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  • · Fachbeitrag · Mietrecht

    Mietverhältnis: So lösen Sie klassische familienrechtliche Probleme

    von RAin Thurid Neumann, FAin Familienrecht, Mediatorin, CP-Anwältin, Neumann & Neumann, Konstanz

    | Im Zuge von Trennung und Scheidung ergeben sich oft Probleme mit der Mietwohnung. Der Beitrag erläutert u. a., was bei Wohnungszuweisungen zu beachten ist, ob z. B. der Vermieter zu beteiligen ist und wer die Miete bezahlen muss. |

    1. Trennungszeit

    In der Trennungszeit ist § 1361b BGB die zentrale Vorschrift.

     

    a) Zuweisung

    Wird einem Ehegatten während der Trennungszeit gem. § 1361b BGB die Ehewohnung vorläufig zugewiesen, ist der Vermieter gem. § 204 Abs. 1 FamFG nicht zu beteiligen. § 204 FamFG gilt nur in Ehewohnungssachen nach § 1568a BGB. Grund: Der Zuweisungsbeschluss wirkt sich auch auf den Mietvertrag aus.

     

    b) Kündigung

    Möchte einer der Eheleute den Mietvertrag kündigen, geht dies nur gemeinsam. Ein Ehegatte hat keinen Anspruch aus § 1353 BGB auf Zustimmung zur Kündigung (OLG München FamRZ 04, 1875). Ist ein Ehegatte Alleinmieter der Wohnung, kann er die Wohnung jederzeit unter Einhaltung der Kündigungsfrist alleine kündigen. Möchte dies der andere Ehegatte verhindern, hat er folgende Möglichkeiten:

     

    aa) Kündigungsverbot

    Der in der Wohnung verbleibende Ehegatte kann sich die Ehewohnung zuweisen lassen. Daneben kann er beantragen, dem anderen Ehegatten zu verbieten, den Mietvertrag zu kündigen oder in sonstiger Weise zu beenden, z. B. durch einen Aufhebungsvertrag mit dem Vermieter (Grüneberg/Götz, BGB, 82. Aufl., § 1361b, Rn. 17).

     

    Musterantrag / Zuweisung der Ehewohnung und Kündigungsverbot*

    • 1. Der Antragstellerin wird die Wohnung (genaue Beschreibung) vorläufig zur alleinigen Nutzung überlassen.
    • 2. Der Antragsgegner ist verpflichtet, die Wohnung sofort zu räumen und an die Antragstellerin herauszugeben.
    • 3. Ferner wird dem Antragsgegner verboten, den Mietvertrag über die Wohnung (genaue Beschreibung) zu kündigen oder in sonstiger Weise zu beenden.

     

    *(Musterformulierung nach Götz/Brudermöller/Giers, Die Wohnung in der familienrechtlichen Praxis, 2. Aufl., Rn. 551)

     

    PRAXISTIPP | Dieser Annexantrag sollte stets gestellt werden. Es ist nicht Voraussetzung, dass der andere Ehegatte die Kündigung des Vertrags angedroht hat.

     

    Ist der Alleinmieter ausgezogen, kann auch gem. § 1361b BGB ein isoliertes Kündigungsverbot bzw. sonstiges vertragsbeendendes Verhalten beantragt werden. Möglich ist auch, ein Kündigungsverbot bzw. sonstiges vertragsbeendendes Verhalten nach der Wohnungszuweisung isoliert zu beantragen (OLG Dresden FamRZ 97, 183).

     

    MERKE | Die Anordnung eines Kündigungsverbots im Wege der einstweiligen Anordnung setzt ein Eilbedürfnis voraus. Dies besteht nur, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der alleinige Mieter das Mietverhältnis kündigen will.

     

    bb) Auswirkungen des Kündigungsverbots

    Ein gerichtliches Kündigungsverbot (§§ 136, 135 BGB) ist nur ein sog. relatives Verfügungsverbot. D. h., dass es nur im Verhältnis der Ehegatten untereinander gilt. Es wirkt nicht gegenüber dem Vermieter. Dieser kann daher die Wohnung nach Beendigung des Mietverhältnisses an einen Dritten vermieten.

     

    PRAXISTIPP | Der Vermieter sollte umgehend über das Kündigungsverbot informiert werden, damit er nicht gutgläubig die Wohnung an einen Dritten vermietet.

     

    c) Einstellung der Mietzahlungen

    Zahlt der Alleinmieter die Miete nicht mehr, kann der Vermieter das Mietverhältnis fristlos kündigen. Daher sollte der Ehegatte, der in der Wohnung bleiben möchte, rechtzeitig dafür sorgen, dass die Miete weiter bezahlt wird, sei es, weil er diese ab sofort selbst bezahlt und ggf. Unterhalt geltend macht oder Sozialhilfe beantragt.

