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  • · Fachbeitrag · Gemeinschaftliches Testament

    Mit der einseitig aufgehobenen Alleinerbeinsetzung wurde gemeinschaftliches Testament unwirksam

    von RA und Notar StB Dipl.-Kfm. Gerhard Slabon, FA ErbR, Paderborn

    Wird ein notarielles gemeinschaftliches Testament, in dem sich die Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben einsetzen, von einem der Ehegatten formwirksam widerrufen, so bewirkt der einseitige Widerruf der Erbeinsetzung des anderen Ehegatten gleichzeitig die Unwirksamkeit der Verfügung dieses Ehegatten zugunsten des widerrufenden Ehegatten (OLG Hamm 29.12.11, I-15 W 692/10, Abruf-Nr. 122274).

    Sachverhalt

    Die Eheleute hatten sich zunächst in einem handschriftlichen gemeinschaftlichen Testament gegenseitig als Alleinerben berufen. Später errichteten sie ein notarielles gemeinschaftliches Testament, in dem sie - unter ausdrücklichem Widerruf sämtlicher früherer Verfügungen - sich wiederum gegenseitig zu Alleinerben einsetzten. Durch notariell beurkundete und förmlich zugestellte Erklärung widerrief die Ehefrau die in dem notariellen Testament verfügte Alleinerbeinsetzung ihres Ehemanns. Nach dem Tod des Ehemanns beantragte die Ehefrau einen sie als Alleinerbin ausweisenden Erbschein.

     

    Entscheidungsgründe

    Die geltend gemachte Alleinerbenstellung der Ehefrau kann nicht aus dem notariellen Ehegattentestament hergeleitet werden. In diesem Testament haben sich die Eheleute gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Die Verfügung des Ehemanns (Erblasser) und die Verfügung der Ehefrau waren wechselbezüglich i.S. des § 2270 Abs. 1 BGB. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass in einem solchen Fall die Erbeinsetzung der Ehefrau durch den Ehemann im Hinblick auf seine eigene Erbeinsetzung durch die Ehefrau erfolgt und umgekehrt und dass jeder der beiden Ehegatten darauf vertraut, dass die eigene Erbeinsetzung nicht ohne sein Wissen durch den jeweils anderen Ehegatten einseitig aufgehoben werden kann. Durch die notariell beurkundete und förmlich zugestellte Erklärung hat die Ehefrau die von ihr verfügte Alleinerbeinsetzung ihres Ehemanns formwirksam widerrufen (§ 2271 Abs. 1 S. 1 BGB, § 2296 Abs. 2 BGB). Gemäß § 2270 Abs. 1 BGB hatte dieser Widerruf auch die Unwirksamkeit der in diesem Testament enthaltenen Alleinerbeinsetzung der Ehefrau durch den Erblasser zur Folge.

     

    Durch den Widerruf lebt das vormalige handschriftliche Ehegattentestament nicht wieder auf. Dieses Testament haben die Eheleute in dem notariellen Testament gemeinschaftlich wirksam widerrufen. Auch das Argument, dass der Erblasser den Eintritt der gesetzlichen Erbfolge nicht gewünscht habe, verfängt nicht. Die Eheleute hatten ja in dem notariellen Ehegattentestament die Erbfolge testamentarisch geregelt. Es war die Ehefrau, welche die gegenseitige Alleinerbeinsetzung durch ihren einseitigen Widerruf beseitigt hat. Wer eine testamentarische Erbeinsetzung beseitigt, hat keine Veranlassung, sich anschließend über den Eintritt der gesetzlichen Erbfolge zu beklagen.

     

    Praxishinweis

    Gemeinschaftliche Testamente von Ehegatten können jederzeit von den Ehegatten gemeinsam geändert oder aufgehoben werden, einerlei, ob das Testament handschriftlich oder notariell errichtet wurde. Die einseitige Aufhebung (Widerruf) eines gemeinschaftlichen Testaments durch einen der Ehegatten, erfordert eine notariell beurkundete Widerrufserklärung. Diese Erklärung muss als empfangsbedürftige Willenserklärung dem anderen Ehegatten zugehen. Sie muss in Urschrift oder Ausfertigung übermittelt werden, eine beglaubigte Abschrift genügt nicht.

     

    Quelle: Ausgabe 08 / 2012 | Seite 186 | ID 34608870

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