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  • 04.02.2016 · IWW-Abrufnummer 146313

    Oberlandesgericht Hamm: Beschluss vom 11.01.2016 – 4 UF 141/15

    1. Bei der schlüssigen Darlegung unverschuldeter Säumnis handelt es sich im Rahmen des § 514 ZPO um eine Zulässigkeitsvoraussetzung für das Rechtsmittel, so dass die Beschwerde bei Fehlen einer schlüssigen Darlegung als unzulässig zu verwerfen ist.

    2. Zu der üblichen, von einem ordentlichen Rechtsanwalt zu fordernden Sorgfalt im Rahmen der Anreise zu einem Gerichtstermin.


    Oberlandesgericht Hamm

    4 UF 141/15

    Tenor:

    Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.

    Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

    Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.665,32 € festgesetzt.

    1

    Gründe:

    2

    A.

    3

    Der Antragsteller wendet sich im vorliegenden Beschwerdeverfahren gegen einen zu seinem Nachteil ergangenen 2. Versäumnisbeschluss. Es liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

    4

    Die Beteiligten haben am ##.##.2004 geheiratet. Aus ihrer Ehe ist der am ##.##.2003 geborene Sohn F hervorgegangen. Die räumliche Trennung der Beteiligten erfolgte im Juni 2011, als der Antragsteller aus der im Alleineigentum der Antragsgegnerin stehenden Immobilie C auszog. Der Scheidungsbeschluss ist seit dem 30.01.2013 rechtskräftig.

    5

    Vor der Eheschließung hatten die Beteiligten eine notarielle Vereinbarung zur Modifikation des Zugewinns geschlossen. Darin ist für den Fall der Scheidung vorgesehen, dass alle Vermögenswerte, die ein Ehegatte vor oder nach der Eheschließung durch Verfügung von Todes wegen, durch Übertragung im Wege vorweggenommener Erbfolge und Schenkung oder im Wege gesetzlicher Erbfolge erworben hat oder noch erwerben wird, vom Zugewinnausgleich ausgeschlossen sein sollten. Bei der Berechnung des Zugewinns sollten Werte, die unverändert im Anfangs- und Endvermögen eines Ehegatten enthalten sind, auch bei Werterhöhungen nicht zu einem ausgleichspflichtigen Zugewinn führen.

    6

    Der Antragsteller hat während der Ehezeit diverse Arbeitsleistungen hinsichtlich des im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden Hauses vorgenommen, wobei Art und Umfang zwischen den Beteiligten streitig sind. Konkret streiten die Beteiligten um folgende Arbeiten:

    7

    • Erneuerung Außenanstrich im Jahr 2008

    8

    • Putzarbeiten an der Garagenaußenwand im Sommer 2006 und Erstellung einer Holzterrasse

    9

    • Erstellung eines Terrassendachs im Jahre 2010

    10

    • Verlegung von Laminat im Jahr 2008 für die Mietwohnung und im Jahre 2010 für den Dachboden

    11

    • Erstellung eines Grillkamins im Jahre 2010.

    12

    Der Antragsteller hat die Ansicht vertreten, im Hinblick auf die von ihm erbrachten Arbeitsleistungen, die er im Vertrauen auf die Ehe getroffen habe, stehe ihm ein schuldrechtlicher Ausgleichsanspruch i.H.v. 15.665,32 € zu.

    13

    Der Antragsteller hat zunächst Klage vor dem Landgericht Hagen erhoben. Mit Verweisungsbeschluss vom 23.04.2013 hat das Landgericht das Verfahren an das Amtsgericht – Familiengericht – Schwelm verwiesen.

    14

    Der Antragsteller hat beantragt,

    15

    die Antragsgegnerin zu verurteilen, an ihn 15.065,32 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01. Februar 2013 zu zahlen.

    16

    Die Antragsgegnerin hat beantragt,

    17

    den Antrag zurückzuweisen.

    18

    Sie hat die Ansicht vertreten, der Vortrag des Antragstellers sei nach Grund und Höhe unsubstantiiert. Insbesondere habe sie den Antragsteller zu keiner Zeit aufgefordert, die von ihm dargestellten Arbeiten an ihrem Haus auszuführen. Es habe sich insoweit um solche Leistungen gehandelt, die üblicherweise Eheleute wechselseitig füreinander erbringen.

    19

    Das Familiengericht hat im Laufe des Verfahrens einen Hinweisbeschluss erlassen und den Beteiligten einen Vergleichsvorschlag unterbreitet, der abgelehnt worden ist.

