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  • · Fachbeitrag · Forderungsrecht

    BVerfG: Inkassokosten als Verzugsschaden erstattungsfähig

    • 1. Eine Auslegung und Anwendung der einschlägigen zivilprozessualen Vorschriften, die den Zugang zum Rechtsmittel erschwert, ist mit dem - für bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG folgenden - Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und dadurch den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar einschränkt.
    • 2. Objektive Willkür liegt insbesondere vor, wenn das Gericht ohne Auseinandersetzung mit der Sach- und Rechtslage eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder deren Inhalt bei Auslegung und Anwendung in krasser Weise missdeutet.
    • 3. Inkassokosten sind als Verzugsschaden erstattungsfähig.

    (BVerfG 7.9.11, 1 BvR 1012/11, Abruf-Nr. 121354)

    Sachverhalt

    Die Klägerin ist ein privatärztliches Abrechnungsinstitut, das ärztliche Honorarforderungen gegen Patienten gewerbsmäßig ankauft, sich abtreten lässt und anschließend eigenständig geltend macht. Trotz Inrechnungstellung und anschließender Mahnung mit jeweils angemessener Fristsetzung bezahlte der Beklagte die geforderten Honorare ohne Angabe von Gründen nicht. Die Klägerin beauftragte daher ein Inkassounternehmen mit der Geltendmachung der Forderungen. Auch deren Bemühungen, die Forderungen beizutreiben, blieben aber erfolglos. Die Klägerin verfolgte danach den Anspruch nebst Inkassokosten mit gerichtlicher Hilfe. Begründet wurde die Geltendmachung der Inkassokosten auch unter Bezugnahme auf mehrere obergerichtliche Entscheidungen (BGH 24.5.67, VIII ZR 278/64; OLG Dresden NJW-RR 96, 1471). Danach sei die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten ausdrücklich anerkannt. Die Klägerin bedient sich regelmäßig des beauftragten Inkassounternehmens zur Forderungseinziehung, was auch meist ohne Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe zum Erfolg führe. Im konkreten Fall haben zum Zeitpunkt der Beauftragung keine Anhaltspunkte vorgelegen, dass die Forderungen nur im Fall einer gerichtlichen Titulierung gezahlt wird.

     

    Das AG äußerte Bedenken bezüglich der Erstattungsfähigkeit der Inkassokosten, worauf die Klägerin diese erneut begründete und darauf hinwies, dass im Fall des Abweichens von den o.g. Entscheidungen die Berufung zwingend zuzulassen sei. Gleichwohl verweigerte das AG die Zuerkennung der Inkassokosten und die Zulassung der Berufung, was auch auf die Anhörungsrüge hin nicht korrigiert wurde. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Gläubigerin eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 sowie von Art. 3 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG.