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  • · Fachbeitrag · Inkassokosten

    Anrechnung auf Rechtsanwaltsgebühren

    Kosten für die Vertretung durch das Inkassobüro im gerichtlichen Mahnverfahren sind nicht auf Rechtsanwaltskosten anrechenbar, sondern entstehen zusätzlich (AG Charlottenburg 3.8.12, 216 C 159/11, Abruf-Nr. 130591).

    Sachverhalt

    Der Rechtspfleger hatte im Kostenfestsetzungsverfahren die anwaltliche Verfahrensgebühr um 25 EUR - nach § 4 Abs. 4 RDGEG erstattungsfähige Inkassokosten für die Vertretung der Klägerin im gerichtlichen Mahnverfahren - mit der Begründung vermindert, diese Kosten seien anzurechnen, da sich die Klägerin schon im Mahnverfahren durch einen Rechtsanwalt habe vertreten lassen können. Hiergegen richtet sich die Erinnerung der Klägerin.

     

    Entscheidungsgründe

    Wie von der Klägerin begehrt, sind 25 EUR als Kosten für die Vertretung durch das Inkassobüro als notwendige Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 Abs. 1 ZPO, § 4 Abs. 4 S. 2 RDGEG festzusetzen.

     

    Dem steht zunächst nicht entgegen, dass die Erstattungspflicht für Kosten der Beauftragung des Inkassounternehmens zum Teil bereits mit Urteil tituliert war. Streitgegenständlich war nur Anspruch auf Erstattung der Inkassokosten für die Tätigkeit im vorgerichtlichem Mahnverfahren. Über die weiteren Inkassokosten für die Tätigkeit im gerichtlichen Mahnverfahren wurde im Urteil damit auch nicht entschieden.

     

    Dass die Kosten im Kostenfestsetzungsverfahren festgesetzt werden können, ergibt sich bereits aus § 4 Abs. 4 S. 2 RDGEG. Von der Erforderlichkeit der Kosten gemäß § 91 Abs. 1 ZPO ist auszugehen.

     

    Nicht notwendige Rechtsverfolgungskosten stellen die Kosten für die Beauftragung eines Inkassounternehmens mit der Beitreibung einer Forderung im gerichtlichen Mahnverfahren in der Regel nur dar, wenn Anhaltspunkte vorliegen, dass ohne Durchführung des streitigen Erkenntnisverfahrens der Schuldner nicht leisten und auch eine Titulierung nicht gelingen wird. Hierfür war nichts vorgebracht, und auch nichts ersichtlich.

     

    Hier konnte die Klägerin erkennen, dass die Beklagte auch auf Zahlungsaufforderungen nicht leisten würde. Dies gab noch keinen Anlass zur Besorgnis, dass die Durchführung des gerichtlichen Mahnverfahrens nicht zu einer Titulierung führen könne.

     

    Die Notwendigkeit kann in diesem Fall auch nicht mit der Überlegung verneint werden, dass sogleich ein Rechtsanwalt hätte beauftragt werden können. Dies scheidet schon deshalb aus, weil es auf die Perspektive bei Einleitung des gerichtlichen Mahnverfahrens ankommt. Gelingt die Titulierung im gerichtlichen Mahnverfahren, dann wirkt sich das Nichteinschalten eines Rechtsanwaltes in Verbindung mit der Deckelung nach § 4 Abs. 4 S. 2 RDGEG erheblich schuldnerschützend aus (so auch AG Donaueschingen NJW-RR 10, 503).

     

    Im Übrigen würde bei Beauftragung eines Rechtsanwalts jedenfalls die Post- und Telekommunikationspauschale zusätzlich anfallen (keine Anrechnung), sodass selbst dann fast keine Mehrkosten anfallen, wenn die Titulierung im gerichtlichen Mahnverfahren doch nicht gelingt (so auch Hansens, RVGReport 11, 92).

     

    Eine Anrechnung der 25 EUR auf entstandene Rechtsanwaltskosten darf nicht stattfinden, da es schon insofern an einer gesetzlichen Vorschrift fehlt.

     

    Praxishinweis

    Der Entscheidung des AG ist in vollem Umfang zuzustimmen. Nach § 79 Abs. 2 Nr. 4 ZPO ist nicht nur der Rechtsanwalt, sondern sind auch registrierte Inkassodienstleister seit der Reform des Rechtsberatungsrechtes zum 1.7.08 berechtigt, das gerichtlichen Mahnverfahren zu betreiben.

     

    Folge: Die grundsätzliche Auswahl des Rechtsdienstleisters obliegt deshalb dem Gläubiger.

     

    Der Gläubiger wird dabei allerdings berücksichtigen müssen, dass den Inkassounternehmen die Vertretung des Gläubigers im streitigen Verfahren nicht erlaubt ist. Ist also aus der allein maßgeblichen Sicht zum Zeitpunkt der Beauftragung (ex-ante-Sicht) bereits mit einem Widerspruch oder einem Einspruch zu rechnen, stellt die Beauftragung des Inkassounternehmens einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht nach § 254 BGB dar und erweist sich zugleich im Sinne der Kostenvorschriften (§ 4 Abs. 4 RDGEG in Verbindung mit § 91 ZPO) als nicht notwendig. Die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt der Schuldner.

     

    Wichtig ist folgender Hinweis des AG: Es spricht nicht gegen, sondern für das Mahnverfahren, dass der Schuldner vorgerichtlich weder sachliche Einwendungen erhoben hat, noch überhaupt reagierte. Dann ist nämlich gerade nicht zu erwarten, dass er seine Verhaltensweise ändert. Die praktische Erfahrung spricht vielmehr dafür, dass in vielen Fällen dann eine Titulierung durch Vollstreckungsbescheid gelingt.

     

    Zweifelhaft, zumindest aber missverständlich, ist allerdings die nicht näher begründete Ansicht des AG, § 4 Abs. 4 RDGEG würde die erstattungsfähigen Kosten für die Tätigkeit eines Inkassounternehmens auf 25 EUR deckeln. Das gilt nur für den prozessualen Kostenerstattungsanspruch aus § 91 ZPO. Allerdings stand auch nur dieser vorliegend in Streit.

     

    Unberührt bleibt das Recht des Gläubigers aus anderen, insbesondere materiell rechtlichen Anspruchsgrundlagen, wie etwa § 280, 286 BGB, einen höheren Schadenersatzanspruch zu verfolgen. Diesen wollte der Gesetzgeber nur nicht „durchwinken“. Vielmehr sollte dieser Anspruch zur vollen Überprüfung des Prozessgerichts stehen.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Kommt jetzt die Deckelung der Inkassokosten?, FMP 13, 19
    • Anrechnung der Gebühren im Mahnverfahren, FMP 13, 13
    • BVerfG: Inkassokosten als Verzugsschaden erstattungsfähig, FMP 12, 79
    • Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken: Anwälte und Inkassounternehmen sind gefordert, FMP 12, 59
    • Keine Anrechnung auf die Verfahrensgebühr des Erkenntnisverfahrens, FMP 12, 55
    Quelle: Ausgabe 03 / 2013 | Seite 46 | ID 38257480