07.02.2024 · IWW-Abrufnummer 239562
Oberlandesgericht Zweibrücken: Beschluss vom 21.03.2023 – 3 W 76/22
Bei fehlender qualifizierter elektronischer Signatur kommt eine wirksame Einreichung aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) nur in Betracht, wenn die vom sicheren Übermittlungsweg ausgewiesene Person mit der das elektronische Dokument verantwortenden Person identisch ist. Soweit ein Rechtsanwalt sich in eigener Sache selbst vertritt, enthebt es ihn nicht von der Einhaltung der Vorschriften hinsichtlich der wirksamen elektronischen Einreichung über das beA.
Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss vom 21.03.2023
In Sachen
...
- Kläger und Beschwerdeführer -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...
gegen
...
- Beklagter und Beschwerdegegner -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...
...
hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch ...
auf die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers vom ... gegen den am ... per besonderem Anwaltspostfach (beA) übermittelten Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 2. August 2022 in der Fassung der Nichtabhilfeentscheidung vom ...
am 21. März 2023 beschlossen:Tenor:
- Der Antrag vom 7. März 2023 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der unverzüglichen Anbringung des Ablehnungsgesuchs wird verworfen.
- Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
- Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
- Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf die Gebührenstufe bis zu ... € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Kläger und Beschwerdeführer wendet sich mit seiner sofortigen Beschwerde gegen die mit Kammerbeschluss des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 2. August 2022 erfolgte Zurückweisung eines gegen die Vorsitzende ... angebrachten Ablehnungsgesuchs. Der Kläger ... ist Rechtsanwalt, seine Ehefrau ... ist ebenfalls Rechtsanwältin. Beide stehen im Briefkopf der von Klägerseite im Prozess eingereichten Anwaltsschriftsätze; die Ehefrau des Klägers unter "Büro X-Stadt", der Kläger unter "Büro Y-Stadt".
... In der Hauptsache macht der Kläger (Zessionar) mit seiner am ... eingegangenen Klage, die er im Laufe des Verfahrens in einzelnen Punkten erweitert hat, ...ansprüche ... seiner Ehefrau (Zedentin) geltend. Diese wurden ihm von ihr abgetreten.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 7. Juni 2022 (... Prüfvermerk bzgl. Übermittlung aus besonderem elektronischem Anwaltspostfach (beA) ...) hat der Kläger ein Ablehnungsgesuch ("Befangenheitsantrag") angebracht, eingeleitet mit den Worten: "(...) lehnen wir im Namen des Klägers die Vorsitzende (...) erneut wegen Besorgnis der Befangenheit ab" ... Der Anwaltsschriftsatz schließt mit der handschriftlichen Unterschrift der Ehefrau des Klägers (...) und darunter dem maschinenschriftlichen Zusatz "Rechtsanwältin" ... und wurde auf sicherem Übermittlungsweg aus dem beA des Klägers (...) übermittelt. Das Landgericht hat sich mit dem Ablehnungsgesuch in der Sache befasst und dieses mit Beschluss vom 2. August 2022 ... zurückgewiesen. Mit richterlicher Verfügung vom 2. August 2022 ... wurden diesbezüglich eine formlose Hinausgabe an die Parteien sowie eine "Wiedervorlage nach Ablauf Beschwerdefrist" verfügt ...
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Kläger mit seiner sofortigen Beschwerde, zunächst mit Anwaltsschriftsatz vom 17. August 2022 ..., in dem es einleitend heißt: "legen wir gegen den Beschluß des Landgerichts Frankenthal vom 2.8.2022, im Anwaltspostfach eingegangen am 4.8.22 sofortige Beschwerde ein". Auch dieser Schriftsatz endet mit der handschriftlichen Unterschrift der Ehefrau des Klägers (...) und darunter dem maschinenschriftlichen Zusatz "Rechtsanwältin" .... Er wurde am 17. August 2022 wiederum auf sicherem Übermittlungsweg aus dem beA des Klägers (...) übermittelt (vgl. Prüfvermerk ...). Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 5. September 2022 ... nicht abgeholfen.
