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  • 29.09.2015 · IWW-Abrufnummer 179821

    Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein: Urteil vom 12.05.2015 – 1 Sa 359 a/14


    In dem Rechtsstreit
    pp.
    hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 12.05.2015 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter ... und ... als Beisitzer
    für Recht erkannt:

    Tenor:

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 06.08.2014 - 3 Ca 388 d/14 - teilweise geändert und der Tenor der Entscheidung zur Klarstellung wie folgt gefasst:

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 292,94 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2014 zu zahlen.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 406,16 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.03.2014 zu zahlen.

    Soweit die weitergehende Klage nicht übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, wird sie abgewiesen.

    Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

    Die Parteien tragen jeweils die Hälfte der Kosten des Rechtsstreits.

    Die Revision wird nicht zugelassen.



    Tatbestand



    Die Parteien streiten über restliche Zahlungsansprüche aus einem beendeten Arbeitsverhältnis.



    Der Kläger war vom 01.04.2012 bis zum 28.02.2014 als Krankenpfleger auf Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrags (Anlage K1, Bl. 4 - 6 d. A.) bei der Beklagten beschäftigt. Vereinbart waren eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden, ein Bruttomonatsgehalt von € 2.200,00 sowie 26 Arbeitstage Urlaub. Die Arbeitsleistung erfolgte nach Dienstplan. Die Beklagte führte für den Kläger ein Arbeitszeitkonto.



    Vom 25. bis 28.03. und vom 24.06. bis 05.07.2013 (insgesamt 14 Arbeitstage) hatte der Kläger Urlaub. Die Beklagte rechnete für Februar 2014 € 1.907,06 brutto ab und zahlte den sich ergebenden Nettobetrag von € 1.329,90 an den Kläger aus.



    Mit seiner Klage macht der Kläger restliche Vergütung für Februar 2014 sowie einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung geltend.



    Hierzu hat er vorgetragen:



    Die Beklagte schulde ihm für Februar seinen vollen Monatslohn sowie die Abgeltung restlicher 12 Urlaubstage für 2013 und 4 Urlaubstage für 2014. Die von der Beklagten vorgenommene Verrechnung seiner Ansprüche mit angeblichen "Minusstunden" sei aus mehreren Gründen unzulässig:



    Es gebe keine vertragliche Vereinbarung darüber, wie bei einem negativen Zeitguthaben bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses verfahren werden solle. Die Existenz von Minusstunden bestreite er; sie könnten allenfalls auf der Dienstplangestaltung der Beklagten beruhen, für die er nicht verantwortlich sei. Eine Verrechnung scheitere auch an der im Arbeitsvertrag vereinbarten Ausschlussfrist. Zur Leistung von Pflegeplanungsstunden sei er vertraglich nicht verpflichtet gewesen. Zu keinem Zeitpunkt habe er erklärt, Minusstunden aus 2013 könnten mit seinem Resturlaub verrechnet werden.



    Der Kläger hat beantragt,

    1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für Februar 2014 einen Betrag in Höhe von 2.200,00 € brutto abzüglich gezahlter 1.329,90 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.03.2014 zu zahlen. 2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.624,64 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.03.2014 zu zahlen.



    Die Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.



    Sie hat vorgetragen:



    Der Kläger habe am 09.12.2013 darum gebeten, seine Minusstunden aus 2013 mit dem Resturlaub zu verrechnen. Sie habe deswegen 6 Tage restlichen Urlaub mit 48 Minusstunden saldiert. Die verbleibenden 56 Minusstunden seien am Ende des Arbeitsverhältnisses mit 5 Urlaubstagen zu 6,7 Stunden verrechnet worden. Wegen der dann noch verbleibenden 22,5 Minusstunden sei das Februargehalt gekürzt worden. Das Führen eines Arbeitszeitkontos sei dem Kläger bekannt gewesen.



    Der Kläger habe im Übrigen seine Arbeitsleistungen nicht vollständig erbracht, er sei etwa früher nach Hause gefahren, habe Pausen nicht in Abzug gebracht und Pflegeplanungszeiten nur sehr unregelmäßig eingehalten oder er sei vorzeitig gegangen.



    Darüber hinaus habe er - unstreitig - vom 07. bis 13.10.2013 wegen eines Umzugs frei gehabt; seine Ansprüche auf Korrektur des Arbeitszeitkontos seien verfallen.



