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  • 16.08.2011 | Restschuldbefreiung

    Achtung: So kann sich der Schuldner hinter einem Insolvenzplan verstecken

    Der Grundsatz, dass ein Schuldner auch unter die Vorschriften des Regelinsolvenzverfahrens fällt, wenn er neben einer abhängigen Beschäftigung einer wirtschaftlich selbstständigen Nebentätigkeit nachgeht, gilt nur, wenn die Nebentätigkeit einen nennenswerten Umfang erreicht und sich organisatorisch verfestigt hat; eine nur gelegentlich ausgeübte Tätigkeit, die sich nicht zu einer einheitlichen Organisation verdichtet hat, ist keine selbstständige Erwerbstätigkeit (BGH 24.3.11, IX ZB 80/11, Abruf-Nr. 111612).

     

    Sachverhalt

    Die mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 1.360 EUR vollzeitbeschäftigte Schuldnerin beantragte zunächst das Verbraucherinsolvenzverfahren nebst Restschuldbefreiung. Am 28.1.08 meldete sie ein Gewerbe für Schreibarbeiten an, mit dem sie 2009 einen Umsatz von 840 EUR erzielte. Am 28.3.08 nahm ihr Verfahrensbevollmächtigter den Insolvenzantrag mit der Begründung zurück, dass es nicht gelungen sei, den ursprünglich vom Gläubiger in Aussicht gestellten Verzicht auf die Qualifikation seiner Forderung als unerlaubte Handlung umzusetzen. Aufgrund eines im November 2009 gestellten Insolvenzantrags mit Antrag auf Restschuldbefreiung, mit dem die Schuldnerin zugleich einen Insolvenzplan vorlegte, eröffnete das Insolvenzgericht am 18.2.10 das Regelinsolvenzverfahren. Der Plan sieht vor, dass die Schuldnerin gegen Zahlung eines Betrags von 20.000 EUR von dritter Seite, der nach Abzug der Kosten des Verfahrens an die Gläubiger verteilt werden soll, die Restschuldbefreiung erlangt. Im Abstimmungstermin am 10.11.10 nahm die Mehrheit der anderen Gläubiger gegen den Widerstand des Gläubigers den Plan an. Auf seinen Antrag hat das Insolvenzgericht die Bestätigung des Beschlusses versagt, während das Beschwerdegericht ihn bestätigt hat. Dem folgt der BGH.  

     

    Entscheidungsgründe

    Nach Auffassung des LG drängt sich zwar auf, dass die Schuldnerin die selbstständige Tätigkeit mit äußerst geringen Umsätzen nur aufgenommen habe, um die Voraussetzungen eines Regelinsolvenzverfahrens zu schaffen. Dies könne aber nicht zur Versagung der Planbestätigung ohne Glaubhaftmachung einer wirtschaftlichen Schlechterstellung des Gläubigers führen, weil es letztlich eine autonome Entscheidung der Gläubigermehrheit sei, ob sie den Insolvenzplan annehme. Rechtsmissbrauch sei in der Ausnutzung eines im Gesetz vorgesehenen Verfahrens nicht zu sehen.  

     

    Dem Gläubiger ist zuzugeben, dass vorliegend erhebliche Bedenken gegen die Eröffnung eines Regelinsolvenzverfahrens bestehen. Zwar entspricht es nahezu einhellig vertretener Auffassung, dass ein Schuldner auch unter die Vorschriften des Regelinsolvenzverfahrens fällt, wenn er neben einer abhängigen Beschäftigung einer selbstständigen Nebentätigkeit nachgeht (AG Hamburg ZInsO 04, 1375; HK-InsO/Landfermann, 5. Aufl. § 304 Rn. 6; MüKo/Ott/Vuia, InsO, 2. Aufl. § 304 Rn. 52; Uhlenbruck/Vallender, InsO, 13. Aufl. § 304 Rn. 9; Wenzel in Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 304 Rn. 14; Pape/Sietz in Mohrbutter/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung, 8. Aufl,. § 16 Rn. 16). Einschränkend ist aber nach zutreffender Auffassung eine wirtschaftlich selbstständige Tätigkeit, die die Anwendung des Regelinsolvenzverfahrens rechtfertigt, erst gegeben, wenn die Nebentätigkeit einen nennenswerten Umfang erreicht und sich organisatorisch verfestigt hat (FK-InsO/Kohte, 6. Aufl., § 304 Rn. 9; Graf-Schlicker/Sabel, InsO, 2. Aufl., § 304 Rn. 8; HK-InsO/Landfermann, a.a.O.; Uhlenbruck/Vallender, a.a.O.). Erreichen die Einkünfte aus der Tätigkeit nicht einmal die Bagatellgrenze des § 3 Nr. 26 EStG (derzeit 2.100 EUR), spricht vieles für das Fehlen einer verfestigten organisatorischen Einheit (vgl. Graf-Schlicker/Sabel, a.a.O.).