Der Senat hat mit Beschluss vom 5. Oktober 2022 ... hinsichtlich des Rechtsmittels auf Zulässigkeitsbedenken hingewiesen (§ 569 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 130d Satz 1, § 130a Abs. 1, 3 u. 4 Nr. 2 ZPO). Dies mit Blick darauf, dass weder eine qualifizierte elektronische Signatur vorhanden war noch eine (einfache) Signatur des Klägers, aus dessen beA die Einreichung erfolgt ist. Insoweit wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass zwischen der vom sicheren Übermittlungsweg als Absender ausgewiesenen Person, dem Kläger, und der Person, welche die inhaltliche Verantwortung für das elektronische Dokument übernehmen wollte, der Ehefrau (Rechtsanwältin ...), keine Identität besteht mit der Folge, dass das Dokument nicht ordnungsgemäß eingereicht ist. Der Kläger hat hierzu mit Anwaltsschriftsatz vom 7. November 2022 ... Stellung genommen, u.a. einen Wiedereinsetzungsantrag gestellt, und zudem mit Schriftsatz vom selben Tag - erneut - sofortige Beschwerde eingelegt ... Die beiden Schriftsätze schließen mit der handschriftlichen Unterschrift der Ehefrau des Klägers (...) ab und darunter mit dem maschinenschriftlichen Zusatz "Rechtsanwältin". Sie wurden jeweils aus ihrem beA übermittelt (vgl. Prüfvermerke vom 7. November 2023).
Mit Beschluss vom 9. Februar 2023 ... hat der Senat ergänzend darauf hingewiesen, dass er in dem Beschwerdeschriftsatz vom 7. November 2022 nunmehr eine wirksame Beschwerdeeinlegung sieht, wobei insbesondere mangels Zustellung des angefochtenen Beschlusses vom 4. August 2022 eine Beschwerdefrist nicht in Gang gesetzt worden war. Zugleich hat der Senat allerdings den Hinweis erteilt, dass bereits das Ablehnungsgesuch vom 7. Juni 2022 nicht wirksam angebracht wurde, weil es weder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen noch von der verantwortenden Person (einfach) signiert eingereicht worden war (§ 130d Satz 1 i.V.m. § 130a Abs. 3 Satz 1 ZPO). Der Kläger vertritt hierzu mit Anwaltsschriftsatz vom 7. März 2023 die Auffassung, es sei vorliegend eine andere Sichtweise geboten, weil die Person, die das Schriftstück übermittelt habe, er - der Kläger - persönlich sei. Es gebe keinen Interessenkonflikt. Der Kläger selbst und nicht sein Anwalt sei Herr des Verfahrens und der signierende Anwalt sei daher nicht vor den Prozesshandlungen des Klägers zu schützen. Es sei offenkundig, dass er damit auch die inhaltliche Verantwortung übernehme. Ein Mehr an Verantwortung für ein von einer anderen Person signiertes Schriftstück als durch die selbst veranlasste Einreichung könne der Kläger nicht übernehmen. Ein darüber hinausgehender Bedarf für Rechtsklarheit zu sorgen existiere nicht. Es bedürfe seitens des Gerichts auch keinerlei Nachforschungen darüber, wer die inhaltliche Verantwortung übernehme. In den bislang von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen sei für das empfangende Gericht gerade nicht erkennbar gewesen, ob der Versender auch die inhaltliche Verantwortung übernehme. Die Frage, ob § 130a ZPO auch dann erfüllt sei, wenn ein Kläger selbst den von einer anderen Person signierten Schriftsatz einreicht, sei bisher noch nicht entschieden worden. Hinsichtlich eines geschaffenen Vertrauenstatbestandes sei zusätzlich darauf abzustellen, dass der Kläger seit 1. Januar 2022 sämtliche Schriftsätze, die alle ausschließlich von seiner Ehefrau signiert waren, über sein beA eingereicht und das Landgericht nie die fehlende Personenidentität moniert habe. Hinsichtlich des Befangenheitsantrages vom 7. Juni 2022 beantragt der Kläger rein vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er sei durch den Beschluss vom 9. Februar 2023 erstmals darauf aufmerksam gemacht worden, dass der Befangenheitsantrag nicht wirksam angebracht worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte ... Bezug genommen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist in der Fassung des Anwaltsschriftsatzes vom 7. November 2022 gemäß §§ 46 Abs. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben worden. In der Sache bleibt sie allerdings ohne Erfolg, weil entgegen § 44 Abs. 4 Satz 2 ZPO kein unverzüglich angebrachtes Ablehnungsgesuch vorliegt.
