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  • 27.07.2011 | Elterliche Sorge

    Das müssen Sie im Fall einer internationalen Kindesentführung zivilrechtlich beachten

    von RiAG Martina Erb-Klünemann, AG Hamm, deutsche Verbindungsrichterin im Europäischen Justiziellen Netz (EJN) und im Internationalen Haager Richternetzwerk (IHNJ)

    Die Globalisierung führt dazu, dass internationale Kindesentführungen, also das Verbringen eines Kindes in ein anderes Land oder das dortige Zurückhalten unter Verletzung des Sorgerechts einer anderen Person, häufiger vorkommen. Solche Situationen werden aber oft nicht gleich als Entführung erkannt, sodass über die Folgen oft nur unzureichend anwaltlich beraten wird und der Entführer sich zu Unrecht in Sicherheit wiegt. Die Kindesentführung, sei es nach Deutschland oder aus Deutschland heraus, hat neben der strafrechtlichen Komponente erhebliche zivilrechtliche Folgen.  

    Konsequenzen einer Kindesentführung nach Deutschland

    Der zurückgelassene Elternteil kann in Deutschland einen Antrag nach dem HKÜ (Haager Übereinkommen vom 25.10.1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung) auf Rückführung des Kindes in den Heimatstaat stellen, damit dort über elterliche Sorge und/oder Umgang entschieden wird.  

     

    Rückführungsverfahren nach dem HKÜ

    Beim Rückführungsverfahren in ein anderes EU-Land ohne Dänemark gelten Sonderregelungen durch die sog. Brüssel IIa-VO vom 27.11.03.  

     

    Checkliste: Verfahrensrecht nach HKÜ
    1. Zuständigkeit
    a) International zuständig für das Rückführungsverfahren sind, wenn das Kind sich nun in Deutschland aufhält, die deutschen Gerichte. Dies ergibt sich aus Sinn und Zweck des HKÜ.

     

    b) Örtlich ausschließlich zuständig ist das AG am Sitz des OLG des OLG-Bezirks, in dem das Kind sich jetzt aufhält, §§ 11,12 des Gesetzes zum internationalen Familienrecht (IntFamRVG). In Niedersachen ist die Besonderheit zu beachten, dass weiter konzentriert worden ist und allein das AG Celle und (Beschwerdeinstanz) OLG Celle zuständig sind für alle Rückführungsverfahren in Niedersachsen. Der Antragsteller muss also den Ort kennen, an den das Kind entführt worden ist. Dabei ist das Bundesamt für Justiz (BfJ) als deutsche Zentrale Behörde i.S. des Art. 6 HKÜ, Art. 53 Brüssel IIa-VO behilflich, Art. 7 S. 2a HKÜ.

     

    2. Es besteht kein Anwaltszwang. §114 FamFG gilt nicht. Der Antragsteller kann sich durch das BfJ vertreten lassen nach Art. 7 S. 2 f HKÜ, das seinerseits das Verfahren nach Antragstellung regelmäßig nicht selber weiter führt, sondern einem Anwalt Untervollmacht erteilt.

     

    3. Die Antragsformalien ergeben sich aus Art. 8 HKÜ. Auf der Homepage des BfJ findet sich das Muster eines an die Zentrale Behörde gerichteten Rückgabeantrags. Das BfJ stellt auf Aufforderung auch das Muster für einen anwaltlichen Rückführungsantrag an das Gericht zur Verfügung: www.iww.de/sl67.

     

    4. Bei Verfahrensverzögerungen bestehen die Möglichkeiten nach Art. 11 S. 2 HKÜ.