     

    d) Mietzahlungen

    Zieht ein Ehegatte absprachegemäß aus der Wohnung aus, muss der in der Wohnung verbleibende Ehegatte die Miete intern alleine bezahlen (OLG Bremen FamRZ 16, 1367; OLG Düsseldorf FamRZ 14, 1296; OLG Köln FamRZ 18, 1815; 03, 1665). Der ausgezogene Ehegatte hat daher gegen den anderen einen entsprechenden Freistellungsanspruch (OLG Bremen FamRZ 16, 1713).

     

    Zieht ein Ehegatte ohne Einverständnis des anderen aus, muss er sich weiterhin an den Mietkosten beteiligen, da er es dem anderen Ehegatten aufgedrängt hat, die Wohnung alleine zu nutzen (OLG Köln FamRZ 18, 1815). Der andere Ehegatte hat i. d. R. eine Überlegungsfrist von drei Monaten, ob er auch ausziehen will (OLG Köln, a. a. O.). Entscheidet er sich dazu, die Wohnung zu kündigen, muss sich der ausgezogene Ehegatte für die gesamte Restdauer der Mietzeit ‒ d. h. auch für die dreimonatige Überlegungsfrist ‒ an den Mietkosten beteiligen (OLG Köln, a. a. O.). Will er in der Wohnung bleiben, muss er allein für die Miete aufkommen. Dabei wird überwiegend vertreten, dass dies erst für die Zeit nach Ablauf der Überlegungsfrist gilt (so OLG Düsseldorf FamRZ 11, 375; OLG München FamRZ 96, 291; anders wohl alleinstehend OLG Brandenburg FamRZ 07, 1172: für die gesamte Zeit ab Auszug).

     

    e) Mietbeteiligung für restliche Mietdauer

    Bis zum Vertragsende muss der Ehegatte, der in der Wohnung bleibt, in der Höhe einen Teil der Miete nebst Nebenkosten übernehmen, in der er für eine vergleichbare kleinere Wohnung Miete zahlen müsste. Die darüber hinausgehenden Kosten sind hälftig zu tragen (OLG Bremen FamRZ 16, 1367).

     

    f) Kaution

    Die Kaution bleibt wegen des „Fortsetzungsmietverhältnisses“ beim Vermieter. Dieser braucht nicht zwischen dem alten und dem neuen Mietverhältnis zu unterscheiden, wenn er sich aus der Kaution befriedigen will (OLG München FamRZ 13, 552). Auch wenn nur ein Ehegatte die Kaution während der Ehe bezahlt hat, steht diese nach Beendigung des Mietverhältnisse gem. § 430 BGB hälftig beiden zu, da es sich bei der Kautionszahlung um eine Unterhaltszahlung gem. §§ 1360, 1360a BGB handelt (OLG Köln FamRZ 16, 1934). Der Anspruch auf Rückzahlung entsteht erst mit Beendigung des Mietverhältnisses und wenn feststeht, dass der Vermieter keine Ansprüche mehr aus der Kaution hat.

     

    Der ausgezogene Ehegatte hat gegen den anderen einen Anspruch auf anteilige Zahlung der vom Vermieter zurückbezahlten Kaution an sich. Sollte der Vermieter aber einen Teil der Kaution für Ersatzansprüche nach dem Auszug eines Ehegatten einbehalten, hat dieser insoweit einen Freistellungsanspruch gegen den anderen (OLG München, a. a. O.).

    2. Nach Rechtskraft der Ehescheidung

    Nach Rechtskraft der Scheidung ist § 1568a BGB die entscheidende Vorschrift.

     

    a) Gemeinsame Mitteilung an den Vermieter über weitere Wohnungsnutzung

    Der in der Wohnung verbliebene Ehegatte tritt zum Zeitpunkt des Zugangs der Mitteilung der Ehegatten an den Vermieter darüber, dass ein Ehegatte die Wohnung allein weiter nutzen wird, anstelle des zur Überlassung verpflichteten Ehegatten in ein von diesem eingegangenes Mietverhältnis ein oder setzt ein von beiden eingegangenes Mietverhältnis allein fort.

     

    Musterformulierung / Mitteilung der Wohnungszuweisung

    Sehr geehrte/geehrter ... (Vermieterin/Vermieter),

     

    wir, Frau ... und Herr ... haben mit Ihnen gemeinsam am ... einen Mietvertrag über die Wohnung ... geschlossen. Seit dem ... sind wir nun rechtskräftig voneinander geschieden. Wir sind uns darüber einig, dass die Wohnung nun allein von Herrn ... genutzt wird. Frau ... ist bereits am ... ausgezogen. Gem. § 1568a Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB scheidet damit Frau ... aus dem Mietvertrag aus. Das Mietverhältnis wird ab Zugang dieser Erklärung alleine durch Herrn ... fortgesetzt.

     

    PRAXISTIPPS | Die Erklärung sollte förmlich zugestellt werden, um einen Nachweis über den Zugang zu haben. Geben die Ehegatten die Erklärung getrennt voneinander ab, kommt es auf den Zugang der letzten Erklärung an.

