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  • 08.01.2008 | Vermögensauseinandersetzung

    Der Streit um Wertpapiere

    von VRiOLG Dieter Büte, Bad Bodenteich/Celle

    Getrennte Ehepaare streiten oft erbittert um Konten und Wertpapiere. Der folgende Beitrag erläutert, worauf Sie bei einer solchen Auseinandersetzung hinsichtlich der Wertpapiere achten müssen (vgl. zu den Besonderheiten bei Einzelkonten, Büte, FK 07, 119; zu den Besonderheiten bei Gemeinschaftskonten, Büte, FK 07, 138 und zu den Besonderheiten bei Bausparverträgen, Büte, FK 07, 159. Diese Beiträge finden Sie auch in unserem kostenlosen Online-Archiv unter www.iww.de [„myIWW“]. Dort finden Sie auch nähere Angaben zur Registrierung.  

     

    Checkliste: Streit um Wertpapiere

    Allgemeine Grundsätze: Die als Vermögensanlage am weitesten verbreiteten Wertpapiere sind i.d.R. Aktien und Pfandbriefe. Dabei handelt es sich um Inhaberpapiere, bei denen das Recht aus dem Papier dem Recht am Papier folgt. Das bedeutet, dass die Rechte aus dem Papier dem Eigentümer, bei Miteigentum den Miteigentümern, zustehen. Bei Miteigentum sind die Wertpapiere grundsätzlich hälftig aufzuteilen (§ 742 BGB) durch Teilung in Natur (§ 752 BGB) oder – sofern nicht möglich – durch freihändigen Verkauf nach § 753 BGB (OLG Hamm FamRZ 90, 750). Wertpapiere werden nach sachrechtlichen Grundsätzen übertragen (§§ 929 ff. BGB). Unverbriefte Wertpapiere wie Bundesschatzbriefe und Bundesobligationen sind grundsätzlich wie verbriefte Wertpapiere zu behandeln (BGH FamRZ 97, 607).  

     

    Depotverwahrung: Wertpapiere werden i.d.R. bei Banken gekauft und dort im Depot verwaltet. Dies geschieht in Form der Sonderverwahrung als gesetzlicher Grundform (vgl. § 2 DepG) oder – in der Praxis vorherrschend – als Sammelverwahrung, §§ 5 bis 8 DepG.  

    • Sonderverwahrung: Keine Veränderung der Eigentumsverhältnisse an den eingelieferten Stücken. Der Erwerber eines Wertpapiers wird Eigentümer, der Hinterleger verliert sein Eigentumsrecht nicht.
    • Sammelverwahrung: Bei dieser wird das Wertpapier ungetrennt von eigenen Beständen derselben Art des Verwahrers oder eines Dritten aufbewahrt. Der bisherige Eigentümer verliert das Eigentum an den eingelieferten Wertpapieren. Er erwirbt aber ein entsprechendes Miteigentumsrecht nach Bruchteilen an den zum Sammelbestand des Verwahrers gehörenden Wertpapieren derselben Art, § 6 Abs. 1 S. 1 DepG. Standen die Wertpapiere im Miteigentum der Ehegatten, so erwerben diese mit Einlieferung entsprechend ihrem Anteil Miteigentum am Sammelbestand (Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 4. Aufl., Rn. 744). Es gilt das Prinzip der Rechtserhaltung (Haußleiter/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, 4. Aufl., Kap. VI Rn. 270), d.h. der bisherige Eigentümer bleibt dinglich Berechtigter, selbst wenn ein anderer Hinterleger ist. Die Hinterlegung macht den Depotinhaber nicht zum Eigentümer. Deshalb kann der Eigentümer von der verwahrenden Bank bei Sonderverwahrung Herausgabe gestützt auf § 985 BGB verlangen, bei der Sammelverwahrung gestützt auf §§ 7 Abs. 1, 8 DepG (vgl. dazu auch OLG Celle FamRZ 07, 826) Herausgabe von Papieren in Höhe des in Verwahrung gegebenen Aktienbetrages bzw. der in Verwahrung gegebenen Stückzahl verlangen.

     

    Rechtsformen des Wertpapierdepots: Sie werden als Einzel- oder Gemeinschaftsdepot geführt.  

    • Einzeldepot: Grundsätzlich ist der Inhaber des Depots auch Eigentümer der verwahrten Papiere. Verwaltet der Depotinhaber die Papiere aber nur treuhänderisch, hat er diese nach §  667 BGB herauszugeben (Haußleiter/Schulz, a.a.O., Kap. VI Rn. 271). Ebenfalls kein Eigentum erwirbt der Depotinhaber, wenn er dem anderen Ehegatten diesem gehörende Wertpapiere weggenommen und zur Verwahrung in sein Depot gegeben hat (Wever, a.a.O., Rn. 748). Möglich ist auch eine Bruchteilsgemeinschaft (OLG Celle, a.a.O.).