    Wegen des weiteren Sach- und Streitstands in erster Instanz wird auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils verwiesen.



    Das Arbeitsgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:



    Die Beklagte habe zur Führung eines Arbeitszeitkontos mit Verrechnungsmöglichkeit nicht ausreichend vorgetragen. Es sei ihre Sache, die Dienstpläne so zu gestalten, dass die Arbeitszeit des Klägers in vollem Umfang abgerufen werde. Auch reiche der Vortrag zur Entstehung der Minusstunden nicht aus. Wegen der weiteren Begründung des Arbeitsgerichts im Einzelnen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.



    Gegen das ihr am 02.10.2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 03.11.2014, einem Montag, Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 02.01.2015 am 02.01.2015 begründet.



    Sie trägt vor:



    Zwischen den Parteien sei die Führung eines Arbeitszeitkontos wirksam vereinbart worden. Die vom Kläger eigenhändig geführten Stundennachweise erfüllten auch die vertraglich vereinbarte Schriftform. Im Übrigen sei die Schriftformklausel, auf die sich das Arbeitsgericht bezogen habe, unwirksam.



    Da der Kläger seine Arbeitsvergütung einklage, habe er im Übrigen nachzuweisen, dass er seine Arbeit verrichtet habe. Sie habe durch Vorlage der Dienstpläne in erster Instanz ihrer Nachweispflicht genügt. Der Kläger müsse vortragen, dass er sich zur Arbeit bereitgehalten habe. Die Erbringung von Pflegeplanungszeiten sei wöchentlich angeordnet worden. Dem sei der Kläger nicht nachgekommen.



    Ferner habe das Arbeitsgericht nicht berücksichtigt, dass der Kläger selbst wegen der freien Woche vom 7. bis 13.10.2013 um die Verrechnung seiner Minusstunden mit Urlaubsstunden gebeten habe. Schließlich habe der Kläger die Ausschlussfrist versäumt. Wegen der angeordneten und tatsächlich geleisteten Dienste des Klägers legt die Beklagte Aufstellungen ab Oktober 2013 bis Februar 2014 vor. Insoweit wird auf die Anlage B5 (Bl. 134 - 138 d. A.) verwiesen.



    Einen Urlaubsantrag des Klägers für 2013 habe sie zu keinem Zeitpunkt abgelehnt, insbesondere nicht in einem vom Kläger behaupteten Gespräch Anfang November 2013.



    Die Beklagte beantragt,

    das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 06.08.2014, Az. 3 Ca 388 d/14, abzuändern und die Klage abzuweisen.



    Der Kläger beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.



    Er erwidert:



    Er habe vom 1. bis 28.02.2014 die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbracht und deswegen Anspruch auf die volle Vergütung für Februar 2014. Das ergebe sich aus dem erstinstanzlich vorgelegten Dienstplan für Februar 2014 (Bl. 72 f. d. A.) und seinen Stundenaufzeichnungen (Bl. 32 d. A.). Die von der Beklagten nunmehr vorgelegten Anlagen seien nicht wirksam in den Prozess eingeführt und könnten Minderleistungen auch nicht belegen.



    Im Übrigen treffe die Beklagte, da sie die Aufrechnung erkläre, die Darlegungslast für etwaige Fehlstunden. Zu einer wirksamen Vereinbarung über die Führung eines Arbeitszeitkontos mit Verrechnungsabrede trage die Beklagte nach wie vor nicht schlüssig vor. Auf das Entstehen eines negativen Zeitsaldos habe er keinen Einfluss gehabt, da die Beklagte die Dienstpläne erstellt habe. Auch sein Resturlaub sei abzugelten. Er habe bereits in der Klage vorgetragen, dass der Resturlaub von 2013 ins nächste Jahr übertragen worden sei. Er habe Anfang November 2013 von der Beklagten die Gewährung des restlichen Urlaubs für 2013 verlangt. Dies habe die Beklagte unter Hinweis auf die knappe Personallage abgelehnt und erklärt, der Urlaub werde in 2014 gewährt.



