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  • 02.07.2015 · IWW-Abrufnummer 144817

    Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht: Urteil vom 26.05.2015 – 11 U 136/14

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    11 U 136/14
    3 O 169/12 Landgericht Kiel

    verkündet am: 29.05.2015

    Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht

    Urteil

    Im Namen des Volkes

    In dem Rechtsstreit

    hat der 11. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 26. Mai 2015 durch den Richter am Oberlandesgericht xxx als Einzelrichter für Recht erkannt:

    Die Berufung der Beklagten gegen das am 19. September 2014 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kiel wird zurückgewiesen.

    Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

    Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

    Gründe

    I.

    Von der Darstellung tatsächlicher Feststellungen wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. § 544 Abs. 1 S. 1 ZPO, § 26 Nr. 8 S. 1 EGZPO abgesehen.

    II.

    Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

    Dem klagenden Verein steht der geltend gemachte Vergütungsanspruch aus Vertrag zu.

    1.
    Die Fälligkeit wird nicht dadurch hinausgeschoben, dass die betreffenden Werbeplakate nicht ausgeliefert wurden. Die diesbezügliche Vertragsklausel ist mehrdeutig, was gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten der Beklagten als Verwenderin der entsprechenden Klausel geht. An fraglicher Stelle heißt es im Vertrag (Anlage K1), dass der Sportverein eine jährliche finanzielle Zuwendung bekomme, die „immer für zwei Jahre nach Auslieferung der neuen Plakate gezahlt wird.“ Diese Formulierung lässt sich zwar als Fälligkeitsbestimmung auslegen. Genauso naheliegend ist allerdings ein Verständnis dahingehend, dass mit dem zitierten Relativsatz lediglich die Dauer der zu vergütenden Werbeperiode und deren Beginn umschrieben werden. Danach beginnt der jeweils zu vergütende Zeitraum mit Auslieferung der neuen Plakate und dauert zwei Jahre. Die Fälligkeit der Vergütung als solche wäre danach nicht an die Auslieferung der Plakate geknüpft, sondern an den regelmäßigen Beginn der Werbesaison für das jeweilige Jahr. Für ein Verständnis der Klausel im letztgenannten Sinne spricht, dass danach die Fälligkeit der Vergütung nicht in das Belieben des Schuldners gestellt wäre. Letztlich kann indes die Frage offenbleiben, da – wie ausgeführt – Zweifel bei der Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen zulasten des Verwenders gehen.

    Die beschriebene Unsicherheit in der Auslegung der Klausel ist bereits erstinstanzlich problematisiert worden. Verwiesen sei insoweit auf die Ausführungen auf S. 2 der Replik vom 18. Dezember 2012.

    2.
    Der Beklagten stand kein außerordentliches Kündigungsrecht gemäß § 314 Abs. 1 BGB zur Seite. Ein wichtiger Kündigungsgrund lag nicht vor. Ein solcher ist nur gegeben bei Tatsachen, die unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertrags mit dem Kündigenden unzumutbar machen. Dabei müssen die Kündigungsgründe im Allgemeinen im Risikobereich des Kündigungsgegners liegen. Hier ergibt sich aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrag gerade nicht, dass das Risiko sportlichen Misserfolgs der ersten Herrenmannschaft der Fußballabteilung und ein darauf beruhender nicht ausreichender Anzeigenverkauf in die Risikosphäre des klagenden Vereins fielen. Entsprechendes folgt gerade nicht aus der im Vertrag zugunsten der Beklagten vorgesehenen Möglichkeit, bei nicht ausreichendem Anzeigenverkauf vom Vertrag Abstand zu nehmen. Denn diese Regelung ist gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam; auf die insoweit zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil wird Bezug genommen.

    Damit hat es grundsätzlich mit der im Vertrag vorgesehenen Möglichkeit der ordentlichen Kündigung sein Bewenden. Danach hatte der Vertrag Mitte des Jahres 2012 noch eine Laufzeit von rund vier Jahren. Selbst wenn man mit der Beklagten davon ausgeht, dass aufgrund des sportlichen Misserfolgs der ersten Herrenmannschaft des klagenden Vereins die in Aussicht genommene Sportplatz- und Plakatwerbung nicht mehr wirtschaftlich war, bleibt es doch dabei, dass sich die Beklagte an der getroffenen vertraglichen Regelung festhalten lassen muss. Einem langfristigen Werbevertrag wie er hier in Rede steht, liegt eine längerfristige Kooperation zugrunde, bei der beide Parteien Risiken tragen und zugunsten des jeweiligen Vertragspartners wirtschaftliche Zugeständnisse machen müssen. Der klagende Verein erkaufte sich die lange Vertragslaufzeit mit Einbußen in der Gewinnerwartung in Zeiten sportlichen Erfolgs, in denen mehr als die jährliche Zuwendung in Höhe von 1.500,00 € zu erzielen gewesen wären. Auf der anderen Seite hat der Verein finanzielle Sicherheit in Zeiten, die von sportlichen und wirtschaftlichen Durststrecken gekennzeichnet sind. Umgekehrt verhält es sich bei der Beklagten. Diese kann in Zeiten sportlichen Erfolgs den darauf beruhenden wirtschaftlichen Mehrgewinn bei der Werbung alleine vereinnahmen, während sie in Zeiten sportlichen Misserfolgs den Verein nach Maßgabe der vertraglichen Vereinbarung weiter durch ihre jährlichen finanziellen Zuwendungen unterstützen muss.

    Eine Risikoabwälzung für den Fall nicht ausreichenden Anzeigenverkaufs ist der Beklagten – wie ausgeführt – nicht in rechtlich wirksamer Weise gelungen. Hinzu kommt, dass nicht ersichtlich ist, dass einer Vermarktung der Werbeflächen ggf. unter deutlichen Preisnachlässen auch bei dem gegebenen sportlichen Misserfolg der ersten Herrenmannschaft des klagenden Vereins nicht doch möglich gewesen wäre. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der sportliche Erfolg der ersten Herrenmannschaft nur einen von mehreren Anknüpfungspunkten mit Blick auf die Zumutbarkeit der weiteren Vertragsdurchführung darstellt. Denn die Werbung sollte sich auf alle Bereiche der Fußballabteilung des klagenden Vereins erstrecken, d.h. auch für sportliche Veranstaltungen anderer Mannschaften dieses Vereins, etwa der zweiten Herrenmannschaft oder der vorhandenen Frauen- und Jugendmannschaften. Ein im Amateurbereich engagierter Fußballverein kann eine erhebliche soziale Bindungskraft für die Region besitzen, ohne sportlich sonderlich erfolgreich zu sein. Dieser Aspekt stellt einen Gesichtspunkt dar, der ebenfalls für einen möglichen Erfolg des Anzeigenverkaufs und einer entsprechenden Kalkulation hierfür bedeutsam sein kann.

    3.
    Aufgrund der oben dargelegten eindeutigen Risikozuweisung scheidet auch eine Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) aus.

    4.
    Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Revision ist mangels Vorliegens der gesetzlich bestimmten Voraussetzungen (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht zuzulassen.

    RechtsgebietRestschuldbefreiungVorschriften§ 4 Abs. 5 RDGEG