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  • 15.07.2009 | Leserforum

    Kosten im gerichtlichen Mahnverfahren als weitergehender Verzugsschaden

    von RiOLG Frank-Michael Goebel, Koblenz

    Ein Leser fragt: Im gerichtlichen Mahnverfahren wird von einem Inkassounternehmen eine über 25 EUR hinausgehende Vergütung, die im entsprechenden Feld eingetragen wurde, als weitere Hauptforderung „aus sonstigem Rechtsgrund“ wie folgt geltend gemacht: „Inkassogebühren für gerichtliches Mahnverfahren gemäß §§ 280, 286 BGB“. Das Inkassounternehmen erhält eine Monierung. Das Gericht steht auf dem Standpunkt, die Forderung sei offensichtlich unbegründet, da § 4 Abs. 4 RDG EG umgangen werden soll. Zu Recht?  

     

    Nein. Nach § 4 Abs. 4 RDG EG ist die Vergütung eines Inkassounternehmens „für die Vertretung im gerichtlichen Mahnverfahren bis zu einem Betrag von 25 EUR nach § 91 Abs. 1 ZPO erstattungsfähig“. Schon der Wortlaut („bis zu“) legt nahe, dass hierin ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch zu erblicken ist, der keine abschließende Regelung trifft, sondern mögliche materiell-rechtliche Ansprüche unberührt lässt. Diese Regelung ist erst in den Beratungen des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags aufgenommen worden und betraf vor allen Dingen die Vermeidung der Probleme der praktischen Handhabung eines nicht im Streit befindlichen grundsätzlichen Erstattungsanspruchs, wenn vollständig auf das materielle Recht verwiesen worden wäre (BT-Drucksache 16/6634, S. 116). Der Regierungsentwurf hatte demgegenüber noch vorgesehen, auf einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch zu verzichten und stattdessen allein den materiellen Anspruch aus §§ 280, 286 BGB bzw. § 823 BGB greifen zu lassen. Weder der Wortlaut der Vorschrift noch die Gesetzesbegründung lassen also erkennen, dass mit § 4 Abs. 4 RDGEG eine abschließende Regelung getroffen werden sollte. Auch in der Literatur wird - soweit erkennbar - nicht vertreten, dass es sich bei § 4 Abs. 4 RDGEG um eine Begrenzung eines an sich weiterreichenden materiell-rechtlichen Anspruchs handeln soll. Die Koordinierungsstelle für das automatisierte Mahnverfahren hat in einem Schreiben an den Bundesverband Deutscher Inkasso Unternehmen vom 3.6.08, das dieser seinen Mitgliedsunternehmen zur Verfügung gestellt hat, deshalb auch ausdrücklich formuliert: „Zum anderen verbleibt auch diesem (dem Gläubiger) der materielle Kostenerstattungsanspruch in voller Höhe (Begründung zum Regierungsentwurf, BR-Drucksache 623/06, S. 176). Eine endgültige Beschränkung der Vergütung oder deren Erstattung bewirkt § 4 Abs. 4 S. 2 RDG EG damit überhaupt nicht.“ Der Inhalt dieses Schreibens war mit allen Anwenderländern des automatisierten Mahnverfahrens abgestimmt. Die Monierung ist deshalb fehlerhaft.  

     

    Nicht übersehen werden darf auch, dass prozessuale Kostenerstattungsansprüche des Gläubigers gegen den Schuldner jeweils auf materiellem Recht beruhen, meist auf §§ 280, 286 BGB. Die prozessuale Kostenerstattungsvorschrift setzt also den materiell-rechtlichen Verzugsschadenersatzanspruch um. Geschieht dies in Einzelfällen nicht, bleibt der materiell-rechtliche Anspruch zwar bestehen, muss aber nun in einem aufwendigeren Verfahren geklärt werden.