    Wegen der in der Abrechnung für Februar 2014 ausgewiesenen steuerrechtlichen Abzüge vom Gehalt des Klägers in Höhe von € 192,40 sowie der in derselben Abrechnung ausgewiesenen sozialversicherungsrechtlichen Abzüge in Höhe von € 384,76 haben die Parteien den Rechtsstreit im Berufungstermin übereinstimmend für erledigt erklärt.



    Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß dem Beweisbeschluss vom 12.05.2015 durch Vernehmung einer Zeugin. Wegen des Inhalts des Beweisbeschlusses und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen. Wegen des weiteren Sach- und Streitstands im Einzelnen wird auf die Akte Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe



    Die gemäß § 64 Abs. 2 lit. b ArbGG statthafte form- und fristgemäß eingelegte und begründete und damit zulässige Berufung der Beklagten ist zum Teil begründet. Allerdings hat das Arbeitsgericht die Beklagte zu Recht zur Zahlung der restlichen Vergütung für Februar 2015, soweit jetzt noch anhängig, sowie zur Abgeltung von 4 Urlaubstagen für das Jahr 2014 verurteilt. Die Klage ist jedoch unbegründet, soweit der Kläger die Abgeltung weiterer 12 Urlaubstage für 2013 verlangt. In diesem Umfang ist die Klage unbegründet und auf die Berufung der Beklagten abzuweisen. Abzuändern war auch der Zeitpunkt des Zinsbeginns für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung. Im Einzelnen gilt Folgendes:



    I. Der Antrag zu 1., gerichtet auf restliche Bruttovergütung für den Monat Februar 2014 ist, soweit durch dieses Urteil über ihn noch zu entscheiden ist, begründet. Streitig ist insoweit nach übereinstimmender Erledigungserklärung der Parteien hinsichtlich der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge nur noch ein Anspruch auf restliche Vergütung in Höhe von € 292,94 brutto. Rechtsgrundlage für diesen Anspruch des Klägers ist § 611 Abs. 1 BGB.



    1. Der Anspruch ist entstanden. Der Kläger hat die ihm im Februar obliegenden Arbeitsleistungen erbracht.



    Für das Entstehen seines Anspruchs ist der Kläger darlegungsbelastet. Nach der gesetzlichen Konzeption obliegt es dem klagenden Arbeitnehmer darzulegen und ggf. zu beweisen, dass er Arbeit verrichtet oder einer der Tatbestände vorgelegen hat, der eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regelt (BAG, Urt. v. 18.04.2012 - 5 AZR 248/11 - [...]).



    Dieser Darlegungslast ist der Kläger in vollem Umfang nachgekommen. Er hat unter Bezugnahme auf den von der Beklagten erstellten Dienstplan (Teil der Anlage B5, Bl. 72 f. d. A.) und unter Hinweis auf die Erläuterungen in diesem Dienstplan zu den vorgesehenen Dienstzeiten seine Arbeitsverpflichtung hinreichend dargelegt. Durch Vorlage des Stundennachweises für diesen Monat (Anlage B4, Bl. 32 d. A.) hat er ferner belegt, dass er entsprechend diesem Dienstplan seine Arbeitsleistungen erbracht hat.



    Diesen Vortrag des Klägers hat die Beklagte auch im Berufungsverfahren nicht ausreichend bestritten.



    Zunächst einmal ist die Beklagte dem Vorbringen des Klägers bereits nicht in prozessual ordnungsgemäßer Form entgegengetreten. Die Bezugnahme auf Anlagen, wie hier die von der Beklagten mit der Berufungsbegründung eingereichte Anlage B5 (Bl. 134 - 138 d. A.) ersetzt keinen prozessual ordnungsgemäßen Vortrag. Das Gericht ist nicht gehalten, sich aus einzelnen Anlagen den Vortrag erst herauszusuchen. Anlagen können den Vortrag nur erläutern, diesen aber nicht ersetzen (ständige Rechtsprechung: BAG v. 19.09.2012 - 5 AZR 627/11 - [...], Rn. 37). Es darf davon ausgegangen werden, dass die entsprechende Rechtsprechung der anwaltlich vertretenen Beklagten auch bekannt ist, zumal auch die Gegenseite in der Berufungserwiderung noch einmal ausdrücklich auf die Unzulässigkeit dieses Vortrags verwiesen hat.



