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  • · Fachbeitrag · Verbraucherbauvertrag

    Das gilt nach neuem Recht

    | Im folgenden Beitrag beleuchten wir die Neuregelungen des Verbraucherbauvertrags sowie die Einschränkungen der Privatautonomie durch die Regelungen über die Unabdingbarkeit. |

    1. Verbraucherbauvertrag

    Verbraucherbauverträge sind nach § 650i BGB Verträge, durch die der Unternehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet wird.

     

    MERKE | Wann eine „erhebliche Umbaumaßnahme“ vorliegt, wird die Rechtsprechung noch beschäftigen. Dieser Anwendungsbereich für die Regelungen zum Verbraucherbauvertrag schließt an die Vorgaben der EU-Verbraucherrechterichtlinie vom 25.10.11 (ABl. L 304 vom 22.11.11, S. 64) an. In Erwägungsgrund 26 zur EU-Verbraucherrechterichtlinie wird zum Begriff der erheblichen Umbaumaßnahmen in Art. 3 Abs. 3 Buchst. f ausgeführt, dass darunter solche Umbaumaßnahmen fallen, die dem Bau eines neuen Gebäudes vergleichbar sind, z. B. Baumaßnahmen, bei denen nur die Fassade eines alten Gebäude erhalten bleibt. Maßgeblich sind nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 18/8486, S. 61) mithin Umfang und Komplexität des Eingriffs sowie das Ausmaß des Eingriffs in die bauliche Substanz des Gebäudes. Verträge zur Errichtung von Anbauten ‒ z. B. einer Garage oder eines Wintergartens ‒ sowie zur Instandsetzung bzw. Renovierung von Gebäuden, ohne dass es sich dabei um erhebliche Umbauarbeiten handelt, sind von der Ausnahme nicht erfasst. Im Zweifel sollten nach dem Grundsatz des sichersten Wegs allerdings die Bestimmungen über den Verbraucherbauvertrag berücksichtigt werden.

     

    a) Dokumentation zu Beweiszwecken

    Während der einfache Bauvertrag auch formfrei geschlossen werden kann, muss der Verbraucherbauvertrag zumindest in Textform abgeschlossen werden.

     

    Anderes ist allerdings für die Praxis bei neuen Gebäuden oder erheblichen Umbauarbeiten vergleichbarer Qualität auch gar nicht zu erwarten.

     

    b) Baubeschreibung

    Wesentlicher ist § 650j BGB, nach dem der Unternehmer dem Verbraucher ‒ ebenfalls zumindest in Textform ‒ eine Baubeschreibung überlassen muss, die dann auch leistungsbestimmend ist, § 650k Abs. 1.

     

    Das gilt allerdings nicht, wenn der Verbraucher oder ein von ihm Beauftragter, etwa ein Architekt, die wesentlichen Planungsvorgaben macht.

     

    MERKE | Der wesentliche Inhalt der Baubeschreibung ist in Art. 249 § 2 EGBGB niedergelegt. Die Baubeschreibung muss insbesondere verbindliche Angaben zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Werks enthalten. Steht der Beginn der Baumaßnahme noch nicht fest, ist jedenfalls ihre Dauer anzugeben (§ 650k Abs. 3 BGB, Art. 249 § 2 Abs. 2 EGBGB). Fehlt es daran, werden vorvertragliche Angaben zum Vertragsinhalt. Nach Ablauf der Frist ist der Unternehmer jedenfalls im ersten Fall in Verzug, ohne dass es einer weiteren Mahnung bedarf (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB).

     

    Von besonderer Bedeutung ist, dass Mängel der Baubeschreibung im Auslegungsweg behoben werden (BGH 14.6.07, VII ZR 45/06 und 27.11.13, VII ZR 275/12) und dabei verbleibende Zweifel stets zulasten des Unternehmers gehen, § 650k Abs. 2 BGB. Es liegt also im eigenen Interesse des Unternehmers, eine möglichst präzise Baubeschreibung zu liefern.

     

    c) Widerrufsrecht

    Wie im Verbraucherschutzrecht inzwischen schon Standard, steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB von 14 Tagen zu, worüber er auch ausdrücklich zu belehren ist. Kein Widerrufsrecht besteht allerdings, wenn der Verbraucherbauvertrag notariell beurkundet wird.