    20

    Daraufhin hat es neuen Termin auf den 23.03.2015 bestimmt. Zu diesem Termin sind der Antragsteller und seine Verfahrensbevollmächtigte trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen, woraufhin antragsgemäß ein antragszurückweisender Versäumnisbeschluss erlassen worden ist.

    21

    Mit am 10.04.2015 eingegangenem Schriftsatz hat der Antragsteller Einspruch eingelegt und diesen begründet. Das Familiengericht hat sodann Termin zur mündlichen Verhandlung über den Einspruch und die Hauptsache auf den 27.05.2015, 10:30 Uhr bestimmt. Zu diesem Termin ist der Antragsteller persönlich erschienen, nicht aber seine Verfahrensbevollmächtigte, die die Terminsladung – entgegen den Angaben im Empfangsbekenntnis – unstreitig am 17.04.2015 erhalten hat. Daraufhin hat die Antragsgegnerin beantragt, den Einspruch zu verwerfen. Das Familiengericht hat sodann einen Verkündungstermin auf den 02.06.2015 anberaumt.

    22

    Der Antragsteller hat im Anschluss an den Verhandlungstermin schriftsätzlich unter Vorlage mehrere eidesstattliche Versicherungen, u.a. auch seiner Verfahrensbevollmächtigten, die Ansicht vertreten, trotz der Säumnis sei sein Einspruch nicht zu verwerfen. Hierzu hat er behauptet, seine Verfahrensbevollmächtigte sei in einen nicht vorhersehbaren Stau geraten. Auch der Versuch, mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Schwelm zu gelangen, sei erfolglos gewesen, da die Züge und S-Bahnen so erhebliche Verspätungen an diesem Tage gehabt hätten, dass ihr - auch unter Einrechnung der viertelstündigen Wartezeit- ein rechtzeitiges Erscheinen zum Termin nicht möglich gewesen sei. Daraufhin habe sie sich entschlossen, in ihre Kanzlei zu fahren, wo sie gegen 10.00 Uhr angekommen sei.

    23

    Im anberaumten Verkündungstermin hat das Familiengericht einen 2. Versäumnisbeschluss verkündet, der Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Einspruch sei wegen der erneuten Säumnis des Antragstellers zu verwerfen, da seine Verfahrensbevollmächtigte nicht ohne ihr Verschulden am Erscheinen zum Termin verhindert gewesen sei. Nach ihren eigenen Angaben in ihrer eidesstattlichen Versicherung sei ihr Nichterscheinen nicht unverschuldet gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschlussgründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

    24

    Gegen den am 22.06.2015 zugstellten Beschluss wendet sich der Antragsteller mit seiner am 10.07.2015 eingegangenen Beschwerde. Er ist der Ansicht, der angegriffene Beschluss habe nicht erlassen werden dürfen, da bereits der 1. Versäumnisbeschluss nicht habe ergehen dürfen. Zudem liege kein Fall der Säumnis vor, da er sich - entgegen der Auffassung des Familiengerichts - im Termin selbst habe vertreten und Anträge stellen können. Jedenfalls sei die Säumnis unverschuldet. Hierzu behauptet er, seine Verfahrensbevollmächtigte sei 2 ½ Stunden vor dem Termin an ihrer Wohnung in E losgefahren, nach wenigen hundert Metern aber in einen ganz erheblichen Verkehrsstau geraten. Nachdem sie rd. eine Stunde für eine Strecke von ca. 2 km benötigt habe, habe sie von einer Tankstelle aus ihre Kanzlei informiert. Die Mitarbeiterin habe ihn dann darüber informiert, dass – entgegen der ursprünglichen Absprache – seine Verfahrensbevollmächtigte nicht gemeinsam mit ihm zum Termin fahren könne, er solle bereits vorfahren. Ferner habe die Mitarbeiterin das Amtsgericht in Schwelm darüber informiert, dass sich seine Verfahrensbevollmächtigte wegen des Staus verspäten werde. Nach dem Telefonat habe seine Verfahrensbevollmächtigte gewendet und sei zurück in Richtung ihrer Wohnung gefahren. Da sich aber auch auf der Gegenfahrspur der Verkehr gestaut habe, habe sie ihren Pkw am Fahrbahnrand abgestellt und sei zu Fuß zu ihrer Wohnung gelaufen. Dort sei sie gegen 9.30 Uhr eingetroffen und habe von dort nochmals mit der Kanzlei sowie zudem mit der Geschäftsstelle des Familiengerichts telefoniert und mitgeteilt, sie werde versuchen per Bahn nach Schwelm zu kommen. An der nahe gelegenen U-Bahnhaltestelle habe sie warten müssen und mit ihrem Tablet die weiteren S-Bahn- und Bahnverbindungen nach Schwelm ermittelt. Dabei habe sich herausgestellt, dass sie vom Hauptbahnhof aus keine Zug- oder S-Bahnverbindung erreichen würde, die sie rechtzeitig nach Schwelm bringen konnte. Daraufhin habe sie sich entschlossen ins Büro zu fahren, wo sie gegen kurz nach 10:00 Uhr eingetroffen sei. Gegen 10:10 Uhr habe seine Verfahrensbevollmächtigte ihn dann im Gericht über Handy angerufen und ihm erklärt, dass sie zu dem Termin nicht kommen werde, er aber selbst auftreten und Anträge stellen könne. Um 10:15 Uhr sei er dann in den Gerichtssaal hereingerufen worden. Dort habe er der Richterin mitgeteilt, dass seine Verfahrensbevollmächtigte wegen eines unvorhergesehenen Staus in E zum Termin nicht erscheinen werde, er aber selbst die Anträge stellen wolle. Ungefähr zu Beginn der eigentlichen Terminsstunde sei die Verhandlung von der Richterin beendet worden.