     

    Steht fest, dass ein Ehegatte nach Rechtskraft der Ehescheidung allein in der Wohnung bleiben wird, hat der andere ein berechtigtes Interesse daran, ab Rechtskraft der Ehescheidung nicht mehr für die Miete zu haften (OLG Hamm FamRZ 16, 1688). Der Anspruch darauf, dass der andere Ehegatte an der Abgabe der Erklärung mitwirkt, kann daher bereits vor Rechtskraft der Ehescheidung geltend gemacht werden (OLG Hamm, a. a. O.). Wenn sich der in der Wohnung verbleibende Ehegatte weigert mitzuwirken, hat der andere Ehegatte keinen Anspruch aus § 1353 BGB auf Zustimmung zur Kündigung, da der andere Ehegatte ein berechtigtes Interesse hat, in der Wohnung zu bleiben (OLG München FamRZ 04, 1875). Daher wird überwiegend vertreten, dass der Ehegatte, der aus dem Mietvertrag ausscheiden will, einen Anspruch gegen den anderen gem. § 1353 BGB auf Mitwirkung an einer Erklärung gem. § 1568a Abs. 3 Nr. 1 BGB hat (OLG Hamm, a. a. O.).

     

    b) Überlassung der Wohnung aufgrund Wohnungszuweisung

    Der in der Wohnung verbliebene Ehegatte tritt mit Rechtskraft der Entscheidung des Gerichts anstelle des zur Überlassung verpflichteten Ehegatten in ein von diesem eingegangenes Mietverhältnis ein oder setzt ein von beiden eingegangenes Mietverhältnis allein fort.

     

    In beiden Fällen gilt § 563 Abs. 4 BGB entsprechend, wonach der Vermieter das Mietverhältnis innerhalb eines Monats, nachdem er von dem endgültigen Eintritt in das Mietverhältnis Kenntnis erlangt hat, außerordentlich mit der gesetzlichen Frist kündigen kann, wenn in der Person des Eingetretenen ein wichtiger Grund vorliegt.

     

     

    Gem. § 1568a Abs. 4 BGB kann ein Ehegatte die Begründung eines Mietverhältnisses über eine Wohnung, die die Ehegatten aufgrund eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses innehaben, das zwischen einem von ihnen und einem Dritten besteht, nur verlangen, wenn der Dritte einverstanden oder dies notwendig ist, um eine schwere Härte zu vermeiden.

     

    PRAXISTIPP | Der Anwalt, der den Ehegatten vertritt, der in der Ehewohnung verbleiben möchte, sollte zusammen mit dem Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung folgende Anträge stellen:

     

    • a) Anordnung einer Räumungspflicht nebst Räumungsfrist (wichtig ist auch hier eine genaue Beschreibung der Wohnung; § 885 Abs. 2 bis 4 ZPO sollten ausgeschlossen werden, da der Gerichtsvollzieher bei der Vollstreckung sonst die Wohnung leer räumen muss)
    • b) Anordnung der Herausgabe der zur Wohnung gehörenden Schlüssel

     

    Beachten Sie | Eine Anspruchsgrundlage für die Anordnung einer Ausgleichszahlung des die Wohnung verlassenden Ehegatten gibt es nicht (Schulz/Hauß, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, 7. Aufl., Kap. 5, Rn. 123 ‒ 126).

     

    Musterantrag / Räumungspflicht und Schlüsselherausgabe

    • 1. Der Antragstellerin wird ab Rechtskraft der Ehescheidung die Wohnung (genaue Beschreibung) zur alleinigen Nutzung zugewiesen.
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    • 2. Der Antragsgegner wird verpflichtet, die Wohnung ab Rechtskraft der Scheidung innerhalb von zwei Wochen zu räumen und der Antragstellerin zur alleinigen Nutzung zu überlassen.
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    • 3. Der Mietvertrag zwischen den Beteiligten und dem Vermieter vom ... über die Wohnung wird ab Rechtskraft der Ehescheidung von der Antragstellerin allein fortgesetzt. Der Antragsgegner scheidet ab Rechtskraft der Ehescheidung aus dem Mietvertrag aus.
    •  
    • 4. § 885 Abs. 2 bis 4 ZPO sind ausgeschlossen.
     

    c) Kein Mietverhältnis

    Gem. § 1568a Abs. 5 BGB kann sowohl der Ehegatte, der Anspruch auf deren Überlassung hat, als auch der Vermieter verlangen, dass das Mietverhältnis zu ortsüblichen Bedingungen begründet wird, wenn bisher kein Mietvertrag geschlossen worden war.

     

    Weiterführende Hinweise

    • G. Möller, Ist die Teilungsversteigerung in der Trennungszeit zulässig?, FK 23, 203 ff.
    • G. Möller, Pflicht zur Zustimmung einer Kündigung, FK 22, 37
    Quelle: Ausgabe 01 / 2024 | Seite 14 | ID 49740266