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  • 16.03.2009 | Fehlervermeidung

    Versäumnisurteil gegen falschen Beklagten: Was nun?

    Ein irrtümlich erlassenes Versäumnisurteil gegen einen falschen Beklagten kann nicht im Wege der Berichtigung nach § 319 ZPO, sondern nur durch Urteil im Einspruchsverfahren aufgehoben werden (OLG Stuttgart 7.11.08, 5 W 69/08, Abruf-Nr. 090731).

     

    Sachverhalt/Entscheidungsgründe

    Die Klägerin hatte einen Mahnbescheid gegen den Beklagten zu 1) erwirkt. In der Anspruchsbegründung teilte der Klägervertreter mit, der Anspruch richte sich nun ausschließlich gegen den Beklagten zu 2). Gleichwohl stellte das LG dem Beklagten zu 1) den Schriftsatz zu und erließ gegen diesen in der mündlichen Verhandlung Versäumnisurteil, weil er nicht erschienen und vertreten war. Auch das Urteil stellte das Gericht dem Beklagten zu 1) zu. Auf dessen fristgerechten Einspruch kündigte das LG an, das Versäumnisurteil (VU) durch Berichtigungsbeschluss nach § 319 ZPO aufzuheben und erließ trotz der vom Beklagten zu 1) mitgeteilten Bedenken wegen seiner Kosten den angekündigten Berichtigungsbeschluss. Der Beklagte müsse - so das LG - den damit verbundenen Ausschluss eines Kostenerstattungsanspruchs hinnehmen, weil der Kläger den Fehler nicht zu vertreten habe. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner sofortigen Beschwerde.  

     

    Das OLG Stuttgart ist dem LG nicht gefolgt. Die Aufhebung des VU war schon aus formalen Gründen nicht statthaft, weil § 319 ZPO nur der Berichtigung eines sonst bestehen bleibenden Urteils dient, aber nicht der Beseitigung des Titels insgesamt. Weil die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass eines VU nicht vorlagen - die Klägerin hatte gegen den Beklagten zu 1) keinen Antrag gestellt - ist der fehlerhafte Titel in der Einspruchsentscheidung gemäß § 343 S. 2 ZPO aufzuheben, wenn sich bis dahin das Verfahren gegen den Beklagten zu 1) nicht auf andere Weise erledigt.  

     

    Hinzu kommt: Es liegt kein berichtigungsfähiger Fehler in der Willensäußerung des Gerichts vor, sondern ein Fehler in der Willensbildung, der über § 319 ZPO nicht beseitigt werden kann. Die Umstände, dass sowohl bei der Zustellung der Anspruchsbegründung, als auch bei der Abfassung des Protokolls, beim Erlass des VU und bei dessen Zustellung jeweils übersehen wurde, dass die Klägerin seit der Anspruchsbegründung einen anderen Beklagten in Anspruch nehmen wollte, lassen eindeutig auf einen inhaltlichen Fehler schließen, nämlich ein Übergehen von Streitstoff und nicht auf einen bloßen Kommunikationsfehler. Zudem setzt eine Berichtigung des Passivrubrums voraus, dass die Identität des Beklagten gewahrt bleibt (st. Rspr., BGH 3.6.03, X ZB 47/02). Ein Urteil gegen einen Scheinbeklagten kann nicht durch eine Berichtigung, sondern nur durch eine Einspruchsentscheidung oder eine sonstige Form der Erledigung im Einspruchsverfahren beseitigt werden. So soll dem zu Unrecht Verurteilten der Kostenerstattungsanspruch nicht abgeschnitten werden, der ihm im Fall der Aufhebung des falschen Urteils zusteht. Gerade dazu würde aber die Entscheidung des LG führen. Richtigerweise geht das Risiko, dass durch eine gerichtliche Anspruchsverfolgung letztlich unnötige Kosten entstehen, grundsätzlich zulasten der am Ende unterlegenen Partei, das heißt des Gläubigers.