08.12.2016 · IWW-Abrufnummer 190438
Oberlandesgericht Koblenz: Beschluss vom 08.03.2016 – 7 WF 126/16
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 7 WF 126/16
96 F 156/15 AG Bad Kreuznach
Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss
In der Familiensache
…
- Antragstellerin und Beschwerdeführerin -
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte …
gegen
…
- Antragsgegner und Beschwerdegegner -
Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt …
wegen Beschwerde gegen isolierte Kostenentscheidung
hat der 7. Zivilsenat - 4. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz durch die Richterin am Oberlandesgericht Dühr-Ohlmann als Einzelrichterin
am 08.03.2016
beschlossen:
I. Auf die die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bad Kreuznach vom 25.1.2016 (isolierte Kostenentscheidung) teilweise geändert und neu gefasst wie folgt:
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner zu 68 %, die Antragstellerin zu 32 %.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Antragsgegner zu 68 %, die Antragstellerin zu 32 %.
III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 2.100,00 € festgesetzt.
Gründe:
Im vorliegenden Verfahren hat die Antragstellerin den Antragsgegner zuletzt auf Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von zuletzt 368,00 € monatlich, beginnend ab September 2015, in Anspruch genommen sowie auf Zahlung eines Rückstands für die Zeit von April bis August 2015 in Höhe von zuletzt 1.704,00 €.
Der Antragsgegner, der zuvor den Zugang der Klageschrift bestritten hatte, erkannte die Forderung ab dem 1.9.2015 in Höhe von 348,00 € monatlich an.
Hierüber erging Teilanerkenntnisbeschluss des Amtsgerichts am 4.11.2015. Die Kostenentscheidung behielt das Amtsgericht dem Endbeschluss vor, zu dem es aber nicht mehr kam, weil die Antragstellerin den weitergehenden Antrag zurückgenommen hat.
Durch den hier angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht die Kosten des Rechtsstreits insgesamt der Antragstellerin auferlegt mit der Begründung, dass ein sofortiges Anerkenntnis des Antragsgegners vorgelegen habe, § 243 Nr.4 FamFG.
Die Antragstellerin habe nicht die Behauptung widerlegen können, dass dieser außergerichtlich eine Zahlungsaufforderung nicht erhalten habe.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde:
Sie ist der Ansicht, dass ein sofortiges Anerkenntnis schon deshalb nicht vorliegen könne, weil der Antragsgegner auf sein Anerkenntnis bisher nichts gezahlt habe und auch die Vollstreckung nichts gebracht habe. Im Übrigen habe der Antragsgegner ausweislich des elektronischen Postausgangsbuches das sich bei den Akten befindliche Schreiben vom 24.3.2015 erhalten, mit dem er zur Zahlung des Unterhalts bzw. zur Vorlage von Einkommensunterlagen aufgefordert worden sei.
Das habe er im Übrigen gegenüber der Schwester der Antragstellerin bestätigt.
Die Antragstellerin beantragt, die Verfahrenskosten dem Antragsgegner aufzuerlegen.
Der Antragsgegner hält die Entscheidung für richtig. Die Unterlagen habe er auf Wunsch der Ehefrau dem Anwalt überlassen. Er bleibt dabei, dass er das außergerichtliche Schreiben nicht erhalten hat.
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist gem. §§ 113 Abs.1 FamFG, 99 Abs.2, 567 ff ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat sie einen überwiegenden Teilerfolg.
Nach § 243 FamFG hat das Gericht eine Billigkeitsentscheidung zu treffen, wobei es die Tatbestände der Nummern 1 bis 4 der Vorschrift in sein Ermessen einzubeziehen hat.
Die Entscheidung ist zwar nur auf Ermessensfehler hin überprüfbar. Ein solcher liegt aber hier vor, weil das Amtsgericht von einer fehlerhaften Beweislastverteilung ausgegangen ist.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Rechtsstreits nur insoweit zu tragen, als sie dem zurückgenommenen Teil des Antrags entsprechen. Bezogen auf den zuletzt gestellten Antrag entspricht das einem Anteil von 32 %.
Das Anerkenntnis des Antragsgegners ist dagegen kein sofortiges.
Dabei spielt es allerdings nach der überwiegenden Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, keine Rolle, ob der Antragsgegner sein Anerkenntnis zugleich erfüllt hat bzw. laufend erfüllt. Das ergibt sich schon daraus, dass der Antragsteller im Verfahren eben nur einen Titel und nicht bereits die Erfüllung erlangen kann.
