11.06.2025 · IWW-Abrufnummer 248586
Landgericht Darmstadt: Urteil vom 12.05.2025 – 18 O 53/24
1. Ein Systemvergleich ist unzulässig, wenn er gegen das Sachlichkeitsgebot verstößt.
2. Durch die Hervorhebung bestimmter Eigenschaften darf kein falsches Gesamtbild entstehen.
LG Darmstadt 6. Kammer für Handelssachen, Urteil vom 12.05.2025, Az. 18 O 53/24
1. Das am 17.2.2025 verkündete Teilversäumnisurteil wird aufrechterhalten.
2. Der Beklagte hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von dem Beklagten Ersatz von Kosten einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung.
Der Kläger ist als qualifizierter Wirtschaftsverband seit dem 6.11.2023 in der vom Bundesamt der Justiz geführten Liste gemäß § 8b UWG eingetragen. Ihm gehören weit mehr als 75 bundesweit tätige Inkassounternehmen an.
Der Beklagte ist Rechtsanwalt und bewarb auf seinem Internetauftritt anwaltliche Inkassodienstleistungen mit folgenden Aussagen:
„Sie zahlen zunächst weder einen Gebühren- noch einen Auslagenvorschuss, auch keinen Mitglieds- oder Vereinsbeitrag, wie dies bei vielen Inkassobüros üblich ist.“
„Bei der Beauftragung eines Inkassounternehmens dürfen nach überwiegender Rechtsprechung vom Schuldner keine Inkassokosten verlangt werden. Aus diesem Grund sind Inkassounternehmen für den Gläubiger meist teurer als ein Anwalt. Denn Rechtsanwaltsgebühren dürfen geltend gemacht werden.“
„Ihre Vorteile und Ihr Gewinn beim Anwaltsinkasso:
• Mahnung, Titulierung, Vollstreckung ‒ alles aus einer Hand
• Im Erfolgsfall keinerlei Gebühren und Auslagen
• Keine überflüssigen Kosten eines Inkassounternehmens, die Sie selbst tragen
• Keine Mitglieds- oder Vereinsbeiträge
• Bei Erfolglosigkeit des Anwaltsinkasso fallen nur die Pauschalgebühr und bare Auslagen an“
Im Disclaimer auf dem Internetauftritt des Beklagten hieß es wie folgt:
„Als Dienste-Anbieter sind wir gemäß § 7 Abs.1 TMG für eigene Inhalte auf diesen Seiten nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich. Nach §§ 8 bis 10 TMG sind wir als Dienste-Anbieter jedoch nicht verpflichtet, übermittelte oder gespeicherte fremde Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen.“
Die Kläger mahnte den Beklagten mit Schreiben vom 3.9.2024, dem insgesamt 42. Schreiben dieser Art im Jahr 2024, ab. Wegen des Inhalts des Abmahnschreibens wird auf Bl. 8.L ‒ 8.Q d.A. verwiesen. Der Beklagte verweigerte die Abgabe einer Unterlassungserklärung. Der Kläger verfolgte die geltend gemachten Unterlassungsansprüche im Wege eines einstweiligen Verfügungsverfahrens, in dem der Kläger eine verfahrensfremde eidesstattliche Versicherung vorlegte. Die Parteien legten diesen beim Landgericht Darmstadt unter dem Aktenzeichen 18 O 45/24 geführten Rechtsstreit einvernehmlich durch einen Vergleich bei.
Der Kläger nahm den Beklagten nachfolgend auf Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch.
Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe ein Aufwendungserstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 UWG in Höhe von 297,50 € zu.
Die Kammer hat den Beklagten mit einem am 17.2.2025 verkündeten Teilversäumnis- und Endurteil verurteilt, an den Kläger in der Hauptsache einen Betrag in Höhe von 297,50 € zu zahlen und die Klage im Hinblick auf die geltend gemachten Zinsen teilweise abgewiesen. Der Beklagte hat gegen das Teilversäumnisurteil, dem Beklagten zugestellt am 4.3.2025, mit Schriftsatz vom 7.3.2025, bei Gericht eingegangen am 7.3.2025, Einspruch eingelegt.
Der Kläger beantragt,
das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.
Der Beklagte beantragt,
das Teilversäumnis- und Endurteil vom 24.2.2025 wird aufgehoben, soweit es auf der Säumnis des Beklagten beruht, und die Klage auch insoweit abgewiesen.
