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  • 26.07.2010 | Versorgungsausgleich

    Wie ist die Bagatellklausel des § 18 VersAusglG in der Praxis anzuwenden?

    von VRiOLG Hartmut Wick, Celle

    1. Die auf Entgeltpunkten und die auf Entgeltpunkten (Ost) beruhenden Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung sind nicht gleichartig i.S. von § 18 Abs. 1 VersAusglG.  
    2. Die auf Entgeltpunkten und die auf Entgeltpunkten (Ost) beruhenden Anrechte eines Ehegatten sind bei der Anwendung des § 18 Abs. 2 VersAusglG regelmäßig als Einheit anzusehen mit der Folge, dass nicht eines der beiden (Teil-) Anrechte wegen Geringfügigkeit seines Ausgleichswerts vom Versorgungsausgleich auszunehmen ist. Hat der andere Ehegatte allerdings seinerseits ein Anrecht von geringem Ausgleichswert erworben, so kann es angemessen sein, neben diesem im Gegenzug auch das in einem Teil Deutschlands erworbene Anrecht der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 18 Abs. 2 VersAusglG vom Ausgleich auszunehmen.  
    3. Die Bagatellgrenze nach § 18 Abs. 3 VersAusglG bestimmt sich für die gesetzliche Rentenversicherung nach ihrem Kapitalwert.  
    (OLG Celle 4.3.10, 10 UF 282/08, FamRZ 2010, 979, Abruf-Nr. 102084)

     

    Sachverhalt

    Durch Urteil vom 28.11.08 wurde die Ehe der Beteiligten geschieden und ein Versorgungsausgleich (VA) nach altem Recht durchgeführt. Der Ehemann hatte in der Ehezeit (1.9.93 bis 31.5.08) gesetzliche Rentenanwartschaften in den alten und in den neuen Bundesländern erworben, die Ehefrau eine geringere gesetzliche Rentenanwartschaft in den neuen Bundesländern und eine private Rentenanwartschaft. Das AG übertrug gesetzliche Rentenanwartschaften, die teils in Entgeltpunkte und teils in Entgeltpunkte (Ost) umgerechnet werden sollten, auf die Ehefrau. Die Deutsche Rentenversicherung Bund rügte mit ihrer Beschwerde, dass aufseiten der Ehefrau eine während der Ehezeit erworbene ausländische Rentenanwartschaft unberücksichtigt geblieben sei. Das OLG ordnete mit Zustimmung aller Beteiligten durch Beschluss vom 19.3.09 das Ruhen des Verfahrens an. Mit Beschluss vom 3.9.09 nahm es das Verfahren wieder auf und führte den VA nach neuem Recht durch. Es glich die in den alten Bundesländern erworbenen Anrechte beider Ehegatten aus der gesetzlichen Rentenversicherung durch interne Teilung nach § 10 VersAusglG aus. Ferner sprach es aus, dass bezüglich der vom Ehemann in den neuen Bundesländern erworbenen gesetzlichen Rentenanwartschaft und der privaten Rentenanwartschaft der Ehefrau wegen Geringfügigkeit der Ausgleichswerte gemäß § 18 Abs. 2 VersAusglG kein Wertausgleich bei der Scheidung stattfinde.  

     

    Entscheidungsgründe

    Da das Beschwerdeverfahren zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Rechts am 1.9.09 ruhte, war gemäß Art. 111 Abs. 3 FGG-RG und § 48 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG nach der Wiederaufnahme des Verfahrens das neue materielle Recht und Verfahrensrecht anzuwenden. Nach neuem Recht sind die von den Ehegatten in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte jeweils hälftig zwischen ihnen zu teilen, § 1 Abs. 1 VersAusglG.  

     

    Vom (öffentlich-rechtlichen) Wertausgleich bei der Scheidung ausgenommen bleibt jedoch nach neuem Recht das von der Ehefrau (möglicherweise) erworbene ausländische Anrecht. Denn ausländische Anrechte sind gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 4 VersAusglG nicht ausgleichsreif. Sie bleiben einem späteren schuldrechtlichen VA vorbehalten, § 19 Abs. 4 VersAusglG. Dies braucht nicht im Tenor ausgesprochen zu werden. Vielmehr genügt ein Hinweis in den Entscheidungsgründen, § 224 Abs. 4 FamFG. Da das ausländische Anrecht hier nur geringfügig sein kann, besteht kein Anlass, von der nach § 19 Abs. 3 VersAusglG bestehenden Möglichkeit Gebrauch zu machen und auch inländische Anrechte der Beteiligten in den schuldrechtlichen VA zu verweisen.