    25

    Der Antragsteller beantragt,

    26

    unter Abänderung des Versäumnisbeschlusses vom 25.03.2015 und des 2. Versäumnisbeschlusses vom 02.06.2015 die Antragsgegnerin zu verpflichten, an ihn 15.665,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.02.2013 zu zahlen.
    27

    Die Antragsgegnerin beantragt,

    28

    die Beschwerde zurückzuweisen.

    29

    Sie verteidigt die Entscheidung des Familiengerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages.

    30

    Der Senat hat die Beteiligten angehört; wegen des Ergebnisses wird auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 10.12.2015 Bezug genommen.

    31

    Mit nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 15.12.2015 hat der Antragsteller sodann unter Beweisantritt behauptet, beim letzten Gespräch seiner Verfahrensbevollmächtigten mit der zuständigen Geschäftsstellenkraft sei ihr auf die Frage, ob der Termin vertagt werde oder sie noch kommen könne, mitgeteilt worden, dass sie nicht mehr kommen müsse.

    32

    B.

    33

    Die Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber unbegründet.

    34

    Dem Antragsteller steht gegen die Antragsgegnerin der geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht zu. Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Feststellungen und Wertungen des Senats.

    35

    I.Die Beschwerde ist zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt worden ist und der Antragsteller zudem als besondere Zulässigkeitsvoraussetzung schlüssig dargelegt hat, dass seine Verfahrensbevollmächtigte verhindert war, den Termin vor dem Familiengericht wahrzunehmen, §§ 117 Abs. 2 FamFG, 514 Abs. 2 ZPO.

    36

    1.Auf den vorliegenden 2. Versäumnisbeschluss findet über den Verweis in § 117 Abs. 2 FamFG § 514 ZPO Anwendung, da eine Familienstreitsache gegeben ist.

    37

    Das vom Antragsteller eingeleitete Verfahren betrifft eine Familienstreitsache im Sinne des § 117 Abs. 2 FamFG. Da er im Wesentlichen Wertersatz für von ihm während der Ehezeit in Bezug auf die Immobilie der Antragsgegnerin erbrachte Arbeitsleistungen anstrebt, liegt nach allgemeiner Meinung eine sonstige Familiensache i.S.d. § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG vor, die gem. § 112 Nr. 3 FamFG eine Familienstreitsache darstellt.

    38

    Den gegenteiligen rechtlichen Ausführungen des Antragstellers kann der Senat nicht beitreten, denn es geht hier unzweifelhaft – und auch nach dem Vortrag des Antragstellers - um aus der Ehe herrührende Ansprüche. Gerade diese Ansprüche wollte der Gesetzgeber mit der Einführung des § 266 FamFG dem Familiengericht als sog. großes Familiengericht zuweisen (vgl. dazu nur Keidel/Giers, FamFG,18. Aufl. 2014, § 266 Rn. 1).