Der Beklagte ist der Ansicht, das klägerische Verhalten stelle sich als missbräuchlich im Sinne von § 8c Abs. und 2 Nr. 2 UWG dar.
Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung durch den Vorsitzenden gem. § 349 Abs. 3 ZPO einverstanden erklärt (Bl. 96, 104 d.A.).
Entscheidungsgründe
Der Beklagte hat gegen das am 17.2.2025 verkündete Teilversäumnisurteil form- und fristgerecht Einspruch eingelegt mit der Folge, dass der Prozess, soweit der Einspruch reicht, in die Lage zurückversetzt wurde, in der er sich vor Eintritt der Säumnis befand (§ 342 ZPO).
Der Antrag des Beklagten ist dahingehend zu verstehen, dass tatsächlich die Aufhebung des Teilversäumnisurteils vom 17.2.2025 beantragt wird; bei dem im Antrag genannten Datum „24.2.2025“ handelt es sich offensichtlich um einen Schreibfehler.
Die zulässige Klage ist in dem im Teilversäumnisurteil tenorierten Umfang begründet.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Ersatz eines Betrags in Höhe von 297,50 € gem. § 13 Abs. 3 UWG.
Der Kläger hat den Beklagten mit Schreiben vom 3.9.2024 im Sinne von § 13 Abs. 1 UWG berechtigt abgemahnt, wobei die Voraussetzungen von § 13 Abs. 2 UWG beachtet wurden.
Der Kläger ist nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG anspruchsberechtigt, da er in die Liste nach § 8b UWG eingetragen ist und ihm eine erhebliche Zahl von Unternehmen unmittelbar oder mittelbar angehören, die auf dem hier sachlich und räumlich maßgeblichen Markt der Inkassodienstleistungen tätig sind, und er nach seiner Ausstattung seine satzungsmäßigen Aufgaben auch tatsächlich wahrnehmen kann.
Der Kläger hatte einen Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 3a, 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 2 UWG.
An die Aussagen des Beklagten zum Anwaltsinkasso und zur Beauftragung eines Inkassounternehmens, die Teil des Internetauftritts des Beklagten waren, sind die im Hinblick auf den sog. Systemvergleich entwickelten Maßstäbe anzulegen. Denn eine Bezugnahme zu einem bestimmten Inkassounternehmen war dem Internetauftritt des Beklagten nicht zu entnehmen.
Ein Systemvergleich ist grundsätzlich zulässig. Er ist jedoch dann nach §§ 3, 5 UWG unzulässig, wenn er gegen das Sachlichkeitsgebot verstößt. Ein solcher Verstoß liegt vor, wenn zu den mit jedem Werbevergleich verbundenen (negativen) Wirkungen für die Konkurrenz besondere Umstände hinzutreten, die den Vergleich in unangemessener Weise abfällig, abwertend oder unsachlich erscheinen lassen (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 22.2.2001 - 6 U 203/00; Eck/Ikas, in: Hasselblatt, MAH Gewerblicher Rechtsschutz, 6. Aufl. 2022, § 22 IV 2, Rn. 27). Insbesondere darf durch die Hervorhebung bestimmter Eigenschaften kein falsches Gesamtbild, also ein „schiefes Bild“ entstehen (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 20.8.2002 ‒ 5 U 151/02), und der Vergleich muss nachprüfbar sein (vgl. Dreyer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 5. Aufl. 2021, Rn. 1373).
Zahlreiche Aussagen des Beklagten zum Anwaltsinkasso und zur Beauftragung von Inkassounternehmen stellen sich danach als unzulässig dar.
Der Beklagte führte aus, dass die Beauftragung von Inkassounternehmen meist teurer sei als die Beauftragung eines Anwalts mit Inkassodienstleistungen, weil nach überwiegender Rechtsprechung vom Schuldner keine Inkassokosten verlangt werden dürfen. Hierdurch wird dem Verbraucher ein unzutreffender Eindruck im Hinblick auf die Ersatzfähigkeit von mit der Beauftragung von Inkassounternehmen verbundenen Kosten vermittelt, zumal der Tätigkeit von Inkassodienstleistern im Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen (RDG, BGBl. 2007 I 2840) ausdrücklich gesetzlich Anerkennung fand, und das Bundesverfassungsgerichts bereits im Jahr 2011 festgestellt hat, dass Kosten eines Inkassobüros „nach vielfacher höchst- und obergerichtlicher Rechtsprechung und herrschender Meinung in der Literatur, unbeschadet bestimmter Einschränkungen, grundsätzlich als Verzugsschaden geltend gemacht werden [können]“ (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.9.2011 - 1 BvR 1012/11).
