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  • · Fachbeitrag · Testament

    Zur Ermittlung des hypothetischen Erblasserwillens

    von RA Notar StB Dipl.-Kfm. Gerhard Slabon, FA ErbR, Paderborn

    Allein aus dem Umstand, dass der Erblasser gute verwandtschaftliche Beziehungen zur Familie seiner Ehefrau, insbesonderen den Geschwistern und deren Familien, unterhalten hat, kann kein Wille zur Ersatzberufung der Geschwister der Ehefrau festgestellt werden (OLG München 11.12.14, 31 Wx 379/14, Abruf-Nr. 143886).

     

    Sachverhalt

    Der Erblasser E hatte ein handschriftliches Testament aus 1988 hinterlassen. Darin hatte er seine Ehefrau zur Alleinerbin eingesetzt. Die Ehe war kinderlos geblieben. Die Ehefrau ist im März 2012, der E im Oktober 2013 verstorben. Eine der beiden Schwestern der Ehefrau beantragte einen Erbschein, in dem sie und eine weitere Schwester als Erben zu je 1/2 ausgewiesen werden sollten. Die ergänzende Auslegung des Testaments aus 1988 ergebe, dass der E die Geschwister seiner Ehefrau eingesetzt hätte, wenn er bedacht hätte, dass seine Ehefrau vor ihm versterben könnte. Hierzu hat sie auf das besondere Näheverhältnis des E zu der Familie seiner Ehefrau hingewiesen.

     

    Entscheidungsgründe

    Das Testament von 1988 enthält keine Regelung für den Fall, dass die eingesetzte Erbin vor dem E verstirbt und damit nicht Erbin sein kann (§ 1923 Abs. 1 BGB). Die ergänzende Auslegung setzt voraus, dass das Testament eine planwidrige Regelungslücke aufweist, die durch den festzustellenden Willen des E zu schließen ist. Dabei muss aus dem Gesamtbild des Testaments selbst eine Willensrichtung des E erkennbar sein, die tatsächlich in Richtung der vorgesehenen Ergänzung geht. Durch sie darf kein Wille in das Testament hineingetragen werden, der darin nicht andeutungsweise ausgedrückt ist (Palandt, § 2084 BGB, Rn. 9). Durch ergänzende Testamentsauslegung kann also die durch den Wegfall des Bedachten entstandene Lücke nur geschlossen werden, wenn die für die Zeit der Testamentserrichtung anhand des Testaments oder unter Zuhilfenahme von Umständen außerhalb des Testaments oder der allgemeinen Lebenserfahrung festzustellende Willensrichtung des E dafür eine genügende Grundlage bietet.

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