    39

    Soweit der Antragsteller die Auffassung vertreten hat, es handele sich um eine Mietstreitigkeit, da er wie ein Mitmieter Verwendungsersatz begehre, kann dem nicht gefolgt werden. Denn das Haus gehörte der Antragsgegnerin und dass ein Mietvertrag zwischen den Beteiligten geschlossen worden ist, wird selbst vom Antragsteller nicht im Ansatz vorgetragen. Der Abschluss eines solchen Vertrages liegt auch nach der Lebenserfahrung fern, da die Beteiligten verheiratet waren und sich in der Immobilie die Ehewohnung befand.

    40

    Unabhängig davon hätte der Antragsteller unter dieser Prämisse Klage beim für Wohnungsmietsachen zuständigen Amtsgericht und nicht, wie geschehen, beim Landgericht einreichen dürfen.

    41

    Diese rechtliche Einschätzung scheint nunmehr auch der Antragsteller zu teilen, da er im Schriftsatz vom 15.12.2015 offenbar selbst von einer Familienstreitsache ausgeht, da er eine anwaltliche Vertretung für erforderlich hält.

    42

    2.Die Beschwerde ist gem.§ 514 ZPO, auf den § 117 Abs. 2 FamFG verweist, statthaft, da der Antragsteller durch seinen nunmehrigen Vortag im Schriftsatz vom 15.12.2015 schlüssig dargelegt hat, dass seine Verfahrensbevollmächtigte unverschuldet verhindert war.

    43

    a)Hierbei handelt es sich um eine Zulässigkeitsvoraussetzung, da nach der Rechtsprechung des BGH zu § 514 ZPO die Schlüssigkeit des Sachvortrages – anders als sonst –Zulässigkeitsvoraussetzung für das Rechtsmittel ist (BGH NJW 2009, 687; 2011, 928; BeckRS 2013, 06021; OLG Köln MDR 2015, 54; a.A. Wulf in: BeckOK ZPO, Stand: 01.06.2015, § 514 Rn. 13), so dass die Beschwerde bei Fehlen einer schlüssigen Darlegung als unzulässig zu verwerfen ist.

    44

    b)Entgegen der Ansicht des Antragstellers war sein Vortrag bis zum Senatstermin allerdings in dieser Hinsicht unschlüssig und hätte zur Verwerfung der Beschwerde als unzulässig geführt, wie der Senat im Verhandlungstermin dargelegt hat. Allein der Vortrag im Schriftsatz vom 15.12.2015 hat die erforderliche Schlüssigkeit herbeigeführt, so dass eine Verwerfung der Beschwerde als unzulässig nicht mehr in Betracht kam. Hierzu im Einzelnen:

    45

    aa)Entgegen der Ansicht des Antragstellers kommt es nicht darauf an, ob das Familiengericht zu Recht den ersten Säumnisbeschluss vom 23.03.2015 erlassen hat. Denn nach (nahezu) allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur kann im Rahmen des § 514 ZPO das Rechtsmittel nicht darauf gestützt werden, dass die erste Säumnisentscheidung nicht hätte ergehen dürfen. So kann das Rechtsmittel weder darauf gestützt werden, die „erste“ Säumnisentscheidung sei nicht prozessordnungsgemäß ergangen, noch darauf, die Klage sei unzulässig oder unschlüssig gewesen. Denn die materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Voraussetzungen unterlagen einer gerichtlichen Überprüfung bei Erlass der „ersten“ Säumnisentscheidung und die Verwerfung des Einspruchs ist allein Folge der (erneuten) Säumnis (BGH NJW 1999, 2599; NJW-RR 2011, 1692; OLG Köln MDR 2015, 54; Zöller/Heßler, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 514 Rn. 8a; a.A. Braun JZ 1999, 1157).

    46

    Dementsprechend kann der Senat die in der Beschwerdeschrift hinsichtlich der Unzulässigkeit der 1. Säumnisentscheidung vorgebrachten Gesichtspunkte dahinstehen lassen. In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Annahme, ein Säumnisbeschluss habe gem. § 130 FamFG gar nicht ergehen dürfen, jeglicher rechtlichen Grundlage entbehrt, da § 130 FamFG nur auf Ehesachen Anwendung findet.

