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  • 01.08.2006 | Zugewinn

    Verbot der doppelten Teilhabe am Anteil an einer tierärztlichen Gemeinschaftspraxis

    von VRiOLG Dieter Büte, Bad Bodenteich/Celle
    Zur Frage, ob bei Selbstständigen die Unternehmensbewertung zu entfallen hat, wenn nicht die Herausnahme der Entnahmen aus dem Betrieb für die Unterhaltsberechnung vereinbart ist (OLG Oldenburg 8.2.06, 4 UF 92/05, n.v., Abruf-Nr. 061997).

     

    Sachverhalt

    Die Parteien sind rechtskräftig geschieden. Sie streiten u.a. noch außergerichtlich über nachehelichen Unterhalt der Antragstellerin von 500 EUR monatlich sowie gerichtlich über den Zugewinnausgleich. Hauptstreitpunkt dabei ist, ob der Anteil des Antragsgegners an der (früheren) tierärztlichen Gemeinschaftspraxis (einschließlich good will) einzubeziehen ist. Die OLG-Richter haben dies verneint und insoweit die Revision zugelassen.  

     

    Entscheidungsgründe

    Es gilt grundsätzlich das Verbot der Doppelverwertung (BGH FamRZ 03, 432). Bei Selbstständigen muss die Unternehmensbewertung im Zugewinn entfallen, wenn nicht die Parteien die Herausnahme der Einnahmen aus dem Betrieb für die Unterhaltsberechnung vereinbaren (Fischer-Winkelmann, FuR 04, 433). Der rechnerisch unstreitige Anteil des Antragsgegners an der tierärztlichen Gemeinschaftspraxis ([Sachwert + good will] : 2) ist daher nicht als Aktivposten in die Zugewinnausgleichsbilanz einzustellen. Denn der Antragsgegner müsste einen beachtlichen Teil seiner jetzigen Praxis, die er im Anschluss an die Kündigung der Gemeinschaftspraxis als Alleinpraxis fortführt, verwerten, wenn er eine entsprechende Forderung befriedigen wollte. Zumindest aber muss er sich erheblich verschulden. Da die Antragsgegnerin auch nachehelichen Unterhalt fordert, und das Begehren auf Unterhalt seine Grundlage maßgeblich in den Erträgen der Praxis hat, würde die Antragstellerin sowohl beim Zugewinn als auch beim nachehelichen Unterhalt aus der Vermögensposition „Anteil an der tierärztlichen Praxis“ partizipieren.  

     

    Praxishinweis

    Das Urteil stellt einen weiteren Mosaikstein in der Diskussion des sog. Verbots der doppelten Teilhabe dar. M.E. ist die Entscheidung unzutreffend. Die Nichtberücksichtigung des Sachwerts widerspricht jeglichen Grundsätzen der rechtlichen Bewertung des Zugewinnausgleichs. Soweit das OLG den good will nicht berücksichtigt hat, mag das auf den ersten Blick unter Berücksichtigung des Verbots der doppelten Teilhabe naheliegend sein, ist im Ergebnis m.E. jedoch nicht stichhaltig. Rechtsprechung und Literatur kennzeichnen mit dem Begriff „good will“ den über die Summe der Sachwerte hinausgehenden Wert eines Unternehmens oder einer Praxis, der sich aus dem Aufbau eines Kundenstamms, eines Vertriebsnetzes, dem guten Ruf, der Marktgängigkeit eines Produktnamens, dem Grad der Bekanntheit pp. ergibt. Der Ansatz eines good will setzt konkrete Feststellungen darüber voraus, ob ein Übernahmewilliger generell bereit ist, den unter Einschluss des good will errechneten Betrag als Unternehmenswert zu zahlen, das heißt ob ein Käufer bereit wäre, einen Preis zu zahlen, der über einen reinen Substanz- oder Ertragswert hinaus geht (BGH FamRZ 91, 43).