     

    MERKE | Eine Musterwiderrufsbelehrung ist in Anlage 10 zu Art. 249 § 3 EGBGB vorgegeben. Mit der Verwendung dieses Musters genügt der Unternehmer seiner Belehrungspflicht. Jede Abweichung begründet damit ein erhebliches Risiko der Unwirksamkeit und damit die Begründung eines „ewigen Widerrufsrechts“.

     

    d) Abschlagszahlungen

    Die wesentlichen finanziellen Beziehungen zwischen den Vertragsparteien regelt § 650m BGB. Verlangt der Unternehmer Abschlagszahlungen nach § 632a BGB, d.h. in Höhe des Wertes der von ihm (bisher) erbrachten Leistung, wird der Gesamtbetrag der Abschlagszahlungen auf 90 Prozent der vereinbarten Gesamtvergütung einschließlich der Vergütung für Nachtragsleistungen (§ 650c BGB) begrenzt. Ziel des Gesetzgebers war es, die Gefahr verdeckter Vorleistungen abzumildern.

     

    MERKE | Die bisher in § 632a Abs. 3 und 4 BGB enthaltene Regelung, wonach der Unternehmer einem Verbraucher bei einem Vertrag über die Errichtung oder den Umbau eines Hauses bei der ersten Abschlagszahlung eine Sicherheit von fünf Prozent der Gesamtvergütung leisten muss, wird nahezu inhaltsgleich in § 650m Abs. 2 und 3 BGB überführt.

     

    Erhöht sich der Vergütungsanspruch infolge einer Anordnung des Verbrauchers nach den §§ 650b und 650c BGB (dazu FMP 17, 125) oder infolge sonstiger Änderungen oder Ergänzungen des Vertrags um mehr als zehn Prozent, ist dem Verbraucher bei der nächsten Abschlagszahlung eine weitere Sicherheit in Höhe von fünf Prozent des zusätzlichen Vergütungsanspruchs zu leisten.

     

    Für die Sicherheitsleistung kommen unterschiedliche Wege in Betracht:

     

    • Auf Verlangen des Unternehmers ist die Sicherheitsleistung durch Einbehalt dergestalt zu erbringen, dass der Verbraucher die Abschlagszahlungen bis zu dem Gesamtbetrag der geschuldeten Sicherheit zurückhält, § 650m Abs. 2 S. 3 BGB.

     

    • Sicherheiten können aber auch durch eine Garantie oder ein sonstiges Zahlungsversprechen eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder Kreditversicherers geleistet werden, also im Ergebnis durch eine Bürgschaft.

     

    Der Verbraucher ist ‒ im Gegensatz zum sonstigen Besteller ‒ nicht gesetzlich verpflichtet, dem Unternehmer auf dessen Anforderung eine Absicherung zu stellen (Bauhandwerkersicherung nach § 650f Abs. 1 bis 5 BGB). Da in Verträgen mit privaten Bauherren jedoch zunehmend vereinbart wird, dass der Verbraucher eine Sicherheit stellen muss und entsprechende Klauseln in AGB nach einem Urteil des BGH (BauR 10, 1215) auch nicht gemäß § 307 unwirksam sind, sah der Gesetzgeber das Bedürfnis, zum Schutz des Verbrauchers gesetzliche Rahmenbedingungen für solche Vereinbarungen festzulegen. Das Verbraucherprivileg soll deshalb nicht umgangen werden können, indem vertraglich vereinbart wird, dass der Verbraucher für die Vergütung des Unternehmers Sicherheit leistet, wenn gleichzeitig Abschlagszahlungen verlangt werden. Verlangt der Unternehmer Abschlagszahlungen nach § 632a BGB, ist nämlich eine Vereinbarung unwirksam, die den Verbraucher zu einer Sicherheitsleistung für die vereinbarte Vergütung verpflichtet, die die nächste Abschlagszahlung oder ‒ alternativ ‒ 20 Prozent der vereinbarten Vergütung übersteigt.