    Im Übrigen ist selbst bei Auswertung der Anlage B5 nicht erkennbar, dass der Kläger seine Arbeitspflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt hat. So hat die Beklagte in der Aufstellung für Februar 2014 zwar an insgesamt 6 Tagen die fehlende Erfüllung der Arbeitsleistung gerügt und mit einem kurzen handschriftlichen Zusatz versehen. Soweit es um Fehlzeiten für den 3., 5., 17. und 19.02.2014 geht, hat der Kläger jedoch seinerseits darauf hingewiesen, dass er dienstplanmäßig gearbeitet hat, nämlich bis 13:30 Uhr, wie es auch die Anmerkung der Beklagten angibt. Ferner hat der Kläger darauf hingewiesen, dass er an diesen Tagen für den Dienst D2 eingesetzt war, der nach dem Dienstplan der Beklagten auch tatsächlich um 13:30 Uhr endet. Entsprechendes gilt für den 12. und 26.02., für die die Beklagte gerügt hat, der Kläger sei trotz Anweisung erst um 13:00 Uhr zum Dienst erschienen. Ausweislich des Dienstplans war er zum Dienst D3 eingeteilt, der auch tatsächlich erst um 13:00 Uhr begann. Vor diesem Hintergrund waren jedenfalls weitere Erläuterungen und weiterer substantiierter Vortrag der Beklagten erforderlich, inwieweit die Ableistung der dienstplanmäßig angeordneten Arbeitszeit durch den Kläger bestritten wird.



    2. Der Vergütungsanspruch des Klägers ist auch nicht durch die Saldierung mit Minusstunden auf seinem Arbeitszeitkonto erloschen. Zu einer entsprechenden Saldierung war die Beklagte nicht berechtigt.



    a) Die Einrichtung eines Arbeitszeitkontos, insbesondere die Möglichkeit eines negativen Kontostandes, bedarf einer entsprechenden Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien. Ein Arbeitszeitkonto gibt den Umfang der vom Arbeitnehmer geleisteten Arbeit wieder und kann abhängig von der näheren Ausgestaltung in anderer Form den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers ausdrücken. Die Belastung eines Arbeitszeitkontos mit Minusstunden setzt folglich voraus, dass der Arbeitgeber diese Stunden im Rahmen einer verstetigten Vergütung entlohnt hat und der Arbeitnehmer zur Nachleistung verpflichtet ist, weil er die in Minusstunden ausgedrückte Arbeitszeit vorschussweise vergütet erhalten hat. Eine Zahlung durch den Arbeitgeber ist dann ein Vorschuss, wenn sich beide Seiten bei der Auszahlung darüber einig waren, dass es sich um eine Vorwegleistung handelt, die bei Fälligkeit der Forderung verrechnet wird. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer allein darüber entscheiden kann, ob eine Zeitschuld entsteht und er damit einen Vorschuss erhält. Hingegen kommt es zu keinem Vergütungsvorschuss, wenn sich der das Risiko der Einsatzmöglichkeit bzw. des Arbeitsausfalls tragende Arbeitgeber im Annahmeverzug befunden hat (LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 15.11.2011 - 3 Sa 493/11 - [...], Rn. 43).



    b) Danach schied vorliegend eine Saldierung der Minusstunden des Klägers mit dem Vergütungsanspruch aus.



    Zutreffend hat bereits das Arbeitsgericht ausgeführt, dass die Beklagte eine Vereinbarung, die sie zur Verrechnung mit Minusstunden berechtigte, nicht dargelegt hat. Eine solche Verrechnungsvereinbarung folgt nicht allein daraus, dass die Beklagte tatsächlich ein Stundenkonto geführt hat. Das Führen eines Stundenkontos berechtigt den Arbeitgeber ohne weitere Vereinbarung allenfalls dazu, aufgrund eines Dienstplans schwankende wöchentliche Arbeitszeiten im Rahmen dieses Stundenkontos auszugleichen und so zu gewährleisten, dass für das Gehalt des Arbeitnehmers die vereinbarte Arbeitszeit geleistet wird. Über die Berechtigung zur Saldierung von Minusstunden ist damit am Ende des Arbeitsverhältnisses aber noch nichts gesagt. Sie scheidet nach der oben dargestellten Rechtsprechung regelmäßig aus, wenn die Minusstunden allein auf der dienstplanmäßigen Ableistung der Arbeitszeit durch den Arbeitnehmer beruhen.