1. Die sofortige Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 46 Abs. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO. Insbesondere stellt sie sich nicht als verfristet dar.
a) Zwar wurde mit Beschwerdeschrift vom 17. August 2022 - wie es der Senat mit Hinweisbeschluss vom 5. Oktober 2022 bereits ausgeführt hat - nicht wirksam Beschwerde eingelegt, weil sie weder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen war noch von der verantwortenden Person (einfach) signiert eingereicht worden war (§ 130d Satz 1, § 130a Abs. 1, 3 u. 4 Nr. 2 ZPO). Auf den vorgenannten Hinweisbeschluss wird im Übrigen Bezug genommen.
b) Hierauf kommt es indessen nicht mehr an, nachdem der Kläger mit Anwaltsschriftsatz vom 7. November 2022 auf den Hinweis des Senats erneut und diesmal wirksam sofortige Beschwerde eingelegt hat, § 569 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 130a Abs. 1, 3 u. 4 Nr. 2 ZPO. Da der angefochtene Beschluss vom 4. August 2022 lediglich formlos in das Anwaltspostfach übermittelt wurde (vgl. ...), somit keine Beschwerdefrist in Gang gesetzt wurde (§ 569 Abs. 1 Satz 1 u. 2 ZPO) und mangels Zustellungsabsicht auch keine Heilung des Zustellungsmangels eingetreten ist (§ 189 ZPO), ist die sofortige Beschwerde insbesondere nicht verfristet, § 569 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf ergänzenden Hinweisbeschluss des Senats vom 9. Februar 2023 ... verwiesen.
2. Entgegen der Vorschrift des § 44 Abs. 4 Satz 2 ZPO wurde das Ablehnungsgesuch nicht unverzüglich angebracht.
a) Diese mit Wirkung zum 1. Januar 2020 in Kraft getretene Neuregelung ist auch auf zu diesem Zeitpunkt bereits anhängige Verfahren wie das vorliegende anzuwenden (vgl. Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 6. August 2020, Az.: 13 UF 162/18, zit. n. Juris, dort Rdnr. 4; Hans. OLG Hamburg, Beschluss vom 25. Februar 2020, Az.: 12 UF 27/19, zit. n. Juris, dort Rdnr. 5; Vossler, in: BeckOK ZPO, 47. Ed. 1. Dez. 2022, § 44 ZPO, Rdnr. 18).
b) Das Ablehnungsgesuch vom 7. Juni 2022 ... ist nicht wirksam eingereicht worden. Es wurde am 7. Juni 2022 aus dem besonderen Anwaltspostfach des Klägers, der Rechtsanwalt ist, übermittelt. Dieses wäre nur dann wirksam i.S.v. § 130d Satz 1 i.V.m. § 130a Abs. 3 Satz 1 ZPO eingereicht, wenn es mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen gewesen wäre oder von der verantwortenden Person signiert eingereicht worden wäre. Beides ist vorliegend nicht der Fall:
aa) Eine qualifizierte elektronische Signatur wurde nach Aktenlage nicht angebracht (vgl. Prüfvermerk vom 7. Juni 2022 ...; Sicherer Übermittlungsweg aus einem besonderen Anwaltspostfach mit Eingangszeitpunkt ...).