Ein sofortiges Anerkenntnis liegt aber dann nicht vor, wenn vom Zugang des Schreibens vom 24.3.2015 an den Antragsgegner auszugehen ist. Das ist der Fall. Es muss dem prozessrechtlichen Kontext besondere Rechnung getragen werden, indem sich die Frage der Beweislast stellt. Die maßgebliche Frage lautet nicht, wer für den Zugang des Aufforderungsschreibens die Beweislast trägt; sie lautet vielmehr, wer darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat, ob der Antragsgegner im Falle eines möglichen sofortigen Anerkenntnisses Anlass zur Klage bzw. zur Antragstellung gegeben hat. Dass dies nicht der Antragsteller, sondern der Antragsgegner ist, ist im Prozessrecht allgemein anerkannt. Nach den allgemeinen Beweislastregeln muss derjenige, der sich auf einen Ausnahmetatbestand beruft, diesen auch beweisen (vgl. BGH, Beschluss vom 21.12.2006, 1 ZB 17/06 für den Zugang eines Abmahnschreibens, zitiert nach Beck-online).
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner hier eine negative Tatsache beweisen muss. Das führt zwar dazu, dass die Antragstellerin dem Bestreiten des Antragsgegners substantiiert entgegentreten muss. Dem hat sie aber damit Genüge getan, dass sie das Versenden des Briefes in der Postausgangsmappe nachgewiesen und außerdem erklärt hat, dass der Antragsgegner gegenüber einer Zeugin den Zugang des Anwaltsschreibens bestätigt hat.
Diesen Vortrag hat der Antragsgegner auch nicht ansatzweise widerlegt. Vielmehr spricht gegen ein glaubwürdiges Vorbringen insoweit auch folgendes:
Der Antragsgegner hat auch behauptet, die Antragsschrift nicht zugestellt erhalten zu haben. Sie ist ihm aber nach den Erledigungsvermerken sowohl mit dem VKH-Antrag formlos als auch mit der Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens förmlich zugestellt worden. Die Zustellungsurkunde, in der eine Ersatzzustellung gem. § 180 ZPO durch Einlegen in den zur Wohnung des Antragstellers gehörenden Briefkasten bestätigt wird, befindet sich bei den Akten.
Nach allem liegt ein sofortiges Anerkenntnis nicht vor mit der Folge, dass wegen des über die Rücknahme hinausgehenden anerkannten Teils des Antrags die Kosten der Antragsgegner zu tragen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs.1 ZPO.
Der Streitwert ergibt sich aus den geschätzten Verfahrenskosten.
Dühr-Ohlmann
Richterin am Oberlandesgericht
Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG):
Übergabe an die Geschäftsstelle
am 09.03.2016.
Bürßner, Justizsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
96 F 156/15 AG Bad Kreuznach
Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss
In der Familiensache
…
- Antragstellerin und Beschwerdeführerin -
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte …
gegen
…
- Antragsgegner und Beschwerdegegner -
Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt …
wegen Beschwerde gegen isolierte Kostenentscheidung
hat der 7. Zivilsenat - 4. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz durch die Richterin am Oberlandesgericht Dühr-Ohlmann als Einzelrichterin
am 08.03.2016
beschlossen:
I. Auf die die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bad Kreuznach vom 25.1.2016 (isolierte Kostenentscheidung) teilweise geändert und neu gefasst wie folgt:
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner zu 68 %, die Antragstellerin zu 32 %.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Antragsgegner zu 68 %, die Antragstellerin zu 32 %.
III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 2.100,00 € festgesetzt.
Gründe:
Im vorliegenden Verfahren hat die Antragstellerin den Antragsgegner zuletzt auf Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von zuletzt 368,00 € monatlich, beginnend ab September 2015, in Anspruch genommen sowie auf Zahlung eines Rückstands für die Zeit von April bis August 2015 in Höhe von zuletzt 1.704,00 €.
Der Antragsgegner, der zuvor den Zugang der Klageschrift bestritten hatte, erkannte die Forderung ab dem 1.9.2015 in Höhe von 348,00 € monatlich an.
Hierüber erging Teilanerkenntnisbeschluss des Amtsgerichts am 4.11.2015. Die Kostenentscheidung behielt das Amtsgericht dem Endbeschluss vor, zu dem es aber nicht mehr kam, weil die Antragstellerin den weitergehenden Antrag zurückgenommen hat.
Durch den hier angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht die Kosten des Rechtsstreits insgesamt der Antragstellerin auferlegt mit der Begründung, dass ein sofortiges Anerkenntnis des Antragsgegners vorgelegen habe, § 243 Nr.4 FamFG.
Die Antragstellerin habe nicht die Behauptung widerlegen können, dass dieser außergerichtlich eine Zahlungsaufforderung nicht erhalten habe.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde:
Sie ist der Ansicht, dass ein sofortiges Anerkenntnis schon deshalb nicht vorliegen könne, weil der Antragsgegner auf sein Anerkenntnis bisher nichts gezahlt habe und auch die Vollstreckung nichts gebracht habe. Im Übrigen habe der Antragsgegner ausweislich des elektronischen Postausgangsbuches das sich bei den Akten befindliche Schreiben vom 24.3.2015 erhalten, mit dem er zur Zahlung des Unterhalts bzw. zur Vorlage von Einkommensunterlagen aufgefordert worden sei.