Auch vermittelt die Aussage „Im Erfolgsfall keinerlei Gebühren und Auslagen“ unter der Überschrift „Ihre Vorteile und Ihr Gewinn beim Anwaltsinkasso“ den unzutreffenden Eindruck bei einem Verbraucher, dass dann, wenn nach Einschaltung eines Rechtsanwalts die Forderung, mit deren Geltendmachung der Rechtsanwalt beauftragt war, vom Schuldner bezahlt, keine Kosten auf den Auftraggeber zukommen. Dieser Eindruck ist insofern unzutreffend, als der Auftraggeber des Rechtsanwalts weiter für Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts haftet, wenn der Schuldner diese Kosten nicht zahlt bzw. nicht zahlen kann.
Die Aussage „Keine überflüssigen Kosten eines Inkassounternehmens, die Sie selbst tragen“, vermittelt einem Verbraucher den unzutreffenden Eindruck, dass Kosten eines Inkassounternehmens als solche überflüssig sind und von dem Auftraggeber zu tragen sind.
Die Aussage „Keine Mitglieds- oder Vereinsbeiträge“ vermittelt einem Verbraucher den unzutreffenden Eindruck, dass bei der Inanspruchnahme von Dienstleistungen eines Inkassounternehmens zumindest in der Regel Mitglieds- oder Vereinsbeiträge zu entrichten sind.
Es kann dahinstehen, ob die Abmahnung auch im Hinblick auf die Angaben im Impressum berechtigt war oder nicht. Denn eine von einem Wettbewerbsverband geltend gemachte Kostenpauschale ist auch dann in voller Höhe zu zahlen, wenn die Abmahnung nur teilweise berechtigt ist (vgl. nur BGH, Urteil vom 11.3.2009 - I ZR 194/06).
Die Kammer ist unter besonderer Berücksichtigung der Ausführungen auf Bl. 8.G-8.H d.A. und unter Anwendung von § 287 Abs. 1 ZPO der Überzeugung, dass der Kläger jedenfalls einen kostenverursachenden Aufwand in Höhe von 297,50 € hatte.
Die Kammer vermag einen Verstoß gegen das Verbot der missbräuchlichen Geltendmachung aus § 8c Abs. 1, Abs. 2 UWG nicht zu erkennen.
Grundsätzlich ist es Sache des Beklagten, Tatsachen für das Vorliegen eines Missbrauchs darzulegen und dafür Beweis anzutreten. Dies gilt auch für das Vorgehen eines Verbands, für den die Vermutung spricht, seinen satzungsmäßigen Zwecken nachzugehen. Ist diese Vermutung allerdings durch entsprechenden Tatsachenvortrag erschüttert, muss der Kläger substanziiert die Gründe darlegen, die gegen einen Missbrauch sprechen (vgl. BGH, Urteil vom 7.3.2024 - I ZR 83/23).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist von einem Rechtsmissbrauch nicht auszugehen. Soweit der Beklagte darauf hinweist, dass der Kläger offensichtlich „Massenabmahnungen“ praktiziere, verfängt dies nicht. Vielmehr spricht der Umstand, dass es sich bei dem Abmahnschreiben vom 3.9.2024 um das 42. Schreiben dieser Art im Jahr 2024 handelte, gegen die Annahme, dass der Kläger massenhaft Abmahnungen versendet, und die Abmahntätigkeit außer Verhältnis zur Geschäftstätigkeit des Klägers steht. Die Vorlage einer verfahrensfremden eidesstattlichen Versicherung durch den Kläger in dem vor Landgericht Darmstadt unter dem Aktenzeichen 18 O 45/24 geführten Rechtsstreit und der pauschale Verweis des Beklagten auf Internetartikel, die das Verhalten des Klägers betreffen sollen, lassen keine belastbaren Schlüsse auf einen Missbrauch zu. Die Kammer vermag dem Beklagten auch nicht zu folgen, wenn er der Auffassung ist, dass an der Verfolgung der in Rede stehenden Wettbewerbsverstöße bei objektiver Betrachtung kein nennenswertes wirtschaftliches Interesse neben dem Gebührenerzielungsinteresse bestehen könne. Die wettbewerbswidrigen Aussagen des Beklagten betreffen die Branche der Inkassounternehmen im Allgemeinen und können Verbraucher davon abhalten, sich überhaupt an Inkassounternehmen zu wenden.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Zinsen ab dem 31.10.2024 gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB. Der Mahnbescheid wurde am 30.10.2024 zugestellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Die Berufung ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert.