bb) Eine (einfache) Signatur des Klägers, aus dessen beA die Einreichung erfolgt ist, ist ebenfalls nicht vorhanden. Demgegenüber ist der Text des Ablehnungsgesuchs mit der Unterschrift der Ehefrau des Beschwerdeführers ("...") abgeschlossen ... Somit besteht zwischen der von dem sicheren Übermittlungsweg als Absender ausgewiesenen Person (Rechtsanwalt ...) und der Person, welche die inhaltliche Verantwortung für das elektronische Dokument übernehmen wollte (Rechtsanwältin ...) offenkundig keine Identität mit der Folge, dass das Dokument nicht ordnungsgemäß eingereicht ist (vgl. BT-Drucksache 17/12634, Seite 25 u. 27; BGH, Beschluss vom 30. März 2022, Az.: XII ZB 311/21, zit. n. Juris, dort Rdnr. 10 f.; BAG NJW 2020, 2351 ff. [BAG 05.06.2020 - 10 AZN 53/20] mit Anm. H. Müller, hier zit. n. beck-online, dort Rdnr. 10 u. 14; Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 29. März 2022, Az.: 3 U 96/21, zit. n. Juris, dort Rdnr. 34; von Selle, in: BeckOK ZPO, 45. Ed. 1. Jul. 2022, § 130a ZPO, Rdnr. 16; Greger, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022, § 130a ZPO, Rdnr. 11; Stadler, in: Musielak/Voit, ZPO, 19. Aufl. 2022, § 130a ZPO, Rdnr. 6 u. 8).
c) Soweit der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 7. November 2022 die Auffassung vertritt, aus seinem beA eingereichte Schriftsätze, die mit der Unterschrift seiner Ehefrau (Anmerkung des Senats: als einfacher Signatur) versehen sind, seien wirksam eingereicht bzw. es sei ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden, greift diese Argumentation nicht durch; im Einzelnen:
aa) Es ist anerkannt, dass eine wirksame Einreichung auf dem sicheren Übermittlungsweg aus dem beA (§ 130d Satz 1, § 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO) nur dann in Betracht kommt, wenn die vom sicheren Übermittlungsweg ausgewiesene Person mit der das elektronische Dokument verantwortenden Person, die das Dokument signiert (unterschrieben) hat, identisch ist (vgl. BT-Drucksache 17/12634, Seite 25; BGH, Beschluss vom 7. September 2022, Az.: XII ZB 215/22, zit. n. Juris, dort Rdnr. 10 f.; BGH, Beschluss vom 30. März 2022, Az.: XII ZB 311/21, zit. n. Juris, dort Rdnr. 10; BAG NJW 2020, 2351 ff. [BAG 05.06.2020 - 10 AZN 53/20] mit Anm. H. Müller, hier zit. n. beck-online, dort Rdnr. 14; Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 29. März 2022, Az.: 3 U 96/21, zit. n. Juris, dort Rdnr. 34 f.; von Selle, in: BeckOK ZPO, 45. Ed. 1. Jul. 2022, § 130a ZPO, Rdnr. 16; Greger, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022, § 130a ZPO, Rdnr. 11; Stadler, in: Musielak/Voit, ZPO, 19. Aufl. 2022, § 130a ZPO, Rdnr. 6 u. 8). Das Ablehnungsgesuch weist indessen ausschließlich die Unterschrift der Ehefrau des Beschwerdeführers im Sinne einer einfachen Signatur auf. Die Auffassung des Beschwerdeführers, wonach "auch der Ehemann der Klägerin, der den Schriftsatz aus seinem beA versandt" habe (Anmerkung des Senats: Offenkundig gemeint: Kläger und Beschwerdeführer), sei "verantwortende Person", trifft demnach nicht zu. Da der Kläger und Beschwerdeführer in der einfachen Signatur in keiner Weise erwähnt ist, kann er entgegen seiner Auffassung schon im Ausgangspunkt nicht neben seiner Ehefrau verantwortende Person des Schriftsatzes sein.