    Eine Saldierung kommt vielmehr nach den oben weiter dargestellten Grundsätzen nur dann in Betracht, wenn der Arbeitnehmer über den Umfang der zu leistenden Arbeit frei entscheiden kann. Das war hier beim Kläger, der als Pfleger im Betrieb der Beklagten tätig war, ersichtlich und nach dem Vortrag beider Seiten nicht der Fall. Vielmehr war der Kläger im Dienstplan eingeteilt und hatte nach dem ausdrücklichen Vortrag der Beklagten nach diesem Dienstplan zu arbeiten.



    Tatsächlich wirft die Beklagte dem Kläger auch in nicht näher substantiiertem Umfang unentschuldigtes Fehlen und Nichterledigung von Arbeitsaufgaben vor. In diesen Fällen hätte der Kläger aber seine Vergütung tatsächlich nicht verdient, hierfür ist auch das verstetigte Gehalt in Höhe von 2.200,00 € brutto am Monatsende nicht gezahlt worden. Dessen Zahlung dient nur der Verhinderung von Gehaltsschwankungen wegen unvermeidbarer Unregelmäßigkeiten der Arbeitszeit aufgrund der Dienstplangestaltung. In den Fällen unentschuldigten Fehlens steht der Beklagten vielmehr ein bereits am Monatsende fällig werdender Gegenanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung zu, mit dem sie gegenüber einem Vergütungsanspruch des Klägers aufrechnen kann. Das hat sie jedenfalls in ihrem letzten Schriftsatz auch noch einmal ausdrücklich getan.



    Dieser Gegenanspruch ist aber von der Beklagten nicht ausreichend substantiiert worden. Es wäre im einzelnen Vortrag dazu erforderlich gewesen darzulegen, welche Minusstunden des Klägers aufgrund der Dienstplangestaltung entstanden sind - und damit nicht saldierbar - und in welchen einzelnen Fällen wegen Nichtleistung der geschuldeten Arbeit - etwa Nichterbringung von Planungszeiten oder vorzeitiges Verlassen des Arbeitsplatzes - ein aufrechenbarer Gegenanspruch in welchem Umfang besteht. Daran fehlt es.



    Ferner wäre von der Beklagten in diesem Zusammenhang auch darzulegen, dass sie die vertraglich vereinbarte Ausschlussfrist von 3 Monaten für die Aufrechnung mit ihren Gegenansprüchen eingehalten hat.



    3. Hinsichtlich des Vergütungsanspruchs für Februar 2014 hat der Kläger die zwischen den Parteien vereinbarte Ausschlussfrist aus § 12 des Arbeitsvertrags mit seinem Schreiben vom 10. März 2014 gewahrt.



    4. Zinsen stehen dem Kläger auf seine Forderung gemäß den §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB zu. Da für die Gehaltszahlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, nämlich der Monatsletzte, ist die Beklagte hinsichtlich der Februarvergütung mit Ablauf des Monats Februar in Verzug geraten.



    II. Der Antrag zu 2. ist nur zum Teil begründet, nämlich nur, soweit der Kläger Urlaubsabgeltung für 4 Tage im Jahr 2014 entstandenen Urlaubs verlangt. Im Übrigen ist der Antrag unbegründet.



    1. Dem Kläger steht kein Anspruch gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG auf Abgeltung von 12 Tagen Resturlaub aus 2013 zu, weder als Erfüllungsanspruch, noch als Schadensersatzanspruch.



    a) Unstreitig sind dem Kläger von seinem Jahresurlaub von 26 Arbeitstagen im Jahr 2013 nur 14 Arbeitstage gewährt worden, nämlich vom 25. bis 28.03.2013 vier Arbeitstage und vom 24.06. bis 05.07.2013 zehn Arbeitstage. Die Freizeitgewährung im Oktober 2013 erfolgte nach dem Vortrag beider Parteien nicht in Form von Urlaubsgewährung. Substantiierter Vortrag der Beklagten zur weiteren Urlaubsgewährung in 2013 ist auch im Berufungsverfahren nicht erfolgt.



