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  • · Fachbeitrag · Prozessrecht

    Art. 31 Istanbul-Konvention bei Umgangs- und Sorgerechtsverfahren

    von RAin Thurid Neumann, FAin Familienrecht, Mediatorin, CP-Anwältin, Neumann & Neumann, Konstanz

    | Das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) hat seit dem 1.2.18 in Deutschland den Rang eines Bundesgesetzes, das dem Landesrecht vorgeht. Zugleich erfordert es als internationales Recht eine völkerrechtskonforme Auslegung des nationalen Rechts. |

    1. Regelungsgegenstand der Istanbul-Konvention

    Nach Art. 1 Istanbul-Konvention (IK) ist es Zweck des Übereinkommens, Frauen vor allen Arten von Gewalt zu schützen und Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu verhüten, zu verfolgen und zu beseitigen. In Art. 3b IK wird klargestellt, dass unter häuslicher Gewalt alle Handlungen körperlicher, sexueller, psychischer oder wirtschaftlicher Gewalt zu verstehen sind, die innerhalb der Familie oder des Haushalts oder zwischen Ex-Eheleuten und Ex-Partnern stattfinden, wobei Täter und Opfer nicht denselben Wohnsitz haben müssen. In Art. 31 Abs. 2 IK haben sich die Vertragsparteien verpflichtet, die gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass die Ausübung des Besuchs- oder Sorgerechts nicht die Rechte und die Sicherheit des Opfers oder der Kinder gefährdet. Art. 51 IK fordert von den Vertragsparteien eine Gefährdungsanalyse und ein Gefahrenmanagement mit dem Ziel, die Gefahr unter Kontrolle zu bringen.

     

    Die Expertengruppe des Europarats für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (GREVIO) hat im Oktober 22 für Deutschland einen Bericht vorgelegt und darin u. a. die mangelnde Umsetzung des Art. 31 Abs. 2 IK kritisiert. Das BGB enthalte immer noch keine ausdrückliche Regelung, dass Gewaltvorgänge bei Umgangs- und Sorgerechtsverfahren zu beachten seien, sondern nur über einige gesetzliche Regelungen (§ 1631 Abs. 2, § 1666, § 1671, § 1684 Abs. 4 BGB) im Wege der Auslegung berücksichtigt werden könnten. Gerichte würden häusliche Gewalt gegenüber der Mutter oft nicht als relevant bei der Frage nach dem Umgangsrecht des Vaters mit dem Kind ansehen (Volke, FamRZ 22, 1907).