    47

    bb)Der Vortrag des Antragstellers ist auch nicht deshalb schlüssig, weil tatsächlich ein Fall der Säumnis nicht vorgelegen hat. Dem Antragsteller ist zwar dahin Recht zu geben, dass ein Fall der Säumnis nicht vorliegen würde, wenn kein Anwaltszwang bestanden hätte. Denn dann hätte er sich selbst im Termin am 27.05.2015 vertreten können und wäre nicht säumig gewesen. Er übersieht in diesem Zusammenhang aber, dass vorliegend Anwaltszwang besteht, da eine selbständige Familienstreitsache vorliegt, für die § 114 Abs. 1 FamFG vorsieht, dass sich die Beteiligten in diesen Streitsachen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen. Wie bereits dargelegt, liegt hier unzweifelhaft eine sonstige Familiensache im Sinne des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG und damit nach § 112 Nr. 3 FamFG eine selbständige Familienstreitsache vor. Dabei kann an dieser Stelle dahinstehen, ob sich der Erstattungsanspruch aus einer Ehegatteninnengesellschaft, einer Zweckverfehlungskondiktion oder § 313 BGB vor dem Hintergrund unbenannter Zuwendungen bzw. aus einem Kooperationsvertrag ergibt.

    48

    cc)Der Antragsteller hat nunmehr allerdings schlüssig dargelegt, dass die Säumnis seiner Verfahrensbevollmächtigten unverschuldet war, da sie die von einem ordentlichen Rechtsanwalt zu fordernde Sorgfalt in Bezug auf die Anreise zur Terminswahrnehmung gewahrt hat.

    49

    (1)Ob eine Säumnis unverschuldet war, richtet sich nach den gleichen Maßstäben wie bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Insoweit gilt der gleiche objektive Beurteilungsmaßstab wie in § 337 S. 1, 2. Fall ZPO, der mit seinem Verschuldensbegriff auf § 233 ZPO letztlich verweist. Danach ist die Einhaltung der üblichen, von einem ordentlichen Rechtsanwalt (vgl. BGH NJW 1999, 724 m.w.N.) zu fordernden Sorgfalt ausreichend. Im Rahmen der Anreise zu einem Gerichtstermin gilt grundsätzlich, dass der Verfahrensbevollmächtigte für die Anreise jedes beliebige private bzw. öffentliche Verkehrsmittel wählen kann. Dabei braucht er eine Zeitreserve für unvorhersehbare Verzögerungen, etwa aufgrund von Verkehrshindernissen, generell, auch bei der Anreise mit dem eigenen Pkw, nicht einzurechnen (BGH NJW 1985, 1226; 1999, 724 m.w.N.; OLG Naumburg BeckRS 2001, 30166255). Auf absehbare (z.B. wetterbedingte) Hindernisse muss sich der Verfahrensbevollmächtigte aber einrichten (OLG Frankfurt a. M. BeckRS 2013, 10987). Führt eine Verzögerung bei der Anreise dazu, dass ein pünktliches Erscheinen zur angesetzten Terminsstunde nicht möglich ist, darf darauf vertraut werden, dass vor Erlass einer Säumnisentscheidung zunächst der Ablauf einer im Gerichtsbezirk üblichen Wartefrist abgewartet wird (BGH NJW 1999, 724; LG Berlin MDR 1995, 1067).

    50

    (2)Unter diesen Voraussetzungen war die Wahl des privaten Pkw durch die Verfahrensbevollmächtigte für die Anreise unbedenklich. Mit dem nach ihrer Darstellung und durch eidesstattliche Versicherungen glaubhaft gemachten außergewöhnlichen Stauereignis brauchte sie ebenfalls nicht zu rechnen.

