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  • 01.06.2007 | Versorgungsausgleich

    Billigkeitsentscheidung beim Versorgungsausgleich zwischen Ausländern

    von VRiOLG Hartmut Wick, Celle
    Zur Billigkeitsentscheidung nach Art. 17 Abs. 3 S. 2 EGBGB, wenn der aus dem Versorgungsausgleich Berechtigte dauerhaft im Ausland (hier: Türkei) lebt und keinen Bezug zum deutschen Rechtskreis hat (BGH 20.12.06, XII ZB 64/03, FamRZ 07, 366, Abruf-Nr. 070388).

     

    Sachverhalt

    Die Parteien, beide türkische Staatsangehörige, haben in der Türkei geheiratet. Der Ehemann kam später ohne seine Familie nach Deutschland und war hier erwerbstätig. Die Ehefrau blieb mit den gemeinsamen Kindern in der Türkei und war nie in Deutschland sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Die Ehe wurde nach türkischem Recht geschieden. Gleichzeitig wurde auf Antrag der Ehefrau nach Art. 17 Abs. 3 S. 2 EGBGB der Versorgungsausgleich (VA) durchgeführt. Der Ehemann hat in der Ehezeit in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung Anwartschaften erworben. Hiervon steht der Ehefrau gemäß § 1587a Abs. 1 BGB grundsätzlich die Hälfte als Ausgleich zu. Das KG hat diesen Betrag aufgrund der Billigkeitsklausel des Art. 17 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 EGBGB um die Hälfte gekürzt, da das Lebenshaltungsniveau in der Türkei niedriger sei als in Deutschland. Eine weitergehende Kürzung hat das KG abgelehnt, da der Ehemann seine Behauptung, er habe der Ehefrau für ihre Altersversorgung bereits einen Betrag zugewandt, nicht näher substanziiert habe. Die Rechtsbeschwerde des Ehemanns führte zur Aufhebung und Zurückverweisung an das KG.  

     

    Entscheidungsgründe

    Bei der nach Art. 17 Abs. 3 S. 2 EGBGB vorzunehmenden Billigkeitsabwägung sollen die wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten und internationale Aspekte des Eheverlaufs berücksichtigt werden. Vor allem sollen unbillige Ergebnisse vermieden werden, die sich dadurch ergeben können, dass ein Ehegatte inländische Anwartschaften abgeben muss, während der andere bereits Vermögenswerte im Ausland besitzt, die seiner Alterssicherung dienen können und an denen der andere Ehegatte nicht partizipieren kann.  

     

    Zu Recht ist das KG davon ausgegangen, dass der Ehemann der Ehefrau keinen Beitrag für die Altersvorsorge hat zukommen lassen. Es musste hierüber keinen Beweis erheben, weil er seine Darlegungslast nicht erfüllt hat. Der VA ist eine echte Streitsache der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Trotz des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 12 FGG) obliegt es den Ehegatten, ihnen vorteilhafte Umstände, die dem Gericht nicht ohne Weiteres bekannt sein können, vorzubringen und durch Tatsachendarstellung und geeigneten Beweisantritt an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Bei der Billigkeitsklausel des Art. 17 Abs. 3 S. 2 letzter HS. EGBGB handelt es sich – wie bei § 1587c BGB – um einen Ausnahmetatbestand, dessen tatsächliche Voraussetzungen derjenige darlegen und unter Beweisantritt stellen muss, der einen (teilweisen) Ausschluss des VA erreichen will.