bb) Der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts Beschluss vom 16. Februar 2022, Az.: B 5 R 198/21 B, konkret auf die dort veranlasste gerichtliche Nachfrage, vermag an dem Ergebnis nichts zu ändern. Das dort relevante anwaltliche Schreiben wurde über das beA übermittelt, trug den Briefkopf des Rechtsanwalts S und endete mit der maschinengeschriebenen Angabe "S, Rechtsanwalt" sowie dem handschriftlichen Zusatz "für den verhinderten RA S" und zwei nicht entzifferbaren Namenskürzeln sowie dem Zusatz "RA". Das Anwaltspostfach wurde mit einem für Herrn H ausgestellten Absenderzertifikat benutzt. Das Bundessozialgericht hat zu Recht deutlich gemacht, dass selbst bei leserlicher einfacher Signatur des Rechtsanwalts H es jedenfalls daran gemangelt habe, dass die als Nutzer des sicheren Übermittlungswegs beA ausgewiesene Person mit der Person identisch sein müsse, die die inhaltliche Verantwortung für das Dokument übernehme. Tatsächlich hat das Bundessozialgericht Nachfrage gehalten, woraufhin Rechtsanwalt S erklärt habe, dass er die den Schriftsatz verantwortende Person sei, während Rechtsanwalt H nach Auftreten technischer Probleme den Schriftsatz lediglich unterzeichnet und über seinen beA-Zugang übermittelt habe (vgl. BSG, Beschluss vom 16. Februar 2022, Az.: B 5 R 198/21 B, zit. n. Juris, dort Rdnr. 2, 10). Im dortigen Fall bestand damit keine Identität zwischen Versender und Verantwortung übernehmender Person. So liegen die Dinge auch hier. Die konkreten Motive des Bundessozialgerichts für die erfolgte Nachfrage können dahinstehen. Möglicherweise hat es sich dazu veranlasst gesehen, weil die - einzige - denkbare Konstellation einer Personenidentität, nämlich die Übernahme der Verantwortung des Unterschreibers H als signierender und versendender Person, nach den besonderen Umständen des Einzelfalles zunächst nicht hat gänzlich ausgeschlossen werden können. Anders liegt es im hiesigen Fall, in dem eine Personenidentität der ... als Unterschreiberin (signierender Person) zur versendenden Person Rechtsanwalt ... nach dem Inhalt des Dokuments von vorneherein nicht in Betracht kommt. Unabhängig davon, dass sich die handelnden Personen bereits umfassend zu dem Vorgang erklärt haben, bedarf es mithin neben den Hinweisen des Senats auch keiner Nachfragen.
cc) Dass der Versender der Kläger und zudem der Ehemann der signierenden Person ist, die als ursprüngliche Anspruchsinhaberin ihren Anspruch an den Kläger abgetreten hat, dass sämtliche Sachverhalte zwischen ihnen besprochen werden mögen und eine gemeinsame Teilnahme an mündlichen Verhandlungen erfolgt ist, hat mit den allein relevanten Fragen, welche Person (welcher Rechtsanwalt) welche konkreten Schriftsätze verantwortet und/oder versendet und ob jeweils eine wirksame Erklärung vorliegt, nichts gemein.
Das Erfordernis der persönlichen Übermittlung durch die verantwortende Person ist kein Selbstzweck, sondern soll wie bei der handschriftlichen Unterzeichnung die Identifizierung des Urhebers einer Verfahrenshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen. Indem der Gesetzgeber für bestimmende und vorbereitende Schriftsätze entweder die qualifizierte elektronische Signatur oder alternativ die Einreichung auf einem sicheren Übermittlungsweg angeordnet hat (§ 130a Abs. 3 und 4 ZPO i.V.m. § 4 Abs. 1 ERVV), hat er einen Authentisierungsstandard nach mindestens einer dieser beiden Methoden für erforderlich gehalten (vgl. BGH, Beschluss vom 30. März 2022, Az.: XII ZB 311/21, zit. n. Juris, dort Rdnr. 10 u. 12). Nur auf diese Weise lässt sich auch für alle Fälle hinreichende Rechtsklarheit erzeugen, ohne auf Sonderwissen oder anderweitige externe Anknüpfungsfaktoren zurückgreifen zu müssen. Keine der beiden vorgegebenen Alternativen ist vorliegend gewählt worden.