    51

    (3)Etwas anderes gilt allerdings hinsichtlich der vorgenommenen Umplanung und beabsichtigten Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Denn insoweit hätte der Antragsteller darlegen und beweisen müssen, dass auch mit diesen eine Erreichbarkeit des Amtsgerichts Schwelm, wenn auch mit Verspätung, nicht möglich gewesen wäre. Daran fehlt es vorliegend, wie der Senat im Rahmen des Verhandlungstermins deutlich gemacht hat. Denn eine Erreichbarkeit des Amtsgerichts Schwelm mit öffentlichen Verkehrsmitteln bestand auch nach dem Vortrag des Antragstellers. Zudem ist dem Senat bekannt, dass die Zug- bzw. S-Bahnverbindungen zwischen E und Schwelm sehr gut und zeitlich eng getaktet sind. Demzufolge führten die vom Antragsteller behaupteten, aber nicht substantiiert belegten Verspätungen der Bahnen nicht zu einer Unerreichbarkeit des Amtsgerichts, sondern allenfalls zu einer zeitlichen Verzögerung. Dementsprechend war die Verfahrensbevollmächtigte, nachdem sie sich für die Nutzung des ÖPNV entschieden und dies dem Familiengericht auch so mitgeteilt hatte, gehalten, mit diesem nach Schwelm zu gelangen. Dass sie hiervon Abstand genommen hat, weil nach ihrer Internetrecherche die Züge und S-Bahnen Verspätungen hatten, ist ihr vorzuwerfen, ebenso wie der Hinweis an den Antragsteller, er könne sich im Termin vor dem Familiengericht selbst vertreten. Dabei handelt es sich um eine irrige Rechtsauffassung, die auch im Beschwerdeverfahren bis zum Verhandlungstermin vehement von ihr vertreten worden ist. Die von einem ordentlichen Rechtsanwalt zu fordernde Sorgfalt hätte es geboten, entsprechend der ursprünglichen Planung bis zum Hauptbahnhof zu fahren und dort den nächsten Zug bzw. die nächste S-Bahn nach Schwelm zu nehmen. Erst dann war nämlich für die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers erkennbar, wann sie voraussichtlich beim Amtsgericht eintreffen würde. Diesen Zeitpunkt hätte die Verfahrensbevollmächtigte dem Familiengericht mitteilen und abwarten müssen, ob das Familiengericht unter diesen Voraussetzungen mit einer Terminsverschiebung einverstanden war oder den Termin verlegen wollte, worauf der Senat im Verhandlungstermin vom 10.12.2015 ausdrücklich hingewiesen hat.

    52

    (4)Dem steht auch nicht entgegen, dass das Familiengericht nach Angabe des Antragstellers vorzeitig den Termin aufgerufen hat. Denn zu diesem Zeitpunkt waren die Probleme seiner Verfahrensbevollmächtigten hinsichtlich der Anreise dem Familiengericht bereits mitgeteilt worden. Zudem hat der Antragsteller nach seiner eigenen Einlassung im Rahmen der Anhörung durch den Senat dem Familiengericht ausdrücklich mitgeteilt, dass seine Verfahrensbevollmächtigte nicht mehr kommen werde. Bei dieser Sachlage wäre ein weiteres Hinausschieben der Terminsstunde bzw. der Wartezeit eine unnütze Förmelei.

    53

    (5)Etwas anderes ergibt sich allerdings aufgrund des im Schriftsatz vom 15.12.2015 vom Antragsteller behaupteten und unter Zeugenbeweis gestellten Geschehensablaufs, wonach die zuständige Geschäftsstellenkraft seiner Verfahrensbevollmächtigten mitgeteilt haben soll, sie, die Verfahrensbevollmächtigte, brauche nicht mehr zum Termin zu erscheinen. Denn nach diesem – an die rechtlichen Ausführungen des Senats im Verhandlungstermin angepassten – Vortrag durfte die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers ihre Bemühungen, das Amtsgericht in Schwelm mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen – wie zuvor dargelegt-, einstellen, ohne sich einem Verschuldensvorwurf auszusetzen.Dem steht nicht entgegen, dass der Vortrag in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz erstmalig erfolgt ist. Denn § 115 FamFG findet vorliegend keine Anwendung, da der Vortrag kein Angriffs- oder Verteidigungsmittel im Sinne der Vorschrift darstellt, sondern sich auf die Zulässigkeit des Rechtsmittels bezieht.

    54

    3.Die Beschwerde ist allerdings unbegründet.

    55

    a)Dabei braucht der Senat nicht zu klären, ob die behauptete Erklärung von der Geschäftsstellenkraft tatsächlich abgegeben worden ist oder nicht. Dieser Frage wäre nur nachzugehen gewesen, wenn der Antragsteller im Rahmen des § 514 Abs. 2 ZPO auf Aufhebung und Zurückverweisung angetragen hätte, was er ausdrücklich nicht getan hat. Denn dann hätte nach der zitierten Rechtsprechung des BGH im Rahmen der Begründetheitsprüfung des § 514 Abs. 2 ZPO geklärt werden müssen, ob die Behauptung durch die benannte Zeugin bewiesen werden kann. Da der Antragsteller aber ausdrücklich eine Sachentscheidung des Senats verlangt hat, kann der Senat die vorgenannte Frage dahinstehen lassen, wenn – wie vorliegend – die Beschwerde in der Sache unbegründet ist.

    56

    b)Dem Antragsteller steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegenüber der Antragsgegnerin zu.

    57

    aa)Ein Rückzahlungsanspruch aus der Auflösung einer Ehegatteninnengesellschaft scheidet vorliegend unzweifelhaft aus, da durch die vom Antragsteller behaupteten Arbeitsleistungen kein über die zukünftige Verwirklichung des ehelichen Lebens hinausgehender Zweck verfolgt werden sollte.