Das habe er im Übrigen gegenüber der Schwester der Antragstellerin bestätigt.
Die Antragstellerin beantragt, die Verfahrenskosten dem Antragsgegner aufzuerlegen.
Der Antragsgegner hält die Entscheidung für richtig. Die Unterlagen habe er auf Wunsch der Ehefrau dem Anwalt überlassen. Er bleibt dabei, dass er das außergerichtliche Schreiben nicht erhalten hat.
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist gem. §§ 113 Abs.1 FamFG, 99 Abs.2, 567 ff ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat sie einen überwiegenden Teilerfolg.
Nach § 243 FamFG hat das Gericht eine Billigkeitsentscheidung zu treffen, wobei es die Tatbestände der Nummern 1 bis 4 der Vorschrift in sein Ermessen einzubeziehen hat.
Die Entscheidung ist zwar nur auf Ermessensfehler hin überprüfbar. Ein solcher liegt aber hier vor, weil das Amtsgericht von einer fehlerhaften Beweislastverteilung ausgegangen ist.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Rechtsstreits nur insoweit zu tragen, als sie dem zurückgenommenen Teil des Antrags entsprechen. Bezogen auf den zuletzt gestellten Antrag entspricht das einem Anteil von 32 %.
Das Anerkenntnis des Antragsgegners ist dagegen kein sofortiges.
Dabei spielt es allerdings nach der überwiegenden Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, keine Rolle, ob der Antragsgegner sein Anerkenntnis zugleich erfüllt hat bzw. laufend erfüllt. Das ergibt sich schon daraus, dass der Antragsteller im Verfahren eben nur einen Titel und nicht bereits die Erfüllung erlangen kann.
Ein sofortiges Anerkenntnis liegt aber dann nicht vor, wenn vom Zugang des Schreibens vom 24.3.2015 an den Antragsgegner auszugehen ist. Das ist der Fall. Es muss dem prozessrechtlichen Kontext besondere Rechnung getragen werden, indem sich die Frage der Beweislast stellt. Die maßgebliche Frage lautet nicht, wer für den Zugang des Aufforderungsschreibens die Beweislast trägt; sie lautet vielmehr, wer darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat, ob der Antragsgegner im Falle eines möglichen sofortigen Anerkenntnisses Anlass zur Klage bzw. zur Antragstellung gegeben hat. Dass dies nicht der Antragsteller, sondern der Antragsgegner ist, ist im Prozessrecht allgemein anerkannt. Nach den allgemeinen Beweislastregeln muss derjenige, der sich auf einen Ausnahmetatbestand beruft, diesen auch beweisen (vgl. BGH, Beschluss vom 21.12.2006, 1 ZB 17/06 für den Zugang eines Abmahnschreibens, zitiert nach Beck-online).
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner hier eine negative Tatsache beweisen muss. Das führt zwar dazu, dass die Antragstellerin dem Bestreiten des Antragsgegners substantiiert entgegentreten muss. Dem hat sie aber damit Genüge getan, dass sie das Versenden des Briefes in der Postausgangsmappe nachgewiesen und außerdem erklärt hat, dass der Antragsgegner gegenüber einer Zeugin den Zugang des Anwaltsschreibens bestätigt hat.
Diesen Vortrag hat der Antragsgegner auch nicht ansatzweise widerlegt. Vielmehr spricht gegen ein glaubwürdiges Vorbringen insoweit auch folgendes:
Der Antragsgegner hat auch behauptet, die Antragsschrift nicht zugestellt erhalten zu haben. Sie ist ihm aber nach den Erledigungsvermerken sowohl mit dem VKH-Antrag formlos als auch mit der Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens förmlich zugestellt worden. Die Zustellungsurkunde, in der eine Ersatzzustellung gem. § 180 ZPO durch Einlegen in den zur Wohnung des Antragstellers gehörenden Briefkasten bestätigt wird, befindet sich bei den Akten.
Nach allem liegt ein sofortiges Anerkenntnis nicht vor mit der Folge, dass wegen des über die Rücknahme hinausgehenden anerkannten Teils des Antrags die Kosten der Antragsgegner zu tragen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs.1 ZPO.
Der Streitwert ergibt sich aus den geschätzten Verfahrenskosten.
Dühr-Ohlmann
Richterin am Oberlandesgericht
Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG):
Übergabe an die Geschäftsstelle
am 09.03.2016.
Bürßner, Justizsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
RechtsgebietProzessrecht