Bei - wie hier - lediglich einfach signierten (unterschriebenen) Dokumenten, die aus einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach übermittelt werden, ist indessen eine Versendung durch die Person erforderlich, die den Schriftsatz einfach signiert hat und damit verantwortet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Oktober 2021, Az.: 8 C 4/21, zit. n. Juris, dort Rdnr. 5; BAG, Beschluss vom 5. Juni 2020, Az.: 10 AZN 53/20, zit. n. Juris, dort Rdnr. 20 f.).
dd) Auch die Frage, welches der beiden Anwaltspostfächer das Gericht für Übermittlungen genutzt hat oder nutzt, ist entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht von Relevanz. Es ist anerkannt, dass grundsätzlich jeder Anwalt (Partner, Angestellter, freier Mitarbeiter) empfangsberechtigt ist und auch eine etwaige Mitteilung einer Sozietät, Zustellungen (z.B. per beA) seien an einen bestimmten Rechtsanwalt zu richten, die Empfangsberechtigung der übrigen nicht aufhebt (vgl. Schultzky, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022, § 172 ZPO, Rdnr. 4). Damit erübrigen sich Überlegungen, ob das Gericht sämtliche Korrespondenz über beide Anwaltspostfächer führen müsste.
ee) Nach alledem wurde bereits das Ablehnungsgesuch vom 7. Juni 2022 ... nicht wirksam angebracht (vgl. zur Form Goertz, in: Anders/Gehle, Zivilprozessordnung, 81. Aufl. 2023, § 44 ZPO, Rdnr. 6; vgl. zur uneingeschränkten Anwendbarkeit des § 130d ZPO (Nutzungspflicht für Rechtsanwälte und Behörden) bei Einreichung in elektronischer Form BT-Drucksache 17/12634, Seite 28; von Selle, in: BeckOK ZPO, 47. Ed. 1. Dez. 2022, § 130d ZPO, Rdnr. 3; Biallaß, in: jurisPK-ERV Band 2, 2. Aufl. Stand 19. Jan. 2023, § 130d ZPO, Rdnr. 48).
d) Das mit Schriftsatz vom 7. März 2023 angebrachte Ablehnungsgesuch ... stellt sich nicht als unverzüglich i.S.d. § 44 Abs. 4 Satz 2 ZPO dar.
Der in diesem Zusammenhang vorsorglich gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 7. März 2023 ... war zu verwerfen. Bei der Frist nach § 44 Abs. 4 Satz 2 ZPO handelt es sich nicht um eine wiedereinsetzungsfähige Frist (vgl. zu solchen Fristen Wendtland, in: BeckOK ZPO, 47. Ed. 1. Dez. 2022, § 233 ZPO, Rdnr. 4; Greger, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022, § 233 ZPO, Rdnr. 4 ff.), weshalb für einen Antrag auf Wiedereinsetzung kein Raum ist.
3. Auf Grundlage des auf den Senatsbeschluss vom 9. Februar 2023 erfolgten weiteren Vorbringens des Beschwerdeführers mit Schriftsatz vom 7. März 2023 ergibt sich kein anderes Ergebnis; im Einzelnen:
a) Dass die Übermittlung des Schriftsatzes durch den Kläger (Rechtsanwalt) persönlich aus seinem beA erfolgt ist, ändert nichts an dem Umstand, dass das Dokument nicht mit einer (einfachen) Signatur des Klägers (als Rechtsanwalt) versehen war, ihn mithin nicht als verantwortende Person auswies. Mithin lag keine wirksame Einreichung vor (vgl. oben II. 2. lit. b), bb)). Eine etwaige Schutzbedürftigkeit des signierenden Anwalts (hier wohl gemeint: der signierenden Anwältin), auf die der Beschwerdeführer Bezug nimmt, ist hierfür nicht von Belang.