    58

    bb)Dem Antragsteller steht auch kein Anspruch aus § 313 BGB in Verbindung mit einem von der Rechtsprechung entwickelten so genannten familienrechtlichen Kooperationsvertrag zu.

    59

    (1)Der familienrechtliche Kooperationsvertrag ist von der Rechtsprechung entwickelt worden, um die Fälle der Vermögensmehrung durch Arbeitsleistung erfassen zu können (vgl. Weinreich FamRZ 2014, 1889). Es geht dabei um solche Fälle, in denen die Mitarbeit ohne einen ausdrücklichen Vertrag, also einen Arbeits- oder Gesellschaftsvertrag, erfolgt ist. Hintergrund ist, dass eine Arbeitsleistung vom BGH nicht als Zuwendung bewertet wird, da es an der hierfür erforderlichen Vermögenseinbuße auf Seiten des Leistenden fehlt. Erfolgt der Arbeitseinsatz auch nicht im Rahmen einer Ehegatteninnengesellschaft, geht der BGH von einem stillschweigend geschlossenen familienrechtlichen Vertrag sui generis aus, dessen Geschäftsgrundlage mit dem Scheitern der Ehe entfallen ist, so dass § 313 BGB Anwendung findet (vgl. BGH FamRZ 1982, 910; BGH FamRZ 1994, 1167).

    60

    Die Rechtsprechung nimmt den Abschluss eines solchen Vertrages an, wenn Umfang und Dauer der Mitarbeit erheblich sind und über bloße Gefälligkeiten sowie über das hinausgehen, was im Rahmen der Unterhalts-, Beistands- und Unterstützungspflicht geschuldet ist. Zudem muss die Mitarbeit zu einem messbaren und noch vorhandenen Vermögenszuwachs aufseiten des begünstigten Ehegatten geführt haben und es darf kein anderer, im Gesetz geregelter, Vertrag vorliegen. Dabei sind Indizien für die Annahme eines Kooperationsvertrages das Ersparen einer anderen Arbeitskraft und die Mitarbeit über einen besonders langen Zeitraum.

    61

    (2)Den Abschluss eines solchen Kooperationsvertrages zwischen den Beteiligten kann der Senat bereits nach dem Vortrag des Antragstellers nicht feststellen.

    62

    (a)Die vom Antragsteller angeblich erbrachten Leistungen gehen bereits nach Umfang und Dauer nicht über das hinaus, was im Rahmen der Unterhalts-, Beistands- und Unterstützungspflicht im Rahmen einer Ehe geschuldet ist.

    63

    Denn im Rahmen der gemeinsamen Ehezeit der Beteiligten von rund sieben Jahren hat der Antragsteller nach seinen eigenen Angaben lediglich 58 Stunden für den Garagenputz und die Holzterrasse und 40 Stunden für das Terrassendach aufgewandt. Zudem hat er drei Seiten des Gebäudes gestrichen und rund 130 m² Laminat verlegt sowie einen Grillkamin erstellt. Selbst wenn man zugunsten des Antragstellers von einer Arbeitsleistung von rd. 200 Std. ausgehen sollte, wären dies gerade einmal 5 Arbeitswochen in sieben Jahren ehelichen Zusammenlebens.

    64

    (b)Darüber hinaus fehlt es an der Darlegung eines messbaren und vorhandenen Vermögenszuwachses. Der Antragsteller legt lediglich den Wert seiner Leistung auf die Lebensdauer des Gewerks um. Der Umfang der tatsächlichen Nutzung sowie der derzeitige Zustand werden dagegen trotz Bestreitens seitens der Antragsgegnerin nicht substantiiert dargelegt, obwohl auf der Hand liegt, dass der Antragsteller während der gemeinsamen Ehezeit ebenfalls Nutzen aus seinen behaupteten Leistungen gezogen hat.

    65

    (3)Unabhängig davon, dass die Voraussetzungen für einen Kooperationsvertrag bereits nicht schlüssig vom Antragsteller dargelegt worden sind, besteht vorliegend im Rahmen der gebotenen Billigkeitsabwägung nach § 313 Abs. 1 BGB kein Rückzahlungsanspruch des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin.

