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  • 01.11.2006 | Kindesunterhalt

    Bar- und Betreuungsunterhalt beim Tod eines Elternteils

    von VRiOLG Dr. Jürgen Soyka, Düsseldorf
    1. Schuldet ein Elternteil nach dem Tod des anderen Elternteils seinem auswärts untergebrachten minderjährigen Kind neben dem Barunterhalt auch Betreuungsunterhalt, so ist der Betreuungsunterhalt grundsätzlich pauschal in Höhe des Barunterhalts zu bemessen. Für einen davon abweichenden Betreuungsbedarf trägt derjenige die Darlegungs- und Beweislast, der sich darauf beruft.  
    2. Von dem dann insgesamt geschuldeten Bar- und Betreuungsunterhalt sind die Halbwaisenrente und das Kindergeld in voller Höhe als bedarfsdeckend abzuziehen.  
    (BGH 30.08.06, XII ZR 138/04, n.v., Abruf-Nr. 062862).  

     

    Sachverhalt

    Der Beklagte ist Vater der minderjährigen Klägerin. Nach dem Tod der Mutter wohnte diese mit den beiden Geschwistern bei ihm, später bei ihren Großeltern. Sie verlangt Kindesunterhalt. Sie bezieht eine Halbwaisenrente. Diese und das volle Kindergeld leitete der Beklagte an die Großeltern weiter. Das AG und das OLG haben der Klage teilweise stattgegeben. Die Revision der Klägerin führt zur antragsgemäßen Verurteilung.  

     

    Entscheidungsgründe

    Mit dem Tod eines Elternteils treffen den anderen Teil sowohl die Betreuungs- als auch die Barunterhaltspflicht. Wird das Kind von Dritten betreut, schuldet der Überlebende daher sowohl den Bar- als auch den Betreuungsunterhalt. Letzterer ist dabei wie der Barunterhalt zu bemessen, da beide gleichwertig sind, § 1606 Abs. 3 BGB. Etwas anderes ist denkbar, wenn besonders hoher Betreuungsbedarf besteht, was hier jedoch nicht gegeben ist. Auf den danach geschuldeten Unterhalt in Höhe des Bar- und Betreuungsunterhalts ist die Halbwaisenrente und das Kindergeld voll anzurechnen. § 1612b Abs. 5 BGB, der einer vollen Anrechnung entgegensteht, hat keine Bedeutung.  

     

    Der Beklagte ist auch unter Berücksichtigung der Unterhaltspflicht gegenüber den beiden bei ihm lebenden Kindern leistungsfähig. Bei einem Kind besteht allerdings im Hinblick auf dessen Ausbildungsvergütung nur ein Restbedarf. Beim anderen Kind ist nur Barunterhalt, nicht aber Betreuungsunterhalt anzusetzen. Bei persönlicher Betreuung wirkt sich der Betreuungsunterhalt nicht aus, weil er nicht monetär geschuldet ist. Auch eine Teilanrechnung des Einkommens wegen Betreuung eines weiteren Kindes kommt wegen der gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB nicht in Betracht.