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  • 13.01.2010 | Restschuldbefreiung

    Eheschließung in der Wohlverhaltensphase: Gläubiger müssen nachfragen

    Der Schuldner, der dem Treuhänder die Eheschließung ohne weitere Angaben zu den Einkünften des Ehepartners mitteilt, „verheimlicht“ keine von der Abtretungserklärung erfassten Bezüge (BGH 22.10.09, IX ZB 249/08, Abruf-Nr. 093748).

     

    Sachverhalt

    Seit März 2002 befand sich die Schuldnerin in der Wohlverhaltensphase. Ab Juli 2004 überwies der Arbeitgeber der Schuldnerin den pfändbaren Teil ihres Einkommens an den Treuhänder. Im November 04 heiratete die Schuldnerin. Sie teilte dies dem Treuhänder auch mit. Zum 1.1.05 wählte die Schuldnerin die Steuerklasse V. Dies hatte zur Folge, dass kein pfändba-res Einkommen der Schuldnerin mehr verblieb. Zum 1.6.05 wechselte die Schuldnerin in die Steuerklasse IV. Pfändbare Beträge wurden weiterhin nicht an den Treuhänder abgeführt, weil der Ehemann der Schuldnerin als unterhaltsberechtigte Person gezählt wurde. Der Treuhänder bemerkte dies, nachdem er die Schuldnerin 2006 um Übersendung der letzten drei Lohnmitteilungen gebeten und erneut beim Arbeitgeber der Schuldnerin rückgefragt hatte. Auskunft über die Höhe des Einkommens ihres Ehemanns erteilte die Schuldnerin nicht. Der Treuhänder beantragte dann, dem Ehemann bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens rückwirkend unberücksichtigt zu lassen. Der Antrag hatte Erfolg, jedoch erst mit Wirkung ab Antragstellung. Wäre der Antrag vor dem 1.7.05 gestellt worden, hätte der Treuhänder im Zeitraum Juli 2005 bis Juni 2006 insgesamt 737,40 EUR zur Masse ziehen können. Die Gläubigerin beantragt die Versagung der Restschuldbefreiung. Während AG und LG dem Antrag entsprochen haben, sieht der BGH die Sach- und Rechtslage anders.  

     

    Entscheidungsgründe

    § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO verpflichtet den Schuldner nicht, den Treuhänder von sich aus auf eine Erhöhung des an ihn ausgezahlten Nettolohns oder darauf hinzuweisen, dass eine nach dem Gesetz unterhaltsberechtigte Person eigene Einkünfte hat. Gemäß § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO muss der Schuldner (nur) jeden Wechsel des Wohnsitzes und der Beschäftigungsstelle unverzüglich dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder anzeigen. Von Änderungen des Auszahlungsbetrags und von eigenen Einkünften unterhaltsberechtigter Personen ist im Gesetz nicht die Rede. Gemäß § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO darf der Schuldner außerdem keine von der Abtretungserklärung erfassten Bezüge verheimlichen. Die Voraussetzungen dieses Tatbestands werden durch unterlassene Hinweise auf einen höheren Auszahlungsbetrag sowie auf den Wegfall (oder das anfängliche Fehlen) der Bedürftigkeit eines Unterhaltsberechtigten jedoch ebenfalls nicht erfüllt.  

     

    Bezüge, die nur aufgrund eines Beschlusses nach § 850c Abs. 4 ZPO gepfändet werden können, stellen allerdings „von der Abtretung erfasste Bezüge“ im Sinne von § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO dar. Dies folgt bereits daraus, dass der Treuhänder den nach § 850c Abs. 4 ZPO erforderlichen Antrag stellen und den infolge des Beschlusses zusätzlich pfändbaren Teil der Bezüge zur Masse ziehen kann (vgl. § 36 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 S. 2 InsO). Dafür gäbe es sonst keinen Grund.