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  • 01.08.2006 | Zwangsvollstreckung

    Sind Jugendamtsurkunden auch über das achtzehnte Lebensjahr hinaus vollstreckbar?

    von Assessorin jur. Bettina Breyer, Koblenz

    In der Praxis stellt sich häufig die Frage, ob aus Jugendamtsurkunden, in denen ein Unterhaltsanspruch tituliert wird, über das achtzehnte Lebensjahr hinaus vollstreckt werden kann. Dazu im Einzelnen:  

     

    Jugendamtsurkunden als Vollstreckungstitel

    Grundsätzlich kann bezüglich der Festsetzung des Kindesunterhalts eine Jugendamtsurkunde errichtet werden. Diese Möglichkeit besteht gemäß § 59 Abs. 1 Nr. 3 SGB VIII auch für bedürftige volljährige Kinder, soweit sie das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Die Urkunde ist ein Vollstreckungstitel gemäß § 794 Nr. 5 ZPO. Die vollstreckbare Ausfertigung erteilt das Jugendamt, § 60 SGB VIII. Da die Erstellung der Urkunde gemäß § 91 Abs. 7 SGB VIII kostenlos ist, stellt diese Vorgehensweise die günstigste und einfachste Art und Weise der Unterhaltsfestsetzung dar.  

     

    Rechtslage vor In-Kraft-Treten des KindUG

    Bis zum In-Kraft-Treten des KindUG 1998 konnten Unterhaltsansprüche als Individualunterhalt oder als Regelunterhalt gefordert werden. Auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes konnte aus der Jugendamtsurkunde vollstreckt werden, soweit sich daraus keine Anhaltspunkte für eine zeitliche Beschränkung eindeutig ergaben (Individualunterhalt; LG Kleve FamRZ 91, 357). Bei der Festsetzung von Regelunterhalt nach der RegelbedarfsVO (BGBl. I 70, 1010) gemäß § 1615f BGB bedurfte es der betragsmäßigen Festsetzung gemäß § 642 ZPO a.F. Denn es handelte sich hierbei nur um einen Rahmentitel. Dadurch wurde der Unterhaltsschuldner verpflichtet, bis zum 18. Lebensjahr mindestens den Regelunterhalt zu zahlen. Erst aus diesem Beschluss konnte vollstreckt werden (Zöller/Philippi, ZPO, 20. Aufl., § 642 Rn. 9; Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 794 Rn. 19). Dies war jedoch nur bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres möglich, da der Betragsbeschluss vom Grundtitel abhängig war und keine weitere Wirkung als dieser entfalten konnte. Beanspruchte der Volljährige weiter Unterhalt, musste er Individualunterhalt mittels Leistungsklage geltend machen, da der Anspruch auf Regelunterhalt nach Vollendung des 18. Lebensjahrs erlosch.  

     

    Geänderte Rechtslage seit 1998