    b) Der Urlaubsanspruch des Klägers ist auch nicht infolge einer Vereinbarung vom 09.12.2013 zur Verrechnung des Urlaubs mit Minusstunden auf Wunsch des Klägers erloschen. Dabei kann offen bleiben, ob eine entsprechende Verrechnungsbitte vom Kläger überhaupt geäußert worden ist.



    aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die nachträgliche Freistellung von der Arbeitspflicht zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs nicht möglich, wenn bereits eine andere Freistellungserklärung für denselben Zeitraum abgegeben wurde. Sowohl die einseitige nachträgliche Anrechnung als auch die nachträgliche Vereinbarung einer Erfüllung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs scheiden aus. Urlaubsgewährung ist nach § 7 Abs. 1 BUrlG die Befreiung von der Arbeitspflicht für einen bestimmten künftigen Zeitraum (BAG, Urt. v. 24.03.2009 - 9 AZR 983/07 - [...], Rn. 33).



    Danach konnten die Parteien nicht nachträglich im Dezember 2013 einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, nämlich den aus Oktober 2013, auf den Urlaubsanspruch des Klägers verrechnen. Ebenso wenig ist die sonstige Verrechnung mit nach Vortrag der Beklagten aufgelaufenen Minusstunden zulässig.



    bb) Die Geltendmachung des Urlaubsanspruchs durch den Kläger ist auch bei unterstelltem Wunsch des Klägers auf Verrechnung nicht treuwidrig im Sinne des § 242 BGB. Dazu reicht allein der Wunsch des Klägers nach einer Verrechnung nicht aus. Es müsste schon ein zusätzliches Verhalten des Klägers hinzutreten, dass es als mit den Grundsätzen von Treu und Glauben unvereinbar erscheinen ließe, dass der Kläger trotz des Verrechnungswunsches nunmehr seine Urlaubsabgeltung verlangt. Dass der Kläger sich auf die Unwirksamkeit einer (angeblichen) Vereinbarung beruft, genügt allein nicht.



    c) Der Urlaubsanspruch des Klägers ist jedoch nach § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG am 31.12.2013 erloschen.



    Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG muss Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Nach Satz 2 der Vorschrift ist eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen.



    Zu den Voraussetzungen eines Übertragungstatbestands hat der Kläger weder in seinem Schriftsatz vom 4. Mai 2015 noch in seiner persönlichen Anhörung vor dem Berufungsgericht ausreichend vorgetragen. Er spricht zwar davon, dass Urlaub nach der Aussage der Beklagten wegen Personalnot nicht gewährt werden könne. Das tatsächliche Bestehen dieser Personalnot hat der Kläger aber nicht dargelegt. Zum Personalbestand und zur Personalsituation bei der Beklagten findet sich kein tatsächlicher Vortrag. Vielmehr leitet der Kläger aus der angeblichen Erklärung der Beklagten zur Personalnot her, dass ein von ihm gestellter Urlaubsantrag aus diesem Grund abschlägig beschieden worden sei. In der Sache macht er damit nicht das Vorliegen eines Übertragungstatbestands, sondern das Bestehen eines Schadenersatzanspruchs wegen Verweigerung des Urlaubs trotz entsprechenden Urlaubsantrags geltend.



    d) Dem Kläger steht aber auch kein Schadensersatzanspruch auf Nachgewährung des am 31.12.2013 verfallenen Urlaubs zu.



    Nach der Rechtsprechung kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber Schadensersatz in Form der Nachgewährung des Urlaubs und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Form von Urlaubsabgeltung verlangen, wenn ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber rechtzeitig, aber erfolglos die Freistellung im Urlaubsjahr verlangt und damit den Arbeitgeber gemahnt und in Verzug gesetzt hat und Urlaub nicht gewährt worden ist (im Einzelnen: ErfKom/Gallner, 14. Aufl. 2014, § 7 BUrlG, Rn. 40).



    Das Vorliegen eines erfolglosen Urlaubsverlangens durch den Kläger hat dieser jedoch nicht beweisen können. Seine Behauptung, er habe von der Beklagten Anfang November 2013 verlangt, ihm die restlichen 12 Urlaubstage für 2013 zu gewähren, hat er nicht zur Überzeugung des Gerichts nachweisen können.