Tenor
2. Der Beklagte hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von dem Beklagten Ersatz von Kosten einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung.
Der Kläger ist als qualifizierter Wirtschaftsverband seit dem 6.11.2023 in der vom Bundesamt der Justiz geführten Liste gemäß § 8b UWG eingetragen. Ihm gehören weit mehr als 75 bundesweit tätige Inkassounternehmen an.
Der Beklagte ist Rechtsanwalt und bewarb auf seinem Internetauftritt anwaltliche Inkassodienstleistungen mit folgenden Aussagen:
„Sie zahlen zunächst weder einen Gebühren- noch einen Auslagenvorschuss, auch keinen Mitglieds- oder Vereinsbeitrag, wie dies bei vielen Inkassobüros üblich ist.“
„Bei der Beauftragung eines Inkassounternehmens dürfen nach überwiegender Rechtsprechung vom Schuldner keine Inkassokosten verlangt werden. Aus diesem Grund sind Inkassounternehmen für den Gläubiger meist teurer als ein Anwalt. Denn Rechtsanwaltsgebühren dürfen geltend gemacht werden.“
„Ihre Vorteile und Ihr Gewinn beim Anwaltsinkasso:
• Mahnung, Titulierung, Vollstreckung ‒ alles aus einer Hand
• Im Erfolgsfall keinerlei Gebühren und Auslagen
• Keine überflüssigen Kosten eines Inkassounternehmens, die Sie selbst tragen
• Keine Mitglieds- oder Vereinsbeiträge
• Bei Erfolglosigkeit des Anwaltsinkasso fallen nur die Pauschalgebühr und bare Auslagen an“
Im Disclaimer auf dem Internetauftritt des Beklagten hieß es wie folgt:
„Als Dienste-Anbieter sind wir gemäß § 7 Abs.1 TMG für eigene Inhalte auf diesen Seiten nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich. Nach §§ 8 bis 10 TMG sind wir als Dienste-Anbieter jedoch nicht verpflichtet, übermittelte oder gespeicherte fremde Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen.“
Die Kläger mahnte den Beklagten mit Schreiben vom 3.9.2024, dem insgesamt 42. Schreiben dieser Art im Jahr 2024, ab. Wegen des Inhalts des Abmahnschreibens wird auf Bl. 8.L ‒ 8.Q d.A. verwiesen. Der Beklagte verweigerte die Abgabe einer Unterlassungserklärung. Der Kläger verfolgte die geltend gemachten Unterlassungsansprüche im Wege eines einstweiligen Verfügungsverfahrens, in dem der Kläger eine verfahrensfremde eidesstattliche Versicherung vorlegte. Die Parteien legten diesen beim Landgericht Darmstadt unter dem Aktenzeichen 18 O 45/24 geführten Rechtsstreit einvernehmlich durch einen Vergleich bei.
Der Kläger nahm den Beklagten nachfolgend auf Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch.
Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe ein Aufwendungserstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 UWG in Höhe von 297,50 € zu.
Die Kammer hat den Beklagten mit einem am 17.2.2025 verkündeten Teilversäumnis- und Endurteil verurteilt, an den Kläger in der Hauptsache einen Betrag in Höhe von 297,50 € zu zahlen und die Klage im Hinblick auf die geltend gemachten Zinsen teilweise abgewiesen. Der Beklagte hat gegen das Teilversäumnisurteil, dem Beklagten zugestellt am 4.3.2025, mit Schriftsatz vom 7.3.2025, bei Gericht eingegangen am 7.3.2025, Einspruch eingelegt.
Der Kläger beantragt,
das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.
Der Beklagte beantragt,
das Teilversäumnis- und Endurteil vom 24.2.2025 wird aufgehoben, soweit es auf der Säumnis des Beklagten beruht, und die Klage auch insoweit abgewiesen.
Der Beklagte ist der Ansicht, das klägerische Verhalten stelle sich als missbräuchlich im Sinne von § 8c Abs. und 2 Nr. 2 UWG dar.
Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung durch den Vorsitzenden gem. § 349 Abs. 3 ZPO einverstanden erklärt (Bl. 96, 104 d.A.).
