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  • 26.01.2010 | Ehegattenunterhalt

    Die Grenze für die Herabsetzung des Unterhalts ist das Existenzminimum

    von VRiOLG Dr. Jürgen Soyka, Düsseldorf

    Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578b BGB regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich nach dem Einkommen, das der unterhalts-berechtigte Ehegatte ohne die Ehe und die Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Aus dem Begriff der Angemessenheit folgt aber zugleich, dass es sich grundsätzlich um einen Bedarf handeln muss, der das Existenzminimum wenigstens erreicht (BGH 14.10.09, XII ZR 146/08, FamRZ 09, 1990, Abruf-Nr. 093618).

     

    Sachverhalt

    Die Parteien streiten im Scheidungsverbundverfahren noch über den nachehelichen Unterhalt. Sie hatten im Oktober 1993 geheiratet. Aus der Ehe ist ein im Dezember 1993 geborener Sohn hervorgegangen. Nach der Trennung im April 2004 wurde die Ehe mit Urteil vom 27.3.07 geschieden. Die 1963 geborene Antragstellerin ist Gymnasiallehrerin, war aber seit 1991 als Texterin in der Werbebranche tätig. Nach ihrem Aufstieg zur Cheftexterin erzielte sie zuletzt im Jahr 2000 ein Einkommen von rund 2.550 EUR netto. Diese Tätigkeit gab sie Mitte 2000 auf, weil die Parteien wegen der Erwerbstätigkeit des Antragsgegners nach Brüssel umzogen. Dort erzielte sie lediglich Einkünfte aus untergeordneter Bürotätigkeit. Nach der Trennung war sie seit Oktober 2005 zunächst mit 80 Prozent als Lehrerin in einem Internat erwerbstätig und erzielte daraus Monatseinkünfte von 3.200 EUR brutto. Im August 2007 wechselte sie an ein privates Gymnasium, wo sie in Teilzeit Monatseinkünfte von 1.600 EUR netto erzielte. Diese Einkünfte würden sich bei einer Vollzeitbeschäftigung auf rund 1.850 EUR netto belaufen. Der 1957 geborene Antragsgegner arbeitete seit 1987 freiberuflich als Dolmetscher für das europäische Parlament. Daneben studierte er während der Ehe Rechtswissenschaften und schloss das Studium 1997 ab. Im Frühjahr 2000 erhielt er beim Europaparlament eine Stelle als Beamter im Sprachendienst. Deswegen zogen die Parteien Mitte 2000 nach Brüssel. Mitte 2007 wurde der Antragsgegner in eine leitende Position versetzt mit Einkünften von rund 5.450 EUR netto. Das AG hat die Ehe geschieden und den Antragsgegner verurteilt, nachehelichen Unterhalt i.H. von rund 1.550 EUR zu zahlen. Dagegen richtet sich die Berufung des Antragsgegners. Das OLG hat das Urteil für die Zeit ab Januar 2012 abgeändert und den nachehelichen Unterhalt auf 500 EUR herabgesetzt. Die weitere Berufung des Antragsgegners mit dem Ziel einer endgültigen Befristung bis Ende 2009 hat es abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision des Antragsgegners ohne Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs ist das Einkommen, das der Unterhaltsberechtigte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Dabei muss es sich um einen Bedarf handeln, der das Existenzminimum wenigstens erreicht. Wenn der Unterhaltsberechtigte solche Einkünfte, die auch ohne die Ehe gegeben wären, erzielt, kommt ein völliger Wegfall des nachehelichen Unterhalts in Betracht. Wenn solche Einkünfte nicht erzielt werden, scheidet eine Befristung aus. Es kommt lediglich eine Herabsetzung in Betracht, die sich aus der Differenz des angemessenen Unterhaltsbedarfs mit dem erzielten oder erzielbaren Einkommen ergibt.  

     

    Die Voraussetzungen der Unterhaltsbegrenzung hat der Unterhaltspflichtige zu beweisen. Eine Umkehr der Beweislast ist erst gegeben, wenn der Unterhaltsberechtigte Einkünfte erzielt, die er auch aus der ehebedingt aufgegebenen Erwerbstätigkeit erlangen könnte.