, die Folge mag ungerecht sein, sie ist aber nicht rechtsgrundlos. Für solche rechtspolitischen Überlegungen ist § 812 BGB dogmatisch nicht der richtige Ort.
e) Schließlich wird vertreten, dass sich aus der besonderen Verschränkung zwischen Leasinggeberin und Leasingnehmer eine - auch vom BGH (a.a.O.) im Zusammenhang mit dem Anwartschaftsrecht des Sicherungsgebers angenommene - Teilgläubigerschaft ergeben könnte, die zu einer Ausgleichspflicht führen würde (in diesem Sinne Tomson VersR 2021, 183).
Dafür könnte sprechen, dass die Leasinggeberin verpflichtet ist, erhaltene Ersatzzahlungen für die Reparatur des Fahrzeugs zu verwenden (BGH 30.9.2020 - VIII ZR 48/18 -), und der Leasingnehmer fiktive Ersatzansprüche nur mit Zustimmung der Leasinggeberin geltend machen kann (BGH 29.1.2019 - VI ZR 481/17 -), mithin auch insoweit eine Verwendung der Ersatzbeträge auf das Fahrzeug gesichert ist.
Der Senat hält eine solche Auslegung allerdings für zu weitgehend, weil dadurch aus einer bloßen Zweckbindung zum Schutz des Vertragspartners im Leasingvertrag, die sich aus der vertraglichen Vereinbarung ergibt, eine eigenständige dingliche Rechtsfigur entsprechend dem Anwartschaftsrecht erwachsen würde. Dafür spricht im Leasingverhältnis nichts. Hinzu kommt, dass fraglich ist, ob dafür die Vollkaskoversicherung des Leasingnehmers eintreten würde.
4. Ersatzansprüche hinsichtlich der Kaskozahlungen
Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie auch Ansprüche als Kaskoversicherung gemäß §§ 7 StVG, 86 Abs. 3 VVG geltend gemacht habe. Der Vorwurf an das Landgericht, es habe sich nicht mit solchen Ansprüchen auseinandergesetzt, trifft nicht zu. Natürlich kann, wie die Klägerin vorträgt, der Eigentümer des am Unfall beteiligten Fahrzeugs X seinen Schaden gegenüber den Beklagten gemäß den §§ 7, 17, 18 StVG geltend machen. Dies würde auch dann gelten, wenn ein Mitverschulden der Beklagten nicht festgestellt werden kann.
Voraussetzung dafür ist allerdings zunächst, dass diese Ansprüche gemäß § 86 Abs. 3 VVG auf die Klägerin übergegangen sind. Dies setzt nicht nur voraus, dass die Klägerin Zahlung geleistet hat, sondern auch, dass im Rahmen des Quotenvorrechts in der Kaskoversicherung der Geschädigte die Ansprüche nicht mehr benötigt, um Restschäden geltend zu machen. Dazu trägt die Klägerin in der Klage und auch überhaupt in der ersten Instanz nichts vor. Ebenfalls wird nichts dazu gesagt, in welcher Höhe überhaupt an dem Fahrzeug ein Schaden entstanden ist und dass dieser zumindest hilfsweise ebenfalls der Klage zugrunde gelegt werden sollte.
Der gesamte Vortrag der Klägerin zum Kaskobereich beläuft sich auf folgende Formulierung:
Zudem sind auch die Ansprüche des Versicherungsnehmers/Halters/Fahrers des X gegen die Beklagten nach dem BGB und StVG (insbesondere §§ 18,7 StVG mit der Vermutungswirkung hinsichtlich des Verschuldens) zu beachten, die nach § 86 VVG auf die Klägerin übergegangen sind.
Angesichts dieser sowohl materiell-rechtlichen als auch prozessrechtlichen Dürftigkeit des Vortrags war das Landgericht gegenüber einem Rechtsanwalt nicht gehalten, weitergehende Hinweise oder Aufklärung zu betreiben. Auch auf den Hinweis des Senats im Verhandlungstermin ist dieser Punkt nicht vertieft worden.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Senat lässt die Revision zu, da der vorliegende Fall grundsätzliche Rechtsfragen enthält und nach der Entscheidung des BGH zum Sicherungseigentum und entsprechender Teilgläubigerschaft eine solche Klärung hinsichtlich bestehender Leasingverhältnisse noch aussteht.
Hinzu kommt, dass es in der obergerichtlichen Rechtsprechung Divergenzen gibt, nachdem das OLG Nürnberg (OLG Nürnberg 19.07.2017 und 15.08.2017 - 13 U 45/16 -) einen Gesamtschuldnerausgleich auf der Basis des § 242 BGB bejaht hat.
RechtsgebietGesamtschuldnerVorschriften§ 7 StVG