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  • 16.08.2010 | Insolvenzrecht

    Keine generelle Informationspflicht für Unternehmen im Internet

    1. Jede am Rechtsverkehr teilnehmende Organisation ist zu einer verkehrsgerechten Informationsverwaltung verpflichtet.  
    2. Haben Unternehmen mit umfangreichem Zahlungsverkehr zur Erfüllung einer Verbindlichkeit an einen Insolvenzschuldner geleistet, ohne dass sie die Eröffnung des Insolvenzverfahrens kannten, hindert sie die Möglichkeit, diese Information durch eine Einzelabfrage aus dem Internet unter www.insolvenzbekanntmachungen.de zu gewinnen, nach Treu und Glauben nicht daran, sich auf ihre Unkenntnis zu berufen. Sie sind auch nicht gehalten, sich wegen der Möglichkeit der Internetabfrage beweismäßig für sämtliche Mitarbeiter zu entlasten.  
    (BGH 15.4.10, IX ZR 62/09, Abruf-Nr. 101498)

     

    Sachverhalt

    Die spätere Insolvenzschuldnerin schloss im Jahr 1995 bei dem Beklagten eine Lebensversicherung ab, die sie während des Insolvenzverfahrens kündigte. Der Beklagte übersandte der Insolvenzschuldnerin daraufhin einen Verrechnungsscheck über den Rückkaufswert, der eingelöst wurde. Nachdem der Kläger, der zum Treuhänder im vereinfachten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin bestellt worden ist, diesen Sachverhalt erfahren hatte, ohne den Einlösungsbetrag von der Schuldnerin erhalten zu haben, forderte er den Beklagten auf, den seiner Ansicht nach nicht schuldbefreiend geleisteten Betrag auf sein Verwalteranderkonto zu zahlen. Der Beklagte lehnte dieses Ansinnen mit der Begründung ab, ihm sei die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unbekannt gewesen.  

     

    Das AG hat den Beklagten antragsgemäß zur erneuten Zahlung an den klagenden Treuhänder verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten hatte Erfolg. Mit der vom LG zugelassenen Revision erstrebt der Treuhänder die Verurteilung des Beklagten zur erneuten Zahlung.  

     

    Entscheidungsgründe

    Es mag sein, dass infolge der nach § 80 Abs. 1, § 81 Abs. 1 InsO unwirksamen Kündigung des Lebensversicherungsvertrags durch die Schuldnerin ein Bereicherungsanspruch des Beklagten wegen Zahlung einer Nichtschuld in Betracht kommt. Dieser Anspruch ist keine Masseverbindlichkeit gemäß § 81 Abs. 1 S. 3, § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO, weil trotz formalen Massezuflusses gemäß § 35 Abs. 1 InsO der Treuhänder für die Gläubigerbefriedigung nichts erlangt hat. Die Schuldnerin müsste diesen Bereicherungsanspruch aus ihrem freien Vermögen erfüllen (vgl. Häsemeyer, Insolvenzrecht, 4. Aufl., Rn. 10, 13; Jaeger/Windel, Insolvenzordnung, § 81 Rn. 54).