     

    • Gemeinschaftsdepot: Das Gemeinschaftsdepot kann als Und-/bzw. als Oderdepot eingerichtet werden. Die Verfügungsbefugnis bei Oderdepots steht grundsätzlich dem jeweiligen Depotinhaber einzeln zu (Wever, a.a.O., Rn. 747). Problematisch ist die Feststellung der dinglichen Berechtigung an den verwahrten Papieren, da zwischen der Eigentumslage an den verwahrten Papieren und den Rechten aus dem Depotvertrag zu differenzieren ist (BGH FamRZ 97, 607). Der Bank gegenüber sind die Eheleute zwar Gesamtgläubiger – und nur insoweit gilt § 430 BGB – nach § 428 BGB; dies gilt jedoch nicht in Bezug auf die verwahrten Wertpapiere. Hier stellen die §§ 1006 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 und 742 BGB (im Zweifel zu gleichen Anteilen) nur eine schwach ausgeprägte Auslegungsregel dar (BGH, a.a.O.), die nicht greift, wenn sich aus dem Willen der Depotinhaber etwas anderes ergibt oder wenn sie der Sachlage nicht gerecht wird. Es muss deshalb festgestellt werden, wer gemäß § 929 BGB Eigentum an den Papieren erworben hat (BGH FamRZ 97, 607). Dies ist häufig der Ehegatte, der die Papiere erworben hat (BGH FamRZ 97, 607). I.d.R. aber ist es der Bank gleichgültig, wer Eigentümer wird, da sie an den übereignet, den es angeht (Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl., § 164 Rn. 8; Palandt/Bassenge, a.a.O., § 929 Rn. 25). Maßgeblich ist also die Willensrichtung dessen, der die Anschaffung vorgenommen hat. Ist diese – wie oft – nicht bekannt, kann sie anhand folgender Indizien ermittelt werden (zitiert nach Wever, a.a.O., Rn. 755; vgl. auch Haußleiter/Schulz, a.a.O., Kap. VI Rn. 274):

     

    • Wer hat den Auftrag zum Erwerb der Papiere erteilt? War es ein Ehegatte allein, spricht dies für den Willen zur Begründung von Alleineigentum. Waren es beide Ehegatten gemeinsam, spricht dies für den Willen, Miteigentum zu begründen.
    • Welcher Zweck wurde mit dem Erwerb verfolgt? Sollte für das Alter vorgesorgt oder eine Rücklage für den beabsichtigten Erwerb eines gemeinsamen Familienheims gebildet werden, deutet dies auf einen für den Erwerb von Miteigentum sprechenden Willen hin. Miteigentum ist insbesondere anzunehmen, wenn eine angemessene vermögensrechtliche Beteiligung an dem in der Ehe gemeinsam Erarbeiteten erreicht werden sollte (OLG Düsseldorf FamRZ 98, 165).
    • Von wem stammen die Mittel für den Erwerb der Papiere?
    • Ist das Depotguthaben zum Bestreiten des Lebensunterhalts herangezogen worden? Wenn mit den Beständen des Depots ähnlich wie mit dem Guthaben eines Gemeinschaftskontos in der Weise gemeinsam gewirtschaftet worden ist, dass häufig Papiere verkauft und die Erlöse für die gemeinsame Lebensführung ausgegeben worden sind, spricht dies dafür, dass eine gemeinsame dingliche Berechtigung gewollt war (OLG Bremen FamRZ 04, 1578).
    • Steht dem Erwerb der Papiere der Verkauf anderer Papiere gegenüber? Wenn es sich um bloße Ersatzbeschaffungen handelt, sollte im Zweifel der Eigentümer der verkauften Papiere auch der Berechtigte an den neu angeschafften Papieren werden (vgl. BGH FamRZ 97, 607, 608).
    • Welche Perspektive hatte die Ehe im Zeitpunkt des Erwerbs? Wenn sich die Ehe in einer Krise befand, kann dies gegen den Erwerb von Miteigentum sprechen.
    • Wie sind die Ehegatten mit ihrem Vermögen im Übrigen umgegangen? Eine weitgehende Vermögenstrennung spricht gegen eine tendenzielle Vergemeinschaftlichung des Vermögens für Miteigentum.
    • Ausgleichsansprüche und Beweislast: Veräußert ein Miteigentümer den Bestand der im Oderdepot befindlichen Wertpapiere, muss er darlegen und beweisen, dass ihm mehr als die Hälfte zustehen soll. Sonst ist er dem anderen Ehegatten in Höhe der Hälfte des Erlöses ausgleichspflichtig (OLG Düsseldorf FamRZ 98, 165). Diese Grundsätze gelten auch bei einer Veräußerung ohne bereits erfolgte Trennung der Eheleute, sofern die Ehe nicht mehr intakt war (OLG Düsseldorf, a.a.O.). Als Anspruchsgrundlage kommen §§ 741 ff., 753 Abs. 1 BGB, § 687 Abs. 2 BGB, § 280 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 266 StGB sowie § 812 BGB in Betracht.
     

    Quelle: Ausgabe 01 / 2008 | Seite 17 | ID 116780