b) Soweit ein Rechtsanwalt sich in eigener Sache in einem Verfahren vertritt, enthebt es ihn nicht von der Einhaltung der Vorschriften hinsichtlich der wirksamen elektronischen Einreichung über das beA nach § 130d Satz 1, § 130a Abs. 1, 3 u. 4 Nr. 2 ZPO (vgl. in ähnlichen Konstellationen auch LG Düsseldorf, Beschluss vom 4. Oktober 2022, Az.: 25 T 353/22, AnwaltBl Online 2022, 697 f.; VG Hamburg, Urteil vom 17. August 2022, Az.: 6 K 2297/22, zit. n. Juris, dort Rdnr. 20). Es wäre grotesk und mit der Rechtssicherheit sowie der uneingeschränkten Geltung dieser Vorgaben (vgl. oben II. 2. lit. c) ee)) nicht in Einklang zu bringen, in solchen Fällen ausnahmsweise eine Vereinfachung anzunehmen. Vorliegend besteht nicht im Ansatz ein Zweifel daran, dass der Kläger die Erklärung nicht etwa in seiner Eigenschaft als Partei (natürliche Person) abgegeben hat, sondern in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt. Der Kläger ist nach seinem eigenen Vorbringen (vgl. Schriftsatz vom 7. November 2022, Seite 2, ...) als Prozessbevollmächtigter in eigener Sache aufgetreten. Schon in der Klage (vgl. Formulierung "erheben wir Klage" ...) ist er neben seiner Ehefrau als Prozessbevollmächtigter benannt. In dem Ablehnungsantrag (Anwaltsschriftsatz) heißt es wörtlich: "(...) lehnen wir im Namen des Klägers (...) ab". Außerdem hat der Kläger für die Übermittlung das besondere elektronische Anwaltspostfach genutzt. Dies zeigt in aller Deutlichkeit, dass nicht etwa eine Erklärung des Klägers persönlich vorlag, sondern die Erklärung eines Prozessbevollmächtigten (Rechtsanwalts). Mithin ist hieran auch die Wirksamkeit der Erklärung zu messen.
c) Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers war es durch die Einreichung über sein beA auch nicht offenkundig, dass er damit die inhaltliche Verantwortung übernehmen würde. Dies hätte nämlich gerade vorausgesetzt, dass die Übernahme der Verantwortung durch die (einfache) Signatur im Schriftsatz angelegt gewesen wäre. Dies war aber nicht der Fall, vielmehr stammte die vorhandene einfache Signatur von seiner Ehefrau (vgl. auch oben II. 2. lit. c) cc)).
d) Soweit der Beschwerdeführer auf einen etwaigen Vertrauenstatbestand wegen vorhergehender Einreichungen verweist, vermag auch dies kein anderes Ergebnis zu rechtfertigen. Insoweit ist von entscheidender Relevanz, dass die Wirksamkeit der elektronischen Einreichung eine Frage der Zulässigkeit und daher von Amts wegen zu beachten ist. Auf die Einhaltung kann auch der Gegner weder verzichten noch sich rügelos einlassen (vgl. BT-Drucksache 17/12634, Seite 28). Mithin kann hierdurch der Beschwerdeführer nicht von einer wirksamen Einreichung auf Grundlage der §§ 130d Satz 1, § 130a Abs. 1, 3 u. 4 Nr. 2 ZPO enthoben werden.
4. Nach alledem unterliegt die sofortige Beschwerde der Zurückweisung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens bestimmt sich gemäß §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 48 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO nach dem Streitwert der Hauptsache (BGH, Beschluss vom 6. April 2006, Az.: V ZB 194/05, zit. n. Juris).
Für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 ZPO ist kein Raum, weil die Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
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