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  • 07.09.2015 · IWW-Abrufnummer 145328

    Oberlandesgericht Brandenburg: Beschluss vom 27.04.2015 – 13 WF 85/15

    Im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger spricht eine generelle Vermutung dafür, dass der auf Verfahrenskostenhilfe angewiesene Antragsgegner ohne anwaltliche Hilfe nicht in der Lage sein werde, seine Verfahrensrechte sachgemäß und wirksam wahrzunehmen. Die eingeführten Formulare verweisen den Antragsgegner zu Recht auf die dringende Notwendigkeit fachkundiger Beratung.


    13 WF 85/15
    Brandenburgisches Oberlandesgericht
    16.1 FH 5/14 Amtsgericht Perleberg
    Erlassen am 27. April 2015
    Beschluss
    In dem vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger
    des Herrn E… S…,
    - Antragsgegners und Beschwerdeführers -
    - Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin … -
    g e g e n
    E… R…,
    geb. am 5. November 2011,
    vertreten durch das Jugendamt des Landkreises …,
    - Antragsteller und Beschwerdegegner -
    hat der 4. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts
    durch
    den Richter am Oberlandesgericht Dr. Burghart als Einzelrichter
    am 27. April 2015
    beschlossen:
    Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts Perleberg vom 14. November 2014 abgeändert:
    Dem Antragsgegner wird Rechtsanwältin … beigeordnet.
    Gründe:
    Die Beschwerde ist begründet.
    Die Beiordnung der von dem Antragsgegner gewählten Rechtsanwältin ist erforderlich (§§ 113 I FamFG, 121 II ZPO).
    Erforderlich ist eine Beiordnung, wenn Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der zur Entscheidung anstehenden Sache zu der Befürchtung Anlass geben, der auf Verfahrenskostenhilfe angewiesene Beteiligte werde ohne anwaltliche Hilfe nicht in der Lage sein, seine Verfahrensrechte sachgemäß und wirksam wahrzunehmen, um so eine ihm günstige Entscheidung zu erreichen.
    Im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger spricht eine generelle Vermutung für die Hilfsbedürftigkeit des Antragsgegners. Er muss besonders sorgfältig bedenken, welche Einwendungen gegen den geltend gemachten Anspruch er mit welchen weiteren Erklärungen verbinden muss, damit die Einwendungen überhaupt geprüft werden. Unterlaufen ihm dabei Versäumnisse, so ist für viele Fallkonstellationen eine Nachbesserung im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen. Zudem hat er die eingeführten Formulare zu verwenden, so dass nicht nur ein zutreffender Einwand rechtzeitig und vollständig zu formulieren ist, sondern auch noch die dafür zutreffende Formularstelle aufgefunden werden muss. Die Verfahrensregelungen der §§ 252, 256 und 259 II FamFG belasten den Antragsgegner mit Komplizierungen, die an der Bezeichnung als „vereinfachtes Verfahren“ (Überschrift des Unterabschnittes 3 und § 249 FamFG) zweifeln lassen. Diese Bezeichnung mag gegenüber dem Antragsteller und auch gegenüber dem Gericht berechtigt sein, aber für den Antragsgegner träfe eine Bezeichnung als „formulargebundenes Verfahren mit sehr unübersichtlichen Regelungen über Einwendungen und Rechtsmittelz“ eher zu. Die eingeführten Formulare verweisen den Antragsgegner zu Recht auf die dringende Notwendigkeit fachkundiger Beratung (vgl. hier Bl. 10 und OLG Oldenburg, NJW-RR 2011, 586).
    Es spricht nichts dafür, dass der Antragsgegner in der hier zu entscheidenden Sache von diesen verfahrensrechtlichen Schwierigkeiten nicht belastet und deshalb nicht auf die Beiordnung eines Rechtsanwalts angewiesen gewesen wäre. Er hat seinen erlernten und ausgeübten Beruf mit „Landwirt“ angegeben (Bl. 11). Es gehört nicht zu den Qualifikationen, die ihm wegen seiner Ausbildung oder seiner ausgeübten Berufstätigkeit abverlangt werden müssten, die Schwierigkeiten des materiellen Rechts und des Verfahrensrechts des Kindesunterhalts zu beherrschen.
    Über die Kosten dieses Beschwerdeverfahrens ist nicht zu entscheiden (§§ 113 I FamFG, 127 IV ZPO).
    Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§§ 113 I FamFG, 574 II, III ZPO), besteht nicht.