Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 01.05.2005 | Unterhalt

    Bedarf und Bedürftigkeit beim Unterhaltsanspruch nach § 1615l Abs. 2 BGB

    von VRiOLG Dr. Jürgen Soyka, Düsseldorf
    Beim Unterhaltsanspruch nach § 1615l Abs. 2 BGB bestimmt sich das Maß des der nicht verheirateten Mutter zu gewährenden Unterhalts nach ihrer Lebensstellung. Diese richtet sich grundsätzlich nach dem Einkommen, das sie ohne die Geburt des Kindes zur Verfügung hätte. Dabei wird jedoch die Lebensstellung der Mutter und damit der Unterhaltsbedarf durch den Halbteilungsgrundsatz begrenzt. Überobligationsmäßig erzielte Einkünfte sind analog § 1577 Abs. 2 BGB – teilweise – anzurechnen (BGH 15.12.04, XII ZR 121/03, FamRZ 05, 442, Abruf-Nr. 050449).

     

    Sachverhalt

    Der Beklagte ist Vater der im August 01 geborenen Tochter der Klägerin. Diese erzielte vor der Geburt des Kindes Einkünfte von ca. 2.600 EUR netto. Seit Ablauf der Mutterschutzfrist erzielt sie nur noch Einkünfte von 1.380 EUR. Der Beklagte verdient netto bereinigt monatlich ca. 2.300 EUR.  

     

    Entscheidungsgründe

    Der Unterhaltsanspruch der Klägerin kann sich allenfalls in Höhe der hälftigen Differenz der anrechenbaren Einkommen beider Parteien ergeben. Zwar bestimmt sich das Maß des ihr zu gewährenden Unterhalts nach ihrer Lebensstellung, § 1610 Abs. 1 BGB. Er ist aber auf den Betrag zu begrenzen, der dem Unterhaltspflichtigen verbleibt. Dies ergibt sich aus einer Angleichung des Unterhaltsanspruchs aus § 1615l Abs. 2 BGB an den nachehelichen Betreuungsunterhalt gemäß § 1570 BGB. Dies ist insbesondere der Fall, wenn sie wegen ihrer hohen Einkünfte in der Vergangenheit eine höhere Lebensstellung als der Beklagte erreicht hat. Die Geburt des Kindes hat auch ihre Lebensstellung beeinflusst. Diese darf aber nicht stets i.S. einer unverändert fortzuschreibenden Lebensstandardgarantie aufrecht erhalten bleiben. Das Maß des Unterhalts wird zusätzlich durch die Lebensstellung des Unterhaltspflichtigen begrenzt, der vorrangig dem Kind unterhaltspflichtig ist und dem auch aus verfassungsrechtlichen Gründen jedenfalls ein Anteil seines Einkommens verbleiben muss, der die Einkünfte des Unterhaltsberechtigten zuzüglich des gezahlten Unterhalts nach § 1615l nicht unterschreitet.  

     

    Das weiter von der Klägerin erzielte Einkommen stammt aus überobligationsmäßiger Tätigkeit. Sie darf wenigstens während der ersten drei Lebensjahre des Kindes frei entscheiden, ob sie sich voll der Pflege und Erziehung widmet oder ob sie daneben berufstätig sein möchte. Sie ist daher während dieser Zeit jederzeit berechtigt, die Berufstätigkeit aufzugeben. Ob und in welcher Höhe das Einkommen anzurechnen ist, richtet sich nach § 1577 Abs. 2 BGB analog. Die Höhe des anrechnungsfreien Betrages hängt davon ab, wie die Betreuung während der Arbeitszeit konkret geregelt ist, welche Hilfen der Mutter dabei zur Verfügung stehen und ob ihr dafür ggf. zusätzliche Betreuungskosten entstehen. Zudem ist zu beurteilen, wie etwa die Kinderbetreuung mit den konkreten Arbeitszeiten unter Berücksichtigung erforderlicher Fahrzeiten zu vereinbaren ist und ob das Kind anderweitig beaufsichtigt wird. Ferner ist zu berücksichtigen, ob sie zur Erwerbstätigkeit durch eine wirtschaftliche Notlage veranlasst war oder aus freien Stücken weiter erwerbstätig ist (BGH FamRZ 98, 1501).