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  • 05.01.2011 | Ehegattenunterhalt

    BGH: Unterhaltspflichtiger kann u.U. in Betreuung des Kindes einbezogen werden

    von VRiOLG Dr. Jürgen Soyka, Düsseldorf

    1. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen nach § 1570 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB ist stets zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist und in kindgerechten Betreuungseinrichtungen gesichert werden könnte. Denn mit der Neugestaltung des nachehelichen Betreuungsunterhalts in § 1570 BGB hat der Gesetzgeber für Kinder ab Vollendung des 3. Lebensjahres den Vorrang der persönlichen Betreuung aufgegeben (im Anschluss an die Senatsurteile vom 17.6.09, XII ZR 102/08, FK 09, 183, Abruf-Nr. 092569 = FamRZ 09, 1391; 770).  
    2. Ein Altersphasenmodell, das bei der Frage der Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen allein oder wesentlich auf das Alter des Kindes abstellt, wird diesen Anforderungen nicht gerecht.  
    (BGH 15.9.10, XII ZR 20/09, FamRZ 10, 1880, Abruf-Nr. 103517)

     

    Sachverhalt

    Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt. Die 1971 geborene Antragstellerin und der 1970 geborene Antragsgegner hatten im September 99 die Ehe geschlossen. Im September 00 wurde der gemeinsame Sohn geboren. Nach der Trennung im März 05 wurde die Ehe auf den im Dezember 06 zugestellten Scheidungsantrag der Antragstellerin mit Urteil vom 22.7.08 rechtskräftig geschieden. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht für den gemeinsamen Sohn wurde der Antragstellerin übertragen. Diese war wegen der Betreuung des gemeinsamen Kindes in seinen ersten drei Lebensjahren nicht erwerbstätig. In der Folgezeit arbeitete sie zunächst 25 Stunden wöchentlich in ihrem Beruf als Rechtsanwalts- und Notargehilfin, mit einer Arbeitszeit von montags bis mittwochs und freitags von 9 bis 14 Uhr sowie donnerstags von 13 bis 18 Uhr. Der Sohn besuchte im Anschluss an die Schule bis 15.00 Uhr einen Hort; donnerstags wird er sodann vom Antragsgegner und dem Großvater väterlicherseits betreut. Aus ihrer Erwerbstätigkeit erzielt die Antragstellerin Nettoeinkünfte, die sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nach Abzug berufsbedingter Kosten auf monatlich rund 1.150 EUR belaufen. Das AG hat die gegenwärtig ausgeübte Erwerbstätigkeit der Antragstellerin für ausreichend erachtet und ihr erzieltes Einkommen in die Unterhaltsberechnung eingestellt. Das KG hat die Berufung des Antragsgegners zurückgewiesen. Dessen Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.  

     

    Entscheidungsgründe

    In den ersten drei Lebensjahren des Kindes besteht keine Erwerbsobliegenheit. Einkünfte des betreuenden Elternteils sind daher überobligatorisch und nach den Umständen des Einzelfalles zu berücksichtigen.  

     

    Ab Vollendung des 3. Lebensjahres besteht grundsätzlich die Verpflichtung zur vollschichtigen Erwerbstätigkeit, wobei ein abrupter Wechsel nicht erforderlich ist.