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  • 01.05.2007 | Kindesunterhalt

    Leistungsfähigkeit kann nur mit Blick auf den heutigen Arbeitsmarkt beurteilt werden

    von RA Gudrun Möller, FA Familienrecht, Münster
    Auch bei gesteigerter Unterhaltsverpflichtung gegenüber einem Minderjährigen ist bei der Leistungsfähigkeit im Einzelfall zu prüfen, ob der Unterhaltsschuldner als ungelernte Arbeitskraft auf dem heutigen Arbeitsmarkt überhaupt eine realistische Chance auf eine Vollzeitbeschäftigung mit einem Verdienst von bereinigt netto mehr als 890 EUR hat. Die Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland lässt es zweifelhaft erscheinen, ob ein Unterhaltspflichtiger bei genügender Anstrengung Unterhaltspflichten überhaupt noch erfüllen kann, wenn er keine qualifizierte Ausbildung hat (OLG Frankfurt 29.9.06, 5 UF 171/06, NJW 07, 382, Abruf-Nr. 071222).

     

    Sachverhalt

    Der Kläger begehrt Kindesunterhalt von 199 EUR. Das AG hat die Klage abgewiesen. Eine fiktive Zurechnung von Arbeitseinkünften führe nicht zu einer unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit des Beklagten. Als ungelernte Kraft auf dem Arbeitsmarkt könne er nur 900 EUR verdienen und sei nach Abzug von Werbungskosten nicht leistungsfähig. Die Klägerin begehrt erfolglos PKH für ihr beabsichtigtes Berufungsverfahren.  

     

    Entscheidungsgründe

    Der notwendige Selbstbehalt für Eltern gegenüber Minderjährigen und diesen nach § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB gleichgestellten Kindern beträgt derzeit 890 EUR. Um den verlangten Unterhalt von monatlich 199 EUR erbringen zu können, wäre unter Berücksichtigung fiktiver Werbungskosten (5 Prozent Pauschale) ein Nettoeinkommen von 1.143,45 EUR erforderlich (notwendiger Selbstbehalt 890 EUR + verlangter Unterhalt 199 EUR + 5 Prozent pauschale Werbungskosten 54,45 EUR). Um ein solches Nettoeinkommen im Jahr 2006 zu erzielen, wäre ein Bruttoeinkommen von 1.688,92 EUR erforderlich:  

     

    Vergleichsberechnung für das Jahr 2006, Lohnsteuerklasse 1, Kinderfreibetrag 0,5

    Bruttolohn  

    1.688,92 EUR  

    abzüglich Lohnsteuer  

    ./. 177,66 EUR  

    abzüglich Solidaritätszuschlag  

    ./. 6,38 EUR  

    abzüglich Rentenversicherung (19,5 % / 2)  

    ./. 164,67 EUR  

    abzüglich Arbeitslosenversicherung (6,5 % / 2)  

    ./. 54,89 EUR  

    abzüglich Krankenversicherung AN-Anteil (13,3 % / 2 + 0,9 %)  

    ./. 127,51 EUR  

    abzüglich Pflegeversicherung (AN-Anteil 0,85 %)  

    ./. 14,36 EUR  

    Nettolohn  

    1.143,45 EUR