Entscheidungsgründe
Der Beklagte hat gegen das am 17.2.2025 verkündete Teilversäumnisurteil form- und fristgerecht Einspruch eingelegt mit der Folge, dass der Prozess, soweit der Einspruch reicht, in die Lage zurückversetzt wurde, in der er sich vor Eintritt der Säumnis befand (§ 342 ZPO).
Der Antrag des Beklagten ist dahingehend zu verstehen, dass tatsächlich die Aufhebung des Teilversäumnisurteils vom 17.2.2025 beantragt wird; bei dem im Antrag genannten Datum „24.2.2025“ handelt es sich offensichtlich um einen Schreibfehler.
Die zulässige Klage ist in dem im Teilversäumnisurteil tenorierten Umfang begründet.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Ersatz eines Betrags in Höhe von 297,50 € gem. § 13 Abs. 3 UWG.
Der Kläger hat den Beklagten mit Schreiben vom 3.9.2024 im Sinne von § 13 Abs. 1 UWG berechtigt abgemahnt, wobei die Voraussetzungen von § 13 Abs. 2 UWG beachtet wurden.
Der Kläger ist nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG anspruchsberechtigt, da er in die Liste nach § 8b UWG eingetragen ist und ihm eine erhebliche Zahl von Unternehmen unmittelbar oder mittelbar angehören, die auf dem hier sachlich und räumlich maßgeblichen Markt der Inkassodienstleistungen tätig sind, und er nach seiner Ausstattung seine satzungsmäßigen Aufgaben auch tatsächlich wahrnehmen kann.
Der Kläger hatte einen Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 3a, 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 2 UWG.
An die Aussagen des Beklagten zum Anwaltsinkasso und zur Beauftragung eines Inkassounternehmens, die Teil des Internetauftritts des Beklagten waren, sind die im Hinblick auf den sog. Systemvergleich entwickelten Maßstäbe anzulegen. Denn eine Bezugnahme zu einem bestimmten Inkassounternehmen war dem Internetauftritt des Beklagten nicht zu entnehmen.
Ein Systemvergleich ist grundsätzlich zulässig. Er ist jedoch dann nach §§ 3, 5 UWG unzulässig, wenn er gegen das Sachlichkeitsgebot verstößt. Ein solcher Verstoß liegt vor, wenn zu den mit jedem Werbevergleich verbundenen (negativen) Wirkungen für die Konkurrenz besondere Umstände hinzutreten, die den Vergleich in unangemessener Weise abfällig, abwertend oder unsachlich erscheinen lassen (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 22.2.2001 - 6 U 203/00; Eck/Ikas, in: Hasselblatt, MAH Gewerblicher Rechtsschutz, 6. Aufl. 2022, § 22 IV 2, Rn. 27). Insbesondere darf durch die Hervorhebung bestimmter Eigenschaften kein falsches Gesamtbild, also ein „schiefes Bild“ entstehen (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 20.8.2002 ‒ 5 U 151/02), und der Vergleich muss nachprüfbar sein (vgl. Dreyer, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 5. Aufl. 2021, Rn. 1373).
Zahlreiche Aussagen des Beklagten zum Anwaltsinkasso und zur Beauftragung von Inkassounternehmen stellen sich danach als unzulässig dar.
Der Beklagte führte aus, dass die Beauftragung von Inkassounternehmen meist teurer sei als die Beauftragung eines Anwalts mit Inkassodienstleistungen, weil nach überwiegender Rechtsprechung vom Schuldner keine Inkassokosten verlangt werden dürfen. Hierdurch wird dem Verbraucher ein unzutreffender Eindruck im Hinblick auf die Ersatzfähigkeit von mit der Beauftragung von Inkassounternehmen verbundenen Kosten vermittelt, zumal der Tätigkeit von Inkassodienstleistern im Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen (RDG, BGBl. 2007 I 2840) ausdrücklich gesetzlich Anerkennung fand, und das Bundesverfassungsgerichts bereits im Jahr 2011 festgestellt hat, dass Kosten eines Inkassobüros „nach vielfacher höchst- und obergerichtlicher Rechtsprechung und herrschender Meinung in der Literatur, unbeschadet bestimmter Einschränkungen, grundsätzlich als Verzugsschaden geltend gemacht werden [können]“ (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.9.2011 - 1 BvR 1012/11).
