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  • · Fachbeitrag · Testament

    Testamentsauslegung: Auf den hypothetischen Willen des Erblassers kommt es an

    von RA Notar StB Dipl.-Kfm. Gerhard Slabon, FA ErbR, Paderborn

    • 1.Ein hypothetischer Wille zur Ersatzberufung der Ehefrau des kinderlos vorverstorbenen Sohnes kann im Rahmen der ergänzenden Auslegung nicht festgestellt werden, wenn auch nahe Verwandte vorhanden sind, zu denen der Erblasser Kontakt gepflegt hat.
    • 2.Lässt sich ein solcher hypothetischer Wille des Erblassers, der auf eine Ersatzberufung einer bestimmten Person gerichtet ist, nicht feststellen, bleibt es bei der Regelungslücke mit der Folge, dass gesetzliche Erbfolge eintritt.

    (OLG München 13.6.13, 31 Wx 267/12, Abruf-Nr. 132289).

     

    Sachverhalt

    Die Erblasserin und ihr vorverstorbener Ehemann schlossen 1975 einen notariellen Erbvertrag. Darin setzten sie sich gegenseitig zu Alleinerben und ihren einzigen Sohn zum Schlusserben nach dem Letztversterbenden ein. Zu Ersatzerben ihres Sohnes bestimmten sie dessen Abkömmlinge. In die Ehe hatte sie ihren 1945 geborenen Sohn mitgebracht, der - ohne Abkömmlinge zu hinterlassen - 2008 verstorben ist.

     

    Außerdem liegt ein mit Bleistift geschriebenes, undatiertes und nicht unterschriebenes Schriftstück der Erblasserin vor. Danach soll die Schwiegertochter Alleinerbin sein. Nach dem Tod der Erblasserin beantragte die Ehefrau des vorverstorbenen Sohnes, die Schwiegertochter, einen sie als Alleinerbin ausweisenden Erbschein. Sie ist der Auffassung, Ersatzerbin für ihren vorverstorbenen Ehemann zu sein.

     

    Entscheidungsgründe

    Das undatierte Testament der Erblasserin ist mangels Unterschrift gemäß § 2247 Abs. 1 BGB i.V. mit § 125 S. 1 BGB unwirksam. Eine ergänzende Auslegung des notariellen Erbvertrags von 1975 dahingehend, dass die Schwiegertochter zur Ersatzerbin berufen sein soll, scheitert hier.

     

    Eine ergänzende Auslegung setzt voraus, dass das Testament eine planwidrige Regelungslücke aufweist, die durch den festzustellenden Willen des Erblassers zu schließen ist. Dabei muss aus dem Gesamtbild des Testaments selbst eine Willensrichtung des Erblassers erkennbar sein, die tatsächlich in Richtung der vorgesehenen Ergänzung geht. Durch sie darf kein Wille in das Testament hineingetragen werden, der darin nicht andeutungsweise ausgedrückt ist (Palandt/Weidlich, BGB, § 2084 Rn. 9 m.w.N.).

     

    Ein Vorversterben ihres Sohnes haben die Ehegatten hier ausdrücklich im Wege der Ersatzerbenbestimmung zugunsten dessen Abkömmlingen geregelt. Das zeigt, dass die Ehegatten ein Vorversterben ihres Sohnes bedacht haben und sich dabei mit der Frage auseinandergesetzt haben, wer dann den gemeinsamen Nachlass erhält.

     

    Angesichts der eigenen Lebenssituation der Ehegatten, nämlich dass aus ihrer Ehe keine gemeinsamen Kinder hervorgegangen sind, ist es weiter denkbar, dass sich für die Ehegatten auch die Frage gestellt hat, wer ihr Vermögen erhält, falls auch die Ehe ihres Sohnes kinderlos bleiben sollte. Insofern spricht vieles dafür, dass sich die Ehegatten zunächst bewusst auf die getroffene Erbfolge beschränken wollten und insofern von einer weiteren Ersatzerbenregelung abgesehen haben.

     

    Aus der Tatsache, dass die Ehegatten bei Wegfall ihres Sohnes ausdrücklich dessen Abkömmlinge als Ersatzerben eingesetzt haben, kommt der gemeinsame Wille der Ehegatten zum Ausdruck, dass die Schwiegertochter bei einem Vorversterben des Sohnes gerade keine Teilhabe an dem Vermögen haben sollte. Dies deutet also darauf hin, dass der gemeinsame Wille der Ehegatten eher darauf gerichtet war, dass das eheliche Vermögen in die bzw. der Blutsverwandtschaft der Erblasserin übergehen bzw. verbleiben sollte.

     

    Lässt sich kein eine ergänzende Auslegung rechtfertigender hypothetischer Erblasserwille feststellen, hat es bei einer Auslegung entsprechend dem Wortlaut der Verfügung sein Bewenden. Mit dem Tod der Erblasserin ist daher gesetzliche Erbfolge eingetreten.

     

    Praxishinweis

    Das hier gefundene Ergebnis dürfte zutreffend sein. Testieren Ehegatten bei der Schlusserbfolge zugunsten ihres einzigen Kindes, werden häufig dessen Abkömmlinge als Schlusserben bestimmt. Auch ohne ausdrückliche Ersatzerbenbestimmung ergäbe sich dies aus der Auslegungsregel des § 2069 BGB. Weitere Ersatzerben werden meist nicht bestimmt. Würde über die Bestimmung weiterer Ersatzerben nachgedacht, besteht in aller Regel der Wunsch, dass das Vermögen in der Blutsverwandtschaft verbleibt. Problematisch ist dabei, dass allein die Blutsverwandtschaft des Zweitversterbenden der Ehegatten dann begünstigt ist.

    Quelle: Ausgabe 08 / 2013 | Seite 190 | ID 42213992

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