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  • · Nachricht · Steuerrecht

    Ehe für Alle ‒ Splittingtarif rückwirkend für alle Jahre seit 2001

    | Erfolgreich ist die Klage eines gleichgeschlechtlichen Ehepaares, das die Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer begehrte, und zwar rückwirkend ab 2001 (FG Hamburg 31.7.18, 1 K 92/18). |

     

    Der Sachverhalt: Die Kläger hatten 2001 eine Lebenspartnerschaft begründet, die sie nach Inkrafttreten des Eheöffnungsgesetzes (EheöffnungsG) 2017 in eine Ehe umwandelten. Nach dem Gesetz ist der Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft nach der Umwandlung in eine Ehe für die Rechte und Pflichten der Partner maßgeblich. Weil die Zusammenveranlagung nach dem Splittingtarif oft dazu führt, dass sich die Steuerlast verringert, beantragten die Kläger, die für Eheleute vorgesehene Zusammenveranlagung nachträglich für alle Jahre seit Beginn ihrer Lebenspartnerschaft, also ab 2001. Weil beide Partner bis in das Jahr 2012 bereits mit bestandskräftigen Bescheiden jeweils einzeln zur Einkommensteuer veranlagt worden waren, lehnte das Finanzamt die ‒ rückwirkende ‒ Zusammenveranlagung ab.

     

    Die Entscheidung des Gerichts: Das EheöffnungsG bestimmt in Art. 3 Abs. 2, dass nach der Umwandlung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe für die Rechte und Pflichten der Lebenspartner der Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft maßgebend ist. Nach der Umwandlung sind die Lebenspartner so zu stellen, als ob sie am Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft geheiratet hätten. Das EheöffnungsG ist ein außersteuerliches Gesetz und damit geeignet, ein rückwirkendes Ereignis i. S. v. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO darzustellen, das eine Änderung der bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide ab 2001 rechtfertigt. Diese Rückwirkung ist direkt aus Art. 3 Abs. 2 EheöffnungsG herzuleiten. Die Bestandskraft ist kein derart tragendes Prinzip des Rechts, dass eine Änderung bestandskräftiger Bescheide infolge einer Gesetzesänderung in jedem Fall einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung der Rückwirkung bedarf.

     

    Das Gericht hat die Revision zum BFH zugelassen.

     

    Quelle: Pressemitteilung des FG Hamburg vom 20.8.18

    Quelle: ID 45477635