Auch vermittelt die Aussage „Im Erfolgsfall keinerlei Gebühren und Auslagen“ unter der Überschrift „Ihre Vorteile und Ihr Gewinn beim Anwaltsinkasso“ den unzutreffenden Eindruck bei einem Verbraucher, dass dann, wenn nach Einschaltung eines Rechtsanwalts die Forderung, mit deren Geltendmachung der Rechtsanwalt beauftragt war, vom Schuldner bezahlt, keine Kosten auf den Auftraggeber zukommen. Dieser Eindruck ist insofern unzutreffend, als der Auftraggeber des Rechtsanwalts weiter für Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts haftet, wenn der Schuldner diese Kosten nicht zahlt bzw. nicht zahlen kann.
Die Aussage „Keine überflüssigen Kosten eines Inkassounternehmens, die Sie selbst tragen“, vermittelt einem Verbraucher den unzutreffenden Eindruck, dass Kosten eines Inkassounternehmens als solche überflüssig sind und von dem Auftraggeber zu tragen sind.
Die Aussage „Keine Mitglieds- oder Vereinsbeiträge“ vermittelt einem Verbraucher den unzutreffenden Eindruck, dass bei der Inanspruchnahme von Dienstleistungen eines Inkassounternehmens zumindest in der Regel Mitglieds- oder Vereinsbeiträge zu entrichten sind.
Es kann dahinstehen, ob die Abmahnung auch im Hinblick auf die Angaben im Impressum berechtigt war oder nicht. Denn eine von einem Wettbewerbsverband geltend gemachte Kostenpauschale ist auch dann in voller Höhe zu zahlen, wenn die Abmahnung nur teilweise berechtigt ist (vgl. nur BGH, Urteil vom 11.3.2009 - I ZR 194/06).
Die Kammer ist unter besonderer Berücksichtigung der Ausführungen auf Bl. 8.G-8.H d.A. und unter Anwendung von § 287 Abs. 1 ZPO der Überzeugung, dass der Kläger jedenfalls einen kostenverursachenden Aufwand in Höhe von 297,50 € hatte.
Die Kammer vermag einen Verstoß gegen das Verbot der missbräuchlichen Geltendmachung aus § 8c Abs. 1, Abs. 2 UWG nicht zu erkennen.
Grundsätzlich ist es Sache des Beklagten, Tatsachen für das Vorliegen eines Missbrauchs darzulegen und dafür Beweis anzutreten. Dies gilt auch für das Vorgehen eines Verbands, für den die Vermutung spricht, seinen satzungsmäßigen Zwecken nachzugehen. Ist diese Vermutung allerdings durch entsprechenden Tatsachenvortrag erschüttert, muss der Kläger substanziiert die Gründe darlegen, die gegen einen Missbrauch sprechen (vgl. BGH, Urteil vom 7.3.2024 - I ZR 83/23).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist von einem Rechtsmissbrauch nicht auszugehen. Soweit der Beklagte darauf hinweist, dass der Kläger offensichtlich „Massenabmahnungen“ praktiziere, verfängt dies nicht. Vielmehr spricht der Umstand, dass es sich bei dem Abmahnschreiben vom 3.9.2024 um das 42. Schreiben dieser Art im Jahr 2024 handelte, gegen die Annahme, dass der Kläger massenhaft Abmahnungen versendet, und die Abmahntätigkeit außer Verhältnis zur Geschäftstätigkeit des Klägers steht. Die Vorlage einer verfahrensfremden eidesstattlichen Versicherung durch den Kläger in dem vor Landgericht Darmstadt unter dem Aktenzeichen 18 O 45/24 geführten Rechtsstreit und der pauschale Verweis des Beklagten auf Internetartikel, die das Verhalten des Klägers betreffen sollen, lassen keine belastbaren Schlüsse auf einen Missbrauch zu. Die Kammer vermag dem Beklagten auch nicht zu folgen, wenn er der Auffassung ist, dass an der Verfolgung der in Rede stehenden Wettbewerbsverstöße bei objektiver Betrachtung kein nennenswertes wirtschaftliches Interesse neben dem Gebührenerzielungsinteresse bestehen könne. Die wettbewerbswidrigen Aussagen des Beklagten betreffen die Branche der Inkassounternehmen im Allgemeinen und können Verbraucher davon abhalten, sich überhaupt an Inkassounternehmen zu wenden.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Zinsen ab dem 31.10.2024 gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB. Der Mahnbescheid wurde am 30.10.2024 zugestellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Die Berufung ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert.