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  • 01.07.2005 | Versorgungsausgleich

    Ausschluss des Versorgungsausgleichs durch Ehevertrag

    von VRiOLG Hartmut Wick, Celle
    1. Ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs durch Ehevertrag ist auch dann unwirksam, wenn innerhalb eines Jahres nach Vertragsschluss ein Antrag auf Scheidung der Ehe bei Gericht eingegangen und zwar erst nach Ablauf der Jahresfrist, aber noch „demnächst“ i.S. von § 167 ZPO zugestellt worden ist.  
    2. Eine Zustellung ist selbst nach längerer Zeit (hier: etwas mehr als zwei Monate) noch als demnächst erfolgt anzusehen, wenn der Antragsteller alles ihm für eine fristgerechte Zustellung Zumutbare getan und die Verzögerung nicht schuldhaft herbeigeführt hat.  
    (BGH 9.2.04, XII ZB 118/04, FamRZ 05, 598, Abruf-Nr. 050741)

     

    Sachverhalt

    Die Eheleute hatten den Versorgungsausgleich (VA) durch notariellen Ehevertrag vom 26.11.01 ausgeschlossen (§ 1408 Abs. 2 S. 1, § 1410 BGB). Am 8.11.02 reichte die Ehefrau beim AG einen Scheidungsantrag ein. Zugleich beantragte sie PKH und fügte eine Formularerklärung nebst Belegen bei. Sie beantragte, den Scheidungsantrag sofort zuzustellen, damit die Rechtswirkungen des § 1408 Abs. 2 S. 2 BGB ausgelöst würden. Der Scheidungsantrag wurde jedoch beim AG zunächst nicht bearbeitet. Erst auf eine Sachstandsanfrage vom 15.1.03 wurde der Scheidungsantrag dem Ehemann am 21.1.03 zugestellt. Das AG führte mit der Scheidung den VA durch. Die dagegen gerichteten Rechtsmittel des Ehemanns, mit denen er geltend machte, dass der VA wirksam ausgeschlossen worden sei, blieben erfolglos.  

     

    Entscheidungsgründe

    Das AG hat den VA zu Recht durchgeführt. Nach § 1408 Abs. 2 S. 2 BGB ist ein vertraglicher Ausschluss des VA unwirksam, wenn innerhalb eines Jahres nach Vertragsschluss ein Antrag auf Ehescheidung gestellt wird. Antragstellung i.d. Sinne ist die Erhebung des Scheidungsantrags (BGH FamRZ 85, 45). Diese erfolgt (in der Regel) durch die Zustellung der Antragsschrift an den Antragsgegner (§ 253 Abs. 1i.V. mit § 608 ZPO). Hier ist die Zustellung erst nach Ablauf der Jahresfrist des § 1408 Abs. 2 S. 2 BGB erfolgt.  

     

    Gemäß § 167 ZPO reicht allerdings auch der rechtzeitige Eingang des Scheidungsantrags bei Gericht aus, wenn der Scheidungsantrag „demnächst“ zugestellt wird. Insoweit kommt es nicht auf den tatsächlichen Zeitablauf zwischen Eingang bei Gericht und Zustellung an den Gegner an. Entscheidend ist vielmehr, ob der Antragsteller alles ihm für eine alsbaldige Zustellung Zumutbare getan hat. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Ehefrau hat einen unbedingten Scheidungsantrag eingereicht und neben der Bewilligung der PKH gemäß § 14 Nr. 3 GKG (§ 65 Abs. 7 Nr. 3 GKG a.F.) die sofortige Zustellung beantragt. Die Voraussetzungen der sofortigen Zustellung hat sie ausreichend glaubhaft gemacht. Ihr ist auch nicht vorzuwerfen, dass sie den Antrag auf sofortige Zustellung nicht besonders hervorgehoben hatte und dass sie beim Gericht nicht früher nach dem Sachstand gefragt hat. Die Verzögerung der Zustellung fällt allein in den Verantwortungsbereich des Gerichts, das die Sache unvorhersehbar nicht bearbeitet hat. Der Scheidungsantrag hat daher trotz der verzögerten Zustellung die Unwirksamkeit des vertraglichen Ausschlusses des VA zur Folge.