    66

    (a)Dem Antragsteller ist zwar dahin Recht zu geben, dass dadurch, dass die Ehe gescheitert und letztendlich geschieden worden ist, die Grundlage der Arbeitsleistungen entfallen ist, da er seine Leistungen im Ergebnis nicht mehr weiter abwohnen kann.

    67

    Dies führt aber nicht dazu, hier unter Billigkeitsgesichtspunkten einen Rückzahlungsanspruch annehmen zu können. Denn der BGH geht im Rahmen der Abwägung, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Leistungen wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage zurückerstattet werden müssen, zunächst davon aus, dass der Zuwendende es einmal für richtig erachtet hat, dem anderen die konkreten Leistungen zu gewähren. Daraus folgert der BGH, dass ein korrigierender Eingriff grundsätzlich nur gerechtfertigt ist, wenn dem Zuwendenden die Beibehaltung der durch die Leistung geschaffenen Vermögensverhältnisse nach Treu und Glauben nicht zuzumuten und deshalb unbillig ist (BGH NZFam 2014, 327, 328 Rn. 25). Dabei impliziert das Merkmal der Unbilligkeit zugleich, dass ein Ausgleich nur wegen solcher Leistungen in Betracht kommt, denen nach den jeweiligen Verhältnissen erhebliche Bedeutung zukommt, weshalb letztlich eine umfassende Gesamtabwägung der Umstände des Einzelfalls geboten ist (BGH NZFam 2014, 327, 328 Rn. 25; NJW 2011, 2880 Rn. 23 ff.; 2008, 3277 Rn. 44). Dabei stellt der BGH u.a. auf die Dauer der Lebensgemeinschaft, das Alter der Parteien, Art und Umfang der erbrachten Leistungen, die Höhe der dadurch bedingten und noch vorhandenen Vermögensmehrung - diesem Umstand kommt eine wesentliche Bedeutung zu - sowie auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse ab (BGH NZFam 2014, 327, 328 Rn. 26; NJW 2011, 2880 Rn. 24; 1982, 2236).

    68

    (b)Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe kann der Senat vorliegend eine Unbilligkeit auf Seiten des Antragstellers nicht feststellen.

    69

    Denn der Antragsteller hat die Leistungen im Bewusstsein des notariellen Vertrages erbracht. Er musste damit rechnen, dass etwaige werterhöhenden Leistungen im Falle einer Scheidung im Rahmen des Zugewinnausgleichs nicht berücksichtigt werden. Dieses Risiko hat er bewusst in Kauf genommen, als er die Leistungen erbrachte.

    70

    Hinzu kommt, dass, auf die gesamte Ehezeit gesehen, die Leistungen nicht den Umfang erreichen, der es zulassen würde, von einer Unzumutbarkeit der derzeitigen Vermögenslage auszugehen. Insoweit ist zum einen zu berücksichtigen, dass der Antragsteller unstreitig während der gemeinsamen Ehezeit selbst auch in den Genuss seiner Leistungen gelangt ist, weshalb der von ihm selbst angesetzte Wert deutlich nach unten zu korrigieren ist. Zum anderen fehlt jeglicher substantiierter Vortrag dazu, warum von einer Unzumutbarkeit der derzeitigen Vermögenslage der Beteiligten - bezogen auf den Antragsteller - im Hinblick auf seine angeblichen Leistungen auszugehen sein sollte. Auf diese Problematik hatte bereits das Familiengericht in seinem Hinweisbeschluss hingewiesen.

    71

    (4)

    72

    Dem Antragsteller steht auch kein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB unter dem Gesichtspunkt einer Zweckverfehlung zu.

    73

    Dabei kann der Senat dahinstehen lassen, ob ein solcher Anspruch überhaupt neben der Regelung des § 313 BGB in Betracht kommt (vgl. dazu insgesamt Weinreich FamRZ 2014, 1889).Denn im Rahmen der Zweckverfehlungskondiktion ist wie bei § 313 BGB die Zeit zu berücksichtigen, in der der Zweck nicht verfehlt worden ist (vgl. Weinreich a.a.O.). Da der Antragsteller zu den tatsächlichen Wertverhältnissen nicht substantiiert vorträgt, fehlt es an einer substantiellen Darlegung der Höhe eines etwaigen Bereicherungsanspruchs.

    74

    C.

    75

    Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 113 Abs. 2 FamFG, 97 ZPO.

    76

    Die Entscheidung ist unanfechtbar, da die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht gegeben sind.

    RechtsgebieteFamFG, ZPO, BGBVorschriftenFamFG § 117¸ ZPO § 514, 337, 233; BGB § 313