    Die von ihm benannte Zeugin W. konnte sich an Einzelheiten eines diesbezüglichen Gesprächs zwischen dem Kläger und der Beklagten nicht erinnern. Mit Ausnahme eines einzigen Satzes, an den sie sich nach ihrer Aussage erinnerte und den sie mehrfach wiederholte, waren der Zeugin keinerlei nähere Umstände und Einzelheiten des Gesprächs mehr erinnerlich. Weder wusste sie etwas zu Anlass, noch zu Verlauf oder zu sonstigen Gesprächsinhalten zu sagen, noch gab es sonstige Anzeichen für das Gericht dafür, dass die Zeugin sich zutreffend erinnerte. Zwar soll der Zeugin nicht unterstellt werden, dass sie vor Gericht vorsätzlich die Unwahrheit gesagt hat, sie mag subjektiv von ihrer Aussage überzeugt gewesen sein, mangels jeglicher Substanz und Auffüllung des Vortrags war das Gericht aber nicht mit hinreichender Sicherheit davon überzeugt, dass die Klägerin tatsächlich Erlebtes so wiedergibt, wie es sich ereignet hat.



    Hinzu kommt, dass der Kläger ein Antragsformular für die Gewährung von Urlaub nicht ausgefüllt hat. Hierauf hat die Beklagte im Berufungstermin ausdrücklich hingewiesen, ohne dass von Seiten des Klägers hierzu Widerspruch geäußert worden ist. Das belegt, unterstellt zu Gunsten des Klägers und der Zeugin, dass überhaupt irgendwann einmal über Urlaub gesprochen worden ist, dass der Kläger jedenfalls von der Beklagten nicht Gewährung von Urlaub verlangt oder die entsprechende Gewährung beantragt hat, sondern allenfalls, dass es ihm im Sinne einer Voranfrage um die Möglichkeit der Urlaubsgewährung ging. Das würde für eine Mahnung mit verzugsauslösenden Folgen aus Sicht des Berufungsgerichts nicht ausreichen. Damit fehlt es an den Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs.



    2. Hinsichtlich der 4 Tage Resturlaub aus dem Jahr 2014 kann der Kläger gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG die Abgeltung verlangen.



    a) Unstreitig stehen dem Kläger aus dem Jahr 2014 vier Urlaubstage zu, die nicht in Natur gewährt worden sind.



    b) Die von der Beklagten vorgenommene Saldierung mit Minusstunden des Klägers ist hinsichtlich des Urlaubsabgeltungsanspruchs unzulässig. Auf den vorstehenden Vortrag unter I. wird verwiesen.



    3. Die Höhe der Urlaubsabgeltung ist mit € 101,54 unstreitig, sodass sich für 4 Tage der ausgeurteilte Betrag ergibt.



    4. Die vertragliche Ausschlussfrist hat der Kläger durch sein Schreiben vom 10.03.2014, in dem er auch die Urlaubsabgeltung anmahnt, gewahrt.



    5. Zinsen stehen dem Kläger gemäß §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB aber erst ab dem 18.03.2014, nicht bereits ab dem 01.03.2014 zu. Die Beklagte ist erst mit Zugang des Schreibens vom 10.03.2014 gemahnt worden. Für Urlaubsabgeltung ist eine Mahnung nicht nach § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB entbehrlich, da deren Fälligkeit sich nicht nach dem Kalender bestimmt (BAG v. 06.08.2013 - 9 AZR 956/11 - Rn. 22). Der Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, der die Fälligkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs herbeiführt, ist kein kalendermäßig bestimmbares Datum im Sinne dieser Vorschrift.



    Mit Ablauf der im Schreiben vom 10.03.2014 gesetzten Frist zum 17.03.2014 ist die Beklagte dann in Verzug geraten.



    III. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91 a Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 1 ZPO. Hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils sind die Kosten der Beklagten auferlegt worden, da sie zur Erfüllung des Vergütungsanspruchs des Klägers erst im Laufe des Verfahrens ausreichend vorgetragen hat. Im Übrigen sind die Kosten nach dem Grad des Obsiegens und Unterliegens aufgeteilt.



    Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

    Verkündet am 12.05.2015

    Vorschriften§ 64 Abs. 2 lit. b ArbGG, § 611 Abs. 1 BGB, §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB, § 7 Abs. 4 BUrlG, § 7 Abs. 1 BUrlG, § 242 BGB, § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB, §§ 91 a Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 1 ZPO