     

    MERKE | In der Praxis bedeutet dies: Bei Verträgen, nach denen ein Unternehmer in vollem Umfang vorleisten muss, kann auch eine Absicherung bis zur Höhe der gesamten Auftragssumme vereinbart werden. Leistet der Besteller dagegen Abschlagszahlungen, beschränkt sich das Risiko des Unternehmers und damit sein Absicherungsbedürfnis auf den Betrag der nächsten Abschlagszahlung. Es kann daher auch nur eine Absicherung in Höhe der nächsten Ratenzahlung vereinbart werden.

     

    e) Herausgabepflicht bei Unterlagen

    Eine weitere gesetzliche Verpflichtung muss der Unternehmer bei seiner Preisgestaltung berücksichtigen. Häufig wird bei Verbraucherverträgen dann, wenn die Planung nicht durch den Besteller oder einen von ihm Beauftragten erfolgt, also insbesondere im Schlüsselfertigbau, keine vertragliche Regelung über die Herausgabe der relevanten Unterlagen an den Besteller getroffen. In diesen Konstellationen sind die Gerichte bisher zurückhaltend, Herausgabepflichten des Unternehmers zu bejahen. Die zu erstellenden Planunterlagen, Berechnungen und Zeichnungen werden in Bezug auf das zu erstellende Bauwerk oft nur als Mittel zur Herstellung eines mangelfreien Werks angesehen, die vom Unternehmer nicht herauszugeben sind. Oft wird das Fehlen von Unterlagen von der Rechtsprechung daher nicht als Verletzung einer Hauptpflicht angesehen, sodass der Verbraucher darauf grundsätzlich keine Abnahmeverweigerung stützen kann.

     

    Die Neuregelung begründet deshalb drei Pflichten vor dem Ausführungsbeginn und nach der Fertigstellung und im Zusammenhang mit der Baufinanzierung:

     

    • Rechtzeitig vor Beginn der Ausführung einer geschuldeten Leistung muss der Unternehmer nach § 650n Abs. 1 BGB die Planungsunterlagen erstellen und dem Verbraucher herausgeben, die dieser benötigt, um gegenüber Behörden den Nachweis führen zu können, dass die Leistung unter Einhaltung der einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften ausgeführt werden wird.  Die Pflicht besteht nur dann nicht, wenn der Verbraucher oder ein von ihm Beauftragter die wesentlichen Planungsvorgaben erstellen.

     

    • Spätestens mit der Fertigstellung des Werks muss der Unternehmer nach § 650n Abs. 2 BGB die Unterlagen erstellen und dem Verbraucher herausgeben, die dieser benötigt, um gegenüber Behörden den Nachweis führen zu können, dass die Leistung unter Einhaltung der einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften ausgeführt worden ist.

     

    • Die vorstehenden Verpflichtungen gelten entsprechend, wenn ein Dritter, etwa ein Darlehensgeber, Nachweise für die Einhaltung bestimmter Bedingungen verlangt und wenn der Unternehmer die berechtigte Erwartung des Verbrauchers geweckt hat, diese Bedingungen einzuhalten. Berechtigte Erwartungen werden unter anderem geweckt, wenn der Unternehmer unter Hinweis auf die Förderungsmöglichkeit durch die KfW für das Bauprojekt geworben hat.

     

    MERKE | Da die Erstellung und Herausgabe der Unterlagen einen über den für den internen Gebrauch hinausgehenden Aufwand begründen kann, muss dieser in seinem kostenrechtlichen Umfang abgeschätzt und eingepreist werden.

     

    2. Unabdingbarkeit

    Die geschilderten Regelungen zum Verbraucherbauvertrag sind grundsätzlich zwingend. Von ihnen kann also nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden.

     

    Nur von den für das Forderungsmanagement besonders relevanten Regelungen über Abschlagszahlungen in § 632a und § 650m BGB können die Vertragsparteien abweichen. Erforderlich ist allerdings eine Individualvereinbarung (BT-Drucksache 18/8486, S. 66), da anderenfalls eine Unwirksamkeit der abweichenden Bestimmung nach § 307 BGB zu erwarten ist.

     

    Quelle: Sonderausgabe 01 / 2018 | Seite 5 | ID 45004550